Minderheitsbericht
gemäß § 42 Abs. 4 GOG
der Abgeordneten Dr. Kräuter
und GenossInnen
zum Bericht 1120
der Beilagen über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des
Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend
Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen
und Kollegen auf Prüfung der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik seit dem Jahr
2000 hinsichtlich der Bereiche Straße und Schiene, insbesondere die
Finanzierung des „Generalverkehrsplanes“ sowie Management-, PPP- und
LKW-Maut-Problemstellungen der ASFINAG
1.
Allgemeine Einleitung
Am
20. Dezember 2005 haben ein Viertel der Abgeordneten gemäß
§ 32e Abs. 2 GOG des Nationalrates einen Antrag auf Durchführung des
Verlangens der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf
Prüfung der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik seit dem Jahr 2000 hinsichtlich
der Bereiche Straße und Schiene, insbesondere die Finanzierung des
„Generalverkehrsplanes“ sowie Management-, PPP- und LKW-Maut-Problemstellungen
der ASFINAG, gestellt.
Das
Verlangen wurde wie folgt begründet:
„Im Interesse des
österreichischen Steuerzahlers erscheint die parlamentarische Prüfung von
Finanzierungsproblemen im Infrastrukturbereich dringend geboten. Wird der von
der Kurzzeit-Ministerin Monika Forstinger in Auftrag gegebene
Generalverkehrsplan tatsächlich umgesetzt, so würden die Schulden der ÖBB bis 2010 auf
nahezu 20 Milliarden Euro ansteigen. Diese Summe wurde erstmalig im August 2004
vom jetzigen Rechnungshof-Präsidenten Dr. Moser bekanntgegeben, der auf diese
exorbitante Budgetproblematik aufmerksam machte. Verkehrsminister Gorbach
stellte am 11.8.2004 fest, dass er den Generalverkehrsplan nun überarbeiten
wolle und auch die Verschiebung von
Bauprojekten nicht ausschließe. Aus Sicht der ÖBB müssten allerdings auch die
bereits laufenden Projekte, darunter befinden sich die Untertunnelung der
Koralm und das Brenner-Tunnelprojekt gestoppt werden, denn um diese zu
realisieren, müsste der Finanzminister 400 Millionen Euro pro Jahr zuschießen.
Nach einer Berechnung der ÖBB wären zur Realisierung der geplanten
Schienenprojekte statt den von der Regierung erklärten 1,2 Milliarden jährlich
im Durchschnitt 2,47 Milliarden Euro erforderlich. Daraus ergibt sich die
dramatische Folge, dass
die Eigenkapitalquote der ÖBB-Bau-AG bis 2010 von 35 % auf 3 % sinken würde –
unter einer Eigenkapitalquote von 8 % gilt ein Unternehmen als
insolvenzgefährdet.
Für
unwirtschaftlich hält man bei den Bundesbahnen das 2,6 Milliarden Euro-teure
Projekt Koralm-Tunnel und den in Summe fast 7 Milliarden Euro-teuren Ausbau der
Strecke Brenner/Unterinntal. ‚Damit sich der Koralmtunnel rentiert, müssten die
Städte Graz und Klagenfurt täglich evakuiert werden’, heißt es aus den
Bundesbahnen (Tiroler Tageszeitung vom 12.8.2004).
Unklar ist auch
die Finanzierungssituation des Brenner-Basis-Tunnels, der ab 2006 gebaut werden
soll. Von den 6 Milliarden Euro Gesamtkosten für das Bauvorhaben finanziert die
EU 20 %, 80 % teilen sich Österreich und Italien, wobei ein großer Teil durch
Einbeziehung von Privaten (über PPP-Projekte) finanziert werden soll. Von den
430 Millionen Euro Planungskosten werden 50 % von der EU übernommen. Die
Erfahrungen mit PPP-Projekten zeigen jedoch, dass Kooperationen mit privaten
Investoren nur sehr beschränkt funktionieren und letztlich wiederum zu einer
Belastung des Steuerzahlers führen.
Hingewiesen wird
darauf, dass aufgrund verschiedener Anregungen der Rechnungshof das politische
und rechtliche Jahrzehntedesaster ‚Semmeringbasistunnel’ derzeit in vollem
Umfang überprüft, wodurch eine Behandlung dieser Thematik im Ständigen
Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ausscheidet.
Auch die im Rahmen
des Generalverkehrsplanes avisierten Kosten für den Straßenbau erscheinen als
nicht einhaltbar. Bei der Prüfung von neun geplanten Straßenverkehrsprojekten
stellte sich heraus, dass die festgeschriebenen Kostenschätzungen verglichen
mit jenen Summen, die bei Bürgerversammlungen bzw. von der zuständigen
Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungs-AG (ASFINAG) genannt werden, eine
Überschreitung der geplanten Kosten laut Generalverkehrsplan um fast 2
Milliarden Euro ergeben.
Die ASFINAG, die
erst 2047 sämtliche Schulden von mittlerweile nahezu 10 Milliarden Euro getilgt
haben will, plant mittlerweile PPP-Projekte in anderen Staaten und versucht
vehement auftretende Probleme rund um die LKW-Maut zu beschönigen. So hat der
Rechnungshof erst kürzlich eine tägliche Anzahl von rund 12.000 Fehlbuchungen
im Mautsystem festgestellt. Gleichzeitig befundet ein im März 2004
vorgestelltes Controlling-Audit für den ASFINAG-Konzern, durchgeführt durch die
Contrast-Management Consulting, dem Unternehmen eine denkbar schlechte
Managementsituation:
Es existiere kein
funktionierendes Berichtswesen, die Grundstruktur des Konzernberichtswesens und
der Berichts-Pyramide sei unklar, es gäbe keine zentrale Zusammenführung der
kaufmännischen Berichte, die Reporting-Linie sei unklar. Berichtslinien würden
umgangen, das Management habe keinen Überblick über den Gesamtkonzern,
Software-Entscheidungen fielen nach personenbezogenen Präferenzen und würden
nicht aufeinander abgestimmt. Die Aufgabenteilung zwischen Konzern-Controlling,
Bereichs-controlling und dezentralem Controlling (in den Töchtern) sei nicht
geklärt, laufendes Konfliktpotential sei festzustellen, es gäbe
Doppelgleisigkeiten und teilweise auch persönliche Konflikte zwischen den
Beteiligten.
Aus den
dargestellten Finanzierungs- und Managementproblemstellungen im Bereich Schiene
und Straße ist die Aufklärung der vielfältigen Versäumnisse und
Fehlentwicklungen sowie die Erhebung aller wesentlichen Voraussetzungen für die
Realisierung einer erfolgreichen Verkehrspolitik von unverzichtbarer
Bedeutung.“
2.
