V O R B L A T T

Problem:

Im Rahmen des Aufbaus eines europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Republik Österreich mit Staaten Mittel- und Osteuropas eine Sicherheitspartnerschaft eingegangen, die in der Region auch nach der Erweiterung der Europäischen Union durch den mit 1. Mai 2004 erfolgten Beitritt dieser Staaten einen hohen Sicherheitsstandard gewährleisten soll. Teil dieser Strategie ist der Abschluss von bilateralen Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit. Aus österreichischer Sicht bestehen die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Zusammenarbeit mit der Republik Ungarn in der Handhabung des österreichischen Polizeikooperationsgesetzes und des Staatsvertrages über die kriminalpolizeiliche und verkehrspolizeiliche Zusammenarbeit vom 27. November 1979. Durch den vorliegenden Vertrag wird die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarstaaten wesentlich erweitert und vertieft.

Ziel:

Verbesserung der Zusammenarbeit der beiden Vertragsstaaten bei der Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung von strafbaren Handlungen durch die Schaffung von zeitgemäßen Rechtsgrundlagen für den polizeilichen Informationsaustausch und die operationelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten.

Inhalt:

Verstärkung und Vertiefung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit der beiden Nachbarstaaten; Verbesserung der Abstimmung der polizeilichen Strategien sowie einzelner Ermittlungsschritte bei grenzüberschreitender Bedeutung; Beschleunigung und Vereinfachung des Informationsaustausches; Ermöglichung grenzüberschreitender Amtshandlungen zur Verfolgung eigener polizeilicher Interessen oder zur Unterstützung des Nachbarstaates.

Der Vertrag sieht eine teilweise Annahme von Kooperationsmechanismen aus dem Schengener Regelungswerk vor, nämlich grenzüberschreitende Observation und Nacheile (unabhängig von der Abschaffung der Grenzkontrollen) sowie die vertiefte Verpflichtung zur polizeilichen Amtshilfe.

Er enthält auch bestimmte neuere Regelungsmechanismen. Dazu zählen eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den Grenzgebieten, verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr, sowie einzelne neue Ermächtigungen für grenzüberschreitendes polizeiliches Einschreiten, wie gemischte Streifen und verdeckte Ermittlungen.

Alternativen:

Andere Wege zur Erreichung des angestrebten Zieles stehen derzeit nicht zur Verfügung.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der vorliegende Vertrag ist mit EU-Recht beziehungsweise den verbindlichen Rechtshandlungsformen der Dritten Säule vereinbar. Die Bestimmungen des Titel VI EU-V stehen dem Abschluss bilateraler Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit nicht entgegen. Der vorliegende Vertrag ist kompatibel mit dem Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ).

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.

E R L Ä U T E R U N G E N

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität ist gesetzändernd und gesetzesergänzend. Er bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, weshalb die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder nicht berührt werden.

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung stützt sich hinsichtlich der sicherheitspolizeilichen Aspekte des Vertrages, der Gefahrenabwehr, des vorbeugenden Rechtsgutschutzes, der Fahndung und der ersten allgemeinen Hilfeleistung auf Art. 10 Abs. 1 Ziffer 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit), hinsichtlich der Strafverfolgungsbereiche auf Art. 10 Abs. 1 Ziffer 6 B-VG (Strafrechtswesen). Die Haftungsbestimmungen des Vertrages unterfallen dem Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Ziffer 6 B-VG (Zivilrechtswesen).

Die internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden hat sich in jüngster Zeit mit dem Anwachsen der Anforderungen an sie deutlich intensiviert. Beispiele dafür sind das Schengener Durchführungsübereinkommen, Initiativen der Europäischen Union, wie die Schaffung des Europäischen Polizeiamtes, oder der Vereinten Nationen zur Intensivierung der Polizeikooperation.

Die Republik Österreich ist darüber hinaus mit damaligen Kandidaten und nunmehrigen Mitgliedern der Europäischen Union in Mittel- und Osteuropa eine Sicherheitspartnerschaft eingegangen, um einen Beitrag zum Aufbau eines ungeteilten Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu leisten und einen hohen Sicherheitsstandard in der Region auch nach der Erweiterung der Europäischen Union zu gewährleisten. Ein Element dieser Strategie ist der Abschluss von bilateralen Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit.

Die staatenübergreifende polizeiliche Zusammenarbeit mit Anrainerstaaten, wie hier der Republik Ungarn, ist dabei von besonderer Bedeutung.

Der vorliegende Vertrag hat die Verstärkung der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten bei der Vorbeugung, Verhinderung  und Aufklärung  von strafbarer Handlungen zum Ziel.

Der Vertrag enthält sowohl Regelungen zur informationellen als auch zur operationellen Zusammenarbeit durch Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates für sicherheits- und kriminalpolizeiliche Zwecke. Der Vertrag sieht eine teilweise Annahme von Kooperationsmechanismen aus dem Schengener Regelungswerk vor, nämlich die grenzüberschreitende Observation und die Nacheile - unabhängig von der Abschaffung der Grenzkontrollen - sowie die vertiefte Verpflichtung zur polizeilichen Amtshilfe. Eine Simulation der Teilnahme Ungarns am Schengener Regelungswerk einschließlich der Abschaffung der Grenzkontrollen kann aufgrund der in Schengen begründeten Verpflichtungen der Republik Österreich durch einen Staatsvertrag nicht erfolgen.

Der Vertrag ermöglicht eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den jeweiligen Grenzgebieten und verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr.

Die Regelungen ergänzen die Bestimmungen über die internationale polizeiliche Amtshilfe gemäß § 2 Abs. 1 und dem 2. Hauptstück des Bundesgesetzes über die internationale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz - PolKG; BGBl. I Nr. 104/1997) und präzisieren sie zum Teil.

Die Regelungen über die informationelle Kooperation werden durch Datenschutzbestimmungen ergänzt.

