1195 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über die Regierungsvorlage (1166 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Studienförderungsgesetz 1992, das Bundes- Schulaufsichtsgesetz und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (2. Schulrechtspaket 2005)
Durch den
Reformdialog 2005 hat die „Neue Schule“ zusätzliche und neue Impulse
erfahren. Im Rahmen der großen Bildungsdiskussion (Klasse : Zukunft,
Zukunftskommission) wurden viele Empfehlungen für Reformschritte angeregt.
Mit dem Schulpaket
I (Schulrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 91/2005) wurden zahlreiche
Maßnahmen zur Anpassung der Schule an die Bedürfnisse der modernen Arbeitswelt
sowie zur besseren Förderung der Schülerinnen und Schüler gesetzt (Ausbau der
Tagesbetreuung, Flexibilisierung der Lernzeiten, Neustaffelung der Beiträge bei
Anmeldung nur an einem Tag, Einführung der Fünf-Tage-Woche, Zusatzbezeichnung
für Schulen mit schulautonomen Schwerpunkten uvm.).
Das nunmehr im
Entwurf vorliegende 2. Schulrechtspaket 2005 soll in erster Linie Fragen
der Unterrichtszeit („Unterrichtsgarantie“ für Schülerinnen und Schüler)
behandeln. Die Planung des Unterrichtes soll durch die Straffung von
Handlungsabläufen früher als bisher möglich sein. So soll insbesondere das
Anmeldeverfahren zur Aufnahme in die 1. Klasse/den I. Jahrgang einer Schule
vorverlegt und zeitlich gestrafft werden und sollen Entscheidungen über die
Wahl von alternativen Pflichtgegenständen bzw. von Freigegenständen ebenfalls
vorverlegt werden. Dem durch diese erhöhte Planungssicherheit früher als
derzeit bekannt werdenden Ressourcenbedarf kann durch eine Vorverlegung der
Ausschreibung und früheren Dienstzuteilung von Lehrerinnen und Lehrern
entsprochen werden. Gleichzeitig soll die Durchführung der
Wiederholungsprüfungen auch in die unterrichtsfreie Zeit verlagert werden
können und die sog. „Notenkonferenz“ am Ende des Schuljahres innerhalb eines
Rahmens auf den spätestmöglichen noch administrablen Termin verschoben werden.
All diese Maßnahmen sollen den Unterrichtsbeginn am ersten Tag des
Unterrichtsjahres sowie weiters einen vollen lehrplanmäßigen Unterricht bereits
vom dritten Tag des Unterrichtsjahres an gewährleisten. Die Schulen werden
anzuhalten sein, die Unterrichtsarbeit auf der Basis der neuen Rechtslage auch
quantitativ zu bewerten und zu evaluieren. Liegt der Unterrichtsentfall höher
als erwartet, so sind gemeinsam mit den Schulpartnern und den Schulbehörden
weitere Maßnahmen zu erarbeiten, um einen solchen Stundenentfall im nächsten
Jahr zu vermeiden.
In Konsequenz der
Abschaffung der 2/3-Erfordernisse für Schulgesetze wurden die Schulgesetze,
insbesondere das Schulunterrichtsgesetz, unter Gesichtspunkten der
Verwaltungsvereinfachung durchforstet und können nunmehr vermehrt pädagogische
Freiräume für das Handeln durch die Verantwortlichen vor Ort geschaffen werden.
Kooperationen von Schulen mit anderen Bildungseinrichtungen oder sonstigen
Einrichtungen sollen den Schulalltag beleben und die Durchlässigkeit zu höherer
Bildung und zum Beruf erhöhen. Detailvorgaben im Bereich der Lehrerkonferenzen
können der Selbstorganisation überlassen werden. Die taxative Aufzählung der
Entscheidungskompetenzen der Schulpartnerschaftsgremien im
Schulunterrichtsgesetz erscheint zu eng und sollen derartige Ermächtigungen
auch in anderen Gesetzen (Gesetzesbestimmungen des SchUG) möglich sein. Auch in
vielen Detailbereichen (zB Terminisierung der Wiederholungsprüfungen, Förderung
von Begabten, Befreiung vom Besuch von Pflichtgegenständen, ergänzende
Sprachfördermaßnahmen, vermehrte Ermöglichung von pädagogisch sinnvollen
Blockungen uvm.) werden eigenständige Entscheidungen am Standort vorgesehen und
pädagogische Freiräume (wie in der Entschließung E – 105/NR/XXII. GP gefordert)
geschaffen.
Rechtliche
Grundlagen für ein Zentrum für Schulentwicklung (ZSE) wurden mit der
Beschlussfassung der 4. Schulorganisationsgesetz-Novelle
(BGBl. Nr. 234/1971, Art. II § 9) geschaffen. Als
Hauptaufgaben wurden die wissenschaftliche Vorbereitung, Betreuung, Kontrolle
und Auswertung der Schulversuche genannt sowie Entwicklungsaufgaben auf dem
Gebiet des Schul- und Erziehungswesens. Diese Aufgaben sollte die Einrichtung
durch eigene Mitarbeiter und im Zusammenwirken mit wissenschaftlichen
Hochschulen erfüllen. Mit der 11. Schulorganisationsgesetz-Novelle im Jahr 1988
(BGBl. Nr. 327/1988, Art. I Z 2) wurde dem Zentrum nochmals klar
eine Beratungsfunktion bei der Betreuung, Kontrolle und Auswertung von
Schulversuchen zugeordnet.
