1024 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 614/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Anerkennung der Leistungen im österreichischen Widerstand sowie zur abschließenden Beseitigung nationalsozialistischer Unrechtsakte erlassen, das Opferfürsorgegesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung Österreichs von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eine einmalige Zuwendung (Befreiungs-Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird (Anerkennungsgesetz 2005)

Die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 614/A am 12. Mai 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Artikel I:

Nach dem Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 gelten Verurteilungen von Österreichern wegen Hoch- und Landesverrates oder nach der Kriegssonderstrafrechtsverordnung als nicht erfolgt, wenn die Handlung gegen die nationalsozialistische Herrschaft oder auf die Wiederherstellung eines unabhängigen Staates Österreich gerichtet war. Aufgehoben wurden damals auch ex lege alle Verurteilungen, die nach taxativ angeführten Gesetzen ergangen sind, die Ausdruck typisch nationalsozialistischen Unrechts waren. Die dazu erlassene Verordnung vom 5. September 1945 erweiterte die Anwendbarkeit des Aufhebungs- und Einstellungsgesetzes auf Verurteilungen wegen zahlreicher weiterer deutscher Rechtsvorschriften. Welches Gericht ein solches Urteil gefällt hat, ist dabei ohne entscheidende Bedeutung, sondern hat nur für die Frage der Zuständigkeit für das weitere Verfahren Relevanz.

Eine Überprüfung der geltenden Rechtslage durch das Bundesministerium für Justiz erbrachte, dass in vielen Fällen ergänzend bzw. vielfach sogar ausschließlich das als eines der ersten Gesetze des 1945 neu gewählten Nationalrates beschlossene, in seinen rechtlichen Auswirkungen jedoch bislang weitgehend unbeachtet gebliebene Bundesgesetz vom 6. März 1946 über die Einstellung von Strafverfahren, die Nachsicht von Strafen und die Tilgung von Verurteilungen aus Anlass der Befreiung Österreichs (Befreiungsamnestie) zu berücksichtigen ist. Nach den darin eingebetteten Spezialbestimmungen über die Militärdelikte (§§ 7 bis 9) gelten ohne jede Einschränkung und unabhängig davon, um welches Delikt es sich handelt, alle Urteile der deutschen Militär- und SS-Gerichte (einschließlich der Polizeigerichte) bereits ex lege als nicht erfolgt. Für die Rechtswirksamkeit dieser umfassenden, rückwirkenden Außerkraftsetzung solcher nationalsozialistischer Unrechtsurteile bedarf es weder einer inhaltlichen Prüfung des Falles noch einer beschlussmäßigen Feststellung durch ein Gericht.

Anlass zu Missinterpretationen bot jedoch der Umstand, dass diese pauschale Beseitigung von Unrechtsurteilen im Rahmen eines Amnestiegesetzes erfolgte, das in der Hauptsache ganz anders gelagerte Fälle regelte. Bei § 7 der Befreiungsamnestie handelt es sich jedoch gerade nicht um eine Amnestiebestimmung. Dies geht schon aus den Erläuterungen zu diesem Gesetz eindeutig hervor. Danach ging es dem Gesetzgeber nicht um einen - von der Betroffenen zu Recht als unzumutbar abgelehnten - „kollektiven Gnadenerweis“ für die Verurteilten, sondern um ein klares Zeichen der Abgrenzung von einer Unrechtsjustiz, an deren Rechtsakte sich das wiedererstandene Österreich gerade in den Fällen der Militärdelikte nicht mehr gebunden sah. Somit wurden bereits damals die von solchen Unrechtsurteilen Betroffenen zumindest in juristischer Hinsicht rehabilitiert - ohne dies allerdings mit der heute wünschenswerten Deutlichkeit auszusprechen.