Ausschusssitzungen – Ablauf
Dem Ständigen
Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gehören
von der
Österreichischen Volkspartei
die Abgeordneten
Mag. Heribert Donnerbauer, Erwin Hornek, Dipl.-Ing. Günther Hütl,
Edeltraud Lentsch, Werner Miedl, Dipl.-Ing.
Hannes Missethon, Nikolaus Prinz,
Alfed Schöls, Astrid Stadler
und Ing. Josef Winkler,
von der
Sozialdemokratischen Partei Österreichs
die Abgeordneten
Mag. Ruth Becher, Gabriele Binder, Josef Broukal,
Kurt Eder, Christian Faul, Mag. Kurt Gaßner, Dr. Günther Kräuter und
Gerhard Reheis,
von der
Freiheitlichen Partei Österreichs
die Abgeordneten
Mag. Dr. Magda Bleckmann und Detlev Neudeck
und von den Grünen
die Abgeordneten
Mag. Werner Kogler und Dr. Gabriela Moser
an.
Obmann dieses
Ständigen Unterausschusses ist der Abgeordnete Erwin Hornek,
Stellvertreter sind die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Edeltraud Lentsch und Astrid Stadler,
Schriftführer sind die Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner,
Nikolaus Prinz und Alfred Schöls.
Zur Durchführung
der gegenständlichen Prüfung bestand im Ständigen Unterausschuss Einvernehmen,
den Präsidenten des Nationalrates gemäß § 39 Abs. 2 GOG zu ersuchen,
durch den Stenographendienst eine auszugsweise Darstellung der Verhandlungen
abfassen zu lassen.
Anlässlich der
16. Sitzung des Ständigen Unterausschusses in der XXII. GP am
14. Jänner 2005 befasste sich dieser erstmalig mit dem gegenständlichen
Prüfverlangen und beschloss mit Stimmenmehrheit, den Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie gemäß § 40 Abs. 1 GOG um die Einleitung von
Erhebungen und um schriftliche Äußerung in Berichtsform im Sinne des
gegenständlichen Prüfverlangens – gemäß § 32e Abs. 3 GOG jene Teilbereiche
ausgenommen, die Gegenstände betreffen, zu denen bereits ein Prüfungsverfahren
beim Rechnungshof anhängig ist – bis 18. Februar 2005 zu ersuchen.
In der 16. Sitzung am 14. Jänner 2005 waren die
Abgeordneten
Donnerbauer
Heribert, Mag.
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Machne Helga
Miedl Werner
Missethon Hannes, Dipl.-Ing.
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Stadler Astrid
Winkler Josef, Ing.
Becher Ruth, Mag.
Binder Gabriele
Lapp Christine, Mag.
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Reheis Gerhard
Wittauer Klaus
Achleitner Elke, Dipl.-Ing.
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela Dr.
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Klaus Wittauer, Mag. Werner Kogler, Werner Miedl, Gerhard
Reheis, Dr. Gabriela Moser, Kurt Eder, Erwin Hornek
und Mag. Heribert Donnerbauer.
In der 17. Sitzung am 15. März 2005 waren die Abgeordneten
Donnerbauer Heribert, Mag.
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Pack Jochen
Miedl Werner
Missethon Hannes, Dipl.-Ing.
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Regler Roderich, Dipl.-Ing. Mag.
Winkler Josef, Ing.
Hlavac Elisabeth, Dr.
Broukal Josef
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Reheis Gerhard
Achleitner Elke, Dipl.-Ing.
Neudeck Detlev
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela, Dr.
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Dipl.-Ing. Mag.
Roderich Regler, Mag. Werner Kogler, Detlev Neudeck und
Dr. Gabriela Moser.
Diese Sitzung
diente auch zur Beschlussfassung der Ladungen von Vizekanzler und
Bundesminister Hubert Gorbach sowie Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka
vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie für die nächste
Sitzung als Auskunftspersonen.
Die Beratungen
wurden in der 18. Sitzung am 28. April 2005
fortgesetzt. Anwesend waren die Abgeordneten
Donnerbauer Heribert, Mag.
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Regler Roderich, Dipl.-Ing. Mag.
Miedl Werner
Missethon Hannes, Dipl.-Ing.
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Stadler Astrid
Winkler Josef, Ing.
Becher Ruth, Mag.
Binder Gabriele
Broukal Josef
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Reheis Gerhard
Lapp Christine, Mag.
Wittauer Klaus
Achleitner Elke, Dipl.-Ing.
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela, Dr.
von denen die
Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Klaus Wittauer, Werner Miedl,
Mag. Werner Kogler, Kurt Eder, Dr. Gabriela Moser, Mag.
Heribert Donnerbauer, Mag. Christine Lapp, Gerhard Reheis,
Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Josef Broukal, Mag. Ruth Becher,
Christian Faul, Mag. Kurt
Gaßner, Gabriele Binder und Ing. Josef Winkler das Wort ergriffen.
Als
Auskunftpersonen waren Vizekanzler und Bundesminister Hubert Gorbach
sowie Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka anwesend.
Weiters wurden für
die 19. Sitzung die Ladungen der Auskunftspersonen DI Franz Lückler, Mag. Christian Trattner
und Dr. Johann Quendler von der ASFINAG sowie Mag.
Arnold Schiefer vom BMVIT beschlossen.
In der 19. Sitzung am 2. Juni 2005 waren die Abgeordneten
Donnerbauer
Heribert, Mag.
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Regler Roderich, Dipl.-Ing. Mag.
Böhm Franz Xaver
Missethon Hannes, Dipl.-Ing.
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Fekter Maria Theresia, Mag. Dr.
Fuhrmann Silvia
Haubner Peter
Winkler Josef, Ing.
Becher Ruth, Mag.
Binder Gabriele
Lapp Christine, Mag.
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Achleitner Elke, Dipl.-Ing.
Haupt Herbert, Mag.
Neudeck Detlev
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela Dr.
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Kurt Eder, Dr. Gabriela Moser,
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Dipl.-Ing Hannes Missethon, Dipl.-Ing. Elke Achleitner,
Mag. Kurt Gaßner, Dr. Günther Kräuter, Christian Faul,
Mag. Heribert Donnerbauer, Mag. Christine Lapp, Gabriele Binder,
Mag. Ruth Becher, Detlev Neudeck, Alfred Schöls, Mag. Herbert
Haupt und Mag. Werner Kogler.
Die geladenen
Auskunftspersonen DI Franz Lückler, Mag. Christian Trattner, Dr. Johann Quendler
sowie Mag. Arnold Schiefer waren in dieser Sitzung
anwesend.
