Abweichende
persönliche Stellungnahme
gemäß § 42 Abs. 5 GOG
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser
zum Bericht des
Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des
Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend die Prüfung
der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik seit dem Jahr 2000, insbesondere
Finanzierung des „Generalverkehrsplanes“ sowie Management, PPP- und
LKW-Maut-Problemstellungen der ASFINAG
Vorbemerkungen
Die umfassende
Untersuchungsmaterie hätte in vielen Bereichen eine intensivere und
breitflächige Vorgangsweise mit zahlreichen Auskunftspersonen erfordert. Die
Ladungsvorschläge der Opposition wurden größtenteils abgelehnt, was sich auf
das Ergebnis des Untersuchungsausschusses negativ auswirkte.
Kontrollverweigerung
Eine
grundsätzliche Kritik an der ladungsfeindlichen
Vorgangsweise der Regierungsparteien sei hiermit vorweg festgehalten.
Diese wiegt insofern besonders schwer, als es sich bei Investitionen in
Infrastrukturprojekte um die größten Investitionssummen der Republik handelt,
die - angesichts der allgemeinen Lage des Staatshaushalts und der Beschäftigung
- eine besonders genaue Abwägung der Effizienz der eingesetzten Mittel
erfordert. Die Regierungsparteien widersetzten sich somit dieser wesentlichen
Kontrollaufgabe und verhinderten damit, rechtzeitig Fehlplanungen und Fehlinvestitionen
in Milliardenhöhe entgegenzusteuern.
Erhebungsbericht
Ähnliches gilt in
abgeschwächter Form für den Erhebungsbericht des Ressorts. Dieser ist
sehr knapp gehalten und spiegelt die Dominanz der Länder beim Ausbau der
Infrastruktur bzw. bei der Erstellung des GVP-Ö wider. Einige Passagen zeichnen
ein durchaus kritisches Bild des status quo in der Verkehrspolitik:
· außerst
„optimistische“ Angaben über die Umsetzung des Projekte des GVP-Ö durch die
Länder
· viel
zu oberflächliche Kostenvorstellungen
· absichtliche
viel zu geringe Kostenschätzungen durch die Bundesländer, um möglichst viele
Projekte im GVP-Ö zu verankern
· zahlreiche
Kostenüberschreitungen bei Asfinag-Projekten
Deshalb wäre eine
Ladung der LandesverkehrsreferentInnen oder der Landesverkehrsplaner durchaus
sinnvoll gewesen.
Im
Erhebungsbericht wird mehrmals auf den Rahmenplan Schiene
hingewiesen, dieser wurde jedoch den Mitgliedern des Ausschusses vorenthalten. Von der im Bericht angesprochenen
Transparenz (S.6) kann also keine Rede sein.
Obwohl der
Erhebungsbericht auf die zentrale Bedeutung der gesamteuropäischen
verkehrspolitischen Rahmenbedingungen für die Realisierung und Nutzung des
Brennerbasistunnels hinweist, wurden keinerlei Auskunftspersonen aus dem
Themenkomplex BBT geladen. Minister Gorbach verstärkte durch seine Ausführungen
über die Verhandlungen zur Wegekostenrichtlinie noch den Eindruck, dass
Österreich sich hier auf ein milliardenschweres hochriskantes Projekt einlässt,
das eine zukünftige Verlagerung des Straßengüterverkehrs nicht bewerkstelligt.
Trotz des
Hinweises auf nicht erfolgreiche PPP-Modelle im Erhebungsbericht und auch trotz
der Äußerungen verschiedener Experten, ließ sich die Regierungsmehrheit nicht
von derartigen Finanzierungsformen abbringen und verweigerte Auskunftspersonen
So blieben trotz
der Bemühungen der Opposition zahlreiche Fragen ungeklärt:
Prioritätensetzung
in der Verkehrspolitik gemäß klarer Zieldefinitionen
Kriterien für
einzelne kostenintensive Projekte
Finanzierung bzw.
Rückzahlung der Schulden
Sinnhaftigkeit der
Koralmbahn
Klarheit über die
Effizienz des Brennerbasistunnels
Klarheit über dessen
Finanzierung und Auslastung
Offene
Fragen
In folgenden
zentralen Problembereichen brachten Fragestellung der Opposition teilweise nicht bekannte Sachverhalte
ans Licht:
· Der
Quickstart des BBT schafft irreversible Verhältnisse und bedeutet eine
jahrzehntelange finanzielle Last für das Bundesbudget, ohne eine Verlagerung
des LKW-Transits zu bewirken.
· Der
Aufschlag auf die Brennermaut muss anteilig in den Tunnel investiert werden -
außer aus rechtlichen oder durch Naturkatastrophen bedingten Gründen -, sonst
ist sie zurückzuzahlen.
· Laut
Aussage des Verkehrsministers habe Österreich mit der BRD eine Sperrminorität
bei den Verhandlungen über die Wegekostenrichtlinie gehabt, und der dt. VM
Stolpe habe den Kurs Österreichs unterstützt. Deshalb ist die Zustimmung
Österreichs zu diesem Verhandlungsergebnis für die Grünen nicht
nachvollziehbar.
· Bei
der Asfinag ist wegen der zahlreichen Bauten nur eine „fiktive Entschuldung“
möglich.
Pro Jahr sind 320 Mio. Euro für den Zinsendienst erforderlich. Bei dem
voraussichtlichen Verschuldungsvolumen von 13,5 Mrd. Euro steigt er auf 450
Mio. Euro jährlich.
· Viele
Asfinag-Projekte weisen eine 65,6 % Kostendifferenz auf.
· Beim
Linzer West-Ring kommt es zu einer Verdreifachung der Kosten, was zu einer
Streckung des Realisierungszeitraums führt.
· Frühester
Baubeginn des Semmeringbasistunnels ist das Jahr 2012 bei deutlich gestiegenen
Kosten. Derzeit besteht keine Garantie des Landes NÖ zur Durchführung dieses
Projekts.
· Der
Haftungsrahmen der Republik für die ÖBB-BauAG steigt von 900 Mio Euro jährlich
auf 1,1 Mrd. Die Neuverschuldung werde in Summe auf 9-10 Mrd steigen.
· Die
Vorziehung der Summerauer Bahn erfolge nur bei Kostenbeitrag der Länder.
Resumee
Insgesamt
verdeutlichten die Fragestellungen, Beratungen und Diskussionen im
Unterausschuss, dass die Regierungsparteien an verkehrspolitisch teilweise
kontraproduktiven Projekten festhalten, obwohl die finanziellen Belastungen in
Summe wesentlich steigen, die Auslastung wegen der veränderten Situation am
globalen Energiemarkt in Frage steht und die regionalpolitischen Auswirkungen
oft negativ sind.
Eine
differenzierte Auseinandersetzung mit PPP-Finanzierungsformen fehlte gänzlich.