Die Befugnisse zur operationellen Kooperation ermöglichen es den Organen der Sicherheitsbehörden in bestimmten Einzelfällen auch auf dem Hoheitsgebiet des Nachbarstaates einzuschreiten. Hierdurch wird jene völkerrechtliche Grundlage geschaffen, die § 16 Abs. 1 PolKG als Voraussetzung für diesen Kooperationsbereich festlegt. Die österreichischen Sicherheitsbehörden und ihre Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei der Ausübung dieser Befugnisse auch die Bestimmungen des 3. Hauptstückes des PolKG zu beachten.

Neben den bereits aus dem SDÜ bekannten Befugnissen der grenzüberschreitenden Observation und Nacheile sowie der Möglichkeit des Austausches von Verbindungsbeamten enthält der Vertrag noch weitere neue Instrumente der Zusammenarbeit, und zwar die Befugnis zur Durchführung kontrollierter Lieferungen (über den Bereich der Bekämpfung der Drogenkriminalität hinaus), die Möglichkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler, die Ermächtigung zur Errichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen und den Einsatz gemischter Streifendienste im grenznahen Raum.

Auf Grundlage des Vertrages wird die Einrichtung gemeinsamer Kontaktdienststellen zur Erleichterung des Informationsaustausches ermöglicht.

Zur Restitution von Schäden, die bei der Ausübung grenzüberschreitender Befugnisse verursacht werden, enthält der Vertrag besondere Haftungsbestimmungen.

Eine finanzielle Mehrbelastung für die Republik Österreich ist mit der Durchführung des Vertrages nicht verbunden.

Besonderer Teil

Zu Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen)

Das Kapitel enthält Begriffsbestimmungen, die Definition des Vertragsgegenstandes und die Regelungen zur gemeinsamen Analyse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Lage der Kriminalität.

Zu Art. 1 (Begriffsbestimmungen)

Dieser Artikel beinhaltet die Definition der zuständigen Behörden beziehungsweise der Justizbehörden, der Zentralstellen zur Kontakthaltung und der Grenzgebiete für die Belange des vorliegenden Vertrages.

Grenzgebiet im Sinne dieses Vertrages in der Republik Österreich ist der Zuständigkeitsbereich der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland.

Zu Art.  2 (Vertragsgegenstand)

In diesem Artikel ist festgelegt, dass die Vertragsstaaten ihre Zusammenarbeit bei der Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung von strafbaren Handlungen verstärken.

Dabei bleibt die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung im Rahmen internationaler Organisationen unberührt.

Zu Art. 3 (Gemeinsame Analyse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Lage der Kriminalität)

Ziel dieser Bestimmung ist die Erreichung eines möglichst einheitlichen Informationsstandes hinsichtlich der polizeilichen Sicherheitslage der beiden Vertragsstaaten. Zu diesem Zweck wird vereinbart, regelmäßig Erkenntnisse und Analysen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie über die Lage der Kriminalität auszutauschen. Die Lage der Kriminalität und die Schwerpunkte der Kriminalitätsvorbeugung werden anlassbezogen, aber mindestens einmal jährlich gemeinsam analysiert und die erforderlichen Maßnahmen beraten und abgestimmt.

Zu Kapitel II (Allgemeine Bestimmungen über die Zusammenarbeit)

Kapitel II regelt die informationelle polizeiliche Zusammenarbeit, also die sogenannte internationale polizeiliche Amtshilfe (vgl § 2 Abs. 1 sowie das 2. Hauptstück des PolKG), sowie Maßnahmen in dringenden Fällen.

Der Vertrag sieht Amtshilfe sowohl auf Ersuchen der Sicherheitsbehörden eines Vertragsstaates als auch ohne Ersuchen vor.

Zu Art. 4 (Zusammenarbeit auf Ersuchen)

Amtshilfe über Ersuchen erfolgt

                         -    zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie

                         -    zur Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung von strafbaren Handlungen,

soweit nach jeweiligem innerstaatlichem Recht nicht eine Justizbehörde zuständig ist.

Ersuchen, die militärische oder politische strafbare Handlungen betreffen, sind vom vorliegenden Vertrag nicht erfasst.

Übermittlung und Beantwortung von Ersuchen:

Ersuchen und Antworten darauf werden grundsätzlich zwischen den Zentralstellen der Vertragsstaaten (in der Republik Österreich an das Bundesministerium für Inneres/Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit) übermittelt.

Der Artikel enthält in seinem Abs. 4 eine exemplifikative Aufzählung hinsichtlich des Gegenstandes von Ersuchen.

Die Abs. 5 bis 7 beinhalten weitere Regelungen über die Verfahrensweise bei der Behandlung von Ersuchen.

Zu Art. 5 (Inhalt des Ersuchens und anzuwendende Sprache)

Dieser Artikel legt die Erfordernisse fest, die ein Ersuchen inhaltlich mindestens zu erfüllen hat.

Abs. 2 enthält die Sprachregelung.

Zu Art.  6 (Maßnahmen in dringenden Fällen)

Entsprechend den jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften können auf Ersuchen die in Abs. 1 angeführten Maßnahmen im Interesse der Sicherung von Spuren und Beweisen ergriffen werden.

Es handelt sich dabei um Dringlichkeitsfälle.

Zu Art. 7 (Bereiche des Informationsaustausches)

Art. 7 regelt die Bereiche, in denen ein Informationsaustausch erfolgt. Hier sind sowohl personenbezogene Daten als auch Informationen allgemeiner Art, wie kriminalistische oder kriminologische Arbeitsmethoden und Forschungsergebnisse, erfasst.

In Abs. 2 wird auf die Überwachung des Fernmeldeverkehrs und die optische und akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass dies ausschließlich nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts erfolgt und das gleiche Schutzniveau gegeben zu sein hat.