Die
Ladungen der Auskunftspersonen Mag. Martin Huber, Mag. Erich Söllinger und Dr.
Wolfgang Reithofer von der ÖBB Holding AG sowie Dr. Karl-Johann Hartig vom BMVIT für die 20. Sitzung wurden beschlossen.
Anlässlich der 20. Sitzung am 22. Juni 2005 waren die Abgeordneten
Gahr Hermann
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Regler Roderich, Dipl.-Ing. Mag.
Miedl Werner
Sieber Norbert
Missethon Hannes, Dipl.-Ing.
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Stadler Astrid
Winkler Josef, Ing.
Becher Ruth, Mag.
Binder Gabriele
Lapp Christine, Mag.
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Reheis Gerhard
Bleckmann Magda, Mag. Dr.
Wittauer Klaus
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela Dr.
anwesend, von denen die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Dipl.-Ing Hannes Missethon, Dr. Gabriela
Moser, Alfred Schöls, Werner Miedl, Klaus Wittauer,
Gabriele Binder, Mag. Ruth Becher,
Christian Faul, Gerhard Reheis, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler,
Ing. Josef Winkler, Mag. Werner Kogler,
Erwin Hornek und Mag.
Dr. Magda Bleckmann das Wort ergriffen.
Die
geladenen Auskunftspersonen Mag.
Martin Huber, Mag. Erich Söllinger, Dr. Wolfgang Reithofer sowie Dr. Karl-Johann Hartig waren in dieser Sitzung anwesend.
Weiters wurden für
die nächste Sitzung die Ladungen der Auskunftspersonen Mag. Gilbert Trattner und Dipl.-Ing. Dr. Georg-Michael Vavrovsky von der ÖBB Infrastruktur Bau AG (Vorstand)
beschlossen.
Im Zuge der
weiteren Prüfung waren in der 21. Sitzung am 5. Juli
2005 die Abgeordneten
Donnerbauer Heribert, Mag.
Brader Alfred, Mag. Dr.
Hornek Erwin
Hütl Günther, Dipl.-Ing.
Regler Roderich, Dipl.-Ing. Mag.
Miedl Werner
Tamandl Gabriele
Eßl Franz
Prinz Nikolaus
Schöls Alfred
Keuschnigg Georg
Haubner Peter
Marek Christine
Schultes Hermann, Ing.
Becher Ruth, Mag.
Binder Gabriele
Lapp Christine, Mag.
Eder Kurt
Faul Christian
Gaßner Kurt, Mag.
Kräuter Günther, Dr.
Reheis Gerhard
Bleckmann Magda, Mag. Dr.
Haupt Herbert, Mag.
Neudeck Detlev
Kogler Werner, Mag.
Moser Gabriela Dr.
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Werner Miedl,
Dr. Gabriele Moser, Detlev Neudeck, Gerhard Reheis, Kurt Eder,
Christian Faul, Mag. Herbert Haupt, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler,
Mag. Kurt Gaßner, Mag. Christine Lapp, Franz Eßl, Mag.
Ruth Becher, Gabriele Binder und Erwin Hornek.
Die
für diese Sitzung geladenen Auskunftspersonen der ÖBB Infrastruktur Bau AG (Vorstand), Mag. Gilbert Trattner, und Dipl.-Ing.
Dr. Georg-Michael Vavrovsky, waren anwesend.
Die Beratungen
wurden in der 22. Sitzung am 19. September 2005 abgeschlossen.
In dieser Sitzung wurde ein Ausschussbericht ausschließlich mit den Stimmen der
Regierungsfraktionen beschlossen. Zu diesem Mehrheitsbericht sind die unter den
nachfolgenden Punkten 3. und 4. ausgeführten Feststellungen notwendig.
3. ASFINAG:
MANAGEMENT-, PPP- UND LKW-MAUT PROBLEME
3.1.
Finanzierung, Steuerung und Struktur:
Im Gegensatz zum
Inhalt des Mehrheitsberichtes über die Tätigkeit des Ständigen Unterauschusses
des Rechnungshof-Ausschusses muss festgestellt werden, dass sämtliche
Finanzierungsprobleme der ASFINAG zu einem großen Teil durch die Steuerung des
Unternehmens und durch die Einflussnahme des Bundes, vertreten durch den
Verkehrsminister, bedingt sind. Die Antwort von ASFINAG-Aufsichtsratsvorsitzenden
Dr. Quendler auf Fragen über den derzeitigen Schuldenstand des Konzerns im Zuge
einer Unterausschuss-Sitzung am 2. Juni 2005, wonach er dem Ausschuss
diesbezüglich keine Auskünfte gebe, sind ein Spiegelbild der fehlgeleiteten politischen
Interventionen in die ASFINAG. Gerade bei einem drohenden Schuldenstand von
mehr als 12 Milliarden Euro und der vorhersehbaren Unfinanzierbarkeit von
weiteren, bereits geplanten Projekten wäre ein offener Umgang mit diesen
evidenten Problemen unbedingt erforderlich und könnte einem Krisenmanagement
dienlich sein.
Bereits im März
zeigte ein sogenanntes Controlling Audit, das für die ASFINAG durch das
Unternehmen Contrast Management-Consulting durchgeführt wurde, erhebliche
Probleme innerhalb des Konzerns auf.
Festgestellt wurde, dass „kein funktionierendes Berichtswesen“ gegeben sei, die
„Grundstruktur des Konzernberichtswesens“ und der „Berichtspyramide“ ist nicht
existent. Es gibt keine zentrale Zusammenführung der kaufmännischen Berichte
und die Reporting-Linien sind unklar, ebenso werden Berichtslinien umgangen.
Insgesamt stellt dieser vertrauliche Bericht fest, dass das Management keinen
Überblick über den Gesamtkonzern hat. Auch gebe es keine durchgängige
IT-Strategie, Software-Entscheidungen fallen nach personenbezogenen Präferenzen
und werden nicht aufeinander abgestimmt. Abschließend empfahl die Studie die
Neuordnung der Investitionswirtschaft (Entscheidungskriterien, instrumentelle
Harmonisierung, Genehmigungsprozesse) sowie eine Führungskräfte-Schulung. Des
weiteren wurde die Einführung eines IKS sowie eines strategischen Controllings
und einer Gesamtnutzen-Rechnung dringend empfohlen.
Bemerkenswert ist,
dass diese Studie auch dem Eigentümervertreter, BM Gorbach, hinlänglich bekannt
sein musste, jedoch keinerlei Handlungen seitens des zuständigen Ministers
erfolgten.
Für den
Unterausschuss war nicht klärbar, ob die Ablöse von Vorstandsvorsitzenden Dr.
