Vorblatt
Problem:
Die in den letzten
Jahren stattgefundene Entwicklung des internationalen Terrorismus, der
grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration erhöhten vor
allem in einem Raum des freien Personenverkehrs die Notwendigkeit zur
Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden und Polizeibeamten der
Mitgliedstaaten.
Innerhalb der
Europäischen Union bildet das Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung
des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen
Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (im Folgenden: SDÜ) die
wichtigste Rechtsgrundlage für die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten. Zwar wurde das SDÜ mit dem Vertrag von Amsterdam in den Acquis
der Europäischen Union übergeführt, es gelang aber in den letzten Jahren nicht,
dieses Übereinkommen im gewünschten Maße den steigenden Notwendigkeiten zum
Ausbau der polizeilichen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus, der
grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration anzupassen.
Vorschläge zur Weiterentwicklung der polizeilichen Zusammenarbeit im Rahmen der
Europäischen Union, die vor allem von Deutschland ausgingen, scheiterten am
Widerstand einzelner Mitgliedstaaten. Aufgrund des Prinzips der
Einstimmigkeit in der 3. Säule konnte ein einziger ablehnender Mitgliedstaat
die gesamte Weiterentwicklung blockieren.
Zum Zwecke einer
Beschleunigung der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit in der Europäischen
Union auf den vorstehend genannten Feldern hat eine Gruppe von Mitgliedstaaten
die Initiative ergriffen und ein Kooperationsmodell erarbeitet, das auf die
Erreichung eines möglichst hohen Standards in der Zusammenarbeit, insbesondere
durch einen verbesserten Austausch von Informationen, abzielt. Diese neuen
Formen und Standards der Zusammenarbeit sollen in weiterer Folge ein Modell für
die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens der Europäischen Union sein und
schrittweise in diesen übergeführt werden.
Ziel:
Die
Vertragsparteien bezwecken mit diesem Übereinkommen, die grenzüberschreitende
polizeiliche Zusammenarbeit, insbesondere auf dem Gebiet des
Informationsaustausches untereinander, zu vertiefen.
Inhalt:
“Die
Vertragsparteien verpflichten sich, im Rahmen des automatisierten Abrufs und
Abgleichs von DNA-Profilen, der Gewinnung molekulargenetischen Materials und
der Übermittlung von DNA-Profilen, des automatisierten Abrufs von
daktyloskopischen Daten, des automatisierten Abrufs von Daten aus den
Fahrzeugregistern, der Übermittlung von nicht-personenbezogenen und
personenbezogenen Daten im Zusammenhang von Großereignissen, der Übermittlung
von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten, der
Flugsicherheitsbegleiter, der Dokumentenberater, der Unterstützung von
Rückführungen, gemeinsamer Einsatzformen, von Maßnahmen bei gegenwärtiger
Gefahr, der Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren
Unglücksfällen und der Zusammenarbeit über Ersuchen zusammenzuarbeiten.”
Alternativen:
Andere Wege zur
Erreichung des angestrebten Zieles stehen derzeit nicht zur Verfügung. Die in
Artikel 43 EUV vorgesehene Möglichkeit der verstärkten Zusammenarbeit scheidet
bereits aufgrund der Anzahl der beteiligten Mitgliedstaaten aus, da eine
Zusammenarbeit nach dieser Bestimmung gemäß Artikel 43 lit g) EUV mindestens
acht Mitgliedstaaten umfassen muss. Zudem wäre das Verfahren – das bisher noch
nie zur Anwendung gekommen ist – umständlich und zeitaufwändig gewesen.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort:
Keine
Finanzielle
Auswirkungen:
Durch das
Übereinkommen werden technische Anpassungen in den Datenanwendungen des
Bundesministeriums für Inneres für die DNA-Profile DNA, die daktyloskopischen
Daten AFIS und des Kfz-Registers KZR notwendig. Die zu erwartenden Kosten
belaufen sich auf € 600.000,- an externen Programmierkosten für die Errichtung.
Zusätzlich werden noch ca. 2 interne VBÄ (Vollbeschäftigungsäquivalent) für die
internationalen und nationalen Spezifikationen erforderlich sein. Die
jährlichen laufenden Kosten für den Betrieb betragen erfahrungsgemäß ca.
15 % der Errichtungskosten. Die Kosten werden aus dem laufenden Budget des
Bundesministeriums für Inneres gedeckt werden.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Dieses
Übereinkommen steht nicht im Widerspruch zum Recht der Europäischen Union und
steht gemäß den Bestimmungen dieses Übereinkommens jedem Mitgliedstaat der
Europäischen Union zum Beitritt offen. In den Bereichen der Zusammenarbeit, in
denen es entsprechendes Recht der Europäischen Union bereits gibt
(Dokumentenberater und Unterstützung der Rückführung), dient das Übereinkommen
einer verstärkten operativen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung des
entsprechenden EU-Rechts.
Besonderheiten
des Normsetzungsverfahrens:
Zustimmung des
Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
Der Vertrag
zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich
Spanien, der Französischen Republik, dem
Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik
Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit,
insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden
Kriminalität und der illegalen Migration hat gesetzändernden bzw.
gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den
Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Er enthält keine
verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht
politischen Charakter. Er ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im
innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen
nach Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch den Vertrag
Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt werden,
bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Ab. 1
zweiter Satz B-VG.
Die in den letzten
Jahren stattgefundene Entwicklung des internationalen Terrorismus, der
grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration erhöhten vor
allem in einem Raum des freien Personenverkehrs die Notwendigkeit zur
Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden und Polizeibeamten der
Mitgliedstaaten.
Innerhalb der
Europäischen Union bildet das Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung
des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen
Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (im Folgenden: SDÜ) die
wichtigste Rechtsgrundlage für die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten.
Zwar wurde das SDÜ
mit dem Vertrag von Amsterdam in den Acquis der Europäischen Union übergeführt,
es gelang aber in den letzten Jahren nicht, dieses Übereinkommen im gewünschten
Maße den steigenden Notwendigkeiten zum Ausbau der polizeilichen Zusammenarbeit
bei der Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und
der illegalen Migration anzupassen. Vorschläge zur Weiterentwicklung der
polizeilichen Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Union, die vor allem
von Deutschland ausgingen, scheiterten am Widerstand einzelner Mitgliedstaaten.
Entsprechend dem Prinzip der Einstimmigkeit in der 3. Säule konnte ein einziger
ablehnender Mitgliedstaat die gesamte Weiterentwicklung blockieren.
Um diese Blockade
auf europäischer Ebene aufzulösen, schlossen die Republik Österreich und die
Bundesrepublik Deutschland einen Staatsvertrag über die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen
Angelegenheiten . Dieser Vertrag wurde zum Modell eines
deutsch-niederländischen Vertrags und ein Beispiel für die Weiterentwicklung
der bilateralen polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit zwischen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Zum Zwecke einer
Beschleunigung der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit in der Europäischen
Union auf den vorstehend genannten Feldern hat eine Gruppe von Mitgliedstaaten
die Initiative ergriffen und ein Kooperationsmodell erarbeitet, das auf die
Erreichung eines möglichst hohen Standards in der Zusammenarbeit, insbesondere
durch einen verbesserten Austausch von Informationen, abzielt,. Diese
neuen Formen und Standards der Zusammenarbeit sollen in weiterer Folge ein
Modell für die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens der Europäischen Union sein
und schrittweise in diesen übergeführt werden.
Anlässlich eines
Treffens der Justiz- und Innenminister im Februar 2003 in Luxemburg schlug der
deutsche Innenminister seinen Amtskollegen aus Belgien, Frankreich, Luxemburg
und den Niederlanden vor, Verhandlungen zu einem multilateralen Vertrag zur
Verstärkung der polizeilichen Zusammenarbeit aufzunehmen.
In weiterer Folge
fanden Expertentreffen statt, die die Erstellung einer Punktation der möglichen
Vertragsinhalte zum Ziel hatten. Im Zuge dieser Verhandlungen erklärte
Frankreich, dass es ihm aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei, die
Verhandlungen fortzuführen.
Die
Verhandlungspartner kamen daraufhin überein, Österreich anzubieten, den
Verhandlungen beizutreten. Anlässlich eines bilateralen Treffens am 10.
November 2003 in Berlin erklärte der österreichische Innenminister gegenüber
seinem deutschen Amtskollegen das Interesse Österreichs, sich an den
Verhandlungen zu beteiligen.
Im Februar 2004
übermittelte Deutschland einen Entwurf. In vier Expertentreffen und neun
Verhandlungsrunden in Berlin wurde der Vertrag verhandelt. Begleitend fanden
drei Ministertreffen (28. Mai 2004 in Brüssel, 24. September 2004 in Luxemburg
und 22. November 2004 in Wien) statt. Anfang Mai 2005 erklärten Frankreich und
Spanien ihre Bereitschaft, dem ausverhandelten Vertrag beizutreten.
Am 27. Mai 2005
wurde der Vertrag von Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, den
Niederlanden und Österreich in Prüm in Deutschland unterzeichnet (Prümer
Vertrag).
Mit dem Vertrag
wurde eine sog. Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der die gemeinsamen
Erklärungen aller Vertragsparteien sowie ein- und mehrseitige Erklärungen
zusammengefasst sind. Österreich gab eine Erklärung zu Artikel 40 Absatz 1 und
gemeinsam mit Deutschland eine gemeinsame Erklärung zu Artikel 46 Satz 2 ab.
Im Zuge der
Ratifikation wird Österreich Erklärungen zu Art. 2 bis 5, Art. 2
Abs. 3, Art. 8 bis 10,
Art. 23, Art. 24 bis 27, und Art. 42 abgeben.
Die Kompetenz des
Bundes zur Gesetzgebung stützt sich hinsichtlich der sicherheitspolizeilichen
Aspekte der Gefahrenabwehr, des vorbeugenden Rechtsgutschutzes, der Fahndung
und der ersten allgemeinen Hilfeleistung auf Artikel 10 Absatz 1 Ziffer 7 B-VG
(Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit), hinsichtlich
der Strafverfolgungsbereiche auf Artikel 10 Absatz 1 Ziffer 6 B-VG
(Strafrechtswesen). Die Haftungsbestimmungen fallen unter den
Kompetenztatbestand des Artikels 10 Absatz 1 Ziffer 6 B-VG (Zivilrechtswesen).
Die Regelungen hinsichtlich des automatisierten Abrufs von Daten aus dem
Fahrzeugregister sind Artikel 10 Absatz 1 Ziffer 9 B-VG (Kraftfahrwesen)
zuzurechnen.
Die Regelungen
ergänzen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die internationale
polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG; BGBl. I
Nr. 104/1997).
Besonderer
Teil
Zur Präambel
Die Präambel des
vorliegenden Vertrags betont in der einleitenden Bestimmung die Bedeutung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die notwendig ist, um den
Sicherheitsherausforderungen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und
illegale Migration zu begegnen.
Unter Achtung der Regelungen
des Vertrags über die Europäische Union sowie des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft beabsichtigen die Vertragsparteien, eine
Vorreiterrolle auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in oben
genannten Bereichen einzunehmen und die Integration voranzutreiben. Dies soll
durch eine verbesserte Zusammenarbeit vor allem im Hinblick auf den Austausch
von Informationen betreffend die Bereiche Terrorismus, grenzüberschreitende
Kriminalität und illegale Migration erreicht werden. Den anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird die Möglichkeit der Teilnahme an
der durch den Vertrag geschaffenen Zusammenarbeit eingeräumt.
Eines der Ziele
des vorliegenden Vertrags ist es, die enthaltenen Regelungen zur Verbesserung
und Intensivierung der Zusammenarbeit beim Austausch von Informationen
hinsichtlich der Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden
Kriminalität sowie der illegalen Migration nach Möglichkeit zu einem späteren
Zeitpunkt in den rechtlichen Rahmen der Europäischen Union überzuführen und
dafür die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.
Der im Vertrag
vorgenommene Informationsaustausch erfolgt unter strenger Einhaltung der in der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie den gemeinsamen
Verfassungstraditionen der beteiligten Staaten niedergelegten Rechte. Im
Vertrag ist sichergestellt, dass der Schutz personenbezogener Daten das im
Rahmen des Europarates vereinbarte Schutzniveau nicht unterschreitet.
Die
Vertragsparteien sehen die rechtliche Kontrolle der übermittelten oder
empfangenen personenbezogenen Daten durch unabhängige Stellen der jeweiligen
Vertragsparteien vor.
Die
Vertragsparteien sehen die Möglichkeit vor, weitere Übereinkünfte zu treffen um
den Datenaustausch auf andere Datenbanken zu erstrecken, soweit dies im Sinne
der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit notwendig und verhältnismäßig ist.
Artikel 1 (Grundsätze)
Artikel 1 regelt
die Grundsätze des Vertrags, in erster Linie dessen Verhältnis zum Recht der
Europäischen Union und den in diesem Zusammenhang erlassenen Maßnahmen auf dem
Gebiet der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Terrorismus,
der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration.
Absatz 1 normiert
den Zweck des vorliegenden Abkommens, nämlich die Vertiefung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und insbesondere des
Informationsaustausches.
Absatz 2 stellt
klar, dass der vorliegende Vertrag mit dem Recht der Europäischen Union bzw.
den verbindlichen Rechtshandlungsformen der Dritten Säule vereinbar ist. Die in
den Vertrag aufgenommenen Maßnahmen greifen nicht in den Unionsrechtsbestand
ein. Die Bestimmungen des Titel VI EUV stehen dem Abschluss bilateraler
Verträge über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten nicht entgegen. Die Vertragsparteien nutzen – unter Achtung der
Loyalitätspflicht – vielmehr den ihnen verbliebenen völkerrechtlichen
Handlungsspielraum, um eine engere Zusammenarbeit zu erreichen. Fernziel ist,
die im Vertrag niedergelegte Zusammenarbeit in den rechtlichen Rahmen der
Europäischen Union zu überführen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird den anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit eröffnet, dem Vertrag
beizutreten.
Absatz 3 hebt
hervor, dass der vorliegende Vertrag als Schritt in Richtung verstärkte
europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Terrorismus, grenzüberschreitende
Kriminalität und illegale Migration betrachtet wird und als Impuls für eine
breite und vertiefte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu werten ist.
Absatz 4 sieht
eine Selbstverpflichtung in dem Sinne vor, dass spätestens drei Jahre nach
Inkrafttreten dieses Vertrags die Erfahrungen aus dem Vertrag bewertet werden
sollen und auf dieser Grundlage in Abstimmung mit der Kommission bzw. auf
Vorschlag der Europäischen Kommission eine Überführung in den Rechtsrahmen der
Europäischen Union angestrebt werden soll. Dies unter Einhaltung und
Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben, wie sie sich aus dem Vertrag
über die Europäische Union sowie dem Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft ergeben.
Gemäß Absatz 5
verpflichten sich die Vertragsparteien, den ständigen Kontakt zum Rat der
Europäischen Union und zur Europäischen Kommission zu pflegen und regelmäßig
über die Entwicklung der Zusammenarbeit zu berichten. Dieses Vorgehen
ermöglicht ein koordiniertes Vorgehen mit den zuständigen Europäischen Organen
und dient einer erleichterten Übernahme in den Unionsrechtsbestand zu einem
späteren Zeitpunkt.
Zu Kapitel 2
(DNA-Profile, daktyloskopische Daten und sonstige Daten)
Im Kapitel 2 sind
teilweise völlig neue Formen der polizeilichen Zusammenarbeit in Form des
gegenseitigen automatisierten Abrufs von DNA-Profilen und daktyloskopischen
Daten vorgesehen. Weiters ist ein automatisierter Massenabgleich von offenen
DNA-Spuren vorgesehen. Diese Formen der Zusammenarbeit erfolgen im so genannten
Hit/No Hit-Verfahren (Treffer-/Nichttrefferverfahren). Dies bedeutet, dass
zunächst nur so genannte Fundstellendatensätze übermittelt werden, die keine
die Betroffenen unmittelbar identifizierenden Daten beinhalten. Der Austausch
der weiteren personenbezogenen Daten auf der Grundlage von erzielten Treffern
erfolgt sodann im Rahmen des herkömmlichen Amts- und Rechtshilfeverfahrens.
Diese Formen der Zusammenarbeit sind bislang in keinem bilateralen oder
multilateralen Vertrag zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthalten.
Der Vertrag sieht
auch den gegenseitigen automatisierten Abruf von Daten aus den
Fahrzeugregistern (Art. 12) im Einzelfall vor. Dazu wird der Zugriff auf
die Eigentümer- bzw. Halterdaten und die Fahrzeugdaten im so genannten
Lesezugriff vereinbart.
Der letzte Bereich
der Zusammenarbeit nach Kapitel 2 umfasst den Austausch von
nicht-personenbezogenen Informationen und personenbezogenen Daten zum Zweck der
Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit
grenzüberschreitendem Bezug, insbesondere im Bereich des Sports oder der
Tagungen des Europäischen Rates.