Zu Art. 8 (Informationsübermittlung ohne Ersuchen)

Die Sicherheitsbehörden sollen im Interesse einer verbesserten Gefahrenabwehr und Kriminalitätsverhütung und -bekämpfung die Möglichkeit haben, einander im Einzelfall auch ohne vorhergehendes Ersuchen jene Informationen zu übermitteln, die zur Erfüllung der genannten Aufgaben bedeutsam sind.

Hierdurch soll es den Sicherheitsbehörden ermöglicht werden, nicht nur reaktiv, sondern auch aktiv grenzüberschreitend tätig zu werden.

Vorbild für die Regelung ist Art. 46 SDÜ.

Zu Art. 9 (unmittelbarer Informationsaustausch)

Die Übermittlung und Beantwortung von Ersuchen kann ausnahmsweise zwischen zuständigen - nachgeordneten - Sicherheitsbehörden unmittelbar erfolgen, wenn

                         -    die im Grenzgebiet zuständigen Behörden die Information voneinander erbitten und sich die erteilte Information ausschließlich auf das Grenzgebiet bezieht (siehe dazu die Definition in Art. 1 Zi. 4; es umfasst auf österreichischem Territorium das Gebiet des Bundeslandes Burgenland; der Bereich, in dem der unmittelbare Informationsaustausch im sog. „kleinen Grenzverkehr“ erfolgen darf, wird daher durch diesen Vertrag über den in den §§ 4 Abs. 1 zweiter Satz und 7 Abs. 2 PolKG bestimmten Bereich auf das gesamte Gebiet des Bundeslandes ausgedehnt), oder

                         -    der Informationsaustausch über die Zentralstellen einen Verzug bewirken würde, der das Verfahrensinteresse oder die erfolgreiche Erledigung des Ersuchens gefährden würde.

Abs. 2 enthält in den lit. a) bis d) eine exemplifikative Aufzählung zur Erläuterung, wann sich eine Information auf das Grenzgebiet bezieht beziehungsweise mit dem Grenzgebiet verbunden ist.

Abs. 3 beinhaltet die taxative Aufzählung des Umfanges dieses Informationsaustausches.

Zu Kapitel III (Besondere Formen der Zusammenarbeit der Behörden)

Kapitel III regelt das Einschreiten von österreichischen Organen auf ungarischem Hoheitsgebiet sowie das Einschreiten von ungarischen Organen auf österreichischem Hoheitsgebiet. Gegenstand ist die operationelle polizeiliche Zusammenarbeit. Hierdurch wird jene völkerrechtliche Grundlage geschaffen, die § 16 Abs. 1 PolKG als Voraussetzung für diesen Bereich der Zusammenarbeit festlegt. Die österreichischen Sicherheitsbehörden und ihre Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei der Ausübung der Befugnisse auch die Regelungen des 3. Hauptstückes des PolKG zu beachten.

Auch der Zeugenschutz ist in diesem Kapitel geregelt.

Zu Art. 10 (Grenzüberschreitende Observation)

Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Observation, die im SDÜ vorgesehen ist, soll auch zwischen den beiden Vertragsstaaten eingerichtet werden. Voraussetzung für eine derartige Observation im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens ist ein zuvor gestelltes Rechtshilfeersuchen und der Verdacht einer strafbaren Handlung, die die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllt.

Die Observation ist räumlich nicht beschränkt, dass heißt, die erteilte Zustimmung gilt für das gesamte Hoheitsgebiet. Das Überschreiten der Staatsgrenze darf dabei auch außerhalb von Grenzübergängen und festgesetzten Öffnungszeiten erfolgen.

Auf Verlangen der Sicherheitsbehörden des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Observation stattfindet, ist sie an dessen Beamte zu übergeben.

Abs. 5 sieht - so wie das SDÜ - auch eine Möglichkeit vor, in dringlichen Fällen die Observation ohne vorherige Zustimmung des anderen Vertragsstaates auf dessen Hoheitsgebiet fortzusetzen. Der Grenzübertritt ist den zuständigen Behörden unverzüglich noch während der Observation mitzuteilen.

Ein Ersuchen beinhaltend die Gründe, die den Grenzübertritt ohne vorherige Zustimmung rechtfertigen, ist unverzüglich nachzureichen.

Die Observation ist einzustellen, sobald der Vertragsstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet, dies verlangt oder wenn die Zustimmung nicht innerhalb von fünf Stunden nach Übermittlung des Ersuchens vorliegt.

Die Bewilligung für eine grenzüberschreitende Observation nach Abs. 1 und 2 obliegt in Österreich gemäß § 55 Abs. 1 ARHG dem Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird.

Abs. 8 legt, angelehnt an die einschlägigen Bestimmungen des SDÜ, die  Voraussetzungen fest, unter denen die Observation ausschließlich zulässig ist.

So müssen die observierenden Beamten unter anderem jederzeit in der Lage sein, ihre amtliche Funktion nachzuweisen. Außer in den Fällen von Gefahr im Verzug haben die Beamten während der Observation ein Dokument mit sich zu führen, aus dem hervorgeht, dass die Zustimmung zur Observation erteilt worden ist. Sie haben den Anordnungen der örtlich zuständigen Behörden zu folgen. Das Betreten von Privatwohnungen und von für die Öffentlichkeit  nicht zugänglichen Orten ist nicht zulässig. Öffentlich zugängliche Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumlichkeiten dürfen während der Arbeits-, Betriebs- und Geschäftszeiten betreten werden. Zur Durchführung der Observation notwendige technische Mittel dürfen eingesetzt werden, soweit dies den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Observation fortgesetzt wird, zulässig ist.

Zu Art. 11 (Grenzüberschreitende Nacheile)

Die grenzüberschreitende Nacheile nach Art. 11 des Vertrages ist den Vorschriften des Art. 41 SDÜ nachgebildet.

