1052 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Wirtschaftsausschusses
über die Regierungsvorlage (971 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 2005)
Folgende Regelungsschwerpunkte sind in der gegenständlichen Vorlage enthalten:
1. Umsetzung
der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie
Durch die
Richtlinie 2003/35/EG über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der
Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung
der Richtlinien 85/85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die
Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (in der Folge kurz:
„Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie“) wird unter anderem die Richtlinie
96/61/EG (die so genannte „IPPC-Richtlinie“) an die Anforderungen des
UN/ECE-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die
Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu
Gerichten in Umweltangelegenheiten („Aarhus-Übereinkommen“) angepasst.
Diese Änderung der
IPPC-Richtlinie wäre nunmehr für dem „IPPC-Regime“ unterliegende gewerbliche
Betriebsanlagen in der Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, für die dem
Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen - EG-K unterliegenden Anlagen in diesem
Bundesgesetz sowie für dem „IPPC-Regime“ unterliegende Aufbereitungsanlagen im
Mineralrohstoffgesetz -MinroG umzusetzen.
Als wesentliche
Neuerung ist vor allem die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen
(„Umweltorganisationen“) an IPPC-Verfahren mit der Möglichkeit, Rechtsmittel
(im Fall gewerblicher Betriebsanlagen und dem EG-K unterliegender Anlagen an
den Unabhängigen Verwaltungssenat) zu erheben, zu nennen.
2. Umsetzung
der Seveso II - Änderungsrichtlinie
Mit der
Richtlinie 2003/105/EG zur Änderung der Richtlinie 96/82/EG zur
Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (in
der Folge kurz: „Seveso II - Änderungsrichtlinie“) wurden von der EU folgende
Zielsetzungen verfolgt:
-
Reaktion auf die Unfälle in Baia Mare, Enschede und Toulouse (Änderungen im
Geltungsbereich und neue Mengenschwellen);
-
Sanierung der bisher bedingt durch die Einstufung von Mineralöl-Massenprodukten
als umweltgefährliche Substanzen bestehenden Rechtsunsicherheit;
-
endgültige Festlegung der Mengenschwellen für kanzerogene Substanzen und
Substanzen mit Gefährdungspotential für Gewässer (diese Themen waren bei der
Beschlussfassung zur Richtlinie 96/82/EG offen geblieben) und
-
Korrektur diverser redaktioneller Versehen in der Richtlinie 96/82/EG;
-
Festlegung von Mengenschwellen für Kaliumnitrat;
-
Harmonisierung der Vollzugspraxis bezüglich der Sicherheitsberichte und der
Bestimmungen für die Raumordnung und Flächennutzung sowie
-
stärkere Betonung des Zivilschutzes.
Die für die
Richtlinienumsetzung erforderlichen Änderungen im Gewerberecht betreffen in
erster Linie die Anlage 5 zur Gewerbeordnung 1994 (die Liste der
maßgebenden Stoffe bzw. Stoffkategorien und die zugehörigen Mengenschwellen).
Im das Industrieunfallrecht umfassenden Textteil (Abschnitt 8a) sind nur
einige geringfügige Ergänzungen erforderlich.
Hinsichtlich der
Umsetzung der Seveso II - Änderungsrichtlinie für die dem EG-K unterliegenden
Anlagen gelten die Änderungen der GewO 1994 durch die dynamische
Verweisung des § 18 in Verbindung mit § 27 EG-K automatisch.
Hinsichtlich der
Umsetzung der Seveso II-Änderungsrichtlinie im Geltungsbereich des MinroG
ist Folgendes auszuführen:
Die
Seveso II-Richtlinie in der Stammfassung gilt für alle Aufbereitungen, bei
denen gefährliche Stoffe ab einer bestimmten Menge vorhanden sind. Sie wurde
daher für solche Aufbereitungsanlagen im § 182 MinroG umgesetzt.
Rechtstechnisch erfolgte dies so, dass die §§ 84a bis g der Gewerbeordnung 1994
(mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung § 84d Abs. 7 leg. cit.)
sinngemäß für anwendbar erklärt wurden.
