1010 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (946 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

Durch die gegenständliche Regierungsvorlage soll die Richtlinie Nr. 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in der Fassung der Richtlinie Nr. 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 („Insolvenz-Richtlinie“) gesetzlich umgesetzt werden. (Die Frist für die Umsetzung endet am 8. Oktober 2005.) Dadurch sind folgende Änderungen betroffen:

-       Einbeziehung der Mitglieder des Organes einer juristischen Person, die zu ihrer gesetzlichen Vertretung berufen sind (das betrifft insbesondere GmbH-Geschäftsführer) und der leitenden Angestellten, soweit sie jeweils Arbeitnehmer sind, in den Kreis der Anspruchsberechtigten auf IAG.

-       Neuregelung der Vorschriften über den Anspruch auf IAG, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers im Ausland zB der Konkurs eröffnet wird, mit folgendem wesentlichen Regelungsinhalt:

-       Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Inland;

-       Hauptinsolvenzverfahren im EU-Ausland oder Sekundärinsolvenzverfahren im Inland;

-               Insolvenzverfahren über ein Versicherungsunternehmen oder Kreditinstitut in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR);

-       Insolvenzverfahren in einem Staat außerhalb des EWR;

-       Festlegung der in solchen Fällen zuständigen Geschäftsstelle der IAF-Service GmbH;

-               Rahmenvorschriften über die Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen, die Tätigkeiten wie die IAF-Service GmbH ausüben.

-       Maßnahmen zur Vermeidung missbräuchlicher Inanspruchnahme von IAG.

 

Weiters soll durch den in der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetzentwurf auch folgende in der Praxis aufgetretene Probleme gelöst werden:

-       Klarstellung, dass auch bei einer Betriebsentsendung ins Ausland IAG gebührt,

-       Löschung von Kapitalgesellschaften sowie von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit als Anknüpfungstatbestand für den Anspruch auf IAG,

-       Klarstellung, dass dann, wenn das Arbeitsverhältnis erst zB nach der Konkurseröffnung endet, die sechsmonatige Frist zur Beantragung von IAG ab diesem Ende zu laufen beginnt, und

-       Rückforderbarkeit von zuerkanntem IAG im Fall bestimmter strafrechtlicher Verurteilungen und generelle Einschränkung der Rückforderbarkeit von (zu viel) zuerkanntem IAG auf höchstens fünf Jahre ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes.

Ferner enthält der Gesetzentwurf eine Klarstellung, unter welchen Voraussetzungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung trotz eines Anspruches auf Korridorpension bezogen werden können.

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen wird abschließend in den Erläuterungen der Regierungsvorlage darauf hingewiesen, dass sich aus der Differenz der höheren Einnahmen von 22,3 Millionen Euro zu den zu erwartenden zusätzlichen Ausgaben an IAG von 16,75 Millionen Euro ein jährlicher Einnahmenüberschuss von 5,55 Millionen Euro ergibt. Im Jahr 2006 werden sich allerdings durch die erfahrungsgemäß (um rund 2 Monate) verzögerte Wirkung der Änderungen auf die Beitragseinnahmen nur geringere Mehreinnahmen ergeben.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 23. Juni 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Ridi Steibl, die Abgeordneten Karl Dobnigg, Ridi Steibl, Karl Öllinger, Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Dr. Richard Leutner, Dietmar Keck, Gabriele Heinisch-Hosek sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und die Ausschussobfrau Abgeordnete Heidrun Silhavy.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Ridi Steibl und Maximilian Walch einen Abänderungsantrag betreffend § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 2, 6 und 7, § 17a Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz eingebracht. In diesem Abänderungsantrag waren auch Abänderungen in § 7 Abs. 3 und 6, in § 79 Abs. 84 sowie in § 80 Abs. 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz enthalten. Die genannten Abänderungen waren wie folgt begründet:

Mit dem vorgeschlagenen Abänderungsantrag soll unter anderem gewährleistet werden, dass die Mittel für die Lehrlingsausbildungsprämie dauerhaft (ohne die bisherige Einschränkung auf die Jahre 2003 bis 2005) aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zur Verfügung gestellt werden können. Mit Hilfe der Lehrlingsausbildungsprämie konnte im Jahr 2004 erstmals seit mehreren Jahren die Anzahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr wieder gesteigert werden (+ 1,4 Prozent auf 35.938 Lehrlinge). Insgesamt bildet die Wirtschaft damit derzeit 119.071 Lehrlinge aus. Der Beitrag zur Finanzierung der Lehrlingsausbildungsprämie soll jedoch nicht dazu führen, dass der von den Arbeitgebern zu tragende Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung erhöht werden muss. Weiters soll klar gestellt werden, dass nicht jede Kreditaufnahme zwingend zu einer Erhöhung des Zuschlages führen muss.