Voraussetzung ist die Betretung einer Person bei der Begehung oder Vorbereitung einer strafbaren Handlung, die die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls rechtfertigen würde oder dass die Person aus einer Haft, der vorläufigen Festnahme oder vor einer Freiheitsstrafe wegen einer solchen Straftat geflohen ist.

Die grenzüberschreitende Nacheile ist weder zeitlich noch räumlich begrenzt.

Die Nacheile ist unverzüglich einzustellen, wenn der ersuchte Vertragsstaat dies verlangt.

Auf Ersuchen der nacheilenden Beamten des ersuchenden Vertragsstaates hält die Behörde des ersuchten Vertragsstaates die verfolgte Person an, um ihre Identität festzustellen.

Falls die Behörde des Vertragsstaates, in dem die Nacheile fortgesetzt wird, die Einstellung der Verfolgung nicht verlangt und diese Behörde nicht rechtzeitig eingreifen kann, darf der nacheilende Beamte die Person am Ort anhalten. Die von der angehaltenen Person mitgeführten Gegenstände dürfen bis zum Eintreffen der Beamten der zuständigen Behörde vorläufig sichergestellt werden. Diese sind dann mit der Person der zuständigen Behörde zu übergeben, die auch die Einvernahme durchführt. Die persönliche Freiheit der festgenommenen Person kann nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates beschränkt werden.

Die Voraussetzungen, unter denen die Nacheile zulässig ist, sind in Abs. 8 geregelt. Diese orientieren sich am SDÜ.

So müssen die nacheilenden Beamten jederzeit in der Lage sein, ihre amtliche Funktion nachzuweisen. Die nacheilenden Beamten müssen als solche eindeutig erkennbar sein, entweder durch eine Uniform, eine Armbinde oder durch am Fahrzeug angebrachte Zusatzeinrichtungen. Für die zur Nacheile eingesetzten Fahrzeuge gelten die selben Verkehrsvorschriften wie für die von den Behörden des Vertragsstaates eingesetzten Fahrzeuge, in dem die Nacheile fortgesetzt wird. Das Betreten von Privatwohnungen und für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Orten ist den nacheilenden Beamten nicht erlaubt. Für die Durchführung der Nacheile erforderliche technische Mittel dürfen verwendet werden, soweit dies die Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Nacheile fortgesetzt wird, zulassen. Es besteht eine Berichterstattungspflicht der nacheilenden Beamten gegenüber der zuständigen Behörde (in der Republik Österreich: die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland) des ersuchten Vertragsstaates. Weiters besteht auf Verlangen dieser Behörde für die nacheilenden Beamten des anderen Vertragsstaates die Pflicht, für die Dauer der Klärung der Umstände der Nacheile vor Ort zu sein.

Zu Art. 12 (Kontrollierte Lieferung)

Dieser Artikel nimmt die in verschiedenen völkerrechtlichen Übereinkommen (der Vereinten Nationen, Schengen, der Europäische Union) entwickelten Grundsätze auf und ermöglicht die Durchführung kontrollierter Lieferungen auch zwischen den beiden Vertragsstaaten.

Eine Beschränkung auf besondere Gegenstände erfolgt nicht.

Wenn von der Ware ein nicht vertretbares Risiko für die am Transport beteiligten Personen oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, kann die kontrollierte Lieferung vom ersuchten Vertragsstaat beschränkt oder abgelehnt werden.

Die kontrollierte Lieferung wird von den Behörden des ersuchten Vertragsstaates geleitet. Der Transport muss jederzeit angehalten werden können.

Beamte der ersuchenden Vertragspartei können in Absprache mit der ersuchten Vertragspartei die kontrollierte Lieferung nach der Übernahme zusammen mit den übernehmenden Beamten der ersuchten Vertragspartei ohne Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse weiter begleiten. Sie haben dabei die Anordnungen der Behörden der ersuchten Vertragspartei zu befolgen.

Eine kontrollierte Lieferung bedeutet in jedem Fall, dass der die kontrollierte Lieferung bewilligende Vertragsstaat dadurch auf die Ausübung seines Strafanspruches aufgrund des Territorialitätsprinzips verzichtet.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer kontrollierten Lieferung richten sich nach den Bestimmungen der §§ 71 und 72 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004. Voraussetzung für die kontrollierte Lieferung durch die Republik Österreich ist, dass die der kontrollierten Lieferung zugrunde liegende Straftat die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllt.

Zu Art. 13 (Einsatz verdeckter Ermittler)

Art. 13 des Vertrages sieht vor, dass ein Vertragsstaat auf Grundlage eines zuvor gestellten Ersuchens des anderen Vertragsstaates dem Einsatz verdeckter Ermittler des ersuchenden Vertragsstaates zur Aufklärung einer auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates begangenen oder vorbereiteten strafbaren Handlung, die die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllt, auf seinem Hoheitsgebiet zustimmen kann. Voraussetzung ist, dass die Aufklärung der strafbaren Handlung ohne diese Maßnahme unmöglich wäre oder wesentlich erschwert würde.

Für die erteilte Zustimmung besteht keine räumliche, sehr wohl aber eine zeitliche Beschränkung. Verdeckte Ermittlungen werden jeweils für die Dauer von höchstens einem Monat bewilligt. Verlängerungen der Bewilligung sind möglich. Grund für die zeitliche Beschränkung ist die Bewahrung der Kontrolle des Einsatzstaates über dieses Instrument.

Die verdeckte Ermittlung wird nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Einsatzstaates durchgeführt.

Die Leitung des Einsatzes obliegt der Behörde des ersuchten Vertragsstaates.

Der Einsatz ist auf Verlangen des ersuchten Vertragsstaates unverzüglich zu beenden.