Im Verlauf von
mehr als 30 Jahren haben sich die allgemeinen Rahmenbedingungen für die
Tätigkeit eines Zentrums für Schulentwicklung stark verändert. Insbesondere die
Schulautonomie, die Schulqualitätsdiskussion und der internationale Trend zum
Vergleich von schulisch vermittelten Qualifikationen haben zu neuen
Fragestellungen geführt und verlangen nach angemessenen
Unterstützungsstrukturen für das Bildungswesen, nach wissenschaftlicher
Aufarbeitung von Untersuchungsergebnissen sowie deren Interpretation. Zugleich
gibt es an den Universitäten und an den neu zu errichtenden Pädagogischen Hochschulen
ein erhebliches Forschungspotential, das optimal zu nutzen ist bzw. sein wird.
Mit der
Einrichtung eines Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und
Entwicklung des Bildungswesens wird eine Intensivierung und Koordination der
Bildungsforschung sowie der Qualitätssicherungsinitiativen im Schulbereich
angestrebt.
Das
Schülerbeihilfengesetz 1983 bzw. das Studienförderungsgesetz 1992 sehen schon
bisher die Gleichstellung von Ausländern und Staatenlosen mit österreichischen
Staatsbürgern unter bestimmten Voraussetzungen vor. Kinder von Arbeitnehmern
und von Selbständigen, welche die Staatsbürgerschaft eines Staates des
Europäischen Wirtschaftsraumes haben, in Österreich beschäftigt sind und hier
leben, sind Österreichern gleichgestellt. § 1a Abs. 2 des
Schülerbeihilfengesetzes 1983 bzw. § 4 Abs. 1 des
Studienförderungsgesetzes 1992 verweisen auf die Regeln des Übereinkommens zur
Schaffung des EWR.
Andere
ausländische Staatsbürger und Staatenlose sind österreichischen Staatsbürgern
gleichgestellt, wenn wenigstens ein Elternteil mit dem Studienbeihilfenwerber
durch fünf Jahre in Österreich den Mittelpunkt der Lebensinteressen vor Beginn
des Studiums hatte.
Das vom
Nationalrat am 7. Juli 2005 beschlossene Fremdenrechtspaket 2005,
BGBl. I Nr. 100/2005, beinhaltet im Artikel 4 die Neuregelung des
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Mit diesem Gesetz werden ua die
EG-Richtlinien 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer
Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen
und aufzuhalten, und die Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung
der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen umgesetzt. Diese
Umsetzung ist auch für den Bereich der Schülerbeihilfen bzw. der
Studienförderung vorzunehmen.
Die beiden
EG-Richtlinien sehen eine Gleichstellung von Unionsbürgern und ihren
Familienangehörigen sowie von Drittstaatsangehörigen mit österreichischen
Staatsbürgern auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung
(einschließlich Stipendien) unter bestimmten Voraussetzungen vor.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Durch die
Abschaffung des 2/3-Erfordernisses für Schulgesetze durch die B-VG – Novelle
BGBl. I Nr. 31/2005 kann ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz mit
einfacher Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden.
Hinsichtlich der
Artikel 1 bis 5 sowie 8 und 9 unterliegt der Gesetzentwurf der
Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen
Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der
Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.
Artikel 6 und 7
sind als Maßnahmen in Umsetzung zwingender Vorschriften des Gemeinschaftsrechts
gemäß Art. 6 Abs. 1 Z 1 der
Konsultationsmechanismus-Vereinbarung, BGBl. I Nr. 35/1999, zu
bewerten und daher von der Anwendung der genannten Vereinbarung ausgenommen.
Der Unterrichtsausschuss hat die
gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. November 2005
in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die
Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Wolfgang Großruck,
die Abgeordneten Mag. Dr.
Alfred Brader, Beate Schasching, Franz Riepl, Dieter Brosz, Dr.
Franz-Joseph Huainigg, Mares Rossmann,
Mag. Christine Muttonen, Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Robert Rada,
Wolfgang Großruck, DDr. Erwin Niederwieser,
Werner Amon MBA und Mag. Kurt Gaßner
sowie die Bundesministerin für
Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Ferner beschloss
der Unterrichtsausschuss einstimmig folgende Feststellungen:
Der Unterrichtsausschuss stellt fest, dass es sich beim Entfall der §§ 131a, 131b, 131c und 131d des Schulorganisationsgesetzes um keine rechtsändernde, sondern lediglich um eine rechtsbereinigende Maßnahme handelt.
Die Durchführung von Schulversuchen betreffend den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder (§ 131a des Schulorganisationsgesetzes) war letztmalig im Schuljahr 2000/01 (an der Polytechnischen Schule) zulässig. Seit dem Wegfall dieser besonderen Rechtsgrundlage wurden und werden derartige Schulversuche gemäß § 7 des Schulorganisationsgesetzes (allgemeiner Schulversuchsparagraph), welcher keine zeitliche Befristung vorsieht, durchgeführt. Der Entfall der genannten Bestimmung führt daher zu keiner Änderung der geltenden Rechtslage.
Im Verlauf von mehr als 30 Jahren haben sich die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit eines Zentrums für Schulentwicklung stark verändert. Insbesondere die Schulautonomie, die Schulqualitätsdiskussion und der internationale Trend zum Vergleich von schulisch vermittelten Qualifikationen haben zu neuen Fragestellungen geführt und verlangen nach angemessenen Unterstützungsstrukturen für das Bildungswesen.
Der Unterrichtsausschuss ist der Auffassung, dass in den Aufgabenbereich des Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des Bildungswesens zusätzlich zu den im Gesetz angeführten Aufgaben insbesondere die Erarbeitung von Strategien zur Prävention von Aggression und Gewalt an Schulen fällt.
Weiters können für spezielle Aufgabenbereiche Fachexperten projektbezogen mit verwendet werden.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1166 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005 11 22
Wolfgang Großruck Werner Amon, MBA
Berichterstatter Obmann