1093 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (1075 der
Beilagen): Bundesgesetz, mit
dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das
Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das
Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das
Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das
Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden
Der Gesetzentwurf sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die auf
arbeitsmarktpolitischer Ebene die Regionale Beschäftigungs- und
Wachstumsoffensive 2005/2006 der Bundesregierung und der Bundesländer
flankieren. Dabei werden vor dem Hintergrund des Arbeitskräftebedarfs der
Wirtschaft Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsplatz - und
Ausbildungschancen, insbesondere für auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte
Personengruppen, erschlossen.
Im Bereich des Nachtschwerarbeitsgesetzes sollen vor Inkrafttreten des Kollektivvertrages liegende Beitragsmonate für den Anspruch auf Sonderruhegeld angerechnet werden, wenn der Arbeitgeber für diese Zeiten im Nachhinein Beiträge erstattet. Die Sistierung der Beitragserhöhung soll um weitere zwei Jahre verlängert werden.
Zum BeFG
In Ergänzung der allgemeinen wirtschafts- und beschäftigungspolitischen
Strategie der Bundesregierung (Konjunkturpakete I und II, Steuerreform
2004/2005 und Regionale Beschäftigungs- und Wachstumsoffensive 2005/2006) soll
die hohe Dynamik des Arbeitsmarktes auf strukturpolitischer Ebene zur
Erschließung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. zur Sicherung und
Förderung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen ausgeschöpft werden. Insbesondere
sollen aufgrund der sich ständig ändernden Anforderungen an die Qualifikationen
der Arbeitnehmer zusätzliche Maßnahmen zur Erhaltung und zum Ausbau des
Qualifizierungsniveaus von Arbeitsuchenden und Beschäftigten gesetzt werden.
Zu diesem Zweck sollen zusätzliche Geldmittel im Umfang von
285 Mio. € für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt
werden.
Die Abwicklung und Organisation der Maßnahmen soll durch das Arbeitsmarktservice erfolgen.
Zum AMSG
Laut AMS gibt es ein Potenzial von bis zu 5.000 offenen Stellen, die nicht
besetzt werden können, weil die angebotene Entlohnung zu gering ist.
Arbeitslose geben an, von dieser Entlohnung entweder „nicht leben zu können“,
oder die Differenz zur Passivleistung der Arbeitslosenversicherung ist zu
gering, um zur Annahme der Beschäftigung zu motivieren. Diese oftmals
Teilzeit-Jobs findet man vor allem in Handel, Bürotätigkeiten, aber auch bei
bestimmten unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Hier sollen Anreize für den
Arbeitnehmer gesetzt werden. Daneben schafft ein Zuschuss für den Arbeitgeber
Anreiz für die Beschäftigung von schwer vermittelbaren Personen.
Zu diesem Zweck soll ein Kombilohnmodell zeitlich befristet auf ein Jahr
erprobt werden.
Die Abwicklung und Organisation der Maßnahmen soll durch das Arbeitsmarktservice erfolgen.
Zum Nachtschwerarbeitsgesetz
Anrechnung
von Beitragsmonaten vor Inkrafttreten des Kollektivvertrages für den Anspruch
auf Sonderruhegeld
Seit der Novelle
BGBl. Nr. 473/1992 (in Kraft getreten am 1. Jänner 1993) können
Arbeiten, die eine besondere Belastung mit sich bringen, durch Kollektivvertrag
der Nachtschwerarbeit gleichgestellt werden. Von dieser Möglichkeit wurde
erstmals im Kollektivvertrag für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen hinsichtlich
Arbeiten unter Belastung durch ionisierende Strahlen Gebrauch gemacht.
Durch die genannte
Novelle wurden auch verschiedene Tätigkeiten in den Schwerarbeitskatalog des
Art. VII Abs. 2 aufgenommen. Während für diese Tätigkeiten generell
festgelegt wurde, dass vor dem 1. Jänner 1993 liegende Zeiten, in denen
Nachtschwerarbeit nach den neu hinzugekommenen Kriterien geleistet wurde, für
den Anspruch auf Nachtschwerarbeit zu berücksichtigen sind, fehlt für die
Einbeziehung durch Kollektivvertrag eine analoge Regelung.
Dies hat zur
Folge, dass die in Art. X Abs. 1 vorgesehenen
Nachtschwerarbeitsmonate nach Inkrafttreten des Kollektivvertrages geleistet
werden müssen und ein Anspruch auf Sonderruhegeld daher frühestens nach
15 Jahren erworben werden kann. Diese Benachteiligung der Betroffenen soll
vermieden werden.
Eine generelle
Einbeziehung zurückliegender Beitragsmonate ist nicht möglich, da die
finanziellen Auswirkungen auf den Bund nicht abschätzbar wären. Es wird daher
vorgesehen, dass zurückliegende Beitragsmonate dann zu berücksichtigen sind,
wenn die Arbeitgeber für diese Monate den Nachtschwerarbeitsbeitrag nachzahlen.
Im Geltungsbereich
des Kollektivvertrages für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ist mit 35
zusätzlichen Sonderruhegeldbeziehern zu rechnen. Daraus ergeben sich für den
Bund zusätzliche Kosten von durchschnittlich 0,18 Mio. Euro pro Jahr.
Es ist davon
auszugehen, dass sich in Zukunft weitere Anwendungsfälle nicht in größerem
Umfang ergeben werden. Voraussetzung für weitere Anwendungsfälle wäre, dass in
weiteren Wirtschaftsbereichen durch Art. VII Abs. 2 noch nicht
erfasste besonders belastende Arbeiten während der Nacht geleistet werden, ein
entsprechender Kollektivvertrag abgeschlossen wird und die Arbeitgeber zur Nachzahlung
des Nachtschwerarbeitsbeitrages bereit sind.