Der Einsatz verdeckter Ermittler in der Republik Österreich richtet sich nach den §§ 73 und 74 EU-JZG. Der Einsatz ist vom Gerichtshof erster Instanz zu bewilligen, in dessen Sprengel der Einsatz voraussichtlich beginnen soll. Das Ersuchen um den Einsatz eines verdeckten Ermittlers muss von einer Justizbehörde des anderen Vertragsstaates gestellt werden.

Zu Art. 14 (Errichtung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen)

Es wird die Möglichkeit geschaffen, zur Aufklärung von strafbaren Handlungen, die die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllen, gemeinsame Ermittlungsgruppen einzurichten; dies insbesondere, wenn die Aufklärung schwierig und aufwändig ist oder wegen dieser strafbaren Handlung in mehreren Staaten Strafverfahren anhängig sind, die eine Abstimmung der Ermittlungen erfordern.

Die gemeinsame Ermittlungsgruppe wird aufgrund einer Vereinbarung im Einzelfall gebildet. Diese hat insbesondere das in Abs. 2 Angeführte zu beinhalten.

Im Folgenden finden sich Bestimmungen über die Leitung und die teilnehmenden Beamten der Ermittlungsgruppe sowie über den Umgang mit Daten.

Ein in der gemeinsamen Ermittlungsgruppe teilnehmender Beamter des ersuchenden Vertragsstaates ist auf dem Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaates nicht zur selbständigen Durchführung von Amtshandlungen berechtigt.

Zu Art. 15 (Entsendung von Verbindungsbeamten)

Die Bestimmung bildet die Rechtsgrundlage für die Entsendung von Verbindungsbeamten. Die Entsendung bedarf der Zustimmung der Zentralstelle des Empfangsstaates. Die Verbindungsbeamten dürfen keine hoheitlichen Befugnisse wahrnehmen, sondern werden lediglich unterstützend und beratend, gleichsam als „verlängerter Arm des Entsendestaates“, insbesondere zur Beschleunigung des Informationsaustausches, tätig.

Zu Art. 16 (Zeugenschutz)

Art. 16 regelt den Schutz von im Laufe eines Strafverfahrens geschützten Personen, insbesondere Zeugen, Opfer und Beschuldigte.

Das anhängige Strafverfahren darf dabei nicht behindert werden.

Nach erfolgtem Ersuchen, dessen Inhaltserfordernisse Abs. 2 näher bestimmt, werden die Einzelheiten (Übergabe und Übernahme, Art und Dauer des Schutzes, Kontakthaltung, Bestreitung der Kosten, Fälle der Kündigung des Schutzes) zwischen den für den Schutz bestimmten Organen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten festgelegt.

Zu Kapitel IV (Sonstige Formen der Zusammenarbeit)

Das Kapitel enthält die Bestimmungen hinsichtlich der Einrichtung gemeinsamer Kontaktdienststellen und schafft dafür die erforderliche Rechtsgrundlage.

Weiters enthält das Kapitel die Regelungen zum gemeinsamen Streifendienst entlang der Grenze.

Zu Art. 17 (Zusammenarbeit in gemeinsamen Kontaktdienststellen)

Den Vertragsstaaten beziehungsweise ihren Regierungen wird die Errichtung gemeinsamer Kontaktdienststellen zur Erleichterung des Informationsaustausches und der Zusammenarbeit der Behörden ermöglicht.

Der vorliegende Vertrag schafft unter Bezugnahme auf den Vertragsgegenstand die Rechtsgrundlage hiefür.

Die Orte und Bedingungen der Errichtung gemeinsamer Kontaktdienststellen samt den Modalitäten der Zusammenarbeit sowie der Bestreitung  der Kosten sind gesonderten Vereinbarungen vorbehalten.

In den gemeinsamen Kontaktdienststellen sollen Beamte der Behörden beider Vertragsparteien im Rahmen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs räumlich unmittelbar zusammen arbeiten.

Sie üben lediglich eine Unterstützungsfunktion aus, indem sie - unbeschadet des Informationsaustausches über die nationalen Zentralstellen - Informationen austauschen, analysieren und weiterleiten sowie koordinierend tätig werden.

Sie können auch bei der Übergabe und Übernahme von Personen auf der Grundlage der zwischen den Vertragsparteien geltenden Übereinkünfte vorbereitend und unterstützend mitwirken.

Die Beamten in den gemeinsamen Kontaktdienststellen unterstehen gemäß Abs. 4 der Weisungs- und Disziplinargewalt ihrer jeweiligen nationalen Behörden.

Die selbständige Durchführung von Amtshandlungen beziehungsweise operativen Einsätzen ist ihnen nicht erlaubt.

Im Falle der Zusammenarbeit der Beamten  in gemeinsamen Kontaktdienststellen ist zu beachten, dass auch im Rahmen dieser spezifischen Kooperationsform eine Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Beamten der beiden Vertragsstaaten nur unter sinngemäßer Anwendung der Art. 4 bis 8 sowie insbesondere unter Beachtung des Art. 24 des Vertrages erfolgen darf.

Zu Art. 18 (Gemischter Streifendienst entlang der Grenze)

Gemeinsame Streifendienste entlang der Grenze können nicht nur zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und zur und Bekämpfung von strafbaren Handlungen, sondern auch zur Grenzüberwachung durchgeführt werden.

„Entlang der Grenze“ bedeutet im Sinne des vorliegenden Vertrages der Raum bis zu einer Entfernung von zehn Kilometern von der gemeinsamen Staatsgrenze.

Abs. 2 und 3 der Bestimmung ermöglichen in eingeschränktem Umfang die Ausübung hoheitlicher Befugnisse auf fremdem Hoheitsgebiet.

Grundsätzlich sind diese Befugnisse auf die Identitätsfeststellung und Anhaltung von Personen begrenzt.