Im Unterschied zu den genannten Spezialbestimmungen in der Befreiungsamnestie sieht das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz in Teilbereichen eine Einzelfallprüfung vor, ob die urteilsgegenständliche Handlung „gegen die nationalsozialistische Herrschaft oder auf die Wiederherstellung eines unabhängigen Staates Österreich gerichtet“ war. Da es nach sechs Jahrzehnten jedoch kaum mehr möglich ist, die unmittelbaren Beweggründe für die damals verurteilten Taten zu objektivieren, wurden die Justizbehörden mit dem Informationserlass des Bundesministeriums für Justiz vom 30. Dezember 2003 betreffend die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militär- bzw. SS-Gerichtsbarkeit von der jetzt herrschenden, von einigen Gerichten bereits praktizierten und vom Bundesministerium für Justiz geteilten Rechtsansicht in Kenntnis gesetzt, dass eine solche Prüfung entbehrlich erscheint und es nunmehr genügt, dass sich die der Verurteilung zugrundeliegende Handlung schon in objektiver Hinsicht gegen die nationalsozialistische Herrschaft gerichtet hat.

Damit können das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und die entsprechenden Sonderbestimmungen in der Befreiungsamnestie 1946 als umfassende gesetzliche Grundlage zur pauschalen Beseitigung aller nationalsozialistischen Unrechtsurteile angesehen werden.

Diese Rechtsansicht des Bundesministeriums für Justiz wird jedoch insbesondere in der politischen Diskussion noch immer vereinzelt angezweifelt. Daher sieht sich der Nationalrat veranlasst, in Form einer authentischen Interpretation auf gesetzlicher Stufe den Rechtsstandpunkt des Bundesministeriums für Justiz zu bekräftigen und klarzustellen, dass mit dem Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und den in der Befreiungsamnestie 1946 enthaltenen Sonderbestimmungen über die Militärdelikte, die nach wie vor in Kraft stehen, alle Gerichtsurteile, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft gegen Österreicher ergangen und als Ausdruck typisch nationalsozialistischen Unrechts zu betrachten sind, bereits 1945 bzw. 1946 rückwirkend außer Kraft gesetzt wurden. Somit besteht für weitere gesetzliche Maßnahmen nach dem Vorbild des erst 1998 erlassenen deutschen NS-Aufhebungsgesetzes kein Anlass.

Mit diesem Akt des Gesetzgebers soll insbesondere auch für die nachgeborenen Generationen jede Rechtsunsicherheit beseitigt, die Bemühungen des historischen Gesetzgebers um eine juristische Aufarbeitung dieser nationalsozialistischen Unrechtsakte und um eine entsprechende Rehabilitierung der Verurteilten wieder ins Bewusstsein gerückt und gewürdigt werden. Weiters soll damit auch einem im Gedenkjahr 2005 besonders aktuellen Bedürfnis entsprochen und jenes politische und moralische Zeichen der vollständigen Rehabilitierung gesetzt werden, das von den Opfern der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz bislang vermisst wurde.

Als besondere Geste der politischen und moralischen Rehabilitierung wird daher allen Opfern der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz und der politischen Verfolgung (im Sinne des Opferfürsorgesetzes) sowie den Personen, die dem Ungeist des Nationalsozialismus widerstanden haben und ihm im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die verschiedenste Art und Weise entgegengetreten sind, ebenso Respekt bekundet wie jenen, die vom Nationalsozialismus und den Untaten des NS-Regimes aus ihrer Heimat in die Emigration gezwungen wurden. Mit ihrer Vertreibung ist nicht nur für sie selbst, sondern auch für Österreich ein nicht wieder gut zu machender Verlust verbunden. Achtung und Mitgefühl gilt diesen unmittelbaren Opfern, die das verbrecherische Wüten der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft vielfach nicht überlebt haben, und ihren Familien, die noch immer darunter leiden.

Bei dieser Gelegenheit ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass seit dem Inkrafttreten der angeführten Aufhebungsbestimmungen rund 60 Jahre vergangen und daher aus den bereits dargestellten Gründen die im Aufhebungs- und Einstellungsgesetz teilweise vorgesehenen Einzelfallprüfungen als obsolet anzusehen sind, zumal dies sonst für die Betroffenen mit einer nicht mehr zumutbaren Beweislast verbunden wäre.

