930 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über die
Regierungsvorlage (807 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der
Republik Österreich und der Republik Kroatien über die gegenseitige
Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen.
1. Die
Verhandlungen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien wurden
am 21. Juni 2002 erfolgreich zum Abschluss gebracht. Das Abkommen wurde in
der Folge am 17. September 2004 in Wien
unterzeichnet.
2. Das Abkommen
hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt, nicht jedoch politischen
Charakter; es bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß
Art. 50 Abs. 1 B-VG. Da das Abkommen auch Angelegenheiten des
selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf es überdies der
Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG.
Die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 und des Art. 8 Abs. 1
und 2 sind zudem verfassungsändernd und daher gemäß Art. 50 Abs. 3
B-VG zu behandeln und ausdrücklich als „verfassungsändernd“ zu bezeichnen.
Das Abkommen ist
der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, so
dass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht
erforderlich ist.
3. Unter den
europäischen Staaten bestehen verbreitet Bemühungen, die gegenseitige
Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen völkerrechtlich zu
regeln.
In diesem Sinne
ist auch auf österreichischer Seite beabsichtigt, mit seinen Nachbarstaaten und
Staaten seiner näheren Umgebung, mit denen eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet
des Katastrophenschutzes und der humanitären Hilfe besteht, derartige Abkommen
abzuschließen. Mit der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum
Liechtenstein, der Republik Ungarn, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik
und der Tschechischen Republik sind derartige Abkommen bereits in Kraft. Mit
Italien und Polen werden entsprechende Verhandlungen geführt.
4. Das Abkommen
regelt die ständige und enge Zusammenarbeit der Vertragsparteien zur Vorbeugung
möglicher und Bekämpfung eingetretener Katastrophen oder schwerer
Unglücksfälle, insbesondere durch die Festlegung von Ansprechstellen, die
Erleichterung des Grenzübertritts von Personen im Dienste der
Katastrophenbekämpfung und der Ein- und Ausfuhr von Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen,
die Regelung von Schadensfällen, den grundsätzlichen Verzicht auf gegenseitige
Kostenerstattung sowie die Verstärkung des einschlägigen
wissenschaftlich-technischen Informationsaustausches und die Durchführung
gemeinsamer Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall.
Das Abkommen hat
folgende Regelungsschwerpunkte:
– Festlegung von
zuständigen Behörden für die Stellung und die Entgegennahme von Hilfeersuchen,
– einvernehmliche
Festlegung von Art und Umfang der Hilfeleistung im Einzelfall,
– Befreiung vom
Erfordernis eines Einreisetitels oder eines Aufenthaltstitels während des
Einsatzes,
– Erleichterung
des Grenzübertritts für die bei Hilfeleistungen notwendigen
Ausrüstungsgegenstände und Hilfsgüter,
– Einsatz von
Luftfahrzeugen für die schnelle Heranführung von Hilfsmannschaften,
– Koordination
und Gesamtleitung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch die Behörden des
hilfeersuchenden Staates,
– Regelung der
Einsatzkosten,
– Regelung des
Schadenersatzes und der Entschädigung,
– demonstrative
Aufzählung von weiteren Formen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit,
– Ergreifen aller
notwendigen Maßnahmen durch die zuständigen Behörden zur Gewährleistung
sicherer Fernmeldeverbindungen zu den Hilfsmannschaften am Einsatzort.
Das Abkommen
normiert zunächst, dass die Hilfeleistung bzw. Einsätze im Falle einer
Katastrophe oder schwerer Unglücksfälle seitens österreichischer Kräfte
grundsätzlich freiwillig erfolgen (Art. 1). Es steht somit jedem
innerstaatlich zuständigen Rechtsträger, der über zur Hilfeleistung im
konkreten Fall geeignete Personal- und Sachressourcen verfügt, frei, seine
Hilfskräfte auf Ersuchen des Bundesministers für Inneres zur Durchführung der
Hilfsaktionen im Ausland zur Verfügung zu stellen.
Der Bundesminister
für Inneres wird daher einem Hilfeersuchen der Republik Kroatien nur dann
entsprechen können, wenn seitens der maßgeblichen Trägerorganisationen (z. B.