Walter Hecke im Zusammenhang mit diesen aufgezeigten, gravierenden
Managementproblemen stand, da Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Quendler die
Beantwortung entsprechender Fragen verweigerte. Dies, obwohl die ASFINAG zu 100
% in Staatsbesitz ist und auch die Vertragsablöse von Dr. Hecke den
Steuerzahler belastete.
Ein Großteil der
nachfolgend näher zu diskutierenden Probleme des ASFINAG-Konzerns resultieren
aus der Untätigkeit des zuständigen Ressorts bzw. wurden diese durch
Untätigkeit wesentlich erschwert.
ASFINAG-Servicegesellschaften
Die vor der
Gliederung der ASFINAG bestehende Situation mit der Integration der
Bundesländer hat an sich gut funktioniert und es bleibt ungeklärt, warum
stattdessen eine Neuorganisation mit vier Geschäftsführern und acht Prokuristen
geschaffen wurde. Neben den hohen Personalkosten sind auch Betriebsmittel und
Geräte zu übernehmen, dem neuen Personal fehlt es an entsprechendem Know-How
und an der Identifikation, ebenso fehlen Strukturen und eine transparente
Organisation. Das gesamte Risiko verbleibt bei der ASFINAG, wobei im Gegensatz
zur früheren Lösung durch die Bundesländer keine politische Verantwortung
getragen wird. Laut Expertenschätzungen erhöhen sich die Kosten für die
Betriebsgesellschaften um 200 bis 300 Prozent.
3.2.
PPP-Projekte der ASFINAG:
Die ASFINAG ist
bereits selbst eine Form des PPP-Modelles. Die Finanzierung durch die ASFINAG
ist eine sehr kostengünstige Variante, da diese eine Tripple A-Bonität
aufweist. Bei sämtlichen PPP-Modellen verbleibt das Risiko bei der ASINAG
aufgrund einer von dieser gewährten Ausfallshaftung. Der PPP-Konzessionär spart
vor allem bei den Anlagen, wie Betriebssicherheit (Winterdienst,
Straßenbepflasterung, Anschlussstellen, Anbindung regionaler Interessen der
österreichischen Wirtschaft) ein. Die Fragen des Vertragsrisikos, der
Zusatzkosten, der Haftung für zeitliche Verzögerungen sowie allgemeine
rechtliche Problemstellungen (aus der Vertragsgestaltung) sind bisher
vollkommen ungeklärt. Dies führt nicht nur zu Verstößen gegen das Vergaberecht,
sondern zu der Situation, dass diese Problemstellungen im nachhin für den 30
Jahre geltenden Vertrag geklärt werden sollen – Rechtsprobleme deren Lösung oft
faktisch unmöglich sein wird.
Die Prüfung von
konkreten PPP-Projekten scheiterte an der Arbeit des Unterausschusses, da die
Regierungsfraktionen nur eine einzige Sitzung mit Vertretern der ASFINAG
mitbeschlossen haben.
3.3
LKW-Maut:
Die Einführung
einer LKW-Maut mit Inbetriebnahme eines von der Firma Kapsch errichteten
Bemautungssystems erfolgte unter Vorstandsvorsitzenden Dr. Hecke mit einem
Auftragsvolumen von 200 Millionen Euro. Hecke war von 2001 bis Ende Jänner 2005
Vorstandsvorsitzender der ASFINAG und wurde vorzeitig abberufen, dies mit der
Begründung, dass „Meinungsverschiedenheiten sowohl mit dem
Aufsichtsratsvorsitzenden als auch mit dem restlichen Vorstands-Team“ gegeben
waren (so ASFINAG-Aufsichtsratspräsident Quendler). Der frühere Chef der
Autobahngesellschaft ist heute als Konsulent bei dem Unternehmen Kapsch tätig -
Bedenken hinsichtlich einer „schiefen Optik“ des nunmehrigen Hecke-Engagements weist
das Unternehmen Kapsch zurück.
Problemstellungen
rund um die Einhebung der LKW-Maut wurden vom Ministerium hinlänglich
beschönigt. Von SPÖ-Rechnungshofsprecher Dr. Kräuter an den Rechnungshof
übermittelte Daten belegen, dass hinsichtlich der Mauterfassung eine
Fehlerquote von 0,7 Prozent gegeben war. Dadurch entgehen der ASFINAG und damit
dem österreichischen Staat jährlich Millionenbeträge.
Problemstellungen
rund um die Einhebung der LKW-Maut wurden vom Ministerium stets in völlig
wahrheitswidriger Form schöngeredet, parlamentarische Anfrageantworten dazu
strotzen vor Ungereimtheiten und Unwahrheiten. Die von Abg. Dr. Kräuter im
Ausschuss präsentierte „Split-Go-Box“ führte zu der bezeichnenden
Gorbach-Aussage, dass „es vielleicht perfektere Systeme“ gebe, der Minister
habe sich nicht wirklich damit beschäftigt – und auch wirklich andere Sorgen
(Protokoll des Ständigen Unterausschuss des Rechnungshof-Ausschusses vom
28.4.2005, Seite 50), obwohl Gorbach in Anfrageantworten stets die technische
Tauglichkeit der Split-Go-Box betont hatte. Der Rechnungshof erhob auf
Initiative von Abg. Kräuter die Fehlerquote des Mautsystems mit Hilfe von fast
3 Millionen Echtdaten, das Ergebnis von 12.000 bis 14.000 tägliche
Abbuchungsfehler wurde vor der Rechnungshofeinschau von der ASFINAG und dem
Verkehrsminister geleugnet, nach der Rechnungshofeinschau ignoriert. Bis heute
fehlt dazu eine Stellungnahme der Verantwortlichen.
Auch betreffend
der zweimal geänderten Mautordnung bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich
ihrer Verfassungskonformität. Diesbezüglich wurde von der SPÖ-Fraktion ein
Gutachten von Prof. Brünner und Prof. Hauser in Auftrag gegeben, das zu
nachfolgenden Ergebnissen hinsichtlich der Frage, ob die einzelnen im
Bundesstraßen-Mautgesetz geregelten Bestimmungen in Einklang mit der geltenden
Bundesverfassung stehen, kommt:
1. Der
Verfassungsgerichtshof fordert, dass die Obersten Organe auch betreffend
ausgegliederter Einrichtungen in der Lage sein müssen, eine entsprechende
Leitungsbefugnis wahrnehmen zu können, damit ein Legitimationszusammenhang zum
Parlament hergestellt werden kann. Im Zusammenhang mit den Mautaufsichtsorganen
wird festgestellt, dass die ASFINAG als Aktiengesellschaft organisiert ist, bei
welcher gemäss den Grundprinzipien des Aktienrechtes ein unmittelbarer
Weisungsdurchgriff zwischen Hauptversammlung und Vorstand der
Aktiengesellschaft nicht gegeben ist, demnach wird dieser Forderung des
Verfassungsgerichtshofes für die Beleihung von privaten Rechtsträgern nicht
entsprochen.