Schließlich bedarf auch die in diesen Gesetzen normierte amtswegige Vorgangsweise einer zeitgemäßen Interpretation. Das neben der Beschlussfassung auf Antrag vorgesehene Tätigwerden von Amts wegen ist im zeitlichen Zusammenhang mit der Entstehung dieser Gesetze zu sehen. Damals waren die von diesen Bestimmungen betroffenen Verfahren gerade erst abgeschlossen oder noch anhängig und die jeweiligen Verjährungsfristen für die allenfalls noch weiter zu verfolgenden nicht militärischen Straftaten vielfach noch nicht abgelaufen. Die Justizbehörden sollten bei der Bearbeitung solcher Fälle nicht auf eine Antragstellung durch allenfalls noch in Kriegsgefangenschaft befindliche Betroffene angewiesen sein.

Das Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien hat zwar eine Datenbank mit über 1600 historischen Datensätzen unter anderem auch wegen Desertionsdelikten (unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht) verurteilter Personen angelegt und dem Bundesministerium für Justiz zur weiteren Auswertung übergeben. Diese Datenbank erfasst jedoch bei weitem nicht alle Opfer der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz. Eine rückwirkende Ausforschung und Verständigung der noch wenigen lebenden Betroffenen bzw. ihrer Angehörigen und die Veranlassung einer Beschlussfassung von Amts wegen ist trotz dieser Datenbank mit vertretbarem Aufwand nicht durchführbar, weil angesichts der nur bruchstückhaft vorliegenden Informationen keine sinnvolle Recherchen gewährleistet sind. So kann die für die praktische Umsetzung wesentliche Frage, wer von den in der genannten Datenbank erfassten Personen überhaupt noch am Leben ist, mit dem nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Material oft nicht beurteilt werden. Im Hinblick auf den ohnehin bloß deklaratorischen Charakter eines Beschlusses nach dem Aufhebungs- und Einstellungsgesetz oder nach der Befreiungsamnestie kann auf amtswegige Erhebungen daher künftig ganz verzichtet werden.

Davon unberührt bleibt jedoch jedenfalls das Recht der Betroffenen oder von Angehörigen, entsprechende Anträge auf Fassung und Zustellung einer solchen Bestätigung (in Form eines Gerichtsbeschlusses) zu stellen, wobei unter besonders berücksichtigungswürdigen Umständen oder zur Abhilfe von besonderen Erschwernissen im Zuge der beabsichtigten Antragstellung durch Institutionen oder Privatpersonen im Einzelfall auch weiterhin eine Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft in Betracht kommt.

Zu Artikel II:

Die vorgesehene gesetzliche Änderung dient der legistischen Klarstellung sowie der Normierung von Rechtsansprüchen für Personen, die im Rahmen typisch nationalsozialistischer Verfolgung auf Grund ihrer sexuellen Orientierung, auf Grund des Vorwurfes der so genannten Asozialität oder durch medizinische Versuche geschädigt wurden und die, sofern nicht bereits auf Grund der derzeitigen Rechtslage ein Rechtsanspruch gegeben ist, schon bisher im Wege der Nachsicht anerkannt werden konnten. Außerdem sollen Opfer einer Zwangssterilisation ausdrücklich im Gesetz genannt werden.

Seit geraumer Zeit wird die Frage der Aufnahme von zwangssterilisierten Personen, von Personen, die vom Vorwurf der sogenannten Asozialität betroffen waren, sowie von Personen, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung unter dem Nationalsozialismus verfolgt wurden, in das Opferfürsorgegesetz (OFG) diskutiert.

Eine Überprüfung ergab, dass Menschen, die aus Gründen der Abstammung zwangssterilisiert wurden, bereits seit dem Jahr 1947 (BGBl. Nr. 183/1947) sowie die aufgrund einer Behinderung zwangssterilisierten Personen seit dem Jahr 1995 vom OFG erfasst werden (BGBl. Nr. 433/1995).