Ausnahmsweise können gemäß Abs. 3 auch weitere Befugnisse in Form von Zwangsmaßnahmen ausgeübt werden, etwa wenn ein Beamter auf seinem Hoheitsgebiet eine Festnahme durchführen will, der Betroffene diese jedoch infolge körperlicher Überlegenheit zu vereiteln sucht; in diesem Fall darf ihn der Beamte des anderen Vertragsstaates entsprechend unterstützen.

Bei hoheitlichem Einschreiten nach Abs. 2 und 3 ist das Recht jenes Vertragsstaates anzuwenden, auf dessen Hoheitsgebiet die Beamten tätig werden. Das in § 15 Abs. 2 PolKG normierte Prinzip der doppelten Gesetzesbindung bei Amtshandlungen, die in Rechte Betroffener eingreifen, kommt daher beim gemischten Streifendienst nicht zur Anwendung.

Zu Kapitel V (Datenschutz)

Wie jede Verwendung und damit -übermittlung personenbezogener Daten Betroffener durch Polizeibehörden im Inland stellt auch jede grenzüberschreitende Übermittlung solcher Daten an ausländische Polizeibehörden grundsätzlich einen Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen auf Datenschutz dar. Es liegt somit auf der Hand, dass datenschutzrechtliche Schutzmechanismen gerade auch in diesem grenzüberschreitenden Kontext eingreifen müssen. Leider existiert aber auf dem Felde des Polizeirechts EU-weit kein einheitlicher Rechtsrahmen, durch welchen so etwas wie ein gleichmäßiger „polizeispezifischer“ Datenschutz gewährleistet wäre. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen werden den beiden Vertragsparteien Mindestpflichten auferlegt, die sie beim Umgang mit den auf der Grundlage dieses Abkommens übermittelten Daten zu beachten haben.

Zu Art. 19 (Kreis der personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen)

Ein zentraler allgemeiner Datenschutzgrundsatz ist jener der „Erheblichkeit“ bzw. „Wesentlichkeit“ (vgl. § 6 Abs. 1 Z 3 DSG 2000). Art. 19 des vorliegenden Staatsvertrages trägt diesem Grundsatz insofern Rechnung, als die Kategorien personenbezogener Daten, welche nach dem Abkommen ausgetauscht werden dürfen, ausdrücklich genannt und damit limitiert werden.

Zu Art. 20 (Grundsätze)

Weitere wichtige allgemeine Datenschutzgrundsätze sind jene der „Zweckbindung“ (§ 6 Abs. 1 Z 2 DSG 2000), der „sachlichen Richtigkeit“ (§ 6 Abs. 1 Z 4 DSG 2000), der „begrenzten Speicherdauer“ (§ 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000) sowie der „Verhältnismäßigkeit“ (Vgl. § 1 Abs. 2 letzter Satz DSG 2000).

Um auch im grenzüberschreitenden Datenverkehr diesen Grundsätzen Rechnung zu tragen, legt Art. 20 des Staatsvertrages den Vertragsparteien eine Reihe von Verpflichtungen auf. Dazu gehören insbesondere die Verpflichtung, in Auskunftsersuchen den Umfang und Verwendungszweck der beantragten Daten anzugeben (vgl Art. 20 lit a) oder die Vorgabe, empfangene Daten nur für die im vorliegenden Vertrag bestimmten Zwecken und unter Beachtung der von der übermittelnden Vertragspartei allenfalls auferlegten Bedingungen verwenden zu dürfen (vgl. Art. 20 lit.b). Um die Einhaltung allfälliger innerstaatlicher Löschungsfristen zu gewährleisten, hat jeder übermittelnde Staat anlässlich der Übermittlung personenbezogener Daten solche Löschungsfristen dem empfangenden Vertragsstaat mitzuteilen (vgl. Art. 20 lit. d). Wesentlich ist weiters, dass die Übermittlung personenbezogener Daten nur an befugte Behörden erfolgen darf (vgl. Art. 20 lit e iVm Art. 1 Z 1 des Staatsvertrages).

Zu Art. 21 (Richtigstellung und Löschung der Daten)

Art. 21 des Vertrages regelt Abschließend all jene Situationen, in denen die jeweilige empfangene bzw. übermittelnde Vertragspartei unmittelbare Verpflichtungen zur Korrektur bzw. Löschung personenbezogener Daten bzw wechselseitigen Informationspflichten, die wiederum der Richtigkeit und rechtzeitigen Löschung personenbezogener Daten dienen, treffen.

Zu Art. 22 (Protokollierung der übermittelten Daten)

Um eine nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten, insbesondere durch unabhängige Datenschutzkontrollbehörden (in Österreich durch die Datenschutzkommission und die Höchstgerichte des öffentlichen Rechts) zu ermöglichen, ist es erforderlich, Datenübermittlungen entsprechend aktenkundig zu machen (v.a. bei Online-Übermittlungen spricht man auch von „protokollieren“). Den Inhalt derartiger „Protokollierungen“ legt Art. 22 Abs. 1 des Abkommens fest. Da Datenmissbräuche vielfach erst nach einer gewissen Zeit von den Betroffenen überhaupt wahrgenommen werden, ist eine entsprechend lange Aufbewahrungszeit für Protokollaufzeichnungen geboten. Art. 22 Abs. 2 geht hier über die in Österreich geltende allgemeine Aufbewahrungspflicht von Protokolldaten (drei Jahre; vgl. § 14 Abs. 5 DSG 2000) hinaus und sieht – auf Wunsch des Vertragspartners -  ungarischen Seite - eine Speicherdauer von 5 Jahren vor (vgl. Art. 22 Abs. 2 des Staatsvertrages). Obgleich die Protokollierung von Datenverwendungen für die nachprüfende Rechtmäßigkeitskontrolle unverzichtbar ist, so muss bedacht werden, dass diese Protokolldaten wiederum personenbezogene Daten und damit einen Angriffspunkt für Datenmissbrauch darstellen. Vor diesem Hintergrund statuiert Art. 22 Abs. 3 ein Verbot der Verwendung der Protokolldaten für andere Zwecke als den der datenschutzrechtlichen Kontrolle.