Der
Anwendungsbereich der geänderten Seveso II-Richtlinie ist - soweit der
Bergbau betroffen ist - einerseits weiter, andererseits aber enger:
Die
Seveso II-Änderungsrichtlinie gilt nicht für alle Aufbereitungen, bei
denen gefährliche Stoffe vorhanden sind, sondern nur für die chemische und
thermische Aufbereitung. Andererseits ist der Anwendungsbereich der geänderten
Seveso II-Richtlinie weiter, da auch mit derartigen Aufbereitungsmaßnahmen
in Verbindung stehende Lagerungen, die gefährliche Stoffe gemäß Anhang I
beinhalten, sowie Bergebeseitigungseinrichtungen, einschließlich Bergeteiche
oder Absatzbecken, die gefährliche Stoffe gemäß Anhang I enthalten,
insbesondere wenn diese in Verbindung mit der chemischen und thermischen
Aufbereitung von Mineralien verwendet werden, erfasst werden.
Der
Anwendungsbereich des bergrechtlichen Seveso-Regimes ist daher anzupassen.
3.
Verfahrensbeschleunigung
Zur Sicherung des
Wirtschaftsstandorts Österreich ist es notwendig, die rechtlichen Grundlagen
für die zügige Verwirklichung von Projekten zu schaffen. Durch eine Ausdehnung
des Anwendungsbereiches für das vereinfachte Genehmigungsverfahren soll ein
Beitrag zu der im „Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung in Österreich“
vorgesehenen Verfahrensoffensive geleistet werden.
Der
Wirtschaftsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner
Sitzung am 30. Juni 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte
beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Johann Moser, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Georg Oberhaidinger,
Dkfm.Dr. Hannes Bauer, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter,
Michaela Sburny sowie der Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und der Ausschussobmann Abgeordneter
Dr. Reinhold Mitterlehner.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner
und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann einen Abänderungsantrag eingebracht, der
wie folgt begründet war:
„Zu Z 1:
Mit der dem § 57 Abs. 3 AWG 2002 nachempfundenen Ergänzung soll besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit einer zügigen Behandlung der Verfahren gemäß § 81b Abs. 4 gelenkt werden.
Zu Z 2 bis Z 4:
Die vorgeschlagenen Änderungen des § 84c führen zu einer weiteren Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Seveso II - RL.
Der vorläufige Sicherheitsbericht, der als nicht EU-richtlinienbedingtes, sondern gewerberechtliches Spezifikum in Österreich ursprünglich zur Erleichterung der Abgrenzung zwischen „normalem Genehmigungsverfahren“ und Industrieunfallrecht vorgesehen war, hat in der Praxis zu einer nicht beabsichtigten und in der Seveso II - Richtlinie auch nicht vorgesehenen Vermischung zwischen Industrieunfallrecht und Genehmigungsregime geführt. Dieser sowohl die Wirtschaft als auch die Behörde belastenden Entwicklung soll durch die vorgeschlagene Regelung (Streichung der Regelungen betreffend den vorläufigen Sicherheitsbericht) entgegengewirkt werden.
Die vorgeschlagene Ergänzung des § 84c Abs. 11 soll der Behörde vor allem ermöglichen, zu jenen aus der Sicht des Industrieunfallrechts notwendigen Informationen zu kommen, die ihr durch den Wegfall des vorläufigen Sicherheitsberichts nicht mehr „automatisch“ zur Verfügung gestellt werden.
Durch die vorgeschlagenen Regelungen bleibt der hohe Standard des österreichischen Industrieunfallrechts weiterhin gewahrt.
Zu Z 5:
Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des neuen § 84f Abs. 2 soll eine möglichst wortgetreue Umsetzung des Art. 9 Abs. 4 der Seveso II - Richtlinie sichergestellt werden.
Zu Z 6:
Gewerbliche Buchhalter sind befähigt und berechtigt, die Umsatzsteuer zu verbuchen. Die Umsatzsteuererklärung ist ein automatisches Ergebnis dieser Buchführung. Umsatzsteuererklärungen werden durch EDV-Programme erstellt, die meisten Programme versenden Umsatzsteuererklärungen auch automatisch an die Finanzbehörden. Gewerbliche Buchhalter sollen daher zur Vertretung und Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen nicht nur, wie jeder Staatsbürger, für sich selbst, sondern auch für andere berechtigt sein.