Feuerwehren und deren Verbände, Österreichisches Rotes Kreuz,
Arbeiter-Samariterbund, Rettungsflugorganisationen) und der hiefür politisch
und rechtlich Verantwortlichen die Bereitschaft zur Erbringung von
Hilfeleistungen besteht.
Zweck des
Abkommens ist es, rasch und unbürokratisch Hilfeleistungen zu ermöglichen;
dieses Prinzip gilt auch für den Bereich des Ausgleiches für während der
Einsätze rechtmäßig oder rechtswidrig zugefügte Schäden (Art. 10).
Einsätze im Partnerstaat sollen nicht durch langwierige gegenseitige
Abrechnungen nach ihrem Abschluss erschwert werden. Hingegen sollen die
freiwilligen Helfer, die für den anderen Staat und dessen Angehörige
beträchtliches Risiko an Leib, Leben, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf sich
nehmen, vor Ansprüchen des hilfeersuchenden Staates wie auch solchen Dritter
geschützt werden (Art. 10 Abs. 1 bis 3).
Die Frage der
Kostentragung ist zunächst hinsichtlich der Beziehungen der beiden
Vertragsparteien von Bedeutung. Das Abkommen geht davon aus, dass die
Hilfeleistung kostenlos erfolgt.
Ausgangspunkt für
die Beurteilung der innerstaatlichen Kostenfrage ist die Tatsache, dass die Hilfeleistungen
bzw. Einsätze seitens österreichischer Kräfte grundsätzlich freiwillig erfolgen
(Art. 1).
Dies gilt sowohl
für die Zusage von Hilfeleistungen durch die zuständigen österreichischen
Behörden gegenüber der Republik Kroatien als auch für die Bereitschaft
österreichischer Stellen, an einem Hilfseinsatz in der Republik Kroatien
mitzuwirken.
Für
österreichische staatliche Stellen besteht somit keine rechtliche Möglichkeit,
unmittelbar auf Grund dieses Vertrages andere Rechtsträger zur Teilnahme an Hilfseinsätzen
zu verpflichten; dies gilt insbesondere für die Beziehungen des Bundes zu den
Ländern. Eine unmittelbare Entsendung von Hilfskräften durch den Bundesminister
für Inneres ist nur in jenen Fällen möglich, in denen die entsendende Behörde
auf Grund österreichischer Rechtsvorschriften über eigene Hilfskräfte verfügt.
Die Zusage von
Hilfeleistungen im konkreten Anlassfall setzt voraus, dass die Tragung der mit
dem Hilfseinsatz verbundenen Kosten jeweils im Vorhinein geklärt wird.
Für die Tragung der
Kosten der auf österreichischem Staatsgebiet von kroatischen Organisationen
erbrachten Hilfseinsätze gilt der Kostentragungsgrundsatz gemäß § 2
F-VG 1948. Dies bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass die auf Grund
dieses Vertrages den Körperschaften erwachsenden Kosten für die Leistung von
Entschädigungen oder Ersätzen sowie die Kosten bestimmter Unterstützungsleistungen
(etwa gemäß Art. 9 Abs. 3) von jener Gebietskörperschaft zu tragen
sind, deren Vollziehungsbereich die Bekämpfung der Katastrophe im Einzelfall
zuzuordnen ist.
Bei konkreten
Rettungs- und Hilfsmaßnahmen, die wegen ihres freiwilligen Charakters jeweils
auf Grund einer ihr vorausgehenden ausdrücklichen politischen Entscheidung der
in Art. 3 Abs. 1 genannten zuständigen Behörden erfolgen, ist in
jedem Fall mit Kosten zu rechnen, deren Höhe nach den zugrunde gelegten
Szenaria variiert; in der hier erforderlichen politischen Entscheidung werden
sich die zuständigen Behörden demgemäß – wie bereits erwähnt – auch mit der
Frage der Aufbringung der notwendigen finanziellen Mittel auseinander setzen
müssen.
Der
Außenpolitischer Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 03. Mai 2005 in
Verhandlung genommen.
Bei der Abstimmung
wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses
dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der
Außenpolitischer Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die
Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im
innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine
Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur
Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (807 der Beilagen), dessen Art. 3 Abs.1 und Art. 8 Abs.1 und 2 verfassungsändernd sind, wird genehmigt.
Wien,
2005 05 03
Franz Xaver Böhm Dr.h.c.
Peter Schieder
Berichterstatter Obmann