945 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über die
Regierungsvorlage (847 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz
hinsichtlich des Schulwesens geändert wird
und
über den Antrag
531/A der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen,
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz hinsichtlich
des Schulwesens geändert wird
Der
Regierungsvorlage 847 der Beilagen waren folgende Erläuterungen beigegeben:
Nach Art. 14
Abs. 10 erster Satz B‑VG können in den Angelegenheiten
– der Schulbehörden
des Bundes in den Ländern und politischen Bezirken,
– der Schulpflicht,
– der Schulorganisation,
– der Privatschulen
und
– des Verhältnisses
von Schule und Kirchen (Religionsgesellschaften) einschließlich des Religionsunterrichtes
in der Schule,
soweit es sich
nicht um Angelegenheiten der Hochschulen und Kunstakademien handelt,
Bundesgesetze vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der
Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen
beschlossen werden. Das Gleiche gilt nach Art. 14 Abs. 10 zweiter
Satz B‑VG für die Genehmigung der in diesen Angelegenheiten abgeschlossenen
Staatsverträge der im Art. 50 B‑VG bezeichneten Art. Für das land- und
forstwirtschaftliche Schulwesen enthält Art. 14a Abs. 8 B‑VG eine dem
Art. 14 Abs. 10 erster Satz B‑VG analoge Regelung.
Art. 14
Abs. 10 und Art. 14a Abs. 8 B‑VG sollten ursprünglich die
bildungspolitische Kontinuität in den wesentlichen Fragen des österreichischen
Schulwesens sicherstellen, haben sich jedoch in der (jüngeren) Vergangenheit
als allzu stabilisierend und einer Dynamisierung des bildungspolitischen
Reformprozesses entgegenstehend erwiesen. Der Entfall dieser Bestimmungen soll
es ermöglichen, bildungspolitische Vorhaben künftig rascher und effizienter zu
verwirklichen.
Kompetenzgrundlage:
In
kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorgeschlagene
Bundesverfassungsgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 B‑VG
(„Bundesverfassung“).
Die Abgeordneten
Werner Amon MBA, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen, haben den
Initiativantrag 531/A am 2. März 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt
begründet:
„Das
‚Zwei-Drittel-Erfordernis’ (Verfassungsmehrheit bei der Beschlussfassung über
bestimmte Schulrechtsangelegenheiten im Nationalrat) hat sich in der
Vergangenheit bei der Weiterentwicklung des Schulwesens als nicht zielführend
erwiesen. Bildungspolitische Vorhaben und Maßnahmen sollen auf Gesetzesebene
künftig rascher und effizienter ermöglicht werden. Daher sollen Abs. 10
des Art. 14 (Schulwesen) sowie Abs. 8 des Art. 14a (land- und
forstwirtschaftliches Schulwesen) B‑VG ersatzlos entfallen.
Nach Art. 14
Abs. 10 des Bundes‑Verfassungsgesetzes können in den Angelegenheiten
– der Schulbehörden
des Bundes in den Ländern und politischen Bezirken,
– der Schulpflicht,
– der
Schulorganisation,
– der Privatschulen
und
– des Verhältnisses
von Schule und Kirchen (Religionsgesellschaften) einschließlich des
Religionsunterrichtes in der Schule,
soweit es sich
nicht um Angelegenheiten der Hochschulen und Kunstakademien handelt,
Bundesgesetze vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der
Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen
beschlossen werden und gilt das Gleiche für die Genehmigung der in diesen
Angelegenheiten abgeschlossenen gesetzesändernden oder gesetzesergänzenden
Staatsverträge (Art. 50 B‑VG).
Dieser
Art. 14 Abs. 10 B‑VG sollte die (bildungspolitische) Kontinuität in
den wesentlichen Fragen des österreichischen Schulwesens sicherstellen, hat
sich aber in der (jüngeren) Vergangenheit als allzu stabilisierend und einer
Dynamisierung von Reformbewegungen entgegenstehend erwiesen. Analoges gilt für
den inhaltlich entsprechenden Art. 14a Abs. 8 B‑VG betreffend das
land- und forstwirtschaftliche Schulwesen.
Der Entfall der in
Rede stehenden Bestimmungen soll bildungspolitische Vorhaben rascher umsetzbar
machen.
