937 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (866 der Beilagen): Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik Nicaragua und der Republik Panama andererseits samt Anhang

Das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik Nicaragua und der Republik Panama andererseits samt Anhang ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs.1 B-VG. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Die Unterzeichnung des Abkommens fand in Rom im Rahmen einer feierlichen Zeremonie am 15. Dezember 2003 gemeinsam mit einem analogen Abkommen mit der Andinischen Staatengemeinschaft statt.

Da das Abkommen sowohl Angelegenheiten in der Kompetenz der Gemeinschaft als auch Angelegenheiten in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten regelt, ist es als Gemischtes Abkommen zu schließen und bedarf daher der Genehmigung sowohl durch die Europäische Gemeinschaft als auch durch alle Mitgliedstaaten.

Das Abkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen. Aus dem Abkommen entstehen keine direkten finanziellen Verpflichtungen für die Republik Österreich.

Die Pflege der Beziehungen der Europäischen Union zu den zentralamerikanischen Staaten trägt die Bezeichnung „Dialog von San José“. Dieser wurde 1984 in Costa Rica eingeleitet, 1996 in Florenz und 2002 in Madrid intensiviert und kann insofern als bemerkenswerter historischer Erfolg gelten, als er das wichtigste Instrument für die Wiederherstellung von Frieden und Demokratie in der Region Anfang der Neunzigerjahre war. Völkervertragsrechtliche Grundlage der Zusammenarbeit mit Zentralamerika ist zurzeit das Kooperationsrahmenabkommen von 1993. Schwerpunkte der Zusammenarbeit waren bisher Menschenrechte und Demokratie, integrierte Entwicklung im ländlichen Raum, Prävention und Bewältigung von Naturkatastrophen und Wiederaufbau, soziale Entwicklung und regionale Integration. Auf die zentralamerikanische Subregion entfällt traditionell der größte Teil der Zusammenarbeit der Gemeinschaft mit Lateinamerika, sowohl in absoluten Zahlen als auch pro Kopf der Bevölkerung.

Für die Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und Zentralamerika ist die „Drogenregelung“ des Allgemeinen Präferenzsystems maßgebend. Im Einklang mit der Erklärung von San José vom März 2001 wies Zentralamerika in der im Anschluss daran eingesetzten „Gemischten Arbeitsgruppe der Gemeinschaft und Zentralamerikas für Wirtschafts- und Handelsbeziehungen“ auf seinen Wunsch hin, größere Stabilität und Vorhersehbarkeit in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und Zentralamerika zu erreichen.

Beim Gipfeltreffen Europäische Union - Lateinamerika/Karibik am 16./17. Mai 2002 in Madrid beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der zentralamerikanischen Staaten Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama, ein Abkommen über politischen Dialog und Zusammen­arbeit zwischen den beiden Regionen auszuhandeln.

Daraufhin wurde im Dezember 2002 der Entwurf der Verhandlungsdirektiven für dieses Abkommen dem Rat vorgelegt und am 18. März 2003 vom Rat angenommen. Die erste Verhandlungsrunde wurde vom 13. bis 15. Mai 2003 in Panama abgehalten, die zweite und abschließende Verhandlungsrunde vom 29. September bis 1. Oktober 2003 in Brüssel. Der Wortlaut des Abkommens wurde am 2. Oktober 2003 in Brüssel vom Generaldirektor für Außenbeziehungen der Kommission und den sechs zentralamerikanischen Außenministern und ihren Stellvertretern paraphiert.

Gegenstand des neuen Abkommens zwischen der Gemeinschaft und Zentralamerika, welches das bisherige Rahmenabkommen von 1993 ersetzen wird, sind ausschließlich der politische Dialog und die Zusammenarbeit, nicht hingegen der Handel. Die wichtigsten Ziele des Abkommens bestehen in der Vertiefung der Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und Zentralamerika durch Ausbau des politischen Dialogs sowie Verstärkung der Zusammenarbeit und in der Schaffung der Voraussetzungen, unter denen - aufbauend auf dem Ergebnis des Arbeitsprogramms von Doha - ein praktikables und für beide Seiten vorteilhaftes Assoziierungsabkommen einschließlich eines Freihandelsabkommens zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt werden könnte.

Im Titel „Politischer Dialog“ wird der Dialog von San José institutionalisiert und intensiviert. Der Titel „Zusammenarbeit“ basiert auf der bisherigen Zusammenarbeit, bezieht aber auch neue Bereiche wie Menschenrechte, Migration und Terrorismusbekämpfung in die Zusammenarbeit ein. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit zur Unterstützung der regionalen Integration in Zentralamerika.

Gravierendere inhaltliche Auseinandersetzungen fanden im wesentlichen nur über den Art. 49 des Abkommens zum Thema „Zusammenarbeit im Bereich der Migration“ statt. Bedenken vor allem von deutscher Seite im Zusammenhang mit befürchteten impliziten Kompetenzverschiebungen den Abschluss von Rückübernahmeübereinkommen betreffend wurde durch eine Gemeinsame Erklärung des Rates und der Europäischen Kommission Rechnung getragen.

Am 26.November 2003 wurde von den Außenministern der zentralamerikanischen Seite die Einbeziehung von Belize in den politischen Dialog  beantragt. Die entsprechende EU - interne Schweigefrist wurde nicht gebrochen. Die Mitwirkung von Belize wird daher formal in einer Gemeinsamen Erklärung zu Titel II des Abkommens, die diesem beigefügt wird, verankert.

 

Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages hat die Bundesregierung dem Nationalrat vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 03. Mai 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich die Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Ebenso wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden sollen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik Nicaragua und der Republik Panama andererseits samt Anhang (866 der Beilagen) wird genehmigt.

2.      Die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dieses Staatsvertrages sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen

Wien, 2005 05 03

Carina Felzmann Dr.h.c. Peter Schieder

    Berichterstatterin                  Obmann