938 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (867 der Beilagen): Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Andengemeinschaft und Ihren Mitgliedsstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits samt Anhang

Das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Andengemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits samt Anhang ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs.1 B-VG. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Die Unterzeichnung des Abkommens fand in Rom im Rahmen einer feierlichen Zeremonie am 15. Dezember 2003 gemeinsam mit einem analogen Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Costa Rica, der Republik El Salvador, der Republik Guatemala, der Republik Honduras, der Republik Nicaragua und der Republik Panama andererseits statt.

Da das Abkommen sowohl Angelegenheiten in der Kompetenz der Gemeinschaft als auch Angelegenheiten in der Kompetenz der Mitgliedstaaten regelt, ist es als Gemischtes Abkommen zu schließen und bedarf daher der Genehmigung sowohl durch die Europäische Gemeinschaft als auch durch alle Mitgliedstaaten.

Das Abkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen. Aus dem Abkommen entstehen keine direkten finanziellen Verpflichtungen für die Republik Österreich.

Die Europäische Union und die Andengemeinschaft unterhalten umfassende Beziehungen zueinander, die einen politischen Dialog auf der Grundlage der Erklärung von Rom aus dem Jahr 1996, einen weiten Kooperationsrahmen und eine vorteilhafte Handelsregelung (Allgemeines Präferenzsystem -  Drogen) umfassen.

Die Zusammenarbeit mit der Andengemeinschaft erfolgt zurzeit auf der Grundlage eines Kooperationsrahmenabkommens von 1993. Schwerpunke dieser Zusammenarbeit waren bisher Menschenrechte und Demokratie, integrierte ländliche Entwicklung, soziale Entwicklung und regionale Integration.

Beim Gipfeltreffen Europäische Union - Lateinamerika/Karibik am 16./17. Mai 2002 in Madrid beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der Andengemeinschaft sowie deren Mitgliedsländer (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela), ein Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen auszuhandeln. Im Dezember 2002 wurde der Entwurf der Verhandlungsdirektiven für dieses Abkommen dem Rat vorgelegt, am 18. März 2003 vom Rat angenommen. Die erste Verhandlungsrunde wurde vom 6. bis 8. Mai 2003 in Brüssel, die zweite und abschließende Verhandlungsrunde am 14./15. Oktober 2003 in Quito abgehalten. In Quito wurde der Wortlaut des Abkommens von den Verhandlungsführern der beiden Seiten paraphiert.

Gegenstand des neuen Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Andengemeinschaft sind ausschließlich der politische Dialog und die Zusammenarbeit, nicht hingegen der Handel. Die wichtigsten Ziele des Abkommens sind die Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Andengemeinschaft durch Ausbau des politischen Dialogs und Verstärkung der Zusammenarbeit sowie die Schaffung der Voraussetzungen, unter denen - aufbauend auf dem Ergebnis des Arbeitsprogramms von Doha - ein praktikables und für beide Seiten vorteilhaftes Assoziierungsabkommen einschließlich eines Freihandelsabkommens zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt werden könnte.

Mit dem neuen Abkommen wird der politische Dialog, der bisher auf einer informellen Regelung, der Erklärung von Rom (1996) beruhte, institutionalisiert. Die Zusammenarbeit wird auf neue Bereiche wie Menschenrechte, Konfliktverhütung, Migration und Drogen- und Terrorismusbekämpfung ausgedehnt. Besonderes Gewicht wird auf die Förderung der regionalen Integration innerhalb der Andengemeinschaft gelegt. Das Kooperationsrahmenabkommen von 1993 und die Erklärung von Rom werden durch das Inkrafttreten des neuen Abkommens nach Ratifizierung durch die Vertragsparteien ersetzt werden.

Gravierendere inhaltliche Auseinandersetzungen fanden im Wesentlichen nur über den Art. 49 des Abkommens zum Thema „Zusammenarbeit im Bereich der Migration“ statt. Bedenken vor allem von deutscher Seite im Zusammenhang mit befürchteten impliziten Kompetenzverschiebungen den Abschluss von Rückübernahmeübereinkommen betreffend wurde durch eine Gemeinsame Erklärung des Rates und der Europäischen Kommission Rechnung getragen.

 

Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages hat die Bundesregierung dem Nationalrat vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 03. Mai 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich die Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitischer Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Ebenso wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden sollen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Andengemeinschaft und Ihren Mitgliedsstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits samt Anhang (867 der Beilagen) wird genehmigt.

2.      Die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dieses Staatsvertrages sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen

Wien, 2005 05 03

Carina Felzmann Dr.h.c. Peter Schieder

    Berichterstatterin                  Obmann