Zu Art. 23 (Auskunftserteilung an die betroffene Person)

Wesentlich für die Effektivität des Datenschutzes ist die Einräumung von Individualrechten für die von der Datenverwendung betroffenen Personen. Diese sind grundsätzlich direkt gegenüber der für die Datenverwendung verantwortlichen Stelle („Auftraggeber“) geltend zu machen. Der erste Schritt besteht hier in der Regel darin, Auskünfte über die gespeicherten bzw. verarbeiteten Daten, deren Herkunft, deren Weitergabe etc. zu erlangen (vgl. § 26 DSG 2000 und Art. 23 Abs. 1 des Staatsvertrages).

Durch Art. 23 des Vertrages verpflichten sich die Vertragsparteien wechselseitig, in ihrer nationalen Rechtsordnung einen entsprechenden Mindeststandard an Individualrechten vorzusehen. Art. 23 bekräftigt aber nicht nur die allgemeinen Vorgaben der Datenschutzkonvention des Europarates im bilateralen Kontext, sondern unternimmt zumindest teilweise zugleich eine Konkretisierung der darin vorgezeichneten Individualrechtspositionen. Dies zeigt sich vor allem in der Auflistung der Informationen, die einem Betroffenen im Rahmen eines Auskunftsverfahrens zu erteilen sind (Art. 23 Abs. 1 des Vertrages). Art. 23 Abs. 1 enthält zugleich eine Regelung über das jeweils anzuwendende nationale Recht: Maßgeblich für die Einzelheiten des Verfahrens soll die Rechtsordnung jenes Staates sein, in dem die Auskunft beantragt wird.

Um im Einzelfall auftretenden überwiegenden Interessen einer übermittelnden Vertragspartei an einer beschränkten oder Nicht-Auskunft Rechung zu tragen, bestimmt Art. 23 Abs. 2 des Vertrages, dass der empfangende Staat mit dem übermittelnden Staat darüber zu beraten hat, ob der betroffenen Person vom empfangenden Staat Auskunft über ihre registrierten personenbezogenen Daten und deren Verwendungszweck erteilt werden kann. Der empfangende Staat hat der diesbezüglichen Stellungnahme des übermittelnden Staates entsprechend vorzugehen.

Um dem gerade im Datenschutzkontext erst in der jüngeren Vergangenheit anerkannten Recht des Betroffenen auf Ersatz des durch eine unrechtmäßige Datenverwendung verursachten Schadens Rechung zu tragen, bestimmt Art. 23 Abs. 5, dass von den Vertragsparteien sichergestellt wird, dass der Betroffene sich im Falle der Verletzung seiner Datenschutzrechte mit einer wirksamen Beschwerde an ein unabhängiges Gericht oder an eine andere kompetente Behörde wenden kann, und dass ihm ein Schadenersatzanspruch oder Abhilfe anderer Art. zusteht. Allgemeine Haftungsregelungen (s. Art. 29) beziehen sich primär auf den Fall des Einschreitens von Beamten im jeweils anderen Vertragsstaat bzw. bei dadurch verursachten Schäden. Der spezifische Fall der Schädigung durch eine Datenverwendung unabhängig vom Ort desselben wird damit nicht abgedeckt.

Zu Art. 24 (Datenverarbeitung bei Vorgehen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates)

Im Falle des Einsatzes von Beamten auf dem Hoheitsgebiet der jeweils anderen Vertragspartei stellt sich die Frage, wie mit dabei erlangten personenbezogenen Daten umzugehen ist. Die Antwort gibt Art. 24 des Übereinkommens. Nach Abs. 1 dieses Artikels obliegt die Kontrolle der Verarbeitung personenbezogener Daten, die im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Vertrages beim Vorgehen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates beschafft worden sind, der zuständigen Behörde des Vertragsstaates, in dessen Interesse diese personenbezogenen Daten beschafft worden sind. Die Datenverarbeitung erfolgt nach dem innerstaatlichen Recht dieses Vertragsstaates.

Um in Bezug auf die Nutzung von in automationsunterstützt geführten Dateien eine Umgehung insbesondere der Protokollierungsbestimmungen hintanzuhalten, bestimmt Art. 24 Abs. 2 des Vertrages, dass Beamte der Behörden, die auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates ihre Aufgaben besorgen, kein direkter Zugriff auf in diesem Vertragsstaat automationsunterstützt verarbeitete personenbezogene Daten gewährt werden darf. Dieser Grundsatz muss konsequenterweise gerade auch für den Einsatz von Beamten in den  Kontaktdienststellen im Sinne von Art. 17 des Vertrages gelten.

Zu Art. 25 (Schutz klassifizierter Informationen)

Diese Bestimmung bezieht sich primär auf die Vorgangsweise bei Dokumenten, die militärische bzw. sensible sicherheitspolitische Informationen beinhalten. Im Kontext der normalen Kriminalitätsbekämpfung besteht hiefür freilich praktisch kaum ein Anwendungsbereich.

Zu Kapitel VI (Rechtsverhältnisse bei Amtshandlungen im anderen Vertragsstaat)

Dieses Kapitel enthält für den gesamten Anwendungsbereich des Vertrages Regelungen über die Rechtsverhältnisse bei grenzüberschreitenden Amtshandlungen.

Zu Art. 26 (Bestimmungen über Einreise und Aufenthalt)

Dieser Artikel sieht vor, dass Beamten der Behörden eines Vertragsstaates, die nach diesem Vertrag auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates tätig werden, die Einreise aufgrund eines mit einem Lichtbild versehenen gültigen Dienstausweises und der Aufenthalt für die Dauer der Verrichtung ihrer dienstlichen Aufgaben ohne besondere Genehmigung gestattet ist.