Dem Mehr an
Möglichkeiten für die polizeilichen Zusammenarbeit, das das Kapitel 2
ermöglicht, sind die umfangreichen Datenschutzbestimmungen, insbesondere für
den automatisierten Abruf und Abgleich von Daten in Kapitel 7,
gegenüberzustellen.
Bei der
Unterzeichnung des Vertrags gab Belgien folgende einseitige Erklärung ab:
„II. Das
Königreich Belgien erklärt
1. dass jegliche Informationen, die vom Königreich
Belgien aufgrund des Vertrags übermittelt, von der empfangenden Vertragspartei
nur nach Zustimmung der zuständigen belgischen gerichtlichen Behörden als
Beweismittel genutzt werden kann,
….“
Auf Grund dieser
einseitigen Erklärung wird es in Bezug auf Belgien notwendig, sein,
entsprechend der Bestimmung des Art. 39 Abs. 2 SDÜ die Zustimmung der
zuständigen belgischen Justizbehörde einzuholen, um die im polizeilichen
Amtshilfeverfahren erlangten Informationen als Beweismittel verwerten zu
können.
Zu Artikel 2
(Einrichtung von nationalen DNA-Analyse-Dateien)
Damit eine
Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Bereich der DNA-Analyse möglich
ist, verpflichten sich diese, nationale Dateien zu errichten und zu führen. Die
Europäische Union hat bereits in der Entschließung des Rates vom 9. Juni 1997
(ABl. C 193 vom 24.6.1997), ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, im Bereich des
Austausch von DNS-Profilen zusammen zu arbeiten und zu diesem Zweck nationale
Dateien zu errichten. Österreich hat auf der Grundlage des
Sicherheitspolizeigesetzes (BGBl. 1991/566 i.d.g.F.) bereits im Jahr 1997 eine
nationale DNA-Analyse-Datei aufgebaut. Auch in Belgien, Deutschland, Spanien,
Frankreich und den Niederlanden bestehen bereits nationale DNA-Dateien.
Luxemburg ist gerade dabei, eine nationale DNA-Datei aufzubauen.
Die Zusammenarbeit
im Bereich der DNA-Profile beschränkt sich ausschließlich auf zum Zweck der
Verfolgung von Straftaten eingerichtete Dateien. Allenfalls bestehende oder in
der Zukunft zu Zwecken der Deliktsprävention oder administrativen Zwecken
eingerichtete DNA-Analyse-Dateien sind von der Einbeziehung in die
Zusammenarbeit ausgeschlossen.
Die Verarbeitung
der in diesen Dateien gespeicherten Daten aufgrund dieses Vertrags erfolgt
grundsätzlich nach Maßgabe des für den Verarbeitungsvorgang geltenden
innerstaatlichen Rechts. Lediglich wenn der Vertrag besondere
Verarbeitungsregeln festlegt, finden diese Anwendung (z.B. Artikel 3 Absatz 2).
Die
innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von DNA-Profilen ist
§ 67 in Verbindung mit § 65 und § 75 des
Sicherheitspolizeigesetzes (BGBl. 1991/566 i.d.g.F.). Ab 1. Jänner 2008 findet
sich auch eine strafprozessuale Grundlage für die Verarbeitung von DNA-Profilen
in §§ 117 Z 5, 124 Strafprozessordnung (StPO) i.d.F. des
Strafprozessreformgesetzes, BGBl. I Nr. 19/2004 (im Folgenden
„StPRG“).
Absatz 2 gibt vor,
dass in den Datenbanken die DNA- Profile von den sonstigen Informationen zu
trennen sind. Die DNA-Profile werden mit einer Kennung versehen. DNA-Profile
und Kennung werden als Fundstellen-Datensätze bezeichnet. Die Kennung ist
notwendig, um die Fundstellen-Datensätze den entsprechenden personenbezogenen
Daten und sonstigen Informationen zuordnen zu können. Die Kennung muss so
gestaltet sein, dass sie keine den Betroffenen unmittelbar identifizierende
Daten (Geschlecht, Geburtsdatum, Hinweise auf die Tat) enthält.
Fundstellen-Datensätze und die personenbezogenen Daten und sonstigen
Informationen sind in getrennten Dateien zu speichern, um
a) den gegenseitigen automatisierten Abruf oder
Abgleich im Hit/No Hit-Verfahren (Treffer-/Nichttrefferverfahren) zu
ermöglichen;
b) dem Gebot der Verhältnismäßigkeit des
Verfahrens (§ 1 Abs. 2 DSG 2000, § 29 SPG)
Rechnung zu tragen.
Die
österreichische DNA-Datei wird vom Bundesministerium für Inneres –
Bundeskriminalamt auf Grundlage des § 75 SPG geführt. In dieser Datei sind
die Fundstellen-Datensätze von den personenbezogenen Daten und sonstigen
Informationen getrennt, wie dies vom Vertrag gefordert ist.
Der Vertrag
verwendet den englischsprachigen Begriff der DNA (desoxyribonucleic acid) und
nicht den deutschsprachigen Begriff der DNS (Desoxyribonucleinsäure). Er folgt
damit dem international üblichen Gebrauch, der sich auch in der nationalen
Gesetzgebung in Österreich widerspiegelt. Das Sicherheitspolizeigesetz
verwendet gleichfalls DNA. Weiters wird der Begriff des DNA-Profils verwendet,
der ausschließlich den nicht codierenden Teil der DNA umfasst. In einer Fußnote
wird über Wunsch Deutschlands auf den in der deutschen Rechtsordnung synonymen
Begriff DNA-Identifizierungsmuster für DNA-Profil verwiesen.
Fundstellendatensätze,
die noch keiner Person zugeordnet werden können, werden als offene Spuren
bezeichnet und werden als solche gekennzeichnet sein. Dadurch wird die
technische Voraussetzung zum automatisierten Abgleich offener Spuren gemäß
Artikel 4 geschaffen.
Artikel 2 Absatz 3
ermöglicht den Vertragsparteien die Zusammenarbeit im Bereich der DNA-Analyse
durch Abgabe einer Erklärung im Zuge der Ratifikation einzuschränken. Dabei
sind Einschränkungen in Bezug auf
a) den Umfang nationaler DNA-Analyse-Dateien,
auf die die Artikel 2 bis 6 Anwendung finden und
b) die Bedingungen für den automatisierten
Abruf nach Artikel 3 Absatz 1
möglich.
Österreich wird
folgende Erklärung abgeben:
„Österreich
gestattet den nationalen Kontaktstellen der anderen Vertragsparteien den
Zugriff auf die Fundstellendatensätze seiner DNA-Analyse-Dateien mit dem Recht,
diese im Einzelfall automatisiert mittels eines Vergleiches der DNA-Profile
abzurufen, und zwar ausschließlich zum Zwecke der Verfolgung solcher
Straftaten, die die Voraussetzung für die Erlassung eines Europäischen
Haftbefehls nach Art. 2 Abs. 1 oder 2 des Rahmenbeschlusses des Rates
vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren
zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 190 vom 18.7.2002, 1,
erfüllen.“
Durch diese
Erklärung können die nationalen Kontaktstellen der anderen Vertragsparteien
ausschließlich zur Verfolgung einer Straftat,
a) die nach den Rechtsvorschriften des
zugreifenden Vertragsstaates mit einer Freiheitsstrafe oder einer
freiheitsentziehenden Maßnahme im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht
ist (Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses), oder
b) die nach den Rechtsvorschriften des
zugreifenden Vertragsstaates mit einer Freiheitsstrafe oder einer
freiheitsentziehenden Maßnahme im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht
ist und auf der Liste des Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses angeführt
ist]
auf die
Fundstellendatensätze der österreichischen DNA -Analyse-Dateien zugreifen.
Weiters wird
Österreich folgende Erklärung abgeben:
„Erklärung
der Republik Österreich zu den Artikeln 2 – 5:
Österreich geht
davon aus, dass in der Durchführungsvereinbarung nach Art. 6 in
verbindlicher Weise insbesondere die Voraussetzungen festzulegen sind, bei
deren Vorliegen es zu einem Treffer im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 1
des Übereinkommens kommt. Darüber hinaus werden die Vertragsparteien internationale
Standards zum Abgleich von DNA-Profilen, wie sie etwa im Rahmen von Interpol
(1), aber auch im Rahmen der Europäischen Union (2) erarbeitet wurden und
werden, bei der praktischen Anwendung der Art. 2 bis 5 sowie der
Ausarbeitung der bezüglichen Durchführungsvereinbarung angemessen
berücksichtigen.“
Anmerkung: (1)
Interpol International DNA Gateway, (2) Entschließung des Rates vom 25. Juni
2001 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen (2001/C 187/01).
Durch diese
Erklärung soll gewährleistet werden, dass bei den Arbeiten zum Abschluss der
Durchführungsvereinbarung gemäß Artikel 6 die entsprechenden internationalen
Empfehlungen berücksichtigt werden.
Mit beiden
Erklärungen wird im Übrigen den Empfehlungen des Datenschutzrates gefolgt.
Zu Artikel 3 (Automatisierter
Abruf von DNA-Profilen)
In Artikel 3 wird
eine der beiden Formen der Zusammenarbeit im Bereich der DNA-Profile
festgelegt. Der automatisierte Abruf ist der Vergleich zwischen einem
DNA-Profil, das bei der einen Vertragspartei vorliegt, mit den DNA-Profilen in
den Dateien der anderen Vertragsparteien. Dabei wird das DNA-Profil von der
abrufenden Vertragspartei über eine sichere Leitung an die DNA-Analyse-Datei
der empfangenden Partei übermittelt und dort automatisiert mit den vorhandenen
Fundstellendatensätzen (DNA-Profile und Kennung) verglichen. Automatisiert
heißt, dass dieser Vergleich durch ein technisches Verfahren ohne Einbeziehung
eines Beamten der empfangenden Vertragspartei erfolgt. Die Einzelheiten dieses
technischen Verfahrens werden gemäß Artikel 6 in einer
Durchführungsvereinbarung geregelt. Ein analoges Verfahren ist gemäß Artikel 9
für den automatisierten Abruf von daktyloskopischen Daten vorgesehen.
Der automatisierte
Abruf darf nur im Einzelfall erfolgen. Das heißt, die abrufende Vertragspartei
darf jeweils nur ein DNA-Profil mit den Fundstellendatensätzen der empfangenden
Vertragsparteien vergleichen. Der Vergleich darf nur zur Verfolgung von
Straftaten und nach Maßgabe des Rechts der abrufenden Vertragspartei erfolgen.
Damit ist es nicht notwendig, dass jede Vertragspartei die entsprechenden
Rechtsvorschriften aller anderen Vertragsparteien kennt, um auf deren
DNA-Analyse-Dateien zugreifen zu können. Jede Vertragspartei kann daher unter
denselben Bedingungen auf die DNA-Analyse-Dateien der anderen Vertragsparteien
zugreifen, wie sie für den Zugriff auf die eigene DNA-Analyse-Datei gelten. Die
Prüfung der Zulässigkeit erfolgt nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses
Vertrags und dem jeweilig geltenden innerstaatlichen Recht.
Nach § 67
Absatz 1 Sicherheitspolizeigesetz darf die DNA eines Menschen im Rahmen dessen
erkennungsdienstlicher Behandlung ermittelt werden, wenn der Betroffene in
Verdacht steht, einen gefährlichen Angriff gemäß § 16
Sicherheitspolizeigesetz begangen zu haben, und wenn in Hinblick auf diese Tat
oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei
Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine
Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Informationen ermöglichen
würde. Unter denselben Bedingungen dürfen DNA-Profile und die vorhandenen
personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen gespeichert und abgerufen
werden. Die Bestimmungen des § 67 Absatz 1 Sicherheitspolizeigesetz sind
von der österreichischen Kontaktstelle auch für den automatisierten Abruf von
DNA-Profilen aus den DNA-Analyse-Dateien der anderen Vertragsparteien
anzuwenden.
Entgegen den
Bemühungen Österreichs ist es in den Verhandlungen nicht gelungen, in
Art. 3 Abs. 1 eine einheitliche materielle Schwelle für den Zugriff
auf die DNA-Fundstellendatensätze zu verankern (also z. B. „Straftaten von
erheblicher Bedeutung“). Immerhin konnte Österreich aber in Art. 2
Abs. 3 einen Passus erwirken, der es den Vertragsparteien ermöglicht,
jeweils einseitig im Verhältnis zu den übrigen Staaten eine Erklärung
abzugeben, in der eine solche materielle Schwelle eingezogen werden kann.
Das Recht der
anderen Vertragsparteien zum automatisierten Abruf von DNA-Profilen aus der
österreichischen DNA-Analyse-Datei wird durch die entsprechende österreichische
Erklärung gemäß Artikel 2 Absatz 3 auf die Fälle der Verfolgung solcher
Straftaten, die die Voraussetzung für die Erlassung eines Europäischen
Haftbefehls nach Art. 2 Abs. 1 oder 2 des Rahmenbeschlusses des Rates
vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren
zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 190 vom 18.7.2002, 1,
erfüllen, eingeschränkt.
Diese
Einschränkung gilt nicht für den automatisierten Abruf von DNA-Profilen durch
die österreichische Kontaktstelle aus den DNA-Analyse-Dateien der anderen
Vertragsparteien. Dieser Abruf kann jedoch durch Erklärungen der anderen
Vertragsparteien gemäß Artikel 2 Absatz 3 eingeschränkt werden.
Nicht nur der
Vergleich des übermittelten DNA-Profils erfolgt automatisiert, sondern auch die
Mitteilung eines Treffers. Treffer ist die Übereinstimmung des von der
abrufenden Vertragspartei übermittelten DNA-Profils mit einem DNA-Profil in der
DNA-Analyse-Datei der empfangenden Vertragspartei. Mit der automatisierten
Mitteilung des Treffers wird auch die Kennung des passenden DNA-Profils
mitgeteilt. Durch die Übermittlung der Kennung wird die nachfolgende Anfrage
gemäß Artikel 5 zur Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger
Informationen erleichtert. Wird kein Treffer erzielt, wird dies gleichfalls
automatisiert mitgeteilt.
Das
Verfahren gemäß Artikel 3 erfolgt in folgenden Schritten:
1. Die abrufende Vertragspartei übermittelt das
DNA-Profil.
2. Das übermittelte DNA-Profil wird mit den in den
Fundstellendatensätzen vorhandenen DNA-Profilen der empfangenden Vertragspartei
automatisiert verglichen.
3. Die Tatsache eines Treffers wird gemeinsam mit
der Kennung automatisiert der abrufenden Vertragspartei mitgeteilt.
4. Gleichfalls automatisiert erfolgt die
Mitteilung, dass kein Treffer vorliegt.
5. Das weitere Verfahren bei Vorliegen eines
Treffers erfolgt im Wege der Amts- oder Rechtshilfe gemäß Artikel 5.
Auf Seiten der
empfangenden Vertragspartei verläuft das Verfahren durchgängig automatisiert.
Außer der Kennung und dem Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Treffers werden
keine Daten von der empfangenden Partei an die abrufende Partei übermittelt.
Die Verarbeitung der gemäß Artikel 3 übermittelten Daten wird in Artikel 35
Absatz 2 geregelt. Weiters wird jeder automatisierte Abruf gemäß Artikel 39
Absatz 2 sowohl von der abrufenden als auch der empfangenden Vertragspartei
protokolliert (doppelte Protokollierung).
Die Niederlande
haben bei der Unterzeichnung des Vertrags folgende Erklärung zu Artikel 3 und 4
abgegeben:
„V. Das Königreich
der Niederlande erklärt unter Bezugnahme auf Artikel 3 und 4, dass es davon
ausgeht, dass das Vorgehen nach diesen Bestimmungen auf die gleiche Art und
Weise abläuft in dem Sinne, dass die Vertragsparteien Zugang zu den
Fundstellendatensätzen der niederländischen DNA-Analysedateien nach Artikel 2
Absatz 2 des Vertrags bekommen mit dem Recht, diese automatisiert mittels eines
Vergleichs ihrer DNA-Profile mit den DNA-Profilen der niederländischen DNA-Analysedateien
abzurufen, ungeachtet ob es sich dabei um den Vergleich eines Einzelfall
handelt oder nicht.“
Durch diese
Erklärung soll gewährleistet werden, dass sowohl der automatisierte Abruf als
auch der automatisierte Abgleich von DNA-Profilen nach dem selben technischen
Verfahren verläuft.
Zu Artikel 4
(Automatisierter Abgleich von DNA-Profilen)
Die zweite Form
der Zusammenarbeit im Bereich der DNA-Profile ist der automatisierte Abgleich
von DNA-Profilen gemäß Artikel 4. Der automatisierte Abgleich ist der
Vergleich der offenen Spuren einer der Vertragspartei mit allen
Fundstellendatensätzen der DNA-Analyse-Dateien der anderen Vertragsparteien.
