929 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (796 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes samt Anlage

 

Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen  Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Als oberster Grundsatz der Außenpolitik Österreichs im Bereiche der Kernenergie gilt, dass die österreichische Bevölkerung und Umwelt vorsorglich vor allen schädlichen Einwirkungen aus dem Ausland zu schützen sind.

Im Rahmen der österreichischen Kernenergiepolitik stellt die Weiterentwicklung und Verbesserung des Völkerrechts zur Wahrung der Interessen der österreichischen Bevölkerung und zum Schutz der Umwelt en wesentliches strategisches Element dar. Konkret wird insbesondere im Verhältnis zu den Nachbarstaaten, aber auch im Verhältnis zu anderen Staaten Europas zunächst die rechtlich verbindliche Vereinbarung von Informations- und Konsultationsmechanismen angestrebt, nicht zuletzt, da frühzeitige und umfassende Informationen eine wesentliche Voraussetzung für die Optimierung österreichischer Vorsorge- und Schutzmaßnahmen darstellen.

Auf internationaler Ebene ermöglicht das Übereinkommen vom 26.9.1986 (BGBl. Nr. 86/1988) über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen, dem Österreich angehört, den Vertragsparteien bei einem nuklearen Unfall in einem anderen Staat möglichst frühzeitig Schutzmaßnahmen einzuleiten. Die Benachrichtigungspflicht im Rahmen dieses Übereinkommens ist allerdings – wie der Titel besagt – auf Unfälle beschränkt; zudem ist der Benachrichtigungsweg über die IAEO relativ umständlich und unter Umständen zu langwierig. Österreich ist daher bemüht in Ergänzung und Erweiterung dieses internationalen Übereinkommens, Informationsabkommen im Bereich der Nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes vorrangig mit den unmittelbaren Nachbarstaaten und auch solchen im weiteren Sinne abzuschließen. Durch diese bilateralen Abkommen soll der durch das erwähnte Übereinkommen vorgesehene Informationsweg vor allem im Verhältnis zu Österreichs Nachbarstaaten abgekürzt und die Vorbereitung bzw. Durchführung von Schutzmaßnahmen durch ergänzende Informationen über Kernanlagen in diesen Staaten erleichtert und verbessert werden. Derartige bilaterale Übereinkommen bestehen bereits mit Deutschland, der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik, Ungarn, Slowenien, der Schweiz, Polen, der Russischen Föderation, der Ukraine und Tadschikistan.

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Belarus über Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes wurde am 3. 12.1997 vom Ministerrat gemäß Pkt. 14 des Beschl.Prot. Nr. 37 genehmigt und am 9. Juni 2000 von Österreich und Belarus unterzeichnet.

Das Abkommen regelt den Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten auf drei Ebenen:

·       Informationsaustausch über Störfälle, die mit den in Art. 1 Abs. 2 genannten nuklearen Anlagen oder Tätigkeiten zusammenhängen, in deren Folge es zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe über das Hoheitsgebiet der Vertragspartei hinaus kommt oder kommen kann und die für die andere Vertragspartei Folgen haben könnten (Art. 1 Abs. 1),

·       Informationsaustausch über die Nuklearprogramme der Vertragsstaaten, die aus dem Betrieb von nuklearen Anlagen gewonnenen Erfahrungen und über die Rechtsgrundlagen für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz (Art. 6 Abs. 1) und

·       Informationsaustausch über die bestehenden, in Bau befindlichen und geplanten nuklearen Anlagen (Art. 6 Abs. 2).

Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Durchführung eines Strahlenmessprogramms auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet und zum jährlichen Austausch der Messergebnisse (Art. 5). Ferner vereinbaren sie, sich um die Errichtung eines gemeinsamen Strahlenfrühwarnsystems zu bemühen, an dem auch andere Staaten teilnehmen könnten.

Nach Art. 9 kann der Inhalt der erhaltenen Information zur Information der Öffentlichkeit verwendet werden, soweit die andere Vertragspartei ihn nicht vertraulich übermittelt hat.

Die Europäische Kommission wurde gemäß Art. 103 des EURATOM-Vertrages vom Vertragstext verständigt und hat keinen Einwand erhoben.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 03. Mai 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Wolfgang Großruck sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes samt Anlage  (796 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2005 05 03

Mag. Dr. Alfred Brader       Dr.h.c. Peter Schieder

       Berichterstatter                  Obmann