1178 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über den Antrag 696/A(E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichische Position zu den WTO-Verhandlungen im Bereich des Agrarhandels

Die Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. September 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Landwirtschaft ist aufgrund der Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, die natürlichen Ressourcen und Landschaften einer der sensibelsten Bereiche des Welthandels. Sie ist weiterhin Haupteinkommens- und Beschäftigungsquelle in den meisten Entwicklungsländern, wo durchschnittlich die Existenz von 50% der Menschen von der Landwirtschaft abhängt (in manchen Ländern sind es 80%). Die Menschen in den ländlichen Räumen sind von der Armut besonders betroffen. 900 Millionen der insgesamt 1,2 Milliarden Menschen, die weltweit weniger als einen Dollar pro Tag zur Verfügung haben, leben in ländlichen Gebieten. Frauen leiden besonders an Hunger und Mangelernährung, obwohl sie einen erheblichen Anteil der Welternährung produzieren. Die Agrarhandelsregeln spielen daher eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Hunger und Armut. Das Versprechen aller Regierungen der Welt, Hunger und Armut bis 2015 um die Hälfte zu reduzieren, muss auch im Rahmen der WTO-Agrarverhandlungen eingelöst werden.

Die bestehenden Regeln und Liberalisierungsziele der Welthandelsorganisation WTO gefährden kleinstrukturierte Landwirtschaften, besonders in den Entwicklungsländern. Die Agrarabkommen erlauben weiterhin hohe Subventionen im Norden, beschränken aber die Möglichkeiten der Entwicklungsländer, sich effektiv vor verbilligten Importen bzw. Dumping zu schützen.

Die erste Priorität der Agrarverhandlungen muss daher darin bestehen, Handelsregeln zu vereinbaren, welche die landwirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung sowie die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern fördern, ohne die grundlegenden Ziele der multifunktionalen Landwirtschaft in der Europäischen Union zu gefährden. Die weitere Herausforderung besteht darin, festzulegen, wie nicht handelsbezogene Abkommen (multilaterale Umweltabkommen MEA) vollständig umgesetzt und mit den WTO-Verträgen in Einklang gebracht werden können.

Ebenso müssen die oft kritisierten, grundlegenden Demokratiedefizite der WTO beseitigt werden. Öffentlichkeit, Parlamente, Nichtregierungs- und KonsumentInnenschutz-Organisationen müssen wesentlich mehr als bisher an den Diskussions- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden.“

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 10. November 2005 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatterin fungierte die Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin die Abgeordneten Jakob Auer, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Heinz Gradwohl und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Fritz Grillitsch.

 

Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Jakob Auer, Heinz Gradwohl, Klaus Wittauer und Heidemarie Rest-Hinterseer einen Entschließungsantrag betreffend die österreichische Position zu den WTO-Verhandlungen im Bereich des Agrarhandels ein, der wie folgt begründet war:

„Die Landwirtschaft ist aufgrund der Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, die natürlichen Ressourcen und Landschaften einer der sensibelsten Bereiche des Welthandels. Sie ist weiterhin Haupteinkommens- und Beschäftigungsquelle in den meisten Entwicklungsländern, wo durchschnittlich die Existenz von 50% der Menschen von der Landwirtschaft abhängt (in manchen Ländern sind es 80%).

Zur Bekämpfung von Hunger und Mangel bedarf es einer Orientierung der Agrarpolitiken am Modell der „Ernährungssouveränität“ und einer bäuerlichen Produktion von Grundnahrungsmitteln vorrangig für den regionalen Markt statt für den Weltmarkt. Das Versprechen aller Regierungen der Welt, Hunger und Armut bis 2015 um die Hälfte zu reduzieren, muss auch im Rahmen der WTO-Agrarverhandlungen eingelöst werden.

Die bestehenden Regeln und Liberalisierungsziele der Welthandelsorganisation WTO gefährden kleinstrukturierte Landwirtschaften vor allem in benachteiligten Gebieten. Die erste Priorität der Agrarverhandlungen muss daher darin bestehen, Handelsregeln zu vereinbaren, welche die landwirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung sowie die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern fördern, ohne die grundlegenden Ziele der multifunktionalen Landwirtschaft in der Europäischen Union zu gefährden.

Öffentlichkeit, Parlamente, Nichtregierungs- und Konsumentenschutz-Organisationen müssen mehr als bisher an den Diskussions- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden.

Für Österreich ist es wesentlich, dass mit der Globalisierung der Märkte weiterhin gewährleistet ist, dass am heimischen Markt für Konsumenten qualitativ hochwertige Produkte gehandelt werden und den österreichischen Bauern es möglich sein muss, nachhaltig zu produzieren, wie es auch im europäischen Modell der Landwirtschaft vorgesehen ist.

Der Rat der Europäischen Union hat daher auch in zahlreichen Ratsbeschlüssen immer wieder unterstrichen, dass die Beschlüsse der Agrarreform aus 2003 für die weiteren Verhandlungen gerade bei der WTO den Rahmen für die Verhandlungen abstecken, da nur so die wichtigen Ziele der europäischen Landwirtschaft  umsetzbar sind.

Auch die Verhandlungserfolge im Bereich des Exportwettbewerbs sind bisher nicht ausreichend, um eine Ausgewogenheit zu erreichen. Der volle Parallelismus bei den Exportförderungen (Exportstützungen, Exportkredite und Exportversicherungsmodelle, Staatshandel und Nahrungsmittelhilfe) muss erst erzielt werden.

Auch bei den non trade concerns ist noch eine entsprechende Berücksichtigung in den Verhandlungen notwendig. Es müssen zufrieden stellende Verhandlungsergebnisse bei Umwelt- und Konsumentenanliegen, Nahrungsmittelsicherheit und Tierschutz erzielt werden.

Schlussendlich ist ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis in allen Bereichen notwendig. Nur so kann für alle Seiten ein Erfolg bei den Verhandlungen erzielt werden.“

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag 696/A(E) nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Der von den Abgeordneten Jakob Auer, Heinz Gradwohl, Klaus Wittauer und Heidemarie Rest-Hinterseer eingebrachte Entschließungsantrag wurde einstimmig angenommen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Erwin Hornek gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2005 11 10

Erwin Hornek    Fritz Grillitsch

       Berichterstatter                  Obmann