Offene Spuren sind Fundstellendatensätze, die noch keiner Person zugeordnet
werden können und sind gemäß Artikel 3 Absatz 3 als solche gekennzeichnet.
Dabei werden die offenen Spuren von der abrufenden Vertragspartei über eine
sichere Leitung an die DNA-Analyse-Datei der empfangenden Partei übermittelt
und dort automatisiert mit den vorhandenen Fundstellendatensätzen (DNA-Profile
und Kennung) verglichen. Automatisiert heißt, dass dieser Vergleich durch ein
technisches Verfahren ohne Einbeziehung eines Beamten der abrufenden
Vertragspartei erfolgt. Die Einzelheiten dieses technischen Verfahrens werden
gemäß Artikel 6 in einer Durchführungsvereinbarung geregelt. Für den Bereich
der daktyloskopischen Daten ist keine vergleichbare Zusammenarbeit vorgesehen.
Der automatisierte
Abgleich erfolgt nur im Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien, welches
jeweils im Einzelfall herzustellen ist. Der Vergleich darf nur zur
Verfolgung von Straftaten und nach Maßgabe des Rechts der abrufenden
Vertragspartei erfolgen.
Nicht nur der
Vergleich der offenen Spuren erfolgt automatisiert, sondern auch die Mitteilung
der Treffer.
Das Verfahren
gemäß Artikel 4 erfolgt in folgenden Schritten:
1. Die abrufende Vertragspartei übermittelt die
offenen Spuren.
2. Die übermittelten offenen Spuren werden
automatisiert mit den Fundstellendatensätzen der anderen Vertragspartei
verglichen.
3. Die Fundstellendatensätze werden automatisiert
der abrufenden Vertragspartei mitgeteilt.
4. Das weitere Verfahren erfolgt im Wege der Amts-
oder Rechtshilfe gemäß Artikel 5.
Auf Seiten der
empfangenden Vertragspartei verläuft das Verfahren durchgängig automatisiert.
Die Verarbeitung der gemäß Artikel 4 übermittelten Daten wird in Artikel 35
Absatz 2 geregelt. Weiters wird jeder automatisierte Abgleich gemäß Artikel 39
Absatz 2 sowohl von der abrufenden als auch der empfangenden Vertragspartei
protokolliert (doppelte Protokollierung).
Die Niederlande
haben bei der Unterzeichnung des Vertrags eine Erklärung zu Artikel 3 und 4
abgegeben, mit der sie sicherstellen wollen, dass sowohl der automatisierte
Abruf als auch der automatisierte Abgleich von DNA-Profilen nach dem selben
technischen Verfahren verläuft.
Zu Artikel 5
(Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen)
Der automatisierte
Abruf und der automatisierte Abgleich von DNA-Profilen erfolgt im Hit/No
Hit-Verfahren (Treffer-/Nichttrefferverfahren). D.h. zunächst wird
festgestellt, ob in einer der DNA-Analyse-Dateien der übrigen Vertragsparteien
ein übereinstimmender Fundstellendatensatz vorhanden ist. Wird ein Treffer
erzielt, richtet die anfragende Partei ein Ersuchen um Übermittlung der
weiteren personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen an jene
Vertragspartei, in deren DNA-Analyse-Datei der Treffer erzielt wurde.
Die Anfrage wird
nach dem nationalen Recht der anfragenden Vertragspartei in Form eines Amts-
oder Rechtshilfeersuchens gestellt. Österreich kann diese Anfrage bei Treffern
im Rahmen der polizeilichen Amtshilfe nach § 6 ff.
Polizeikooperationsgesetz iVm Art. 3 und 4 Prümer Vertrag stellen, bzw.
gemäß §§ 3 und 5 Polizeikooperationsgesetz iVm Art. 3 und 4 Prümer
Vertrag eingehende Anfragen auf dieser Rechtsgrundlage beantworten.
Zu Artikel 6
(Nationale Kontaktstelle und Durchführungsvereinbarung)
Der automatisierte
Abruf und Abgleich von DNA-Profilen erfolgt ausschließlich über nationale
Kontaktstellen. Diese werden gemäß Artikel 42 im Zuge des
Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt als nationale Kontaktstelle
benannt. Der Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse der nationalen
Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
In Absatz 2
sieht der Vertrag hinsichtlich des automatisierten Abrufs und Abgleichs von
DNA-Profilen zwingend den Abschluss einer Durchführungsvereinbarung vor.
Weiters legt er als weitere Bedingungen für die Übermittlung personenbezogener
Daten in Artikel 34 Absatz 2 fest:
a) die Umsetzung der Bestimmungen des Kapitels 7
(Allgemeine Bestimmungen zum Datenschutz) im innerstaatlichen Recht der
betroffenen Vertragspartei und
b) einen einstimmigen Beschluss des
Ministerkomitees gemäß Artikel 43, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Zu Artikel 7
(Gewinnung molekulargenetischen Materials und Übermittlung von DNA‑Profilen)
Die
Rechtshilfeleistung durch Gewinnung von molekulargenetischem Material und die
Übermittlung von DNA-Proflilen richtet sich nach dem Recht der ersuchten
Vertragspartei. Benötigt eine der Vertragsparteien (ersuchende Vertragspartei)
im Zuge eines laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahrens das DNA-Profil einer
bestimmten Person und ist bekannt, dass sich diese Person auf dem Gebiet einer
anderen Vertragspartei (ersuchte Vertragspartei) aufhält, so verpflichtet die
Bestimmung des Artikels 7 die ersuchte Vertragspartei zur Leistung von
Rechtshilfe durch die Gewinnung und Untersuchung molekulargenetischen Materials
und der Übermittlung des dabei gewonnenen DNA-Profils. Die Leistung der
Rechtshilfe ist an folgende kumulative Bedingungen geknüpft:
1. die ersuchende Vertragspartei muss mitteilen zu
welchem Zweck das DNA-Profil benötigt wird. Einzig zulässiger Zweck nach den
Bestimmungen dieses Vertrags ist die Verfolgung einer Straftat;
2. die ersuchende Partei muss eine nach ihrem
innerstaatlichen Recht erforderliche Untersuchungsanordnung oder -erklärung
vorlegen. Dadurch ist nachzuweisen, dass an der bestimmten Person eine
DNA-Analyse vorgenommen werden könnte, wenn sich diese auf dem Hoheitsgebiet
der ersuchenden Vertragspartei aufhalten würde und
3. nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewinnung und Untersuchung des
molekulargenetischen Materials und der Übermittlung des dabei gewonnenen
DNA-Profils vorliegen.
Eine nahezu idente
Bestimmung ist in Art. 7 Abs. 3 des Vertrages zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in
strafrechtlichen Angelegenheiten enthalten.
Die Übermittlung
des über justiziellen Auftrag erlangten DNA-Profils hat im Rechtshilfeweg zu
erfolgen, es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 124 Abs. 5
StPRG vorliegen.
Die Kosten für die
Gewinnung und Untersuchung des molekulargenetischen Materials und der
Übermittlung des dabei gewonnenen DNA-Profils werden gemäß Artikel 46 von der
ersuchten Vertragspartei getragen. In Art. 7 Abs. 3 des erwähnten
bilateralen Vertrages ist diesbezüglich allerdings eine Kostentragungspflicht
der ersuchenden Vertragspartei vorgesehen. Dem entsprechend wurde bei der
Unterzeichnung des Vertrages von Österreich und Deutschland die gemeinsame
Erklärung abgegeben, wonach bei der Zusammenarbeit dieser beiden Staaten im
Rahmen des Art. 7 die Kosten für die Gewinnung und Untersuchung des
molekulargenetischen Materials und für die Übermittlung des dabei gewonnenen
DNA-Profils von der ersuchenden Vertragspartei getragen werden.
Zu Artikel 8
(Daktyloskopische Daten)
Auf der Grundlage
dieses Vertrags arbeiten die Vertragsparteien im Bereich des automatisierten
Austauschs daktyloskopischer Daten zusammen. Der Begriff daktyloskopische Daten
umfasst Fingerabdrücke sowie Abdrücke von Hand- oder Fußflächen, also aller
jener Körperteile, die Papillarlinien aufweisen. Diese Papillarlinien sind bei
jedem Menschen verschieden und ermöglichen die eindeutige Identifizierung
dieses Menschen.
Die Zusammenarbeit
im Bereich der daktyloskopischen Daten beschränkt sich ausschließlich auf zum
Zweck der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten eingerichtete Dateien.
Allenfalls besehende oder in Zukunft zu administrativen Zwecken eingerichtete
Dateien (z.B. Visa, Reispässe) sind von der Einbeziehung in die Zusammenarbeit
ausgeschlossen. Weiters umfasst die Zusammenarbeit nicht jene daktyloskopischen
Daten, die in nicht automatisierten Sammlungen geführt werden.
Damit eine
Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien möglich wird, verpflichten sich
diese, die in ihren nationalen polizeilichen Datenbanken vorhandenen
daktyloskopischen Daten im Wege von Fundstellendatensätzen den anderen
Vertragsparteien zugänglich zu machen. Diese Fundstellendatensätze umfassen die
daktyloskopischen Daten und eine Kennung. Die Kennung ist notwendig, um die
Fundstellen-Datensätze den entsprechenden personenbezogenen Daten und sonstigen
Informationen zuordnen zu können. Die Kennung muss so gestaltet sein, dass sie
keine den Betroffenen unmittelbar identifizierende Daten (Geschlecht,
Geburtsdatum, Hinweise auf die Tat) enthält.
Österreich hat auf
der Grundlage des Sicherheitspolizeigesetzes (BGBl. 1991/566 i.d.g.F.) eine
automatisierte Sammlung daktyloskopischer Daten beim Bundeskriminalamt
eingerichtet.
Fundstellendatensätze,
die noch keiner Person zugeordnet werden können, werden als offene Spuren
bezeichnet und werden als solche gekennzeichnet sein. Diese Bestimmung ist für
die Zusammenarbeit im Rahmen des Vertrags unerheblich, da bei daktyloskopischen
Daten anders als bei DNA-Profilen kein Abgleich aller offenen Spuren vorgesehen
ist.
Im Zuge der
Ratifikation wird Österreich folgende Erklärung abgeben:
Erklärung
Österreich zu Artikel 8 bis 10:
Österreich geht
davon aus, dass in der Durchführungsvereinbarung nach Art. 11 Abs. 2
in verbindlicher Weise insbesondere die maximale Anzahl der potentiell
übereinstimmenden Fundstellendatensätze festzulegen ist, die von der Datei
führenden Vertragspartei an die jeweils abrufende Vertragspartei zum Zwecke der
endgültigen Zuordnung zu einem Fundstellendatensatz übermittelt werden dürfen.
Durch diese
Erklärung soll gewährleistet werden, dass die notwendige Übermittlung von
Fundstellendatensätzen zur Verifikation unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit
erfolgt. Die Erklärung erfolgt über Empfehlung des Datenschutzrates.
Zu Artikel 9
(Automatisierter Abruf von daktyloskopischen Daten)
Die Zusammenarbeit
im Rahmen des Vertrags erfolgt hinsichtlich der daktyloskopischen Daten nur in
Form des automatisierten Abrufs. Der automatisierte Abruf ist der Vergleich
zwischen einem daktyloskopischen Datum, das bei einer Vertragspartei vorliegt,
mit den daktyloskopischen Daten in den Dateien der anderen Vertragsparteien.
Dabei wird das daktyloskopische Datum von der abrufenden Vertragspartei über
eine sichere Leitung an die daktyloskopischen Dateien der empfangenden Partei
übermittelt und dort mit den vorhandenen Fundstellendatensätzen
(daktyloskopisches Datum und Kennung) verglichen. Anders als bei DNA-Profilen
ist es auf Grund des unterschiedlichen technischen Verfahrens nicht möglich,
bereits beim ersten Vergleich eine eindeutige Zuordnung des übermittelten
daktyloskopischen Datums mit dem entsprechenden Fundstellendatensatz bei der
empfangenden Vertragspartei vorzunehmen. Zur endgültigen Zuordnung muss daher
ein Set annähernd übereinstimmender Fundstellendatensätze von der empfangenden
Partei an die abrufende Partei übermittelt werden. Vergleich und Übermittlung
der annähernd übereinstimmenden Fundstellendatensätze erfolgt automatisiert,
d.h., dass dieser Vergleich durch ein technisches Verfahren ohne Einbeziehung
eines Beamten der empfangenden Vertragspartei erfolgt. Bei der abrufenden
Vertragspartei erfolgt dann die eindeutige Zuordnung des daktyloskopischen
Datums (Verifikation) zu einem der automatisiert übermittelten
Fundstellendatensätze durch einen Experten der abrufenden Vertragspartei.
Das
Verfahren gemäß Artikel 9 erfolgt in folgenden Schritten:
1. Die abrufende Vertragspartei übermittelt das
daktyloskopische Datum.
2. Das übermittelte daktyloskopische Datum wird
mit den in den Fundstellendatensätzen vorhandenen daktyloskopischen Daten der
empfangenden Vertragspartei automatisiert verglichen.
3. Von der empfangenden Vertragspartei wird
automatisiert ein Set an ähnlichen Fundstellendatensätzen der abrufenden
Vertragspartei zur Verifikation übermittelt.
4. Durch einen Experten der abrufenden
Vertragspartei erfolgt die eindeutige Zuordnung des daktyloskopischen Datums zu
einem der übermittelten Fundstellendatensätze oder die endgültige Feststellung,
dass kein Treffer erzielt wurde.
5. Das weitere Verfahren bei Vorliegen eines
Treffers erfolgt im Wege der Amts- oder Rechtshilfe gemäß Artikel 5.
Auf Seiten der
empfangenden Vertragspartei verläuft das Verfahren durchgängig automatisiert.
Die Einzelheiten des technischen Verfahrens werden gemäß Artikel 11 in einer
Durchführungsvereinbarung geregelt. Der gemäß Artikel 9 vorgesehene
automatisierte Abruf von DNA-Profilen entspricht in etwa dem automatisierten
Abruf von daktyloskopischen Daten.
Die Verarbeitung
der gemäß Artikel 9 übermittelten Daten wird in Artikel 35 Absatz 2 geregelt.
Weiters wird jeder automatisierte Abruf gemäß Artikel 39 Absatz 2 sowohl von
der abrufenden als auch der empfangenden Vertragspartei protokolliert (doppelte
Protokollierung).
Der automatisierte
Abruf darf nur im Einzelfall erfolgen. Das heißt, die abrufende Vertragspartei
darf jeweils nur ein daktyloskopisches Datum mit den Fundstellendatensätzen der
empfangenden Vertragsparteien vergleichen. Der Vergleich darf nur zur
Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und nach Maßgabe des Rechts der
abrufenden Vertragspartei erfolgen. Damit ist es nicht notwendig, dass jede
Vertragspartei die entsprechenden Rechtsvorschriften aller anderen
Vertragsparteien kennt, um auf deren daktyloskopische Dateien zugreifen zu
können. Jede Vertragspartei kann daher unter denselben Bedingungen auf die
daktyloskopische Dateien der anderen Vertragsparteien zugreifen, wie sie für
den Zugriff auf die eigenen daktyloskopischen Dateien gelten. Die Prüfung der
Zulässigkeit erfolgt nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrags und dem
jeweilig geltenden innerstaatlichen Recht.
Nach § 65
Sicherheitspolizeigesetz sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, einen
Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu
haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen
Organisation tätig wurde oder dies sonst auf Grund von Umständen in der Person
des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung
zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich erscheint.
Die Bestimmungen des § 65 Sicherheitspolizeigesetz sind von der
österreichischen Kontaktstelle auch für den automatisierten Abruf von
daktyloskopischen Daten aus den daktyloskopischen Dateien der anderen
Vertragsparteien anzuwenden.
Frankreich hat bei
der Unterzeichnung des Vertrags folgende Erklärung zu Artikel 9 abgegeben:
„IV. Die Französische
Republik erklärt unter Bezugnahme auf Artikel 9, dass der Zugang zu
Fundstellendatensätzen der Nationalen Fingerabdruckdateien (FAED) nach Artikel
9 auf der Grundlage des derzeitigen innerstaatlichen Rechts gewährt wird, um
den zuständigen Dienststellen die Fahndung nach und die Identifizierung von
Tätern bei Verbrechen und Vergehen oder den Vorbereitungshandlungen dazu sowie
die Verfolgung von Straftaten zu erleichtern.“
Datenschutzrechtlich
relevant ist im gegebenen Kontext der Umstand, dass - anders als im Falle der
DNA-Dateien - der Zugriff nicht auf den Zweck der Verfolgung von Straftaten
beschränkt bleibt und auch keinerlei Raum für einseitige Erklärungen verbleibt,
mittels derer eine materielle Schwelle (vgl. Art. 2 Abs. 3)
eingezogen werden könnte. Österreich hat in den Verhandlungen eine Lösung
analog jener in Art. 2 Abs. 3 angestrebt, fand aber bei den anderen
Vertragsparteien dafür keine Unterstützung. In Bezug auf bestimmte zu
identifizierende oder identifizierte Personen ist weiters darauf zu verweisen,
dass nach dem Wortlaut des Art. 9 ein Abgleich mit ausländischen
daktyloskopischen Datenbanken unabhängig davon in Betracht käme, ob ein
Auslandsbezug vorliegt oder nicht oder ob es für eine eindeutige
Identifizierung überhaupt angebracht erscheint, zusätzlich im Ausland
anzufragen. In der österreichischen Praxis wird freilich schon mit Blick auf
das insbesondere in § 29 SPG niedergelegte Verhältnismäßigkeitsgebot
davon auszugehen sein, dass mittels daktyloskopischer Daten identifizierter
oder zu identifizierender Personen nur Anfragen in ausländischen Dateien
vorgenommen werden, wenn erwartet werden kann, dass dadurch die Identität der
betroffenen Person geklärt werden kann.