2. Die gesetzlichen
Formulierungen betreffend die Mautordnung, die Mautaufsichtsorgane sowie die
Strafbestimmungen erscheinen im Lichte des bundesverfassungsrechtlich
normierten Legalitätsprinzips diskussionswürdig.
3. Betreffend die
Mautordnung wird kritisch darauf hingewiesen, dass deren Verlautbarung gem. §
16 Abs. 1 BStMG lediglich im Internet vorzunehmen ist. Zumindest für jene
Mautstreckenbenützer, welche der zeitabhängigen Mautpflicht unterliegen, muss
es als äußerst fraglich erscheinen, dass ein hinreichender Zugang zu Medien im
Internet gegeben ist.
4. Auch wird
kritisch angemerkt, dass das BStMG keine Verpflichtung vorsieht, die in
zeitlicher Abfolge vorgenommenen Revisionen der Mautordnung konservatorisch zu
dokumentieren.
5. Grundsätzliche
Probleme bestehen hinsichtlich den Mautaufsichtsorganen, deren Stellung und
Vereidigung, Schulung, der Bestellungsvoraussetzung „Verlässlichkeit“ sowie
ihrer Abberufung.
6. Als – vor dem
Hintergrund der Geltung des Legalitätsprinzips – besonders problematisch ist
die grundlegende Ermächtigung der Mautaufsichtsorgane zum Ausspruch einer
sogenannten Fahrt-unterbrechung anzusehen.
Die Autoren kommen
abschließend zu dem Ergebnis, „dass betreffend des konkreten Vollzuges des
BStMG eine Reihe von Defiziten besteht.“
Kauf der Europpass-Anteile von der Autostrade
Die
Autobahngesellschaft ASFINAG kaufte Ende August die Autostrade-Anteile an der
Europpass für die Summe von 208 Millionen Euro. Unberücksichtigt bei diesen
kolportierten Kosten blieb die Frage, in welcher Höhe Gewinnausschüttungen aus
der Europpass an die Autostrade für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2004
erfolgten und in welcher Höhe Schulden der Europpass durch die ASFINAG
übernommen wurden. Wesentlich für die tatsächliche Höhe der Übernahmekosten ist
auch die Zahlung von sogenannten Betreibervergütungen an die Autostrade bzw. in
welcher Höhe diese Betreibervergütungen an die Europpass von der Autostrade als
Gesellschafter entnommen wurden. Es sind daher die Gesamtentnahmen der
Autostrade seit Inbetriebnahme der Europpass bis zum Kauf dieser Gesellschaft
durch die ASFINAG erhebungsbedürftig.
Die
Vertragskonstruktion der Übernahme, die weitgehend unbekannt blieb, beinhaltet
eine Vereinbarung, wonach in den osteuropäischen Nachbarstaaten Polen,
Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien die ASFINAG nur gemeinsam mit der
Autostrade an Ausschreibungen teilnehmen kann und ein aus einer Beauftragung
resultierender Gewinn zu teilen ist. Diesbezüglich ist sowohl diese vertraglich
vereinbarte Zwangspartnerschaft als auch die gleichzeitige Staatshaftung der
Republik Österreich für ASFINAG-Projekte im Ausland hinsichtlich möglicher
Nachteile für die Republik zu überprüfen.
Vor allem der
Umstand, dass die Autostrade gemeinsam mit einem Technologiepartner ein
Konkurrenzsystem anbieten will („Der Standard“ 31.8.2005, Seite 15) läßt die
vereinbarte Zwangspartnerschaft als sehr nachteilig für die Republik und den
Steuerzahler erscheinen.
Behauptete Synergieeffekte sind nicht nachvollziehbar.
PKW-Maut
Nach Verkauf der
Europpass-Anteile meinte Autostrade-Manager Vito Gamberale, dass eine „PKW-Maut
de facto unausweichlich sei“. Diese Aussage stimmt inhaltlich mit den
Überlegungen von Bundesminister Gorbach, der eine ASFINAG-Privatisierung nach
2006 nicht ausschließt, überein.
Voraussetzung
einer Privatisierung ist, dass die ASFINAG kostendeckend bzw. gewinnbringend
geführt wird. Bei einem momentanen Verschuldungsgrad von bis zu 13 Milliarden
Euro wird ein privater Betreiber die höchstmögliche Bemautung durchführen, da
er weder andere Steuern bzw. Abgaben, die aus dem Personen- oder Güterverkehr
resultieren, in Anspruch nehmen kann.
Generell
ist auch eine staatliche Betreibergesellschaft einerseits durch die extrem hohe
Verschuldung der ASFINAG andererseits durch die neuentstandenen Kosten bedingt
durch den Kauf der Europpass genötigt, irgendwoher Geld aufzutreiben:
einfachstes Mittel ist die Heranziehung des privaten Autofahrers.
Neben
all den genannten Gründen lässt die Bemerkung des Europpass-Geschäftsführers
Peter Nevole nach Kauf der Autostrade-Anteile durch die ASFINAG, wonach „alle
super verdient haben“, Schlimmes befürchten.
Daher nahm die
SPÖ-Fraktion ihr Recht gemäss § 99 Abs. 2 GOG wahr und brachte nachfolgendes
Prüfungsverlangen an den Rechnungshof in der Sitzung des Nationalrates am 21.
September 2005 ein:
Die
unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG, dass der
Rechnungshof die Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und
Technologie sowie aller anderen damit befassten Ressorts und Dienststellen
sowie der ASFINAG, hinsichtlich des Vorganges
Ankauf
der Gesellschaftsanteile der Autostrade S.p.a. an der Europpass LKW-Mautsystem
GmbH durch die ASFINAG, unter besonderer Berücksichtigung des tatsächlichen
Inhaltes des abgeschlossenen Kauf- bzw. Übernahme-vertrages, der tatsächlichen
Zahlungen und Ausschüttungen an die Autostrade sowohl durch die ASFINAG als
auch durch die Europpass LKW-Mautsystem GmbH, der Haftungsübernahmen durch die
Republik Österreich und der Vereinbarungen über Auslandsengagements der ASFINAG
in Kooperation mit der Autostrade, überprüfe.
4. ÖBB:
BAHNREFORM UND GENERALVERKEHRSPLAN
4.1 Kosten
der Vorbereitung der sogenannten Bahnreform
Die Kosten der
Vorbereitung der Bahnreform wurden mit 1 bis 2 Millionen Euro durch die
Regierungsparteien beziffert (Steuerberater Brucker, ÖVP-Homepage 14.4.2004).