Zu Z 1
(Art. 14 Abs. 10 B‑VG):
Im Einzelnen sei
zu den in Art. 14 Abs. 10 genannten Angelegenheiten Folgendes
bemerkt:
1. Angelegenheiten
der Schulbehörden des Bundes in den Ländern und politischen Bezirken:
Darunter
fällt im Wesentlichen das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 240/1962,
in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 70/1966 und 32/1975. Dieses
Bundesgesetz regelt auf der Grundlage der Art. 81a und 81b B‑VG die
Zuständigkeiten der Schulbehörden des Bundes in den Ländern und politischen
Bezirken sowie insbesondere auch deren innere Organisation
(Präsident/Vorsitzender, Kollegium, Amt, Aufgaben, Geschäftsordnung) sowie die
Schulinspektion und den Aufwand der Schulbehörden.
2. Angelegenheiten
der Schulpflicht:
Darunter
fällt zunächst das Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 241/1962,
wiederverlautbart im Jahre 1985, BGBl. Nr. 76, in der Fassung der seit der
Wiederverlautbarung beschlossenen Novellen BGBl. (I) Nr. 161/1987,
456/1992, 513/1993, 768/1996, 134/1998, 75/2001 und 57/2003 sowie der
Kundmachung BGBl. Nr. 969/1994. Zahlreiche als Angelegenheit der
Schulpflicht zu qualifizierende Regelungen, die ebenfalls der qualifizierten
Mehrheit im Nationalrat bedürfen, finden sich insbesondere auch im
Schulunterrichtsgesetz. Auch außerhalb des Schulrechts finden sich
‚schulpflichtbegründende’ und somit den qualifizierten Erfordernissen
unterliegende Bestimmungen, wie zB zuletzt § 8b Abs. 22 des
Berufsausbildungsgesetzes (integrative Berufsausbildung).
3. Angelegenheiten
der Schulorganisation:
Die
Angelegenheiten der Schulorganisation stellen den Hauptteil der Regelungen dar,
die vom ‚Zwei-Drittel-Erfordernis’ des Art. 14 Abs. 10 B‑VG betroffen
sind. Es handelt sich dabei in erster Linie um das Schulorganisationsgesetz,
BGBl. Nr. 242/1962, in der Fassung der Novellen BGBl. (I)
Nr. 83/1963, 243/1965, 173/1966, 289/1969, 234/1971, 323/1975, 142/1980,
365/1982, 271/1985, 371/1986, 335/1987, 327/1988, 467/1990, 408/1991, 323/1993,
512/1993, 550/1994, 642/1994, 435/1995, 330/1996, 766/1996, 20/1998, 132/1998,
96/1999, 77/2001 sowie der Kundmachungen BGBl. Nr. 267/1963 und 287/1995.
Darüber hinaus findet sich eine Vielzahl an organisationsrechtlichen
Bestimmungen insbesondere im Schulunterrichtsgesetz, im Schulunterrichtsgesetz
für Berufstätige, im Akademien-Studiengesetz 1999, im
Berufsreifeprüfungsgesetz, sowie im Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung
von Sportlehrern und Leibeserziehern. Als solche Angelegenheiten der
Organisation seien inhaltlich beispielsweise genannt: Regelungen über
Prüfungskommissionen, Aufgaben der Lehrer, Lehrerkonferenzen, Organisation der
Schulpartnerschaft (Klassen- und Schulforum, Schulgemeinschaftsausschuss).
Weiters
zählen zu den Angelegenheiten der Schulorganisation auch die Schulzeitangelegenheiten
(als Angelegenheit der äußeren Organisation, neben ‚Aufbau’,
‚Organisationsform’, ‚Errichtung’, ‚Erhaltung’, ‚Auflassung’, ‚Sprengel’ und
‚Klassenschülerzahlen’ – siehe dazu auch Art. 14 Abs. 3 lit. b B‑VG).
Solche Angelegenheiten der Schulzeit sind im Schulzeitgesetz, BGBl.
Nr. 193/1964, wiederverlautbart im Jahre 1985, BGBl. Nr. 77, in der
Fassung der seit der Wiederverlautbarung beschlossenen Novellen BGBl. (I)
Nr. 144/1988, 279/1991, 516/1993, 467/1995 und 45/1998, geregelt.