Sofern der Vorwurf der sogenannten Asozialität tatsächlich einer Verfolgung aus Gründen der Abstammung oder einer politischen Verfolgung diente, bestand ebenfalls seit 1947 ein Rechtsanspruch nach dem OFG. Weitere Personen, die vom Vorwurf der sogenannten Asozialität betroffen waren, insbesondere diejenigen, die als Kinder in der Anstalt am Spiegelgrund untergebracht waren, werden laufend im Wege des Rechtsanspruches (wenn als Einweisungsgrund auch eine Behinderung aufscheint) oder der Nachsicht anerkannt (§ 1 Abs. 6 OFG).

Desgleichen löste eine Verfolgung auf Grund des Vorwurfes der sexuellen Orientierung, die tatsächlich eine Verfolgung aus Gründen der Abstammung oder eine politischen Verfolgung darstellte, bereits seit 1947 Rechtsansprüche nach dem OFG aus. Die Thematik einer allfälligen weiteren Einbeziehung von unter dem Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in das OFG wurde mehrmals einer eingehenden Prüfung durch das zuständige Bundesministerium unterzogen. Vor mehr als 20 Jahren wurde von einem Homosexuellenverein ein Fall eines Betroffenen an das Bundesministerium herangetragen, der in der Zeit des Ständestaates aktiver illegaler Nationalsozialist war und der sexuelle Kontakte mit gerade mündig gewordenen Jugendlichen hatte. Dieses Ergebnis konnte daher nicht zum Anlass einer unterschiedslosen Einräumung von Rechtsansprüchen für aufgrund ihrer Homosexualität verfolgte Personen genommen werden. In der Folge war das Bundesministerium mit dem Antrag eines zweiten Betroffenen im Berufungsverfahren befasst, der jedoch vor einer Entscheidung verstarb.

Seither wurde kein einziger weiterer Fall an das Bundesministerium herangetragen.

Die Angelegenheit wurde jedoch auf Grund wiederholt erhobener Forderungen mehrmals, zuletzt am 17. Dezember 2002, in der Opferfürsorgekommission, in der auch die Opferverbände vertreten sind, diskutiert. Die Kommissionsmitglieder einschließlich der Vertreter der Opferverbände bekräftigten in diesem Zusammenhang, dass sie auch analog der Praxis in den Fällen der vom Vorwurf der Asozialität Betroffenen einer Einzelfallprüfung von Anträgen von Opfern, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, offen gegenüberstehen, sollten derartige Anträge gestellt werden.

Die neue Formulierung des § 1 Abs. 2 OFG soll nunmehr auch dann, wenn nicht bereits bisher ein Rechtsanspruch von aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder des Vorwurfes der Asozialität Verfolgten besteht, anstelle von Leistungen im Nachsichtsweg Rechtsansprüche für typisch nationalsozialistische Verfolgung dieser Betroffenen schaffen sowie die Opfer medizinischer Experimente und von Zwangssterilisation ausdrücklich im Gesetz anführen.

Der in den Bereichen des KOVG 1957 und des HVG vorgesehene Entfall der Witwen(Witwer)beihilfe soll auch im Bereich des OFG gesetzlich nachvollzogen werden.

Zu Artikel III:

Aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus soll entsprechend ähnlicher Aktivitäten in den Jahren 1975, 1985 und 1988 eine einmalige Zuwendung für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung geschaffen werden.

Den etwa 3.000 Betroffenen soll ein gestaffelter Betrag in der Höhe von 500 € bis 1000 € zuerkannt werden, der im Ansatz 1/15127 des Bundesfinanzgesetzes auch bereits berücksichtigt wurde.

Da keine vollständigen aktuellen Daten über den gesamten Personenkreis vorliegen, kann eine amtswegige Zuerkennung nur an die Rentenleistungsbezieher nach dem Opferfürsorgegesetz erfolgen. Bei Besitzern eines Befreiungs-Ehrenzeichens, Amtsbescheinigungsinhabern und Opferausweisinhabern sind lediglich Unterlagen aus teilweise bereits Jahrzehnte zurückliegenden Zeiträumen vorhanden, sodass im Einzelfall nur mehr mit unangemessen hohem Aufwand feststellbar wäre, ob die Anspruchsberechtigten noch leben bzw. ob sich ihr Wohnsitz verändert hat. Für diesen Personenkreis ist daher das im Gesetz beschriebene Anmeldeverfahren vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird besonders auch auf § 2 Abs. 4 hingewiesen, wonach kein Leistungsverfall eintreten kann, wenn eine Anmeldung aus triftigen Gründen nicht zeitgerecht erfolgen konnte.