Zu Artikel 10
(Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen)
Der automatisierte
Abruf von daktyloskopischen Daten erfolgt im Hit/No Hit-Verfahren
(Treffer-/Nichttrefferverfahren). D.h. zunächst wird festgestellt, ob in einer
der Dateien der übrigen Vertragsparteien ein übereinstimmender Fundstellendatensatz
vorhanden ist. Wird ein Treffer erzielt, richtet die anfragende Partei ein
Ersuchen um Übermittlung der weiteren personenbezogenen Daten und sonstigen
Informationen an jene Vertragspartei, in deren Datei der Treffer erzielt wurde.
Die Anfrage wird
nach dem nationalen Recht der anfragenden Vertragspartei in Form eines Amts-
oder Rechtshilfeverfahrens gestellt. Österreich kann diese Anfrage im Rahmen
der polizeilichen Amtshilfe nach § 6 ff. Polizeikooperationsgesetz iVm den
Art. 9 und 10 Prümer Vertrag stellen bzw. gemäß §§ 3 und 5
Polizeikooperationsgesetz iVm den Art. 9 und 10 Prümer Vertrag eingehende
Anfragen auf dieser Rechtsgrundlage beantworten.
Zu Artikel 11
(Nationale Kontaktstelle und Durchführungsvereinbarung)
Der automatisierte
Abruf von daktyloskopischen Daten erfolgt ausschließlich über die nationalen
Kontaktstellen. Diese werden gemäß Artikel 42 im Zuge des
Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt als nationale Kontaktstelle
benannt. Der Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse der nationalen
Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
In Absatz 2
sieht der Vertrag hinsichtlich des automatisierten Abrufs von daktyloskopischen
Daten zwingend den Abschluss einer Durchführungsvereinbarung vor. Weiters legt
er als weitere Bedingungen für die Übermittlung personenbezogener Daten in
Artikel 34 Absatz 1 fest:
a) die Umsetzung der Bestimmungen des Kapitels 7
(Allgemeine Bestimmungen zum Datenschutz) im innerstaatlichen Recht der
betroffenen Vertragspartei und
b) einen einstimmigen Beschluss des
Ministerkomitees gemäß Artikel 43, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Zu Artikel 12
(Automatisierter Abruf von Daten aus den Fahrzeugregistern)
Artikel 12 regelt
den automatisierten Abruf von Daten aus den Fahrzeugregistern der anderen
Vertragsparteien. Anders als beim automatisierten Abruf und Abgleich von
DNA-Profilen und beim automatisierten Abruf daktyloskopischer Daten handelt es
sich in diesem Fall nicht nur um die bloße Mitteilung, dass ein passender
Fundstellendatensatz vorhanden ist (Treffer), sondern es können direkt die
vorgesehenen Daten gelesen werden (Lesezugriff).
Die für den
Abruf vorgesehenen Daten sind:
1. die Eigentümer- beziehungsweise Halterdaten;
2. die Fahrzeugdaten.
Dabei können z.B.
anhand eines bekannten Kfz-Kennzeichens die vollen Fahrzeugdaten (Marke,
Type,…) und die Eigentümer bzw. Halterdaten abgerufen werden.
Der automatisierte
Abruf darf nur im Einzelfall erfolgen. Das heißt, die abrufende Vertragspartei
darf jeweils nur einen automatisierten Abruf aus den Fahrzeugregistern der
anderen Vertragsparteien vornehmen.
Der Abruf
darf nur zu folgenden Zwecken erfolgen:
1. zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten,
2. zur Verfolgung von solchen Verstößen, die bei
der abrufenden Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichte oder
Staatsanwaltschaften fallen oder
3. zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche
Sicherheit.
Zum zweiten Fall
ist anzumerken, dass Österreich sowohl im Rahmen des so genannten “Treffens der
Generaldirektoren” der obersten Sicherheitsbehörden der Vertragsparteien am 10.
März 2005 als auch in der Schlussrunde der Verhandlungen am 23. Mai 2005 klar
gestellt hat, dass darunter keine reinen Verwaltungsdelikte wie geringfügige
Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Parkvergehen zu verstehen sind.
Zum dritten Fall
ist festzuhalten, dass es eine sprachliche Divergenz zwischen der
niederländischen und der deutschen Sprachfassung gibt,und zwar insofern, als
die niederländische Fassung nicht nur von Gefahren für die “öffentliche
Sicherheit”, sondern auch von solchen für die “öffentliche Ordnung” spricht.
Begründet wurde dies von den Niederlanden mit der nationalen Sprachtradition,
nach welcher die beiden Begriffe stets gemeinsam verwendet würden. Österreich,
ausdrücklich unterstützt von Deutschland, akzeptierte dies in der Schlussrunde
nur unter der Bedingung, dass inhaltlich zwischen allen Delegationen Konsens
darüber bestehe, dass unbeschadet dieser Formulierung bloße
Ordnungswidrigkeiten, worunter insbesondere Verstöße gegen die nicht genau
fassbaren, gesellschaftlichen Wertvorstellungen bzw ungeschriebenen Regeln des
öffentlichen Anstandes zählen, keine Befugnis zum automatisierten Abruf der in
Artikel 12 genannten Datenbanken begründen. Die Niederlande und die übrigen
Vertragsparteien bestätigten diese Position.
Die Beurteilung
der Zulässigkeit des Abrufs erfolgt nach Maßgabe des Rechts der abrufenden
Vertragspartei. Damit ist es nicht notwendig, dass jede Vertragspartei die
entsprechenden Rechtsvorschriften aller anderen Vertragsparteien kennt, um auf
deren Kraftfahrzeugregister zugreifen zu können. Jede Vertragspartei kann unter
denselben Bedingungen auf die Kraftfahrzeugregister der anderen Vertragsparteien
zugreifen, wie sie für den Zugriff auf die eigenen Kraftfahrzeugregister
gelten. Die Prüfung der Zulässigkeit erfolgt nur nach Maßgabe der Bestimmungen
dieses Vertrags und dem jeweilig geltenden innerstaatlichen Recht.
Die
Auskunftserteilung aus der durch das Bundesministerium für Inneres geführten
zentralen Zulassungsevidenz („KZR“) ist im § 47 Absatz 4 KFG geregelt.
Demnach sind Auskünfte im Wege der Datenfernverarbeitung den in § 47
Absatz 4 KFG angeführten Behörden zu erteilen, soweit diese zur Wahrnehmung der
ihnen übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden. Gemäß
Artikel 136 Absatz 3b KFG ist der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technik mit der Vollziehung des
§ 47 Absatz 4 KFG betraut.
Der automatisierte
Abruf von Daten aus Fahrzeugregistern erfolgt ausschließlich über die
nationalen Kontaktstellen. Diese werden gemäß Artikel 42 im Zuge des
Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt als nationale
Kontaktstelle benannt. Der Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse
der nationalen Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
In Absatz 2 sieht
der Vertrag hinsichtlich des automatisierten Abrufs von Daten aus
Fahrzeugregistern zwingend den Abschluss einer Durchführungsvereinbarung vor.
Weiters legt er in Artikel 34 Absatz 2 als weitere Bedingungen für die
Übermittlung personenbezogener Daten fest, dass die Umsetzung der Bestimmungen
des Kapitels 7 (Allgemeine Bestimmungen zum Datenschutz) im innerstaatlichen
Recht der betroffenen Vertragspartei erfolgt ist und dies durch einen
einstimmigen Beschluss des Ministerkomitees gemäß Artikel 43, dass diese
Voraussetzungen erfüllt sind, festgestellt wurde.
Zu Artikel 13
(Übermittlung nicht-personenbezogener Informationen)
In den Artikeln 13
– 15 vereinbaren die Vertragsparteien die Zusammenarbeit im Rahmen von
Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug. Dies können insbesondere
Sportveranstaltungen, politische Gipfeltreffen wie Tagungen des Europäischen
Rates oder sonstige Veranstaltungen, an denen eine große Zahl von Menschen
teilnimmt, sein. Ein grenzüberschreitender Bezug liegt vor, wenn die
Großveranstaltung in mindestens zwei Staaten stattfindet (z.B. gemeinsame
Veranstaltung der EURO 2008 durch Österreich und die Schweiz) oder eine
größere Zahl von Teilnehmern aus anderen Staaten zu der Veranstaltung anreist.
Zweck der Zusammenarbeit
ist die Verhinderung von Straftaten und die Abwehr einer Gefahr für die
öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Gemäß Artikel 13
werden zu diesem Zweck nicht-personenbezogene Informationen übermittelt.
Nicht-personenbezogene Informationen sind alle Informationen, die keine
personen-bezogenen Daten enthalten, z.B. Informationen über anreisende Gruppen,
deren Strecken, Transit- und Aufenthaltsrouten und die benützten
Verkehrsmittel.
Die Übermittlung
kann sowohl auf Ersuchen als auch aus eigener Initiative erfolgen, wobei die
Informationen nicht nur an die Vertragsstaaten übermittelt werden dürfen, in
denen das Großereignis stattfindet, sondern an alle Vertragsstaaten, für die
diese Informationen von Bedeutung sind, sofern die Übermittlung den Zweck der Zusammenarbeit
erfüllt.
Eine weitere
Voraussetzung für die Übermittlung der nicht-personenbezogenen Informationen
ist die Zulässigkeit dieser Übermittlung nach dem innerstaatlichen Recht der
übermittelnden Vertragspartei.
Die
österreichische Rechtsgrundlage für die Übermittlung der
nicht-personenbezogenen Informationen ist die Leistung der internationalen
polizeilichen Amtshilfe gemäß Artikel 3 Polizeikooperationsgesetz (BGBl. I
Nr. 104/1997). Durch den Abschluss dieses Vertrags wird auch die vom Polizeikooperationsgesetz
geforderte völkerrechtliche Verpflichtung geschaffen und die Gegenseitigkeit
sichergestellt.
Zu Artikel 14
(Übermittlung personenbezogener Daten)
In Artikel 14 wird
der Austausch personenbezogener Daten im Rahmen von Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem
Bezug vereinbart. Zweck der Zusammenarbeit ist wie in Artikel 13 die
Verhinderung von Straftaten und die Abwehr einer Gefahr für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung.
Die Übermittlung
kann sowohl auf Ersuchen als auch aus eigener Initiative erfolgen, wobei
Voraussetzung für die Übermittlung personenbezogener Daten ist, dass
- rechtskräftige Verurteilungen oder
- andere Tatsachen
die Annahme
rechtfertigen, dass die betroffenen Personen bei der Veranstaltung Straftaten
begehen werden oder von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und
Sicherheit ausgeht.
Eine weitere
Voraussetzung für die Übermittlung der personenbezogenen Daten ist die
Zulässigkeit dieser Übermittlung nach dem innerstaatlichen Recht der
übermittelnden Vertragspartei.
Vor dem
Hintergrund der innerösterreichischen Rechtslage wird die weite Textierung des
Art. 14 Abs. 1 in der Praxis durch die österreichischen Behörden
restriktiv zu interpretieren sein. In allen Fällen muss eine sorgfältige
Prognose der Gefährlichkeit mit Blick auf ein bestimmtes Ereignis vorgenommen
werden und vor einer Datenübermittlung eine Abwägung gegen die schutzwürdigen
Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen stattfinden. Das bloße Faktum einer
Verurteilung in der Vergangenheit für sich allein muss also noch keine
Übermittlung rechtfertigen. Besonders groß ist die Gefahr einer
Datenschutzverletzung bei Personen, die sich nicht gerichtlich strafbar gemacht
haben, sondern nur wegen einer Ordnungswidrigkeit auffällig geworden sind.
Die österreichische
Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten ist die Leistung
der internationalen polizeilichen Amtshilfe gemäß § 3
Polizeikooperationsgesetz (BGBl. I Nr. 104/1997). Durch den Abschluss
dieses Vertrags wird auch die vom Polizeikooperationsgesetz geforderte
völkerrechtliche Verpflichtung geschaffen und die Gegenseitigkeit
sichergestellt. Die Bestimmungen des § 8 PolKG sind bei der Prüfung der
Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten heranzuziehen.
Aus
Art. 14 Abs. 2 ergibt sich, dass eine Speicherung übermittelter
personenbezogener Daten durch den Empfänger grundsätzlich nur im nahen Vorfeld
des Ereignisses und während der Dauer desselben in Betracht kommt. Von einem
Betretungsfall abgesehen, der die Einleitung eines Verfahrens gegen eine
bestimmte Person nach sich zieht, hat also unmittelbar nach erfolgter
Abwicklung der Veranstaltung bzw. nach Abzug der darin involvierten Personen
die Löschung der Daten zu erfolgen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach
dem klaren Wortlaut des Abs. 2 keine Weiterverwendung der Daten für andere
Zwecke als jenen der Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung des bezüglichen
Ereignisses Platz greifen darf. Der zulässige Umfang der Verknüpfung der
übermittelten Informationen mit beim Empfänger vorhandenen polizeilichen Daten
ist jeweils anhand des konkreten Einzelfalls unter strikter Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips zu beurteilen.
Zu Artikel 15
(Nationale Kontaktstelle)
Die Durchführung
der Informationsübermittlungen nach den Artikeln 13 und 14 erfolgt
ausschließlich über nationale Kontaktstellen. Diese werden gemäß Artikel 42 im
Zuge des Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die
Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit als nationale Kontaktstelle
benannt. Der Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse der nationalen
Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
Zu Kapitel 3
(Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Straftaten)
In Kapitel 3 sind
die speziellen Formen der Zusammenarbeit zur Verhinderung terroristischer
Straftaten zusammengefasst. Dies sind
a) die Übermittlung von Informationen zur
Verhinderung terroristischer Straftaten gemäß Artikel 16 und
b) die Zusammenarbeit im Bereich der
Flugsicherheitsbegleiter gemäß den Artikeln 17 bis 19.
Auch die anderen
Bestimmungen des Vertrags können, soweit geeignet, zur Verhinderung von
terroristischen Straftaten genützt werden.
Zu Artikel 16
(Übermittlung von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten)
Artikel 16 sieht die
Übermittlung personenbezogener Daten und Informationen zur Verhinderung
terroristischer Straftaten ohne Ersuchen vor. Die Übermittlung erfolgt im
Einzelfall und unter der Voraussetzung, dass diese Übermittlung erforderlich
ist, weil bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene
terroristische Straftaten begehen werde.
Die Übermittlung
erfolgt nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts der übermittelnden Partei. Die
österreichische Rechtsgrundlage für die Übermittlung derartiger Informationen
und Daten ist die Leistung der internationalen polizeilichen Amtshilfe gemäß
Artikel 3 Polizeikooperationsgesetz (BGBl. I Nr. 104/1997). Durch den
Abschluss dieses Vertrags wird auch die vom Polizeikooperationsgesetz
geforderte völkerrechtliche Verpflichtung geschaffen und die Gegenseitigkeit
sichergestellt. Die Bestimmungen des § 8 PolKG sind bei der Prüfung der
Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten heranzuziehen.
Terroristische
Straftaten sind im Sinne der Bestimmungen der Artikel 1 bis 3 des
Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates der Europäischen Union vom 13. Juni
2002 zur Terrorismusbekämpfung zu verstehen. In Österreich wurde dieser
Rahmenbeschluss im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 2002
(BGBl. I Nr. 134/2002) umgesetzt.
Die zu
übermittelnden Daten und Informationen umfassen Namen, Vornamen, Geburtsdatum
und Geburtsort sowie die Darstellung der Tatsachen, aus denen sich die Annahme
ergibt, dass diese Person terroristische Straftaten begehen werde.