Tatsächlich dürften die Kosten aber ein Vielfaches dieser Summe betragen. Im
Zuge der Ausschuss-Arbeit konnte nicht exakt festgestellt werden, welche
Beträge tatsächlich für externe Beratung ausgegeben wurden, dies resultierte
auch aus dem Umstand, dass kein klarer Abschluss dieser als Bahnreform
bezeichneten Umstrukturierung erkennbar war. Aufgrund der Aussagen von
ÖBB-Vertretern muss mit einem zweistelligen Millionen Euro-Betrag gerechnet
werden.
4.2
Immobilienmanagement der ÖBB
Finanzminister
Grasser stellte am 26.11.2004 im Unterausschuss des Verkehrsausschusses fest,
dass die ÖBB auf einem „Immobilienschatz“ säßen, der für das Unternehmen nicht
benötigt werde. Durch die schwarz-blaue-orange Regierung wurde durch das
Bundesbahngesetz in die internen Abläufe der ÖBB bis in die dritte
Organisationsebene insofern eingegriffen, als dieses eine eigene
ÖBB-Immobilienmanagement Gmbh vorschreibt. Die in § 24 Bundesbahngesetz als
„Bewirtschaftung und Verwertung“ bezeichneten Aufgaben der ÖBB-Infrastrukturbau
Bau AG betreffen Vermögenswerte der Steuerzahler in Form von Liegenschaften.
Die Bundesförderung für Schieneninfrastrukturvorhaben wiederum ist gem. § 43
Bundesbahngesetz abhängig von den Rationalisierungs- und Einsparungsplänen der
ÖBB-Infrastruktur Bau AG, das heißt, auch von Rationalisierungen und
Einsparungen im Zusammenhang mit dem für den Betrieb nicht mehr benötigten
Grundstücken und mit dem Erfolg der Verwertung dieser Liegenschaften durch die
Tochtergesellschaften der ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG. Gem. § 47 Bundesbahngesetz
hat der Bund dafür zu sorgen, dass der ÖBB-Infrastruktur Bau AG zur Aufrechterhaltung
ihrer Liquidität und des Eigenkapitals die erforderlichen Mittel gem.
Rahmenplan zur Verfügung stehen; diese gesetzlich vorgeschriebene Vorsorge des
Bundes wurde bis jetzt aber nicht ausgeübt. Da die Liquidität der ÖBB aber auch
vom Bewirtschaftungs- und Verwertungserfolg der Liegenschaften abhängt, ist der
Erfolg dieses Bereiches ein weiteres Mal Voraussetzung für notwendige
Handlungen des Bundes. Statt herzeigbarer Verwertungs-erfolge, gibt es
lediglich Spitzengagen für die Geschäftsführung der Immobiliengesellschaft
sowie den gescheiterten parteipolitischen Versuch eine zweite Geschäftsführerin
zu installieren.
4.3
Besetzung von Vorstandsposten ohne Ausschreibung
Die gesetzliche
Regelung (§ 54 Abs. 12 Bundesbahngesetz) sieht bei der Erstbesetzung von
Vorständen des ÖBB-Konzerns dann keine Ausschreibung vor, wenn es sich um
Vorstände und Geschäftsbereichsleiter aus dem vom Bundesbahngesetz betroffenen
Unternehmen handelt. Nicht zum ÖBB-Konzern gehören die
Schieneninfrastruktur-Dienstleistungs- GesmbH und – vor der Verschmelzung mit
der ÖBB – auch die HL-AG. Diese beiden Unternehmen sind daher keine Tochter-
oder Enkelgesellschaften des ÖBB-Konzerns, daher waren Vorstandsfunktionen in
diesen Unternehmen auszuschreiben, was aber nicht passiert ist.
Im Fall von Dr.
Falschlehner wurde die Ausschreibungspflicht gem. Stellenbesetzungsgesetz bei
der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH direkt durch den
Verkehrsminister (Eigentümervertreter, der gem. § 15 GmbH-Gesetz die Bestellung
vorzunehmen hat) missachtet, im Fall des freiheitlichen Expolitikers Mag.
Gilbert Trattner, ist die Missachtung der Ausschreibungspflicht gem.
Stellenbesetzungsgesetz und die so durchgeführte Bestellung zum HL-AG-Vorstand
Grundlage dafür gewesen, dass er gem. § 54 BBG ohne Ausschreibung zum
ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG-Vorstand bestellt wurde.
4.4
Infrastrukturprojekte
Gemäß
Bundesbahngesetz war von der ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG bis 30. Juni 2004
erstmals ein Infrastrukturinvestitions-Rahmenplan dem BMVIT und BMF vorzulegen.
Diesem Rahmenplan wurde erst nach mehreren Überarbeitungen - und der
Einarbeitung der entsprechenden politischen Wünsche – die Zustimmung erteilt.
Politische Interventionen in Bauprojekte der ÖBB erfolgten auch von dritter
Seite, so z.B. beim Semmering-Basis-Tunnel oder im Fall einer Kärntner
Landesstraßenbrücke, für welche die HL-AG einen hohen Zuschuss leistete. Die
Ausführung dieser politischen Aufträge erfolgten ohne entsprechende Abgeltung.
Die Schulden der
ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG steigen wesentlich rascher als von der Bundesregierung
angegeben – allein die Eröffnungsbilanz weist bereits wesentlich höhere
Schulden aus, als prognostiziert. Neben der Aufteilung der Verbundproduktion
von Bahn-Aufgaben auf viele Einzelunternehmen ist die sogenannte „Bahnreform“
offensichtlich ein System, wodurch Bundesschulden kurzfristig „versteckt“
werden – Schulden, welche die Budgets der Zukunft belasten werden.
4.5
Mangelnde Finanzierbarkeit des Infrastrukturbetriebes:
Das
Bundesbahngesetz sieht vor, dass durch die ÖBB-Infrastrukturbetrieb AG bis 30.
Juni 2004 erstmals ein umfassender sechsjähriger Geschäftsplan dem BMVIT und
BMF vorzulegen ist. Laut Vorstandsdirektor Söllinger (ÖVP-Homepage vom
14.4.2004) war die geplante Finanzierung „durchaus gangbar“. In einem
sechsjährigen Vertrag sind die dafür erforderlichen Bundeszuschüsse zu
vereinbaren, doch bereits jetzt tut sich eine Finanzierungslücke auf. Das vom
Rechnungshof bereits als zu hoch kritisierte Infrastrukturbenutzungs-Entgelt
wird nun noch rascher steigen und belastet damit die Kosten für den Personen-
und Güterverkehr.
