Vorblatt
Problem:
Jene Staaten, die
der Europäischen Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind, müssen durch ein
eigenes Beitrittsübereinkommen Vertragsparteien des Übereinkommens über das auf
vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (EVÜ)
sowie des Ersten und des Zweiten Protokolls über die Auslegung des
Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden.
Ziel:
Beitritt der neuen
Mitgliedstaaten zum EVÜ und den beiden Protokollen.
Inhalt:
Mit dem Beitritt
der neuen Mitgliedsstaaten werden auch in diesen die durch das EVÜ geschaffenen
einheitlichen kollisionsrechtlichen Regeln für vertragliche Schuldverhältnisse
gelten. Damit wird in allen EU-Mitgliedstaaten die Frage, welches Recht auf Vertragsverhältnisse
mit Auslandsbezug anzuwenden ist, einheitlich gelöst.
Alternativen:
Keine.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:
Eine Vereinheitlichung der kollisionsrechtlichen
Regeln für vertragliche Schuldverhältnisse liegt im Interesse Österreichs, weil
damit die Rechtsicherheit erhöht und der Wirtschaftsverkehr zwischen den
EU-Mitgliedstaaten erleichtert wird.
Finanzielle
Auswirkungen:
Das
Beitrittsübereinkommen wird keine Belastungen des Budgets nach sich ziehen.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Das
Beitrittsübereinkommen entspricht primärrechtlichen Vorgaben des
Beitrittsvertrages 2003 (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Beitrittsakte) und
wurde im Rahmen der EU geschaffen.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Sonderkundmachung
gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
Das Übereinkommen über den
Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern,
der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik
Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik
zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten
Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht
sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des
Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden Beitrittsübereinkommen) hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter
und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den
Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden
Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung
von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da
durch das Beitrittsübereinkommen keine Angelegenheiten des selbständigen
Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des
Bundesrates gemäß Art. 50 Abs.1 zweiter Satz B-VG.
Das Übereinkommen
über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ; ABl.
Nr. L 266 vom 09.10.1980 S. 1 bzw. BGBl. III
Nr. 166/1998) kann nach seinem Art. 28 nur von Vertragsstaaten des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ratifiziert
werden. Für der Gemeinschaft später beigetretene Staaten wurde daher jeweils
ein Übereinkommen über deren Beitritt zum EVÜ (bzw. auch zu den beiden
Protokollen zu diesem) geschlossen; so nun auch im Fall jener zehn Staaten, die
der EU am 1. Mai 2004 beigetreten sind. Diese sind gemäß Art. 5
Abs. 2 der Beitrittsakte zum Beitrittsvertrag 2003 zum Beitritt zum EVÜ
(einschließlich der Protokolle) verpflichtet.
Mit dem Beitritt
der neuen Mitgliedsstaaten zum EVÜ werden auch in diesen die durch das EVÜ
geschaffenen einheitlichen kollisionsrechtlichen Regeln für vertragliche
Schuldverhältnisse gelten. Damit wird in allen EU-Mitgliedstaaten die Frage,
welches Recht auf Vertragsverhältnisse mit Auslandsbezug anzuwenden ist,
einheitlich geregelt. Dies erhöht die Rechtssicherheit und erleichtert den
Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten. Der Beitritt der neuen
Mitgliedsstaaten zum EVÜ ist damit ein wichtiger Beitrag zum Aufbau eines
funktionierenden Binnenmarktes. Das EVÜ bzw. auch das Beitrittsübereinkommen
sind auch als Ergänzung zur Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und
Vollstreckung von Entscheidung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO; ABl.
Nr. L 12 vom 16.1.2001 S.1 idgF) zu sehen, die in der Regel für
eine Streitsache wahlweise mehrere Gerichtsstände zur Verfügung stellt. Wenn
das Kollisionsrecht vereinheitlicht ist, spielt die Frage, bei welchem von
diesen mehreren Gerichten ein Verfahren anhängig gemacht wird, für den Ausgang
des Verfahrens keine Rolle mehr, weil jedes Gericht dasselbe materielle Recht
anzuwenden hat (Vermeidung des „forum shopping“).
Das
Beitrittsübereinkommen ist in drei Titel untergliedert. Der erste regelt die
allgemeinen Bestimmungen zum Beitritt, der zweite enthält die Anpassungen des
Ersten Protokolls von 1988 und er dritte Teil enthält die Schlussbestimmungen.
Besonderer
Teil
Zu Titel I
(Allgemeine Bestimmungen):
Zu
Art. 1:
In dieser
Bestimmung werden die beitretenden Staaten (Tschechische Republik, Republik
Estland, Republik Zypern, Republik Lettland, Republik Litauen, Republik Ungarn,
Republik Malta, Republik Polen, Republik Slowenien und Slowakische Republik)
aufgelistet und die drei Instrumente, auf die sich der Beitritt erstreckt,
nämlich das Übereinkommen von 1980 und die beiden Protokolle betreffend die
Auslegung des Übereinkommens von 1980 durch den Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften genau bezeichnet.
Das Übereinkommen
von 1980 ist durch drei diesem Beitrittsübereinkommen vorangehende
Beitrittsübereinkommen, nämlich durch das am 10. April 1984 in Luxemburg
unterzeichnete Übereinkommen über den Beitritt Griechenlands, das am
18. Mai 1992 in Funchal unterzeichnete Übereinkommen über den Beitritt von
Spanien und Portugal, sowie durch das am 29. November 1996 in Brüssel
unterzeichnete Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich, der
Republik Finnland und des Königreichs Schweden, geändert worden. Auf diese
geänderte Fassung des Übereinkommens von 1980 bezieht sich der Beitritt der
neuen Mitgliedstaaten.
Zu Titel II
(Anpassungen des Ersten Protokolls von 1988):
Zu
Art. 2:
In Art. 2
lit. a des Ersten Protokolls sind die obersten Gerichte aller
Mitgliedstaaten in der jeweiligen Landessprache aufgezählt. Durch das
Beitrittsübereinkommen wird Art. 2 lit. a um die obersten Gerichte
der neuen Mitgliedstaaten ergänzt.
Zu Titel III
(Schlussbestimmungen):
Zu
Art. 3 bis 7:
Die
Schlussbestimmungen stellen die estnische, lettische, litauische, maltesische,
polnische, slowakische, slowenische, tschechische und ungarische Fassung des
Übereinkommens sowie der Protokolle den anderen Sprachfassungen gleich, stellen
das Erfordernis der Ratifikation durch die Signatarstaaten fest, regeln das
Inkrafttreten des Beitrittsübereinkommens.
Die Bundesregierung hat beschlossen, dem
Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Abkommens gemäß
Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass dessen dänische, englische,
estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische,
lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische,
schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische
Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden, dass sie zur öffentlichen
Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf
eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von
der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.
Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der
Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Überdies ist dieses Übereinkommen auf der
Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.