Die Übermittlung
von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten erfolgt
ausschließlich über nationale Kontaktstellen. Diese werden gemäß Artikel 42 im
Zuge des Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die
Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, BVT als nationale
Kontaktstelle benannt. Der Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse
der nationalen Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
Zu Artikel 17
(Flugsicherheitsbegleiter)
In Absatz 1 wird
festgestellt, dass es in der ausschließlichen Zuständigkeit der jeweiligen
Vertragspartei liegt, ob sie Flugsicherheitsbegleiter in den in ihrem
Hoheitsgebiet registrierten Luftfahrzeugen (im Folgenden nationale Fluglinien)
einsetzt. Keiner der Vertragsparteien wird durch den Vertrag gezwungen
Flugsicherheitsbegleiter einzusetzen. Derzeit setzen Österreich seit 1981 sowie
Deutschland und Frankreich Flugsicherheitsbegleiter ein.
Weiters wird in
Absatz 1 durch den Verweis auf die internationalen Luftfahrtabkommen und die
sonstigen einschlägigen völkerrechtlichen Regeln festgestellt, dass durch
diesen Vertrag keine eigene völkerrechtliche Grundlage zum Einsatz von
Flugsicherheitsbegleitern geschaffen wird, sondern dass dieser Einsatz nur auf
der Grundlage und im Rahmen des bestehenden internationalen Rechts erfolgen
kann. Dieser Vertrag trifft auch keine Aussagen über den Einsatz der
Flugsicherheitsbegleiter an Bord des Luftfahrzeugs, sondern regelt die
allgemeine Zusammenarbeit (Aus- und Fortbildung sowie Ausrüstung) und die
Zusammenarbeit nach der Landung des Luftfahrzeugs auf einem Verkehrsflughafen
einer anderen Vertragspartei.
Auf Grund der
Definition in Absatz 2 dürfen von den Vertragsparteien nur Polizeibeamte oder
vergleichbare staatliche Bedienstete (z.B. die Angehörigen der Marée chaussée
in den Niederlanden) als Flugsicherheitsbegleiter im Rahmen des Vertrags
eingesetzt werden. Dies schließt den Einsatz von Angehörigen privater
Sicherheitsunternehmen als Flugsicherheitsbegleiter aus.
Wichtige Bereiche
der Zusammenarbeit im Bereich der Flugsicherheitsbegleiter sind
- die gegenseitige Unterstützung bei der Aus-
und Fortbildung und
- Fragen der Ausrüstung.
Durch den Vertrag
haben sich die Vertragsparteien das grundsätzliche Recht eingeräumt,
Flugsicherheitsbegleiter in Flugzeugen der nationalen Fluglinien einzusetzen,
die auf einem Verkehrsflughafen einer anderen Vertragspartei landen. Der
Einsatz ist drei Tage vor dem geplanten Einsatz der nationalen Kontakt- und
Koordinierungsstelle der betroffenen Vertragspartei bekannt zu geben. Bei
Gefahr im Verzug kann der Einsatz auch ohne vorige Anmeldung erfolgen,
spätestens vor der Landung ist aber die nationale Kontakt- und
Koordinierungsstelle der betroffenen Vertragspartei zu verständigen.
Bei der Anmeldung
sind die in Anlage 1 angeführten Angaben bekannt zu geben. Die Änderung der
Anlage 1 kann durch eine gesonderte Vereinbarung erfolgen. Die Anmeldung ist
vertraulich zu behandeln.
Art. 30
letzter Satz nimmt Art. 17 von der Haftungsregelung aus. Wer unter welchen
Voraussetzungen und inwieweit für Schäden haftet, die ein Flugbegleiter
verursacht hat, ist in dem Vertrag daher nicht geregelt. Aus österreichischer
Sicht sind Schäden des österreichischen Flugbegleiters durch hoheitliche
Tätigkeit nach österreichischem Amtshaftungsrecht zu beurteilen, Schäden aus
nicht hoheitlicher Tätigkeit gemäß § 48 IPRG grundsätzlich nach dem Recht
des Handlungsortes (an dieser international privatrechtlichen Beurteilung wird
die geplante EU-Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende
Recht im Ergebnis kaum etwas ändern, weil danach das Recht des Erfolgsortes
maßgebend sein wird).
Bei der
Unterzeichnung des Vertrags haben die Vertragsparteien folgende gemeinsame
Erklärung abgegeben:
„I. Alle
Vertragsparteien erklären gemeinsam
1. unter Bezugnahme auf Artikel 17 Absatz 1 des
Vertrags, dass die Formulierung dieser Bestimmung nicht ihre Haltung in Bezug
auf die Zuständigkeit des Staats des Halters oder des Eintragungsstaats im
Rahmen des Einsatzes von Flugsicherheitsbegleitern berührt;
....“
Mit dieser
Erläuterung wird nochmals klar gestellt, dass es in der Souveränität der
Vertragsstaaten liegt, ob sie Flugsicherheitsbegleiter in ihren nationalen
Fluglinien einsetzen.
Zu Artikel 18
(Mitführen von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen)
Für das Mitführen
von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände durch
Flugsicherheitsbegleiter sind nicht die allgemeinen Bestimmungen des Artikels
28, sondern die des Artikels 18 anzuwenden. Jede Vertragspartei erteilt über
Antrag den Flugsicherheitsbegleitern der anderen Vertragsparteien eine
allgemeine Genehmigung zum Mitführen von Dienstwaffen, Munition und
Ausrüstungsgegenstände für Flüge von und zu den Verkehrsflughäfen der
betreffenden Vertragspartei. Die Genehmigung gilt sowohl an Bord des
Luftfahrzeugs, als auch in den nicht allgemein zugänglichen
Sicherheitsbereichen der Verkehrsflughäfen der betreffenden Vertragspartei.
In Absatz 2 finden
sich weitere Auflagen für das Mitführen von Dienstwaffen und Munition.
Belgien hat bei
der Unterzeichnung des Vertrags folgende Erklärung zu Artikel 18 abgegeben:
„II. Das
Königreich Belgien erklärt
…
2. unter Bezugnahme auf Artikel 18,
a) dass immer eine ausdrückliche Genehmigung des
Vertreters der belgischen Luftfahrbehörde vorliegen muss, bevor ein
Flugsicherheitsbegleiter ein Luftfahrzeug nach Artikel 18 Absatz 2 Nummer 1 mit
Waffen oder Munition verlässt,
b) dass beim Verlassen des Luftfahrzeugs diese
Waffen und diese Munition einem Vertreter der belgischen Luftfahrbehörde auszuhändigen
sind, der diese in einem geschlossenen Behälter zu dem Ort der Aufbewahrung
begleitet,
c) dass außerhalb des Luftfahrzeugs das Tragen von
Waffen oder Munition durch Flugsicherheitsbegleiter untersagt ist;
…“
Durch diesen
Vorbehalt schränkt Belgien nochmals die Möglichkeiten zum Mitführen von
Dienstwaffen und Munition durch Flugsicherheitsbegleiter auf seinem
Hoheitsgebiet ein.
Zu Artikel 19
(Nationale Kontakt- und Koordinierungsstellen)
Zur Durchführung
der Aufgaben aus den Artikeln 17 und 18 benennt jede Vertragspartei eine
nationale Kontakt- und Koordinierungsstelle. Dies erfolgt gemäß Artikel 42 im
Zuge des Ratifikationsverfahrens. Für Österreich wird die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit, EKO Cobra als nationale Kontaktstelle benannt. Der
Vertrag trifft keine Aussagen über die Befugnisse der nationalen
Kontaktstellen, sondern überlässt dies dem nationalen Recht.
Zu Kapitel 4
(Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration)
Im Bereich der
Bekämpfung der illegalen Migration erfolgt die Zusammenarbeit im Rahmen des
Einsatzes von Dokumentenberatern und der Unterstützung bei Rückführungen. In
beiden Bereichen gibt es EU-Instrumente, die den Rahmen für diese operative
Zusammenarbeit bilden.
Zu Artikel 20
(Dokumentenberater)
Mit der Verordnung
(EG) Nr. 377/2004 des Rates der Europäischen Union werden die
Mitgliedstaaten aufgefordert, im Bereich der Verbindungsbeamten für
Einwanderungsfragen zusammenzuarbeiten.
Die
Zusammenarbeit im Rahmen dieses Vertrags umfasst:
- auf der Grundlage gemeinsamer
Lagebeurteilungen die Entsendung von Dokumentenberatern in Staaten, die als
Ausgangs- oder Transitland illegaler Migration eingestuft werden;
- auf der Grundlage des innerstaatlichen
Rechts die gegenseitige Information über Erkenntnisse illegaler Migration, die
aus der Tätigkeit der Dokumentenberater gewonnen wurden;
- die unbegrenzte oder zeitlich begrenzte
Koordinierung konkreter Maßnahmen bei der Entsendung von Dokumentenberatern.
Zu Artikel 21
(Aufgaben der Dokumentenberater)
Die Aufgaben
der Dokumentenberater umfassen insbesondere Beratung und Schulung der
Angehörigen:
- der Auslandsvertretungen aller
Vertragsparteien in Pass- und Visaangelegenheiten, insbesondere beim Erkennen
von ge- und verfälschten Dokumenten, sowie in Bezug auf den Missbrauch von
Dokumenten und die illegale Migration;
- von Beförderungsunternehmen sowie
- der für die grenzpolizeilichen Kontrollen
zuständigen Behörden und Einrichtungen des Gastlandes.
Zu Artikel 22
(Nationale Kontakt- und Koordinierungsstellen)
Die nationalen
Kontakt- und Koordinierungsstellen werden gemäß Artikel 42 im Zuge des
Ratifikationsverfahrens benannt. Für Österreich wird die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit, Abteilung II/2 als nationale Kontaktstelle benannt.
Zu Artikel 23
(Unterstützung bei Rückführungen)
Die
Unterstützung bei der Rückführung umfasst drei Fälle:
1. die Organisation von Sammelflügen zur
Rückführung von Drittstaatsangehörigen gemäß Absatz 1;
2. die Unterstützung bei der Durchbeförderung im
Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg gemäß Absatz 1 und
3. die Rückführung von Personen auf dem Landweg
durch das Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei gemäß Absatz 2.
Zu den
Fällen 1. und 2. bestehen Rechtsinstrumente der Europäischen Union, in denen die
Mitgliedstaaten ausdrücklich aufgefordert werden, in diesen Bereichen
zusammenzuarbeiten und sich zu unterstützen. Unter Berücksichtigung dieser
Rechtsinstrumente unterstützen sich die Vertragsparteien bei Rückführungen:
- durch frühzeitige Unterrichtung über
geplante Rückführungen;
- durch das Angebot an die anderen
Vertragsparteien, sich zu beteiligen, soweit dies möglich ist;
- bei gemeinsamen Rückführungen durch die
Verständigung über die Begleitung der rückzuführenden Personen und die
Sicherheitsmaßnahmen.
Zur Rückführung
von Personen auf dem Landweg durch das Hoheitsgebiet einer anderen
Vertragspartei gemäß Absatz 2 ist derzeit durch Rechtsvorschriften der EU nicht
geregelt. Hier räumen sich die Vertragsparteien gegenseitig das Recht zur
Rückführung von Personen auf dem Landweg über ihr jeweiliges Hoheitsgebiet ein.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Durchführung der Rückführung trifft
der Gebietsstaat. Er bestimmt auch die Umstände der Durchführung. Der Einsatz
von Zwangsmitteln ist nur für Beamte des Gebietsstaats nach Maßgabe des
innerstaatlichen Rechts zulässig. Der Vertrag trifft keine Aussagen, ob in
jedem Fall Beamte des Gebietsstaates bei der Rückführung zu beteiligen sind.
Österreich wird die Begleitung der Rückführung auf dem Landweg über sein
Territorium durch österreichische Beamte zur Bedingung für die Zulässigkeit der
Rückführung machen.
Gemäß § 59
Fremdengesetz (ab 01.01.2006 § 49 Fremdenpolizeigesetz) können im Rahmen
von Regierungsübereinkommen gemäß Artikel 66 Absatz 2 B-VG Durchbeförderungsabkommen
abgeschlossen werden. Die Bestimmungen des Artikels 23 Absatz 2 entsprechen in
den Grundzügen einem derartigen Durchbeförderungsabkommen.
Österreich wird
bei der Ratifikation folgende Erklärung abgeben:
„Für die Erteilung
einer Genehmigung durch die Republik Österreich zur ZuRückführung einer
Person über österreichisches Hoheitsgebiet durch eine andere Vertragspartei
müssen die Weiterreise und die Übernahme durch das Zielland gesichert sein. Der
Antrag auf Durchbeförderung wird abgelehnt, wenn die Person in einem weiteren
Durchgangsstaat oder im Zielstaat
1. Gefahr läuft, unmenschlicher Behandlung oder
Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder
2. in ihrem Leben oder ihrer Freiheit aus Gründen
ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer
bestimmten sozialen Gruppe oder ihren politischen Ansichten bedroht wäre;
3. die Durchbeförderung abgelehnt werden kann,
wenn die Person wegen einer strafbaren Handlung verfolgt werden müsste.“
Mit dieser
Erklärung werden die im § 59 Absatz 2 Fremdengesetz vorgesehenen
Bedingungen auf diesen Vertrag angewandt. Die näheren Ausführungen sind in Form
einer Durchführungsvereinbarung gemäß Artikel 44 festzulegen
Mit der
Bundesrepublik Deutschland besteht ein Abkommen zwischen der Bundesregierung
der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom
16. Dezember 1997 über die Rückübernahme von Personen an der Grenze
(Rückübernahmeabkommen), (BGBl. III Nr. 19/1998), mit Frankreich ein
Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung
der Französischen Republik betreffend die Übernahme von Personen an der Grenze
(BGBl. 337/1962) und mit den Benelux-Staaten ein Abkommen zwischen der
Bundesregierung der Republik Österreich einerseits und den Regierungen des
Königreiches Belgien, des Großherzogtums Luxemburg und des Königreiches der
Niederlande andererseits betreffend die Übernahme von Personen an der Grenze
(BGBl. Nr. 51/1965). Gemäß Artikel 47 Absatz 2 steht es den
Vertragsparteien frei, bestehende zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte in ihren
Beziehungen untereinander anzuwenden. Lediglich im Falle der Unvereinbarkeit
mit Rechten und Pflichten gelten die Regelungen dieses Vertrags.
Zur Planung und
Durchführung von Rückführungen benennen die Vertragsparteien im Zuge des
Ratifikationsverfahrens gemäß Artikel 42 nationale Kontaktstellen. Für
Österreich wird die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Abteilung
II/3, als nationale Kontaktstelle benannt. Weiters sind regelmäßige Treffen von
Sachverständigen zur Evaluierung von Aktionen, zur Weiterentwicklung der
Zusammenarbeit und zur Lösung von Problemen vorgesehen.
Zu Kapitel 5
(Weitere Formen der Zusammenarbeit)
Dieses Kapitel
enthält Formen der Zusammenarbeit zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung und zur Verhinderung von Straftaten. Diese
Zusammenarbeit erfolgt dem Zweck angepasst restriktiv und ausschließlich im
Rahmen des geltenden nationalen Rechts.
Die Bestimmungen
des Kapitels orientieren sich am österreichisch-deutschen Staatsvertrag über
die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in
strafrechtlichen Angelegenheiten und den ähnlich lautenden Bestimmungen des
deutsch-niederländischen bilateralen Staatsvertrags.
Die Bestimmungen
des Kapitels 5 entsprechen weitestgehend den Artikeln 7, 19, 21 und 22 des
bilateralen Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik
Deutschland. Gemäß Artikel 47 Absatz 2 steht es den Vertragsparteien frei,
bestehende zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte in ihren Beziehungen
untereinander anzuwenden. Lediglich im Falle der Unvereinbarkeit mit Rechten
und Pflichten gelten die Regelungen dieses Vertrags.
Der Vertrag
zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in
strafrechtlichen Angelegenheiten und dieser Vertrag verfolgen weitgehend die
selben Ziele, nämlich die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
der grenzüberschreitenden Kriminalität. Die Bestimmungen des Kapitels 5 dieses
Vertrags enthalten in weiten Bereichen beinahe wortidente Regelungen wie die
Bestimmungen der Art 7, 19, 21 und 22 des bilateralen Vertrags. In einigen
wenigen Fällen beinhaltet einer der beiden Verträge eine weitergehende Form der
Zusammenarbeit. Die unterschiedlich weitgehenden Regelungen sind Ergebnis der
jeweiligen Verhandlungen im bi- bzw. multilateralen Rahmen, sind aber jeweils
von derselben Intention der Vertragsparteien getragen, nämlich der engeren
Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Polizeikooperation. In
diesem Sinne ist von der Vereinbarkeit der beiden Verträge auszugehen. Somit
ist es im Hinblick auf die in Artikel 47 Absatz 2 Satz 2 dieses Vertrags
enthaltene Möglichkeit, dass es den Vertragsparteien frei steht, die
bestehenden zwei- oder mehrseitigen Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien
in ihren Beziehungen untereinander anzuwenden, den Vertragsparteien überlassen,
welcher der beiden Verträge zur Anwendung gelangen soll.