4.6
Gemeinwirtschaftliche Leistungen – Verschlechterung für Bahnkunden
In Folge der
Regelung des § 48 Bundesbahngesetz hat der Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Finanzminister einen
mehrjährigen Bestellrahmen für gemeinwirt-schaftliche Leistungen festzulegen.
Auf dieser Basis erfolgen dann die konkreten Bestellungen des BMVIT. Über diese
Bestellungen hat der Bundesminister gem. § 49 Bundesbahngesetz alljährlich dem
Nationalrat zu berichen. Die letzte Berichterstattung erfolgt im Rahmen des
Verkehrsausschusses vom 15.2.2005, aufgrund des bis Ablauf 2004 verlängerten
Bestellrahmens, wobei nur über die Bestellungen bis 2003 konkret berichtet
wurde, da die Bestellungen für 2004 offensichtlich bei der Berichtslegung –
also nach Ablauf des Berichtsjahres - noch nicht im Detail fixiert waren, was
für die leistungserbringende Gesellschaft einen unhaltbaren Zustand darstellt.
Es liegt daher der begründete Verdacht nahe, dass für 2005 noch immer keine
konkreten gemeinwirtschaftlichen Bestellungen vorliegen, sondern nur vage
Rahmenvereinbarungen; damit wird das Management gefügig – um nicht zu sagen
erpressbar – gehalten.
Die
gemeinwirtschaftlichen Leistungen an die ÖBB (Ökobonus d.h. Sozialtarife wie
z.B. Pendler- und Seniorenermäßigungen, Begünstigungen für kombinierten Verkehr
und gefährliche Güter sowie die Förderung von Anschlussbahnen) bleiben mit 585
Mio. Euro nahezu unverändert. Daher hat die ÖBB in den letzten Jahren sechs
Tariferhöhungen vollzogen. In jedem Fall wäre zumindest eine Anpassung der
gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Ausmaß der allgemeinen
Inflationssteigerungen nötig gewesen (für 2005 2,3 %), um eine weitere
Deattraktivierung des öffentlichen Verkehrs zu vermeiden.
Auch die
Fördermittel für Privatbahnen gemäß Privatbahngesetz werden von auf 35,3 Mio.
Euro für 2005 auf 33,7 Mio. Euro 2006 weiter gekürzt (2003 noch 41,1 Mio.
Euro).
Mit der Verteuerung
der Pendlerkarten erfolgte gleichzeitig eine Verschlechterung der
Servicequalität. Die Nebenbahnausschreibung der SCHIG hat bisher außer Spesen
und Verunsicherung nichts gebracht, auf der Westbahn ist bereits jeder zweite
Zug unpünktlich; die Zahl der Reisenden im Schienenverkehr zwischen St. Pölten
und Wien ist in letzter Zeit drastisch zurückgegangen.
Der Rechnungshof
hat in seinem Bericht 2003/05 die Unzweckmäßigkeit der verschiedenen
Verkehrsverbünde kritisiert und festgehalten, dass durch das stark steigende
Benutzungsentgelt das Eigenfinanzierungspotential für Qualitätsverbesserungen
beeinträchtigt wird. Dies hinderte die Bundesregierung aber nicht, im Zuge der
sogenannten „Bundesbahnreform“ noch wesentlich drastischere Steigerungen des
Benützungsentgeltes zu planen.
4.7
Generalverkehrsplan
Das Scheitern des
Generalverkehrsplanes ist auch im Budget ablesbar. Nachdem bereits letztes Jahr
der ehemalige Bahnmanager und jetzige Rechnungshof-Präsident Josef Moser darauf
hingewiesen hat, dass nicht 1,2 Mrd. Euro, sondern mindestens 1,8 Mrd. Euro
(eher 2,4 Mrd. Euro) jährlich für den Bahnausbau zur Realisierung des
Gesamtverkehrsplans notwendig wären, und dass dies in kürzester Zeit zur
Unfinanzierbarkeit und enormen Schuldenanhäufung bei der ÖBB führen wird, haben
darauf auch BM Gorbach und Staatssekretär Kukacka eingeräumt, dass der
Generalverkehrsplan überarbeitet werden muss.
Bei den ÖBB
bleiben die Ausgaben der ausgegliederten Gesellschaften für die Schiene mit
2006 im dritten Budgetjahr konstant bei 1,2 Mrd. Euro eingefroren. Da immer
höhere Zinsendienste bedient werden müssen, wobei sich die Schulden bei den
ÖBB-Infrastruktur-Bau-AG anhäufen, wofür aufgrund fehlender Bundeszuschüsse bei
gleichzeitiger gänzlicher Haftung des Bundes spätere Bundesbudgets einspringen
werden müssen, reduziert sich das reale Bauvolumen spürbar. So werden bei den
zu erwartenden 8 Mrd. Euro Schulden bereits 2006 Zinsenzahlungen von ca. 300
Mio. Euro notwendig werden, sodass eigentlich nur 900 Mio. Euro für
Investitionen übrig bleiben. Dazu kommt, dass inflationäre
Baukostensteigerungen auch noch unberücksichtigt bleiben. De facto stehen somit
für die Bahninvestitionen immer weniger Mittel zur Verfügung.
Mit einem
undurchführbaren Generalverkehrsplan werden jahrelang Steuergelder falsch
investiert. Der von BK Schüssel und der damaligen BM Forstinger ausgearbeitete
Generalverkehrsplan wies keinerlei Prioritäten auf und es war immer klar, dass
er unfinanzierbar ist. Er entsprach 2002 einer Wunschliste der Länder. Auch
stellte sich heraus, dass viele Projekte um ein Drittel höhere Gesamtkosten
aufwiesen. Dennoch hat die Bundesregierung diese völlig falschen Prioritäten in
den Generalverkehrsplan aufgenommen und jahrelang jetzt falsch investiert.
Besonders
drastisch ist dies bei den Bahninvestitionen, wobei der Bau einer Bahnstrecke
nur verkehrswirksam bei völligem Ausbau zwischen zwei Verkehrsknoten wird.
Anstatt demgemäß die Mittel auf die verkehrsstärkste Achse, die Westbahn zu
konzentrieren, um den längst begonnenen Ausbau Wien-Linz-Wels mit den derzeit
damit verbundenen Zugverspätungen endlich abschließen, wurden die Mittel breit
gestreut. Jetzt gibt es überall ausgebaute Bahnteilstücke, welche kaum
Erleichterung schaffen. Viele Mittel wurden für vorgezogene Teile von Projekten
umgeschichtet, wobei diese Teile erst zu einem viel späteren Zeitpunkt für die
dazugehörende Gesamtstrecke einen verkehrswirtschaftlichen Sinn ergeben können.