Weitere
Sistierung der Beitragserhöhung
Nach Art XI
Abs. 5 ist vorgesehen, dass der Deckungsgrad des Aufwandes für das
Sonderruhegeld durch die Beiträge der Arbeitgeber 75 vH beträgt. Wird
dieser Deckungsgrad unterschritten, ist der Beitrag von derzeit 2 vH der
allgemeinen Beitragsgrundlage durch Verordnung anzuheben. Diese Verpflichtung
wurde durch Art. XIII Abs. 11 bis zum Ablauf des Jahres 2004
sistiert.
Da der
Deckungsgrad im Jahr 2004 nur mehr 40 % betragen hat, wäre für das Jahr
2006 voraussichtlich ein Beitragssatz von 3,7 % erforderlich. Mit der
Verlängerung der Sistierung der Beitragserhöhung soll sichergestellt werden,
dass sich für die Wirtschaft keine Lohnnebenkostensteigerung ergibt.
Finanzielle
Auswirkungen:
Zum AMPFG
Die Änderung
bildet die Grundlage für die Mittelbereitstellung von bis zu
285 Mio. € im Rahmen der Gebarung Arbeitsmarktpolitik.
Zum AlVG
Die
Nichtberücksichtigung von Bemessungsgrundlagen aus der Zeit einer Beschäftigung
mit Kombilohn bietet eine Absicherung des Leistungsniveaus im Falle neuerlicher
Arbeitslosigkeit nach Inanspruchnahme des Kombilohnes.
Zum AMSG
Kombilohn
Die Förderung für die arbeitslose Person soll sich in einem Bereich
zwischen 50 und 5 Prozent (bei 1.000 Euro Bruttolohn) des
Arbeitslosengeldanspruches bewegen.
Dies wird in einem Beispiel näher erläutert:
Eine langzeitbeschäftigungslose Person (länger als 12 Monate) über 50 Jahre
bezieht nunmehr Notstandhilfe in der Höhe von 598 Euro. Die Person nimmt eine
Beschäftigung mit einer Bruttoentlohnung von 600 Euro an.
Der tatsächlich bezogene Nettolohn setzt sich aus folgenden Komponenten
zusammen:
a) 600 Euro Bruttolohn ergibt einen Nettolohn von 492 Euro.
b) Die Höhe des Fördersatzes wird aus der linearen Abnahme von 50 %
bei einem Bruttolohn von 330 Euro bis zu 5 % bei 999 Euro gebildet. Für
einen Bruttolohn von 600 Euro ergibt sich aus diesem Zusammenhang ein
Fördersatz von 35 %. Damit erhält die Person 35 % des ursprünglichen
Anspruchs auf Arbeitslosengeld also 227,5 Euro (35 % von 650 Euro). Der
tatsächlich bezogene Nettolohn (inkl. Förderung) beträgt damit 719,5 Euro und
liegt damit um 121,5 Euro über der vorher bezogenen Notstandhilfe. Die damit
erzielte Nettoentlohnung entspricht einem (fiktiven) Bruttoentgelt von 849
Euro.
Der Arbeitgeber erhält zusätzlich eine Lohnsubvention von 15 % des
(tatsächlichen) Bruttolohns und damit monatlich 90 Euro (15 % von 600
Euro).
Die gesamte Fördersumme für den angeführten Förderfall beträgt für ein Jahr
5410,5 Euro (14 mal Arbeitnehmerförderung inkl. Sozialversicherung +
Arbeitgeberförderung).
Die Summe der Ausgaben ist von der genauen Ausgestaltung der Richtlinie des
AMS abhängig, wobei jedoch der Einsparungseffekt für den Bundeshaushalt durch
Verkürzung der Dauer der Arbeitslosigkeit und die Einnahmen in den
verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung gegen zu rechnen sind. Es wird von
4 000 Förderfällen ausgegangen.
Zum IESG
Die Änderung hat
keine finanziellen Auswirkungen.
Zum
Nachtschwerarbeitsgesetz
Nach derzeitigem
Stand ist von einer Kostenbelastung des Bundes von 0,18 Mio. Euro pro Jahr
auszugehen. Eine Erhöhung des Beitragssatzes würde für den Bund zu jährlichen
Mehreinnahmen von 11 Mio. Euro führen.
Zum DLSG
Die Änderung hat
keine finanziellen Auswirkungen.
Zum JASG
Die Bedeckung
erfolgt im Rahmen der Gebarung Arbeitsmarktpolitik.
Zum Bundesfinanzgesetz 2006
Die Bestimmung
regelt in Ergänzung der materiellrechtlichen Bestimmung des AMPFG die
bundesfinanzrechtliche Ermächtigung zur Abwicklung der geplanten Maßnahmen im
Rahmen des Bundeshaushaltes.
Der
Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am
22. September 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten
sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Mag. Walter Tancsits,
Karl Öllinger, Franz Riepl, Dr.
Richard Leutner, Dr. Reinhold Mitterlehner,
Ulrike Königsberger-Ludwig, Erika Scharer,
Mag. Johann Moser, Mag. Herbert Haupt, Jakob
Auer und Marianne Hagenhofer
sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und der Staatssekretär im Bundesministerium für
Finanzen Dr. Alfred Finz.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf teils einstimmig,
teils mit Stimmenmehrheit angenommen.
Ein vom
Abgeordneten Franz Riepl eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht
die Zustimmung der Ausschussmehrheit.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1075 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005 09 22
Ing. Hermann Schultes Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll
Berichterstatter Obmann