Österreich wird
daher bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde folgende Erklärung abgeben:
„Gemäß der in
Artikel 47 Absatz 2 Satz 2 eingeräumten Möglichkeit, wird die Republik
Österreich in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland anstelle der
Bestimmungen der Artikel 24 bis 27 die Artikel 7, 19, 21 und 22 des Vertrags
zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in
strafrechtlichen Angelegenheiten anwenden.“
Die in den Artikel
39 bis 47 des SDÜ festgelegte polizeiliche Zusammenarbeit wird durch die
Bestimmungen des Kapitels 5 nicht berührt.
Es erscheint
notwendig, für alle Artikel des Kapitels 5 Durchführungsvereinbarungen gemäß
Artikel 44 zu schließen, in denen die praktischen Aspekte der Zusammenarbeit
geregelt werden, obwohl dies ausdrücklich nur für Artikel 24 gefordert ist.
Zu Artikel 24
(Gemeinsame Einsatzformen)
Mit dieser
Bestimmung wird der umfassende Einsatz operativer polizeilicher Handlungsformen
ermöglicht, die dem Zweck dienen, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung abzuwehren und Straftaten zu verhindern. Neben den in Absatz 1
genannten gemeinsamen Streifen können insbesondere gemeinsam besetzte
Kontroll-, Auswertungs- und Observationsgruppen in diese Gruppe polizeilichen
Handelns gezählt werden, wobei sich Vertreter von zwei oder mehr
Vertragsparteien an diesen Einsätzen beteiligen können.
Absatz 2
ermöglicht die qualifizierte, über die bloße beobachtende Anwesenheit
hinausreichende Mitwirkung an gemeinsamen Einsatzformen. Dabei sind zwei Fälle
zu unterscheiden: a) die Betrauung mit der Wahrnehmen hoheitlicher Befugnisse
(Unterstellung des fremden Beamten) oder b) die Einräumung des Rechts,
hoheitliche Befugnisse nach dem Recht des Entsendestaates auf dem Gebietsstaat
auszuüben. In beiden Fällen muss diese Möglichkeit nach dem innerstaatlichen
Recht des Gebietsstaates (Staat auf dessen Gebiet der fremde Beamte tätig wird)
vorgesehen sein und es muss der Entsendestaat (Staat aus dem der fremde Beamte
kommt) seine Zustimmung zu dieser Übertragung bzw. Einräumung von
Hoheitsrechten erteilen. Österreich wird nach Maßgabe des Artikels 9 Absatz 2
des B-VG vom zweiten Fall Gebrauch machen.
Die Ausübung
hoheitlicher Befugnisse ist dabei nur unter Leitung von Beamten des
Gebietsstaates, die dabei in der Regel auch anwesend sein müssen, zulässig. Die
Beamten sind an das Recht des Gebietsstaates gebunden und ihr Handeln wird dem
Gebietsstaat zugerechnet. Die in § 15 Absatz 2 PolKG normierte doppelte
Gesetzesbindung für das Einschreiten österreichischer Organe des öffentlichen
Sicherheitsdienstes im Ausland, kommt nicht zur Anwendung.
Absatz 3 legt
nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der fremden Beamten, die sich an
gemeinsamen Einsätzen beteiligen, fest, die Weisungen der zuständigen Stellen
des Gebietsstaates bei derartigen Einsätzen zu befolgen. Dies entspricht der in
§ 15 Absatz 3 PolKG festgelegten Verpflichtung für österreichische Organe
des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
Gemäß Absatz 4
wird ausdrücklich der Abschluss einer Durchführungsvereinbarung gemäß Artikel
44 gefordert, um die praktischen Aspekte der Zusammenarbeit zu regeln. Im
Rahmen dieser Durchführungsvereinbarung sind insbesondere die sonstigen
gemeinsamen Einsatzformen zu benennen, die neben den gemischten Streifen auf
der Grundlage des Vertrags angewandt werden können.
Gemäß Artikel 47
Absatz 2 Satz 2 und der bei der Unterzeichnung abgegebenen Erklärungen wird
Österreich in Bezug auf Deutschland weiter Artikel 19 des bilateralen
Staatsvertrags anwenden.
Die nationalen
Behörden, die für die Anwendung des Artikel 24 zuständig sind, und jene Beamte,
die im Rahmen gemeinsamer Einsatzformen verwendet werden können, werden von den
Vertragsparteien gemäß Artikel 42 Absatz 1 Ziffer 9 benannt. Für Österreich
wird die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Referat II/2/a
(Exekutivdienst) als Behörde und die Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei
und die Angehörigen des rechtskundigen Dienstes der Sicherheitsbehörden als
Beamte benannt.
Zu Artikel 25
(Maßnahmen bei gegenwärtiger Gefahr)
Im Falle
dringenden Bedarfs, dessen Vorliegen sich nach Absatz 2 richtet (wenn bei einem
Abwarten oder vorigem Herstellen des Einvernehmens die Verwirklichung der
Gefahr droht), dürfen Beamte einer Vertragspartei ohne vorige Zustimmung der
anderen Vertragspartei die gemeinsame Staatsgrenze überschreiten, um im
grenznahen Bereich vorläufige Maßnahmen zu setzen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen
Gefahr für Leib oder Leben erforderlich sind. Der Gebietsstaat ist unverzüglich
zu unterrichten. Dieser hat die Unterrichtung zu bestätigen und hat
unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr
und zur Übernahme der Lage erforderlich sind. Die einschreitenden Beamten
dürfen dabei auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei nur solange tätig sein,
bis die andere Vertragspartei die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
ergriffen hat. Die Maßnahmen der einschreitenden Beamten werden der
Vertragspartei zugerechnet, auf deren Hoheitsgebiet sie tätig sind.
Die Bestimmung des
Artikels 25 kann von Österreich derzeit nur in Bezug auf Deutschland angewandt
werden, da nur mit diesem Land eine gemeinsame Grenze besteht. Dies kann sich
bei einem Beitritt weiterer, an Österreich angrenzender Mitgliedstaaten der
Europäischen Union, ändern.
Gemäß Artikel 47
Absatz 2 Satz 2 und der bei der Unterzeichnung abgegebenen Erklärungen wird
Österreich in Bezug auf Deutschland weiter Artikel 21 des bilateralen
Staatsvertrags anwenden.
Gemäß Artikel 25
Absatz 4 haben die Vertragsparteien in einer gesonderten Vereinbarung jene
Stellen festzulegen, die nach Absatz 3 unverzüglich zu unterrichten sind.
Darüber hinaus sind gemäß Artikel 42 Absatz 1 Ziffer 9 jene nationalen Behörden
zu benennen, die für die Anwendung des Vertrags zuständig sind. Für Österreich
wird die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit benannt.
Zu Artikel 26
(Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen)
Die
Unterstützung nach Maßgabe des nationalen Rechts bei Massenveranstaltungen und
ähnlichen Großereignissen, Katastrophen sowie schweren Unglücksfällen ist auf
drei Arten möglich:
- durch Informationsaustausch bzw. gegenseitige
Unterrichtung
- durch Vornahme und Koordination der erforderlichen
polizeilichen Maßnahmen und/oder
- durch Entsendung von Beamten, Spezialisten und
Beratern sowie Gestellung von Ausrüstungsgegenständen.
Gemäß Artikel 47
Absatz 2 Satz 2 und der bei der Unterzeichnung abgegebenen Erklärungen wird
Österreich in Bezug auf Deutschland weiter Artikel 22 des bilateralen
Staatsvertrags anwenden.
Gemäß Artikel 26
bleiben internationale Übereinkünfte der Vertragsparteien über die gegenseitige
Hilfeleistung bei Katastrophen einschließlich schwerer Unglücksfälle unberührt.
Zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland besteht ein
derartiges Abkommen vom 23. Dezember 1988 über die gegenseitige Hilfeleistung
bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen (BGBl. Nr. 489/1992) sowie
die durch Notenwechsel vom 1. Juli/3. August 1993 zwischen der Regierung der
Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
vereinbarte (Weiter-)Anwendung des Abkommens zwischen der Regierung der
Republik Österreich und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik
über Informations- und Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Strahlenschutzes
in der den veränderten Umständen angepassten Fassung zwischen Österreich und
dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. Nr. 892/1994)
vom vorliegenden Vertrag unberührt. Weitere zwei- oder mehrseitige
Übereinkünfte mit anderen Vertragsparteien bestehen nicht.
Die
Vertragsparteien benennen gemäß Artikel 42 Absatz 1 Ziffer 9 die nationalen
Behörden, die für die Anwendung des Artikel 26 zuständig sind. Für Österreich
wird die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit benannt.
Zu Artikel 27
(Zusammenarbeit auf Ersuchen)
Artikel 27 regelt
die Hilfeleistung auf Ersuchen durch die zuständigen Behörden nach Maßgabe des
Artikel 39 Absatz 1 Satz 1 SDÜ und enthält dazu in Absatz 2 eine demonstrative
Aufzählung.
Die demonstrative
Aufzählung in Absatz 2 soll den Anwendungsbereich jener Zusammenarbeitsformen
bei Ermittlungen umschreiben, die derzeit in den Vertragsstaaten von den
Sicherheitsbehörden in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit und
regelmäßig ohne Zustimmung oder Beteiligung anderer Behörden, insbesondere von
Justizbehörden, durchgeführt werden können. Der Justizvorbehalt nach Artikel 39
Absatz 1 Satz 1 SDÜ bleibt jedoch auch hinsichtlich der Ermittlungen und dem
Austausch der Ergebnisse nach Absatz 2 unberührt.
Die Aufzählung in
Absatz 2 entspricht im Wesentlichen der Aufzählung in Artikel 7 Absatz 2 des
österreichisch-deutschen Staatsvertrags. Unterschiede finden sich in Ziffer 5
(im Prümer Vertrag ergänzt: …, soweit diese öffentlich zugänglich sind); in
Ziffer 9 (im Prümer Vertrag fehlt Rauschgiftsofortmeldungen) und die letzten
drei Anstriche des österreichisch-deutschen Staatsvertrags (polizeiliche Befragungen
und Vernehmungen; Spurenabklärungen; Abstimmung und Einleitung erster
Fahndungsmaßnahmen) fehlen. Im Zuge des Abschlusses der
Durchführungsvereinbarung gemäß Artikel 44 wird versucht, diese fehlenden
Anwendungsbereiche mit jenen Vertragsparteien zu vereinbaren, die dazu bereit
sind. Weiters sollen weitere Bereiche der Zusammenarbeit vereinbart werden.
Dies ist im Rahmen des Artikels 27 möglich, da es sich bei Aufzählung gemäß
Absatz 2 um eine demonstrative handelt.
Gemäß Artikel 47
Absatz 2 Satz 2 und der bei der Unterzeichnung abgegebenen Erklärungen wird
Österreich in Bezug auf Deutschland weiter Artikel 7 des bilateralen
Staatsvertrags anwenden.
Die
Vertragsparteien benennen gemäß Artikel 42 Absatz 1 Ziffer 9 die nationalen
Behörden, die für die Anwendung des Artikel 27 zuständig sind. Für Österreich
wird dies die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit,
Bundeskriminalamt sein.
Anlässlich der
Unterzeichnung des Vertrags erklärte Belgien, dass unter Bezugnahme auf Artikel
27 Absatz 3 die Anwendung dieser Bestimmung die Zuständigkeit der
Justizbehörden nicht beeinträchtigt. Diese Erklärung hat rein deklaratorische
Wirkung.
Zu Kapitel 6
(Allgemeine Bestimmungen)
Hier werden die notwendigen
begleitenden Regelungen für den Einsatz von Flugsicherheitsbegleitern gemäß
Artikel 17 bis 20 (ausgenommen den Regelungen zum Mitführen von Dienstwaffen,
Munition und Ausrüstungsgegenständen), die Unterstützung bei Rückführungen
gemäß Artikel 23 und den in Artikel 24 bis 26 zusammengefassten weiteren Formen
der Zusammenarbeit getroffen.
Zu Artikel 28
(Einsatz von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen)
Beamte können im
anderen Gebietsstaat im Rahmen der Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ihre
Dienstkleidung tragen und ihre Dienstwaffen, Munition und
Ausrüstungsgegenstände mitführen.
Im Rahmen einer
Durchführungsvereinbarung nach Artikel 44 oder im Zuge einer Erklärung zum
Zeitpunkt der Ratifikation kann eine Vertragspartei das Mitführen von
bestimmten Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen untersagen.
Für das Mitführen
von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen durch
Flugsicherheitsbegleiter sind nicht die Bestimmungen des Artikels 28, sondern
die des Artikels 18 anzuwenden.
Zu Artikel 29
(Schutz und Beistand)
Die Klausel über
den Schutz und Beistand besagt, dass der Gebietsstaat gegenüber den fremden
Beamten zu der gleichen Fürsorge verpflichtet ist, wie gegenüber den eigenen
Beamten.
Zu Artikel 30
(Allgemeine Haftungsregelung)
Für die Haftung
verweist die Bestimmung auf Art. 43 SDÜ. Der Verweis erfasst nicht nur die
Rechtsfolge des Art. 43 SDÜ, sondern auch dessen Tatbestand. Es ist daher
– trotz der Überschrift „Allgemeine Haftungsregelung“ - nur der Ersatz von Schäden,
die Beamte des einen Vertragsstaates auf dem Gebiet eines anderen verursacht
haben, geregelt. Die Bestimmung gilt darüber hinaus nur für die Haftung „im
Rahmen dieses Vertrages“, also für den Ersatz von Schäden, die Beamte in
Durchführung des Vertrages verursachen. Die Haftung für Schädigungen, die
keinen direkten Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung haben, ist nicht
geregelt; sie richtet sich nach den allgemeinen (nationalen) Haftungsregeln.
Vom
Anwendungsbereich der Regelung ausgenommen sind die Art. 17 und 18
(Flugbegleiter). Allfällige Schäden, die der Flugbegleiter anrichtet, werden
typischerweise beim Überflug geschehen und der Zusammenhang des schädigenden
Ereignisses mit dem Handlungsort gering und eher zufällig sein. Deshalb passt die
in Art. 43 SDÜ vorgesehene primäre Ersatzpflicht des Staates des
Schadensortes auf diese Fälle nicht. Stattdessen gelten die internationalen
Haftungsregelungen, die auf den Luftverkehr Anwendung finden.
Zu Artikel 31
(Rechtsstellung der Beamten im Bereich des Strafrechts)
Artikel 31
unterstellt grenzüberschreitend tätige Beamte in aktiver und passiver Hinsicht
den strafrechtlichen Bestimmungen jenes Vertragsstaates, auf dessen Territorium
sie einschreiten. Diese Bestimmung entspricht Artikel 42 SDÜ. Dabei behalten
abweichende Regelungen aus anderen Übereinkünften zwischen den Vertragsparteien
aber ihre Gültigkeit und sind anstelle des Artikels 31 anzuwenden. Österreich
hat mit keinem der Vertragsparteien eine derartige abweichende Regelung
getroffen.
Zu Artikel 32
(Dienstverhältnisse)
Mit dieser
Bestimmung wird klargestellt, dass bei grenzüberschreitendem Einschreiten die
dienst- und disziplinarrechtlichen Kompetenzen beim Entsendestaat bleiben.
Zu Kapitel 7
(Allgemeine Bestimmungen zum Datenschutz)
Zu Artikel 33
Absatz 1
Um
Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, die sich aus Unterschieden zwischen den
einzelstaatlichen rechtssprachlichen Traditionen ergeben könnten, wurde für die
Umschreibung der diversen Arten der Handhabung von personenbezogenen Daten auf
die in Art 2 lit b der EG-Datenschutzrichtlinie (Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vom 24. Oktober 1995
[95/46/EG] ABl. EG Nr. L 281 vom 23. November 1995 S. 31;
im Folgenden kurz: EG-Datenschutzrichtlinie) enthaltene Definition der
„Verarbeitung personenbezogener Daten“ zurückgegriffen (vgl Art. 33
Z 1 des Übereinkommens).
Der
„automatisierte Abruf“ im Sinne des Art. 33 Z 2 des Übereinkommens
entspricht inhaltlich dem „Abruf im automatisierten Verfahren“ im Sinne des
Art. 1 Abs. 1 Satz 2 des sog. „Schengener Übereinkommens“
(BGBl. III Nr. 90/1997) [bzw. dem in der österreichischen
Rechtsterminologie bis dato gebräuchlicheren (Online-)„Zugriff“ (vgl. bspw.
§ 4 Z 13 DSG 2000; § 3 Abs 1 Satz 2 E-Government-Gesetz;
§ 31a Abs 2 ASVG).] Umfasst sind von diesem Begriff im Übrigen sowohl die
Daten, die aus Anlass einer direkten Suche in einer fremden Datenbank an
ebendiese übermittelt werden (die Abfragekriterien; bspw. Kfz-Kennzeichen oder
Fingerabdrucksdaten) als auch jene, die als Ergebnis der
automationsunterstützten Suche in einer solchen Datenbank anfallen bzw. an die
„abrufende“ Stelle rückübermittelt werden (bspw. Das Faktum eines „Treffers“
bzw. „Nichttreffers“).