Als Stichtag für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wurde der Monat Juni 2004 normiert, da dieses Datum vor dem Beginn der Diskussionen über die gegenständliche Maßnahme liegt und die Beratungen nicht zum Ausgangspunkt für ein erhöhtes Aufkommen von Anträgen im Bereich der grundlegenden Ansprüche werden sollten. Dies auch im Hinblick auf die Tatsache, dass diese Ansprüche in den Jahren und Jahrzehnten vor der Schaffung der Befreiungs-Erinnerungszuwendung beantragt und durchgesetzt werden konnten.

Der vorliegende Entwurf stützt sich kompetenzrechtlich auf Artikel I des BGBl. Nr. 77/1957.“

Der Justizausschuss hat den Antrag 614/A in seiner Sitzung am 23. Juni 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Tancsits, Dr. Christian Puswald, Bettina Stadlbauer, Dr. Gabriela Moser, Johann Ledolter sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé einen umfassenden Abänderungsantrag eingebracht. Weiters haben die Abgeordenten Dr. Helene Partik-Pablé und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter einen Entschließungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Die Zweite Republik Österreich hat auf die Gräuel der vorangegangenen undemokratischen Regime nach dem 2. Weltkrieg umgehend reagiert: Befreiungsamnestie, Aufhebungs- und Einstellungsgesetz, Opferfürsorgegesetz, Kriegsopferversorgungsgesetz, die Rückstellungsgesetze für Vermögensansprüche, das Spätheimkehrergesetz, das Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz, die Anrechnungsmaßnahmen in der Sozialversicherung etc. stammen großteils aus den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg.

Dennoch sind Lücken verblieben, die erst wesentlich später, vielfach erst in den letzten Jahren, geschlossen wurden. Hier sind das Ehrengaben- und Hilfsfondsgesetz, das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie der Versöhnungsfonds, der Nationalfonds, der Allgemeine Entschädigungsfonds und die Rückstellung von Kunstwerken nach dem Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu nennen.

Immer noch gibt es aber – wie auch die aktuelle Diskussion um Deserteure und „Trümmerfrauen“ beweist – Menschen, bei denen zweifelhaft ist, ob ihnen eine bzw. eine im Vergleich mit anderen Geschädigten gerechte Entschädigung oder zumindest Genugtuung zugekommen ist. Diese Personen sind nicht immer unmittelbare Opfer des NS-Regimes im Sinne einer aktiven und politisch begründeten Verfolgung. Vielfach handelt es sich auch um Menschen, die ohne eigene Schuld durch den 2. Weltkrieg oder seine Nachwirkungen überdurchschnittlich schwer geschädigt wurden.

Ein endgültiger Schlussstrich unter die Auswirkungen des NS-Regimes erfordert daher eine abschließende Prüfung, ob die über viele Jahrzehnte verteilten Entschädigungs- und Anerkennungsschritte der Zweiten Republik im Rückblick alle unschuldigen direkten und indirekten Opfer dieser dunklen Zeit vor dem Abschluss des Staatsvertrags erfassten, ob die zugebilligten Leistungen und Würdigungen aus heutiger Sicht als gerecht zu beurteilen sind und ob vereinzelt noch Verbesserungen nachgeholt werden sollten, solange sie den Betroffenen selbst noch zugute kommen können.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé in getrennter Abstimmung teils einstimmig, teils mehrstimmig angenommen.

Der von den Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter eingebrachter Entschließungsantrag wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2005-06-23

Mag. Heribert Donnerbauer Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

       Berichterstatter                     Obfrau