Für den verdeckten Ermittler besteht eine Sonderbestimmung. Er kann ohne besondere Genehmigung mit einem Deckdokument in das Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaates einreisen und sich dort für die Dauer der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben aufhalten.

Zu Art. 27 (Bestimmungen über das Tragen von Uniformen sowie den Gebrauch von Dienstwaffen und Zwangsmitteln)

Art. 27 erlaubt bei grenzüberschreitendem Tätigwerden nach diesem Vertrag das Tragen der Uniform sowie das Mitführen der Dienstwaffe und der notwendigen Dienstausrüstung. Der Gebrauch der Dienstwaffe ist dabei nur im Fall der Notwehr und der Nothilfe, also der Notwehr zugunsten Dritter, zulässig.

Die Beamten sind auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates weiters berechtigt, einen auf frischer Tat betretenen oder die Flucht versuchenden Verdächtigen festzunehmen und zurückzuhalten. Die Beamten haben diesen aber unverzüglich der örtlich zuständigen Behörde zu übergeben.

Zu Art. 28 (Dienst- und öffentliche Dienstverhältnisse)

Diese Bestimmung stellt klar, dass bei grenzüberschreitendem Einschreiten die dienst- und disziplinarrechtlichen Kompetenzen beim jeweiligen Heimatstaat verbleiben.

Zu Art. 29 (Haftung für Schäden)

Abs. 1 regelt die Fälle, in denen der Staat selbst bei grenzüberschreitenden Amtshandlungen der Beamten des anderen Vertragsstaates geschädigt wurde. Die Vertragsstaaten verzichten aufgrund dieser Bestimmung grundsätzlich auf sämtliche Entschädigungsansprüche, es sei denn, die Beamten haben vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt.

Werden Dritte bei grenzüberschreitenden Einsätzen von Organen einer der beiden Vertragsstaaten geschädigt, so haftet gemäß Abs. 2 jener Staat, auf dessen Hoheitsgebiet der Schaden eingetreten ist. Die Frage des Bestehens und Umfangs des Anspruchs richtet sich nach dem nationalen Recht des schadenersatzpflichtigen Staates, das in gleicher Weise anzuwenden ist, als ob dessen eigene Beamte den Schaden zugefügt hätten.

Für den geschädigten Dritten ist es somit unerheblich, ob der Schaden durch Beamte des eigenen oder des fremden Staates verursacht wurde.

Abs. 3 regelt den Regressanspruch des Schadenersatz leistenden Staates gegenüber dem anderen Vertragsstaat in den Fällen des Abs. 2.

Ein Regress ist ausgeschlossen, wenn der schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde.

Zu Art. 30 (Strafrechtliche Haftung)

Diese Bestimmung unterstellt grenzüberschreitend tätige Beamte in aktiver und passiver Hinsicht den strafrechtlichen Bestimmungen jenes Vertragsstaates, auf dessen Territorium sie einschreiten. Die Regelung entspricht Art. 42 SDÜ.

Zu Art. 31 (Vorbehalt des innerstaatlichen Rechts in Fiskal- und Zollsachen)

Der Ausschluss der Zusammenarbeit in Abgaben-, Steuer-, Zoll- und Devisenangelegenheiten ergibt sich schon aus der Beschränkung der Aufgaben in den einzelnen Bestimmungen. Abs. 1 verdeutlicht diesen Umstand nochmals.

Ebenso ergibt sich die in Abs. 2 festgelegte Zweckbindung der polizeilichen Information bereits aus anderen Vertragsnormen (z.B. Art. 20). Die Notwendigkeit der Trennung wird hier nochmals festgehalten.

Zu Kapitel VII (Schlussbestimmungen)

Kapitel VII enthält die für internationale Verträge üblichen Schlussbestimmungen, wie Vorbehalte und eine Ordre Public-Regelung sowie eine Kostenbestimmung.

Zu Art. 32 (Verweigerung der Hilfeleistung)

Dieser Artikel enthält eine Ordre Public-Klausel zugunsten der eigenen Sicherheit oder anderer wesentlicher Interessen des Vertragsstaates.

Zu Art. 33 (Änderung der Bezeichnung oder der Zuständigkeit von Behörden)

Die Vertragsstaaten vereinbaren in diesem Artikel, Änderungen in der Bezeichnung oder der Zuständigkeit der Behörden und Zentralstellen einander schriftlich auf diplomatischem Wege bekannt zu geben.

Zu Art. 34 (Bestreitung der Kosten)

Dieser Artikel bestimmt, dass jeder der beiden Vertragsstaaten die auf seiner Seite anfallenden Kosten im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Vertrages bei Fehlen anderslautender Bestimmungen selbst trägt.

Zu Art. 35 (Verhältnis zu anderen internationalen Verträgen)

Der vorliegende Vertrag berührt nicht sonstige in zwei- oder mehrseitigen internationalen Verträgen eingegangene Verpflichtungen der Vertragsstaaten.

Zu Art. 36 (Inkrafttreten und Kündigung)

Der vorliegende Vertrag bedarf der Ratifikation.

Mit Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages werden der Staatsvertrag vom 27.11.1979 (in Kraft getreten am 1.10.1980; BGBl. Nr. 399/1980) und das Regierungsübereinkommen vom 12.7.1996 aufgehoben.

Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag kann von jedem der beiden Vertragsstaaten jederzeit schriftlich auf diplomatischem Wege gekündigt werden. Der Vertrag tritt diesfalls sechs Monate nach Erhalt der Kündigung außer Kraft.

Die Registrierung des vorliegenden Vertrages beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen nach Art. 102 der Satzung der Vereinten Nationen wird von Österreich wahrgenommen.