Die
„Kennzeichnung“ (im Sinne des Art. 33 Z 3 des Übereinkommens)
unterscheidet sich von der „Sperrung“ (nach Art. 33 Z 4 leg. cit.)
dadurch, dass erstere lediglich darauf abzielt, gespeicherte personenbezogene
Daten, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht festgestellt werden kann, auf
Verlangen eines Betroffenen hin als „strittig“ ersichtlich zu machen (siehe
dazu Art. 37 Abs. 2 leg. cit.), ohne dass dies eine künftige
Verarbeitung der Daten einschränken würde, wohingegen eine Sperrung dezidiert
das Ziel verfolgt, ihre künftige Verarbeitung auf eng begrenzte Zwecke im
Interesse des Betroffenen zu beschränken (vgl. dazu Art. 37 Abs 3 letzter
Satz leg. cit.).
Zu Artikel 33
Absatz 2
Durch diese
Anordnung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Übereinkommen über das
Kapitel 7 hinaus noch weitere Datenschutzbestimmungen bzw. „unter anderem“ der
Wahrung des Datenschutzes dienende Bestimmungen beinhaltet. Zu verweisen ist
hier insbesondere auf Art. 2 Abs 2 und 3, Art. 3 Abs. 1 letzter
Satz, Art. 8 Satz 2, Art. 9 Abs 1 Satz 2, Art. 12 Abs 1 UAbs 2
und Art. 14 Abs. 2.
Zu Artikel 34
Absatz 1
In Ermangelung
eines EU-weit generell anerkannten Datenschutzniveaus im Bereich der sog.
Dritten Säule der EU bzw. wegen der bis dato weitgehend fehlenden Bereitschaft
der Mitgliedstaaten zu einer freiwilligen Erstreckung der Anwendbarkeit der
EG-Datenschutzrichtlinie auf Sachverhalte der sog. Dritten Säule verblieb nur
die Möglichkeit, einen generellen Mindeststandard durch Verweis auf einschlägige
Rechtsinstrumente des Europarates festzulegen. Da die zitierten Dokumente
grundsätzlich nur auf die automationsunterstützte Verarbeitung von Daten
Anwendung finden, vom vorliegenden Übereinkommen jedoch auch nicht
automationsunterstützte Verarbeitungsvorgänge erfasst werden, erschien die
ausdrückliche Einbeziehung letzterer geboten (siehe Art. 34 Abs 1 letzter
HalbS).
Zu Artikel 34
Absatz 2
Diese Bestimmung
ist im Zusammenhalt mit Art. 43 des Übereinkommens zu lesen. Durch
Art. 43 wird ein Ministerkomitee eingesetzt, welches die erforderlichen
Entscheidungen über die Umsetzung und Anwendung dieses Übereinkommens
einstimmig trifft. Zu diesen Entscheidungen gehört auch die in Art. 34
Abs. 2 angesprochene Entscheidung über die Umsetzung des Kapitels 7 über
den Datenschutz. Besondere praktische Bedeutung kommt der Entscheidung des
Ministerkomitees nach Art. 34 Abs. 2 in Bezug auf die nach
Art. 39 Abs. 2 vorgesehenen spezifischen Protokollierungspflichten
für den automatisierten Abruf von Datenbanken (vgl. dazu Art. 3, 4, 9 und
12 des Übereinkommens) zu. Während einander die Vertragsparteien in Bezug auf
die konventionelle Datenübermittlung bereits anlässlich der Unterzeichnung des
Übereinkommens am 27. Mai 2005 wechselseitig bestätigt haben (siehe Punkt I.2
der bezüglichen „Gemeinsamen Erklärung“), die Anforderung des Kapitels 7 „im
Wesentlichen“ bereits zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen, kann eine
Ministerkomitee-Entscheidung hinsichtlich der automatisierten Abrufe bzw des
automatisierten Abgleichs erst nach technischer Herstellung und
datenschutzrechtlicher Evaluierung eben dieser Kooperationsformen erfolgen.
Zu Artikel 35
Absatz 1
Diese Bestimmung
statuiert für sämtliche auf Grund des Übereinkommens ausgetauschten
personenbezogenen Daten das Gebot der strikten Zweckbindung. Die betreffenden
Zwecke (Bsp.: „Verfolgung von Straftaten“ in Art. 3 Abs. 1 des
Übereinkommens) müssen bereits vor der Übermittlung feststehen und dürfen nicht
willkürlich nachträglich verändert werden. Eine Weiterverwendung durch die
empfangende Vertragspartei kommt nur ausnahmsweise im Einzelfall in Betracht,
und zwar nach Einholung der Genehmigung durch die übermittelnde Vertragspartei.
Letztere darf eine solche Genehmigung nur nach Maßgabe ihres innerstaatlichen
Rechts erteilen. Die bezüglichen innerstaatlichen Rechtsgrundlagen haben sich
wiederum insbesondere an den Rahmen, den die in Art. 34 zitierten
Rechtsinstrumente vorgeben, zu halten. Zu verweisen ist hier etwa konkret auf
Art. 5 lit. b des Übereinkommens des Europarats vom 28. Jänner 1981
über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung
personenbezogener Daten (BGBl. Nr. 317/1988; im Folgenden kurz:
„Datenschutzkonvention“), welcher anordnet, dass personenbezogene Daten „nicht
so verwendet werden dürfen, dass es mit diesen (festgelegten und rechtmäßigen)
Zwecken unvereinbar ist. Eine solche Unvereinbarkeit läge beispielsweise vor,
wenn aus dem Übermittlungszweck „Strafverfolgung“ übermittelte Daten einfach
für sonstige Zwecke der staatlichen Verwaltung (z. B. ein Baubewilligungsverfahren
etc.) weiterverwendet würden.
Für die Weitergabe
von Daten durch Sicherheitsbehörden an andere staatliche Stellen oder private
Stellen statuiert Art. 5 der Empfehlung Nr. R (87) 15 des
Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten über die Nutzung
personenbezogener Daten im Polizeibereich vom 17. September 1987 wichtige
Grundsätze, auf die an dieser Stelle verwiesen sei. In Österreich setzt die
Übermittlung an andere staatliche Behörden und Private auf Grund der klaren
Vorgaben des § 1 Abs. 2 DSG 2000 stets eine
gesetzliche Grundlage voraus, welche in ihrer Bestimmtheit an Art 18 B-VG bzw.
Art. 8 EMRK iVm der dazu ergangenen Judikatur zu messen ist. An
bestehenden gesetzlichen Grundlagen ist hier neben dem DSG 2000 im
Wesentlichen auf die §§ 56 und 71 SPG und
§§ 8 f. PolKG zu verweisen. Letztere Bestimmungen sehen keine
spezifischen Ermächtigungen für österreichische Sicherheitsbehörden zur
Erteilung von Genehmigungen an ausländische Sicherheitsbehörden zur
Weiterverwendung von Daten für vom ursprünglichen Übermittlungszweck
abweichende oder mit diesem „unvereinbare“ Zwecke vor. In Bezug auf
personenbezogene Daten, die von Sicherheitsorganisationen oder ausländischen
Sicherheitsbehörden übermittelt worden sind, bestimmt
§ 9 Abs. 1 PolKG, dass die diese nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle zu
anderen als den der Übermittlung zugrundeliegenden Zwecken verwendet werden
dürfen. Selbst wenn eine solche vorliegt, muss die Verhältnismäßigkeit und
damit innerstaatliche Zulässigkeit einer Weiterverwendung zusätzlich anhand der
Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 2 DSG 2000 geprüft
werden. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass einer Weiterverwendung personenbezogener
Daten, die nach dem vorliegenden Übereinkommen übermittelt werden, für andere
als die der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecke sehr enge Grenzen gesetzt
sind.
Zu Artikel 35
Absatz 2 und 3
Diese Absätze sind
als eine Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes der Zweckbindung mit Blick
für die spezifischen Fälle des automatisierten Abrufes bzw. Abgleiches aus/von
Dateien nach den Art 3, 4 und 9 des Übereinkommens zu verstehen.
Zu Artikel 36
Diese Bestimmung
ist in engem Zusammenhang mit dem in Art. 35 niedergelegten
Zweckbegrenzungsprinzip zu sehen. Eine Verwendung übermittelter Daten durch
andere als die unmittelbar zuständigen Behörden würde letztlich das
Zweckbegrenzungsprinzip unterlaufen.
Zu Artikel 37
Absatz 1 und 3
Wie schon Art 5 lit. d
der sog. Datenschutzkonvention des Europarates (BGBl. Nr. 317/1988) oder
Art. 6 Abs. 1 lit. d der sog. EG-Datenschutzrichtlinie
(95/46/EG) betont Art. 37 Abs. 1 die Verpflichtung, auf die
Richtigkeit und Aktualität der personenbezogenen Daten zu achten. In der
Erwägung, dass Aktualität, Richtigkeit und allfällige Höchstfristen für die
Aufbewahrung grenzüberschreitend ausgetauschter Informationen jeweils nur bei
wechselseitiger Unterstützung der beteiligten Vertragsparteien gewährleistet
werden können, beinhalten Art. 37 Abs. 1 und 3 neben entsprechenden
Prüf-, Korrektur- und Löschungspflichten insbesondere ausdrückliche
gegenseitige Informationspflichten über festgestellte Unrichtigkeiten,
unzulässige Übermittlungen oder durchzuführende Löschungen. Statt der Löschung
kommt nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts der Vertragsparteien
eine sog. Sperrung (vgl. dazu Art. 33 Abs 1 Z 4 des Übereinkommens)
in Betracht. Ein denkbarer Anwendungsfall wäre ein Beweissicherungsinteresse
eines Betroffenen während der Dauer eines noch anhängigen Beschwerdeverfahrens.
Ausdrücklich spricht das DSG 2000 von einem Sperren von Daten nur in
§ 27 Abs. 6, dort allerdings in einem anderen Zusammenhang.
Inhaltlich korrespondiert mit der Sperrung im Sinne des Art. 37 Abs. 3
letzter Satz des Übereinkommens am ehesten die Regel des § 26 Abs. 7
DSG 2000.
Zu Artikel 37
Absatz 2
Diese Bestimmung
regelt den Fall der sog. Kennzeichnung (vgl. dazu Art. 33 Abs 1 Z 3
des Übereinkommens), welcher von jenem der Sperrung (Art. 33 Abs 1
Z 3 leg. cit.) abzugrenzen ist. In inhaltlicher Hinsicht entspricht die
Kennzeichnung im Wesentlichen dem § 27 Abs. 7 DSG 2000.
Zu Artikel 38
Absatz 1
Eine allgemeine
Verpflichtung zu Datensicherheitsmaßnahmen enthält bereits Art. 7 der sog.
Datenschutzkonvention des Europarates (BGBl. Nr. 317/1988). Innerstaatlich
ist insbesondere auf § 14 DSG 2000 zu verweisen. Der legislative
Mehrwert des Art. 38 Abs. 1 liegt darin, dass hier konkret sowohl die
übermittelnde als auch die empfangende Stelle ausdrücklich zu einschlägigen
Sicherheitsvorkehrungen verpflichtet werden.
Zu Artikel 38
Absatz 2
Die Spezifik der
automationsunterstützten Abruf- bzw. Abgleichsverfahren (vgl. dazu wieder
Art. 3, 4, 9 und 12 des Übereinkommens) erfordert besondere technische
Vorkehrungen zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit. Um das
vorliegende Abkommen nicht mit technischen Details zu überfrachten, deren
konkrete Ausgestaltung zudem vom jeweiligen „Stand der Technik“ abhängen,
verweist Art. 38 Abs. 2 auf eine auszuarbeitende
Durchführungsvereinbarung im Sinne des Art. 44 des Übereinkommens.
Zu Artikel 39
Den
Dokumentations- und Protokollierungspflichten nach dieser Bestimmung kommt eine
zentrale Bedeutung zu. Ihre strikte Einhaltung ist die Voraussetzung für die wirksame
nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Datenübermittlungen. Eine
Vorschrift in vergleichbarer Detailliertheit existiert bislang im
innerstaatlichen Recht nicht. Bemerkenswert ist einmal, dass eine generelle
„Vollprotokollierung“ angeordnet wird, d. h. jede Übermittlung und jeder
Empfang personenbezogener Daten sind in Bezug auf Anlass, Inhalt, Datum etc.
festzuhalten (vgl. Art. 39 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2
des Übereinkommens). Darüber hinaus haben bei den automationsunterstützten
Abruf- bzw. Abgleichsverfahren nach Art. 3, 4, 9 und 12 leg. cit. die
jeweils anfragenden Stellen nicht nur die Kennung des Beamten, der einen
automatisierten Abruf durchführt, zu protokollieren, sondern auch jene des
Beamten, der die Anfrage oder Übermittlung veranlasst hat. Auf diese Weise soll
die Rückverfolgbarkeit von automatisierten Abrufen nicht nur bis zu einem
bestimmten Terminal in einer Zentralstelle ermöglicht werden, sondern bis hin
zu jener Person, die die Information letztlich in einem bestimmten Fall angefordert
bzw. verwendet hat (vgl. Art 39 Abs. 2 letzter Absatz leg. cit.).
Nach Art. 39
Abs. 3 Satz 1 leg. cit. teilt die protokollierende Stelle die
Protokolldaten den für die Datenschutzkontrolle zuständigen Stellen der
betreffenden Vertragspartei auf Ersuchen unverzüglich, spätestens jedoch
innerhalb von vier Wochen nach Eingang des Ersuchens mit. Österreich hat in der
letzten Verhandlungsrunde klar gestellt, dass es diese Bestimmung dahin
versteht, dass die Vier-Wochen-Frist auch im grenzüberschreitenden Anfragefall
als zeitliche Obergrenze für die Beantwortung eines entsprechenden Ersuchens
einer nationalen Datenschutzkontrollstelle gilt. Dieser Lesart haben sich die
übrigen Verhandlungsparteien angeschlossen.
Sowohl im Falle
der konventionellen Datenübermittlung als auch im Fall des automatisierten
Abrufes sind die Protokolldaten zwei Jahre aufzubewahren und danach
unverzüglich zu löschen (vgl. Art. 39 Abs. 4 leg. cit.). In
Entsprechung der nach dem DSG 2000 vorgesehenen Aufbewahrungsdauer für
Protokolldaten von drei Jahren (vgl.
§ 14 Abs. 5 DSG 2000) hat Österreich zwar in den
multilateralen Verhandlungen zu diesem Übereinkommen ebenfalls eine
Dreijahresfrist gefordert, musste aber im Sinne eines Kompromisses den anderen
Verhandlungsparteien entgegen kommen. Strenger als im DSG 2000 ist dafür
die Zweckbindungsregel nach Art. 39 Abs. 3 Satz 2 des
Übereinkommens: Protokolldaten dürfen nämlich ohne Ausnahme nur zur Kontrolle
des Datenschutzes und zur Gewährleistung der Datensicherheit herangezogen
werden.
Aus Art. 39 Abs. 5 Satz 1 leg. cit.
ergibt sich, dass durch das Übereinkommen keine neuen datenschutzspezifischen
zwischenstaatlichen Kontrollinstanzen eingerichtet werden. Die
Datenschutzkontrolle obliegt vielmehr den für die Datenschutzkontrolle
zuständigen unabhängigen Stellen der jeweiligen Vertragsparteien. In Österreich
ist dies die Datenschutzkommission, welcher insofern zusätzliche Aufgaben
erwachsen.
Hervorzuheben ist
in diesem Kontext, dass die unabhängigen Datenschutzkontrollbehörden der
Vertragsparteien nicht nur das Recht haben, Protokolldaten zum Zweck der
nachprüfenden Kontrolle anzufordern, sondern sogar ausdrücklich verpflichtet
sind, in gewissen Abständen Stichproben zu ziehen und auf dieser Basis zusammen
mit den zugrunde liegenden Aktenfällen die Rechtmäßigkeit bestimmter Anfragen
zu prüfen (vgl. Art. 39 Abs. 5 Satz 3 leg. cit). Für die Aufbewahrung
der Ergebnisse dieser Kontrolltätigkeit gelten kürzere Fristen als für die
Protokolldaten im Sinne der Absätze 1 bis 4 des Art. 39 leg. cit.