FINANZ ONLINE ermöglicht elektronischen Verkehr zwischen den Finanzbehörden und den Staatsbürgern. Die Teilnahme an FINANZ ONLINE ist für Gewerbliche Buchhalter und deren Kunden wichtig, ist aber auch im Interesse der Finanzverwaltung. Teilnahme an FINANZ ONLINE für Gewerbliche Buchhalter führt zu Verwaltungsvereinfachungen und Arbeitsersparnis für Unternehmer, Behörden und Gewerbliche Buchhalter. Die Behörde fördert und erleichtert den Verkehr mit Bürgern über Internet (der Anschluss an Breitbandinternet ist von Steuer absetzbar). Jeder Bürger hat Zugang zu FINANZ ONLINE. Gewerbliche Buchhalter sollen moderne Technologien für ihre Kunden nutzen können. FINANZ ONLINE führt auch zu Zeit- und Kostenersparnis durch elektronische, von den Amtsstunden unabhängige Übermittlung von Daten. Durch FINANZ ONLINE erhalten Gewerbliche Buchhalter verlässliche Ausgangsdaten für die eigene Arbeit (zB Buchungen, Rückstandsaufgliederungen, Einsicht in Lohnzettel etc). Schriftliche Buchungsmitteilungen werden nur mehr sporadisch versandt. Dies ist im Interesse sowohl der Behörde als auch der Kunden der Gewerbliche Buchhalter. Die elektronische Akteneinsicht dient der Kontrolle im Interesse der Kunden der Gewerbliche Buchhalter. Die Teilnahme der Gewerbliche Buchhalter an FINANZ ONLINE stärkt insgesamt das E-Government. Dieses Konzept soll letztlich vom reinen Informationssystem zu einem Dienstleistungsangebot für Bürger und Unternehmen ausgebaut werden. Dies erfolgt nicht zuletzt auch im Interesse der Finanzbehörden. Durch E-Government sollen in weiterer Folge nicht nur Informationen abgerufen, sondern auch Amtsvorgänge selbst online abgewickelt werden können. Gewerbliche Buchhalter sollen das moderne E-Government nutzen können. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden für Gewerbliche Buchhalter in § 102 GewO 1994 geschaffen.
Die kalkulatorische Buchhaltung hängt eng mit der pagatorischen Buchhaltung zusammen. Gewerbliche Buchhalter sollen daher zu dieser ausdrücklich berechtigt sein. Die Rechte anderer Gewerbetreibender (zB der Unternehmensberater), die ebenfalls zur pagatorischen Buchhaltung berechtigt sind, werden dadurch nicht berührt.
Zu Z 7:
Entsprechend der Ausdehnung der
Betriebsfläche gegenüber der derzeitigen Rechtslage ist auch die elektrische
Anschlussleistung als Messgröße für die Anwendung des vereinfachten
Genehmigungsverfahrens anzuheben. Dies gibt der Behörde im Einzelfall mehr
Spielraum, eine Betriebsanlage mit einer anschlussintensiven aber
belästigungsneutralen Geräteausstattung im vereinfachten Verfahren zu
behandeln. Dadurch wird eine Möglichkeit eröffnet, dass auch bei Vorhandensein
einer größeren Zahl von elektrischen Geräten, welche belästigungsfrei betrieben
werden, das vereinfachte Verfahren in Anspruch genommen werden kann, wenn die
800 m²-Schwelle unterschritten wird. So weisen etwa in der Gastronomie
eingesetzte hochmoderne Induktionsherde höhere Anschlussleistungen auf, sind
aber aus Sicht der Energieeffizienz (der Aufheizvorgang findet sehr schnell
statt) positiv zu bewerten und verursachen praktisch keine Geräuschemissionen.
Sind im Einzelfall aus den Geräten Emissionen zu erwarten, welche
schützenswerte Interessen von Nachbarn gefährden können, ist der
Genehmigungsantrag ohnehin im ordentlichen Verfahren abzuwickeln.
Zu Z 8:
Mit der vorgeschlagenen Änderung soll ein Versehen beseitigt und dem Text der Richtlinie (Punkt 3 der Anmerkungen zum Teil 1 des Anhangs I) präzise Rechnung getragen werden.
Zu Z 9:
Mit der dem § 57 Abs. 3 AWG 2002 nachempfundenen Ergänzung soll besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit einer zügigen Behandlung der Verfahren gemäß § 121b Abs. 4 MinroG gelenkt werden.
Zu Z 10:
Einer Klarstellung bedarf es in jenen
Fällen, in denen offensichtlich die jeweils geltende Fassung gemeint ist.“
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten
Dr. Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann in getrennter Abstimmung teils
einstimmig, teils mit wechselnden Mehrheiten angenommen.
Als
Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Johann Ledolter gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005-06-30
Johann Ledolter Dr.Reinhold Mitterlehner
Berichterstatter Obmann