4. Angelegenheiten
der Privatschulen:
Darunter
fällt insbesondere das Privatschulgesetz, BGBl. Nr. 244/1962, in der
Fassung der Novellen BGBl. (I) Nr. 290/1972, 448/1994 und 75/2001, sowie
weiters zahlreiche Bestimmungen insbesondere im Schulunterrichtsgesetz, im
Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige und im
Akademien-Studiengesetz 1999 (zB betreffend die Aufnahme in Privatschulen,
Zusammensetzung von Gremien an Privatschulen).
5. Angelegenheiten
des Verhältnisses von Schule und Kirchen (Religionsgesellschaften)
einschließlich des Religionsunterrichtes in der Schule:
In
erster Linie handelt es sich um das Religionsunterrichtsgesetz, BGBl.
Nr. 190/1949, in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 185/1957,
243/1962, 324/1975, 329/1988 und 256/1993, welches – in Entsprechung mit dem
Konkordat vom 5. Juni 1933 – den Religionsunterricht für Angehörige von in
Österreich gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften (nicht
der staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften) regelt.
Weiterhin
auf Grund des Bundesrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl. I Nr. 191/1999,
unbefristet in Geltung steht das Schule-Kirche-Gesetz, RGBl. Nr. 48/1868,
welchem jedoch weitgehend durch das Religionsunterrichtsgesetz derogiert wurde.
Im Hinblick auf
den letzten Satz des Art. 14 Abs. 10 B‑VG (‚Das gleiche gilt für die
Genehmigung der in diesen Angelegenheiten abgeschlossenen Staatsverträge der im
Art. 50 bezeichneten Art.’) wurde der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl
und der Republik Österreich zur Beseitigung von mit dem Schulwesen
zusammenhängenden Fragen (das Konkordat von 1933 ergänzend) im Nationalrat mit
den qualifizierten Beschlusserfordernissen genehmigt.
Zu Z 2
(Art. 14a Abs. 8 B‑VG):
Auf der Grundlage
des Art. 14a Abs. 8 B‑VG wurden im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen
Schulwesens nachstehend genannte (Grundsatz)gesetze beschlossen:
– Bundesgrundsatzgesetz
für die Organisation und den Wirkungsbereich der land- und
forstwirtschaftlichen Schulbeiräte, BGBl. Nr. 317/1975,
– Bundesgrundsatzgesetz
für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, BGBl. Nr. 319/1975, in
der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 648/1994,
– Bundesgrundsatzgesetz
für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen, BGBl. Nr. 320/1975, in der
Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 649/1994.
Zu Z 3
(Art. 151 Abs. 32 B‑VG):
Der neue
Abs. 32 des Art. 151 B‑VG setzt als Zeitpunkt des Außer-Kraft-Tretens
des Art. 14 Abs. 10 sowie des Art. 14a Abs. 8 B‑VG den
Ablauf des Tages der Kundmachung der gegenständlichen Novelle im Bundesgesetzblatt
fest.“
Der
Unterrichtsausschuss hat den Initiativantrag 531/A in seiner Sitzung am
10. März 2005 erstmals in Verhandlung genommen und die Verhandlungen
einstimmig vertagt. In seiner Sitzung am 20. April und 4. Mai 2005 nahm
der Unterrichtsausschuss die Regierungsvorlage 847 der Beilagen gemeinsam mit
dem Initiativantrag 531/A in Verhandlung.
Berichterstatter
im Ausschuss zur Regierungsvorlage 847 der Beilagen war Abgeordneter Mag. Dr.
Alfred Brader.
Berichterstatter
im Ausschuss zum Initiativantrag 531/A war Abgeordneter Werner Amon, MBA.
In den Debatten
ergriffen die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser,
Fritz Neugebauer, Dieter Brosz,
Mares Rossmann, Barbara Rosenkranz
und Sabine Mandak sowie die Bundesministerin
für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer
und der Ausschussobmann Abgeordneter Werner Amon MBA
das Wort.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Werner Amon, MBA,
DDr. Erwin Niederwieser und Mares Rossmann einen Abänderungsantrag eingebracht.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des
oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Werner Amon,
MBA, DDr. Erwin Niederwieser und Mares Rossmann mit Stimmenmehrheit angenommen.
Der Antrag 531/A
gilt als miterledigt.
Als Berichterstatter
für das Plenum wurde Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader gewählt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen
Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien,
2005 05 04
Mag.
Dr. Alfred Brader Werner
Amon MBA
Berichterstatter Obmann