Zu Artikel 40
Absatz 1
Die Textierung des
Art. 40 Abs. 1 greift die Vorgaben des inhaltlich korrespondierenden
Art. 8 der Datenschutzkonvention des Europarates (BGBl. Nr. 317/1988)
bzw. des Art. 12 der EG-Datenschutzrichtlinie auf. Darüber hinaus ist sie
aber vor allem auch durch die umfassend konzipierte Auskunftsregelung des
§ 26 DSG 2000 inspiriert. Im Unterschied zu vergleichbaren
Bestimmungen in den übrigen EU-Mitgliedstaaten sieht
§ 26 Abs. 1 DSG 2000 nämlich insbesondere ein Recht
des Betroffenen auf Auskunft über die Rechtsgrundlagen für die Verwendung
seiner Daten vor. Um auch diese Facette des Auskunftsrechts im Rahmen des
Art. 40 Abs. 1 des vorliegenden Übereinkommens verankern zu
können, musste als Formulierungskompromiss der am Beginn des ersten Satzes des
Art. 40 Abs. 1 stehende Passus „nach Maßgabe des nationalen
Rechts“ akzeptiert werden. Diese Formulierung darf jedoch nicht so verstanden
werden, dass es den Vertragsparteien deshalb anheim gestellt wäre, in Umsetzung
des Übereinkommens das Auskunftsrecht im vorstehend skizzierten Sinne
willkürlich in seiner Reichweite zu beschneiden oder ein solches gar nicht
vorzusehen. Vielmehr haben die Vertragsparteien mit der Annahme der Textierung
des Art. 40 Abs. 1 die Geltung eines weiten Auskunftsanspruches der
Betroffenen als solchen anerkannt. Nur dessen konkrete Ausgestaltung bzw.
ausnahmsweise Fälle begründeter Einschränkungen sowie verfahrensrechtliche
Einzelheiten bleiben den nationalen Gesetzgebern vorbehalten (vgl. in diesem
Sinne auch den letzten Satz des Abs. 1 des Art. 40).
Im Übrigen
entspricht das institutionelle Rechtsschutzkonzept des Art. 40 Abs. 1
jenem der EG-Datenschutzrichtlinie (vgl. Art. 22 und 28 der
EG-Datenschutzrichtlinie). Konkret bedeutet dies die Verpflichtung der
Vertragsparteien sowohl einen gerichtlichen Rechtsschutz gegen
Datenschutzverletzungen im Allgemeinen vorzusehen, als auch einen zusätzlichen
Zugang der Betroffenen zu einer spezialisierten unabhängigen
Datenschutzkontrollbehörde zu gewährleisten. In Österreich fungiert als
zuständige Instanz für Beschwerden gegen Auftraggeber im öffentlichen Bereich
die Datenschutzkommission. Dabei vereint sie jedenfalls im öffentlichen Bereich
die Rolle des Gerichts im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK und jene der
spezialisierten Kontrollstelle im Sinne des Art. 28 der
EG-Datenschutzrichtlinie. Eine einseitige interpretative Erklärung Österreichs
zu Art 40 Abs. 1 stellt klar, dass Art. 40 Abs. 1 keine Pflicht
zur Änderung dieses spezifischen institutionellen Rahmens auslöst (vgl. dazu
Punkt VII der Schlussakte).
Zu Artikel 40
Absatz 2
Diese Bestimmung
soll einem geschädigten Betroffenen die Geltendmachung seiner
Schadenersatzansprüche am Ort des Schadenseintritts erleichtern, und zwar
unabhängig davon, ob die Unrichtigkeit der Daten von der den Schaden
unmittelbar verursachenden Stelle zu verantworten ist oder von der
übermittelnden Stelle.
Zu Artikel 41
Diese Bestimmung
wirkt zwar nur im Verhältnis der Sicherheitsbehörden der Vertragsparteien
untereinander, kann aber auch im Interesse eines Betroffenen zur Aufklärung von
Datenmissbräuchen genutzt werden.
Zu Kapitel 8
(Durchführungs- und Schlussbestimmungen)
Wie in
internationalen Verträgen üblich, sind in diesem Kapitel jene Bestimmungen
zusammengefasst, die das Inkrafttreten, die Umsetzung, die Anwendung, den
Beitritt, die Kündigung des Vertrags usw. regeln.
Zu Artikel 42
(Erklärungen)
Die Zusammenarbeit
im Rahmen dieses Vertrags erfolgt im Wesentlichen im Wege von nationalen
Kontaktstellen. Diese sind dem Verwahrer im Zuge der Ratifikation bekannt zu
geben. Dieser informiert wiederum gemäß Artikel 49 Absatz 2 die anderen
Vertragsparteien. Gleichfalls sind die gemäß Artikel 24 – 27 zuständigen
Behörden und Beamten bekannt zu geben.
Für
Österreich werden die folgenden Dienststellen des Bundesministeriums für
Inneres und folgende Behörden und Beamte benannt:
1. nach Artikel 6 Absatz 1 die nationalen
Kontaktstellen für die DNA-Analyse: die Generaldirektion für die öffentliche
Sicherheit, Bundeskriminalamt
2. nach Artikel 11 Absatz 1 die nationalen
Kontaktstellen für die daktyloskopischen Daten: die Generaldirektion für die
öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt
3. nach Artikel 12 Absatz 2 die nationalen
Kontaktstellen für die Daten aus den Fahrzeugregistern: die Generaldirektion
für die öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt
4. nach Artikel 15 die nationalen Kontaktstellen
für den Informationsaustausch bei Großveranstaltungen: die Generaldirektion für
die öffentliche Sicherheit
5. nach Artikel 16 Absatz 3 die nationalen
Kontaktstellen für Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten:
die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, BVT
6. nach Artikel 19 die nationalen Kontakt- und
Koordinierungsstellen für die Flugsicherheitsbegleiter: die Generaldirektion
für die öffentliche Sicherheit, EKO Cobra
7. nach Artikel 22 die nationalen Kontakt- und
Koordinierungsstellen für die Dokumentenberater: die Generaldirektion für die
öffentliche Sicherheit, Abteilung II/2
8. nach Artikel 23 Absatz 3 die nationalen
Kontaktstellen für die Planung und Durchführung von Rückführungen: die
Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Abteilung II/3.
9. nach den Artikeln 24 bis 27 die zuständigen
Behörden und Beamten. Das sind:
- gemäß Artikel 24 jene Behörden, die
gemeinsame Streifen sowie sonstige Einsatzformen bilden: die Generaldirektion
für die öffentliche Sicherheit, Referat II/2/a (Exekutivdienst)
- gemäß Artikel 24 jene Beamten oder
sonstigen staatlichen Bediensteten, die bei solchen Einsätzen mitwirken:
Angehörige der Bundespolizei und des rechtskundigen Dienstes der
Sicherheitsbehörden
- gemäß Artikel 25 jene Stellen, die bei
Maßnahmen bei gegenwärtiger Gefahr unverzüglich zu unterrichten sind: die
Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit
- gemäß Artikel 26 jene Behörden, die für die
gegenseitige Unterstützung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren
Unglücksfällen zuständig sind: die Generaldirektion für die öffentliche
Sicherheit
- gemäß Artikel 27 jene Behörden, die für die
Zusammenarbeit über Ersuchen zuständig sind: die Generaldirektion für die
öffentliche Sicherheit, Bundeskriminalamt
Erklärungen können
jederzeit durch Erklärung gegenüber dem Verwahrer geändert werden, wobei die
Änderung mit dem Tag des Eingangs beim Verwahrer wirksam wird. Auch in diesem
Fall informiert der Verwahrer die übrigen Vertragsparteien von der erfolgten
Änderung.
Zu Artikel 43 (Ministerkomitee)
Einem
Ministerkomitee kommt es zu, die für die Umsetzung und Anwendung des Vertrags
erforderlichen Entscheidungen einstimmig zu treffen. Zwar kann jede
Vertragspartei durch mehr als einen Minister im Komitee vertreten sein, jedoch
verfügt jede Vertragspartei nur über eine Stimme im Ministerkomitee.
Wesentliche
Bedeutung kommt dem Ministerkomitee bei Feststellung der Erfüllung der
Voraussetzungen zur Übermittlung der personenbezogener Daten gemäß Artikel 34
Abs. 2 zu.
Österreich wird
entsprechend der Zuständigkeit nach dem Bundesministeriengesetz durch die
Bundesministerin für Inneres im Ministerkomitee vertreten werden.
Über Antrag einer
Vertragspartei wird eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Beamten der
Vertragsparteien einberufen, die das Ministerkomitee unterstützt. Aufgabe der
gemeinsamen Arbeitsgruppe ist die Überprüfung der Umsetzung und Auslegung des
Vertrags und die Feststellung eines vorhandenen Ergänzungs- und
Fortentwicklungsbedarfs.
Zu Artikel 44
(Durchführungsvereinbarungen)
Auf der Grundlage
und im Rahmen des Vertrags können die zuständigen Stellen der Vertragsparteien
Vereinbarungen zur verwaltungsmäßigen Durchführung schließen. Nach
österreichischem Recht handelt es sich bei diesen Vereinbarungen um
Verwaltungsübereinkommen, die vom ressortmäßig zuständigen Bundesminister
geschlossen werden.
Durch den
Vertrag ist der Abschluss von Durchführungsvereinbarungen in folgenden
Bereichen der Zusammenarbeit zwingend vorgesehen:
1. DNA-Profile gemäß Artikel 6 Absatz 2;
2. Daktyloskopische Daten gemäß Artikel 11 Absatz
2;
3. Automatisierter Abruf von Daten aus
Fahrzeugregistern gemäß Artikel 12 Absatz 2;
4. Gemeinsame Einsatzformen gemäß Artikel 24
Absatz 4;
5. Einsatz von Dienstwaffen, Munition und
Ausrüstungsgegenständen gemäß Artikel 28 Absatz 5;
6. Technische Ausgestaltung des automatisierten
Abrufverfahrens gemäß Artikel 38 Abs. 2.
Ohne den Abschluss
dieser Vereinbarungen ist die Zusammenarbeit in diesen Bereichen trotz der
erfolgten Ratifikation des Vertrags nicht möglich.
Zu Artikel 45
(Räumlicher Geltungsbereich)
Für die
Niederlande und Frankreich gilt dieser Vertrag ausschließlich für die in Europa
gelegenen Teile ihres Territoriums. Für Österreich und die übrigen
Vertragsparteien gilt der Vertrag für das gesamte Staatsgebiet.
Neu beitretende
Vertragsparteien können Einschränkungen des räumlichen Geltungsbereichs durch
die Abgabe einer Erklärung gemäß Artikel 48 letzter Satz vornehmen.
Bei der
Unterzeichnung des Vertrags gab Spanien folgende einseitige Erklärung ab:
„III. Das
Königreich Spanien erklärt unter Bezugnahme auf Artikel 45 Satz 1, dass es die
Ansicht vertritt, dass auf den Vertrag die „Regelung betreffend die Behörden
Gibraltars im Rahmen der Instrumente der EU und EG sowie verbundener Verträge“
vom 19. April 2000 nach Maßgabe der Bestimmung ihrer Nummer 5 anwendbar ist.“
Die hier erwähnte
Vereinbarung zwischen dem Vereinigten Königreich und Spanien regelt die
Behördenzuständigkeit für Gibraltar für eine direkte Kontaktaufnahme durch bzw.
mit der Behörde eines EU-Mitgliedstaats im Rahmen von europarechtlichen
Instrumenten und verbundener Verträge sowie den Ablauf derartiger Kontakte.
Diese Vereinbarung wurde den Mitgliedstaaten und Organen der EU nach Abschluss
mitgeteilt.
Zu Artikel 46
(Kosten)
Die Kostentragung erfolgt
grundsätzlich nach dem in der internationalen polizeilichen und justiziellen
Zusammenarbeit üblichen Prinzip, dass jede Vertragspartei die ihren Stellen aus
der Anwendung dieses Vertrags entstehenden Kosten trägt.
In besonderen
Fällen können die betreffenden Vertragsparteien eine abweichende Regelung
vereinbaren. Österreich und Deutschland haben von dieser in Artikel 46 Satz 2
eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und anlässlich der Unterzeichnung
folgende Erklärung abgeben:
„VII. Die
Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich erklären unter
Bezugnahme auf Artikel 46 Satz 2, dass im Verhältnis zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich Kosten, die im Rahmen
der Leistung von Rechtshilfe nach Artikel 7 anfallen, der ersuchten Partei
erstattet werden.“
In allen übrigen
Bereichen der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Vertrags zwischen Österreich und
Deutschland und in allen Bereichen zwischen Österreich und den übrigen
Vertragsparteien gilt uneingeschränkt die Regelung des Artikels 46.
Zu Artikel 47
(Verhältnis zu anderen zwei- oder mehrseitigen Übereinkünften)
Mit der in Artikel
47 Absatz 1 aufgenommenen Klausel soll ausdrücklich klargestellt werden, dass
das Recht der Europäischen Union auch in Hinblick auf zukünftige
Weiterentwicklungen Vorrang genießt. Überdies ist vorgesehen, auf Änderungen im
rechtlichen Rahmen der Europäischen Union zu reagieren und den Vertrag
gegebenenfalls diesen Änderungen anzupassen.
Absatz 2
beinhaltetet eine Kollisionsregel in Bezug auf zwei- oder mehrseitige
Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien. Den Vertragsparteien steht es
frei, die bestehenden zwei- oder mehrseitigen Übereinkünfte in ihren
Beziehungen untereinander anzuwenden. Im Fall der Unvereinbarkeit dieses
Vertrags mit Rechten oder Verpflichtungen aus bestehenden Übereinkünften gelten
die Regelungen dieses Vertrags. Festzuhalten ist, dass zwei Bestimmungen nicht
schon dann unvereinbar sind, wenn sie denselben Regelungsgegenstand betreffen
und eine Bestimmung einen weiteren Anwendungsbereich hat als die andere.
Zu Artikel 48
(Ratifikation, Annahme, Genehmigung)
Dieser Vertrag
bedarf der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung.
Anlässlich der
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden kann eine Erklärung
zum räumlichen Geltungsbereich abgegeben werden.
Zu Artikel 49
(Verwahrer)
Der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland kommen als Verwahrer folgende
Pflichten zu:
- sie notifiziert unverzüglich den anderen
Vertragsparteien Ratifikationen, Annahmen, Genehmigungen, Beitritte, Vorbehalte
und Kündigungen sowie alle sonstigen Erklärungen im Zusammenhang mit diesem
Vertrag;
- sie registriert den Vertrag beim
Sekretariat der Vereinten Nationen gemäß Artikel 102 der Satzung der Vereinten
Nationen und
- sie hinterlegt die Urschrift des Vertrags
in ihrem Archiv und übermittelt jedem Unterzeichnerstaat und beitretenden Staat
eine beglaubigte Abschrift.
Zu Artikel 50
(Inkrafttreten)
Der Vertrag tritt
90 Tage nach Hinterlegung der zweiten Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde zwischen den beiden Vertragsparteien, die ratifiziert
haben, in Kraft. Für die nachfolgenden Vertragsparteien tritt der Vertrag 90
Tage nach Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden
in Kraft.
Zu Artikel 51
(Beitritt)
Ein wesentliches
Prinzip dieses Vertrags ist, dass er allen Staaten, die Mitglied der
Europäischen Union sind, zum Beitritt offen steht. Dies findet sich neben dem
Artikel 51 auch im zweiten Erwägungsgrund der Präambel sowie in Artikel 1
Absatz 2.
Neu beitretende
Staaten sind nicht von der Feststellung gemäß der gemeinsamen Erklärung zu
Artikel 34 Absatz 2 Satz 2 umfasst, die Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich,
Luxemburg, die Niederlande und Österreich aus Anlass der Unterzeichnung des
Vertrags am 27. Mai 2005 getroffenen haben.
Der Vertrag, die
gemeinsame Erklärung der Vertragsparteien bei der Unterzeichnung, die
Durchführungsvereinbarungen gemäß Artikel 44 und die sonstigen Vereinbarungen
zu diesem Vertrag werden mit ihrem Beitritt für die neu beitretenden Staaten
verbindlich.
Für beitretende
Vertragsparteien tritt der Vertrag 90 Tage nach Hinterlegung seiner
Beitrittsurkunde in Kraft, jedoch frühestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des Vertrags nach Artikel 50.
Zu Artikel 52
(Kündigung)
Der auf
unbestimmte Zeit geschlossen Vertrag kann durch eine auf diplomatischem Weg an
den Verwahrer gerichtete Notifikation gekündigt werden, wobei die Kündigung
binnen sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Verwahrer wirksam wird.
Zur Anlage 1
Die Anlage enthält
die nach Artikel 17 Absatz 5 notwendigen Angaben zur schriftlichen Anmeldung
des Einsatzes der Flugsicherheitsbegleiter. Durch eine gesonderte Vereinbarung
können die Vertragsparteien eine Änderung der Anlage 1 vereinbaren.
Zur Anlage 2
Die Anlage enthält
Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände, die in den einzelnen
Vertragsstaaten gemäß Artikel 28 Absatz 2 Sätze 1 und 2 nur im Falle der Notwehr
und Nothilfe gebraucht werden dürfen bzw. die mit Zustimmung des sachleitenden
Beamten des Gebietsstaates im Einzelfall nach Maßgabe des Rechts des
Gebietsstaates auch in anderen Fällen gebraucht werden dürfen.