So wurden auf Wunsch von LH Haider noch lange Zeit verkehrsunwirksame
Investitionen längs der geplanten und erst sehr spät verkehrswirksamen
Koralmbahn in Kärnten vorgezogen, wodurch baureife Projekte zurückgestellt
(Güterzugumfahrung St. Pölten) oder verzögert (Ybbs-Amstetten) wurden. Dies
obwohl klar ist, dass der Koralmtunnel erst frühestens um 2020 in Betrieb
genommen werden kann und nur mit einem Semmering-Basistunnel, dessen
Fertigstellung zuletzt noch weiter nach hinten verschoben wurde,
verkehrspolitisch einen Sinn ergibt. Dennoch wurden auch bereitstehende Mittel
für den Semmering-Basistunnel abgezogen.
Nach
jahrzehntelangen fruchtlosen Versuchen, die Bahnverbindungen zwischen
Niederösterreich und Steiermark mit Hilfe eines Tunnels unter dem Semmering zu
beschleunigen, wurde im März 2005 ein Schlussstrich dahingehend gezogen, als
die bis zu diesem Zeitpunkt geschaffenen Werte und Berechtigungen für dieses
Projekt verspielt wurden. Die ÖBB ziehen das Projekt, das beim
NÖ-Landeshauptmann Pröll auf massiven Widerstand gestossen ist, zurück. Auf
diese Vorgangsweise haben sie die Landeshauptleite von Niederösterreich und der
Steiermark, Erwin Pröll und Waltraud Klasnic, in einer Geheimsitzung mit der
Regierungsspitze und ÖBB-Chef Martin Huber verständigt. LH Pröll stellte dazu
fest: „Was das jetzige Projekt angeht, beginnen wir bei Null“. Das bedeutet,
dass ein neues Projekt noch nicht vorliegt, ein solches muss erst erarbeitet
werden. Dies bestätigte auch ÖBB-Vorstandsvorsitzender Huber in den Sitzungen
des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshof-Ausschusses. Auch BK Schüssel
stellte fest, dass das alte Projekt „tot“ sei, ein neues werde erst geplant.
Fest stehe, dass das neue Bauvorhaben jedenfalls noch teurer werden. Ein neues
Tunnelprojekt soll in jedem Fall zwei eingleisige Tunnelröhren haben und
überdies wesentlich länger sein. Statt mit Kosten von 900 Millionen Euro
rechnet man nun mit 1,2 Milliarden Euro, wie Schüssel zugeben musste (Der
Standard vom 9.3.2005). Die bisher angefallenen Kosten bezifferte
Verkehrsminister Gorbach mit 93 Millionen Euro. Ob und wie diese Kosten in das
neue Projekt einfließen sollen, konnte weder durch Verkehrsminister Gorbach,
noch durch ÖBB-Vorstandsvorsitzenden Huber in irgendeiner Form aufgeklärt
werden. Ein großer Teil dieser Kosten wird als verlorener Aufwand abzuschreiben
sein.
Selbst
Staatssekretär Helmut Kukacka stellte fest, dass der Generalverkehrsplan „zu
wenig Rücksicht auf Prioritäten und vor allem die Finanzierbarkeit genommen“
habe. Kukacka geht davon aus, dass andere Projekte, wie der „besonders vom
Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider forcierte Koralmtunnel später gebaut
werden könnten“. Dies hänge auch vom Verlauf der Genehmigungsverfahren für die
einzelnen Projekte ab, so Kukacka (www.orf.at, 17.2.2005).
Nachdem sich nun
die Bundesländer Steiermark und Kärnten bereit erklärt haben, einen kleinen Beitrag
zur Finanzierung der Koralmbahn zu leisten (2 x 170 Mio. Euro bei
Gesamtprojektkosten über 4,1 Mrd. Euro) wird dieser aber in diesen neuen Plänen
vorrangig berücksichtigt; dieses Geld fehlt diesen Ländern wiederum für den
Nahverkehr. Gleichzeitig werden wichtige andere Projekte zurückgestellt. So
fehlt auch für den weiteren Ausbau der Süd- und der Ostbahn das Geld. Die
überaus wichtige Verbindung Wien-Bratislava ist so ebenfalls kurzfristig nicht
zu finanzieren. Völlig unverständlich wird die Güterzugsumfahrung St. Pölten
bis nach 2020 zurückgestellt, womit das Nadelöhr St. Pölten bestehen bleibt und
wodurch der Umbau der Gleisanlagen des Bahnhofes St. Pölten verschärft wird.
Die ÖBB werden in
ihrem neuen Rahmenplan offensichtlich gezwungen, betriebswirtschaftlich
unsinnige Investitionsabfolgen vorzunehmen und gleichzeitig immer höhere
Schulden aufzubauen. Geht dieser Trend so weiter, ist von einer Überschuldung
der ÖBB- Infrastruktur Bau-AG ca. 2007 auszugehen, für die der Bund dann
einspringen muss. Bis 2010 ist von 13 Mrd. Euro auszugehen.
4.8 Resumée
Insgesamt
betrachtet ist die Zukunft der ÖBB nach dieser von FP/BZÖ-VP-Mehrheit im
Alleingang beschlossenen „ÖBB-Reform“ mehr als ungewiss. Die Regierung will mit
der Bahn sparen ohne dem Unternehmen ÖBB Zukunft zu bieten. So wird das
Zeitfenster zur Nutzung der möglichen Vorteile aus der Ostöffnung durch Lähmung
der Unternehmensführung wohl ungenützt vorbeigehen. Gleichzeitig ist keine
Weiterentwicklung des bisher erfolgreichen Güterverkehrs zu verzeichnen, obwohl
ein funktionsfähiger Güterverkehr unverzichtbar ist für eine umweltfreundliche
Transitbewältigung. Die finanzielle Belastung und die damit höheren Tarife für
die Menschen im Personenverkehr sind vorprogrammiert. Eine Qualitätssteigerung
im Personenfernverkehr lässt sich ebenfalls nicht erkennen. Geplant ist
offenbar die rasche Verscherbelung von Vermögen, ohne dem Unternehmen
ausreichendes Eigenkapital für mehr Qualität und Expansion zur Verfügung zu
stellen. Somit droht der Abverkauf von rentablen Teilen der ÖBB (z.B.
Kraftwerke, Immobilien).
Diese
VP/BZÖ-Bundesregierung kann derzeit jedenfalls kein schlüssiges Zukunftskonzept
für die ÖBB vorlegen. Statt dessen hinterlässt sie einen betriebswirtschaftlichen
und volkswirtschaftlichen Scherbenhaufen mit riesigen Schulden.
Dr.
Günther Kräuter
Mag. Ruth Becher
Mag. Kurt Gaßner
Mag. Chistine Lapp
Gerhard Reheis