Die weiteren Änderungen im Art. 1 (IESG) sollen die Umsetzung von Vorschlägen der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und der Bundesarbeitskammer (BAK) ermöglichen.

Die Rückforderbarkeit von Insolvenz-Ausfallgeld (IAG) soll auf Anregung der WKÖ nur auf einen Zeitraum von fünf Jahren ab der Kenntnis vom Rückforderungsgrund durch die Geschäftsstelle der IAF-Service GmbH eingeschränkt werden. Sie soll jedoch nicht - unabhängig von der Kenntnis der Geschäftsstelle - bereits fünf Jahre nach der Erlassung des Bescheides, mit dem zu viel IAG zuerkannt wurde, enden.

Beispielsweise kann nämlich bei der in der RV vorgeschlagenen Rückforderbarkeit von zuerkanntem IAG wegen Vorliegens bestimmter strafrechtlicher Verurteilungen viel Zeit vergehen, bis eine rechtskräftige - den Antragsteller verurteilende - Gerichtsentscheidung vorliegt. Durch die vorgeschlagene Änderung kann vermieden werden, dass ein präsumptiver Straftäter durch Hinauszögern einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung das zuerkannte IAG nicht zurückzahlen muss. Auch Antragsteller, die die Zuerkennung von IAG durch unwahre Angaben oder Verschweigen maßgebender Tatsachen erreicht haben, sollen nicht durch den bloßen Zeitablauf von fünf Jahren ungerechtfertigte Vorteile erlangen können.

Die Änderung hat auch den Vorteil, dass der IAG-Fonds in weniger Fällen auf Forderungen verzichten muss.

Der neue Insolvenztatbestand „Löschung eines Unternehmens im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit“ soll auf Anregung der BAK möglichst rasch nach dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in Kraft treten.

Durch das mit 1. August 2005 - und somit schon um zwei Monate früher - erfolgende In-Kraft-Treten (Anm.: die übrigen Änderungen sollen - wie in der RV vorgesehen - ab 1. Oktober 2005 bzw. ab 1. Jänner 2006 gelten) können die Vorteile der neuen Regelung bereits früher wirksam werden, da Antragsteller bei Vermögenslosigkeit des Arbeitgebers nur mehr den entsprechenden Auszug aus dem Firmenbuch vorzulegen haben und keinen Antrag auf Eröffnung des Konkurses mehr stellen müssen.

Dadurch entfallen vermeidbare Belastungen der Gerichte und der Antragsteller. Die Firmenbuchabfrage ist einfacher und kostengünstiger (für die Firmenbuchabfrage fallen 4,30 € an, für den Konkursantrag 33 €). Im selben Ausmaß ist auch weniger IAG für aufgelaufene Kosten zu ersetzen.

In technischer Hinsicht ist es daher erforderlich, im Art. 1 der RV die Z 8 (§ 9 Abs. 1 IESG) und die Z 13 (§ 17a IESG) im vorgeschlagenen Sinn anzupassen.

Die Änderungen im Art. 2 (AlVG) dienen der Klarstellung der Verfügbarkeit zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe im Hinblick auf die vorgesehenen Neuordnungen im Aufenthaltsrecht (Änderung des § 7 Abs. 3 Z 2 und Abs. 6 AlVG).

Weiters soll angesichts einer unbedingt erforderlichen längeren Vorlaufzeit zur Schaffung der technischen Voraussetzungen zur Vollziehung einer Neuregelung im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit den Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer über die Einführung einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung für selbständig Erwerbstätige und freie Dienstnehmer die bestehende Übergangsregelung, die eine zeitlich unbegrenzte Erstreckung der Rahmenfrist für die Erbringung der Anwartschaft in der Arbeitslosenversicherung um Zeiträume einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG oder BSVG vorsieht, um ein Jahr bis Ende 2006 verlängert werden (Änderung des § 22 Abs. 1 AlVG).

 

Von der Abgeordneten Heidrun Silhavy wurde ein Abänderungsantrag betreffend § 22 Abs. 1 und § 79 Abs. 84 Arbeitslosenversicherungsgesetz eingebracht.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Ridi Steibl und Maximilian Walch mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Der oberwähnte Abänderungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy fand keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 06 23

Ridi Steibl   Heidrun Silhavy

    Berichterstatterin                     Obfrau