1198 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (1167 der Beilagen): Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hoch­schulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005)

Im Lichte der gesamteuropäischen Entwicklung des tertiären Bildungsraumes sind innerhalb des nationalen Bildungssystems auch Reformen im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung immer bedeutsamer geworden. So werden Fragen nach den besten strukturellen Voraussetzungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer gestellt. Es wird auch diskutiert, wie weit Universitäten als Lernorte geeignet erscheinen, auch für die speziellen beruflichen Anforderungen vorzubereiten und wie weit eine Neuorganisation der Lehrerinnen- und Lehrerbildung das Spannungsfeld zwischen „universitär“ und „praxisorientiert“ auflösen kann.

Die Bologna-Erklärung 1999 enthält die Forderung nach der europäischen und internationalen Vergleichbarkeit von Universitäts- und Hochschulstudien. Somit sind auch Studienabschlüsse der neuen Pädagogischen Hochschulen von dieser Entwicklung betroffen.

Kernbereiche des Bologna-Prozesses, wie die Einführung eines Systems verständlicher und vergleichbarer Studienabschlüsse, um arbeitsmarkt-relevante Qualifikationen der europäischen Bürger und Bürgerinnen ebenso wie die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern, mussten in der Entwicklung der Pädagogischen Hochschulen berücksichtigt werden.

Der Bologna-Prozess gibt generell gesehen im wesentlichen zwei Hauptzyklen vor: den ersten akademischen Abschluss mit einer Studiendauer von mindestens drei Jahren und 180 Credits nach dem ECTS-System (Bachelorebene) und den zweiten akademischen Abschluss mit einer Studiendauer von mindestens zwei Jahren und 120 Credits (Masterebene), in dessen Anschluss ein Doktoratsstudium von mindestens zwei Jahren Dauer und 120 Credits (PhD) absolviert werden kann.

Die Zyklen folgen dem Prinzip der Durchlässigkeit, aber nicht jede tertiäre Institution muss alle diese Abschlüsse anbieten.

Schon im AStG wurde für die Akademien die Einführung des Leistungspunktesystems (ECTS –European Credit Transfer System) angeregt und auch weitgehend umgesetzt. Für die Hochschulen wurde nun das ECTS zur Förderung der Mobilität der Studierenden festgelegt und das Arbeitsausmaß (workload) der Studierenden neu bewertet. Damit wird nicht nur die Anerkennung und Anrechnung von Studienteilen geregelt, sondern das ECTS ist auch für die Qualitätssicherung im Hinblick auf die Erarbeitung vergleichbarer Kriterien und Methoden wesentlich. Dadurch wird der erforderlichen europäischen Dimension insbesondere im Bereich der Curriculumentwicklung, der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, der Mobilitätsprojekte und integrierten Studien-, Ausbildungs- und Forschungsprogramme Rechnung getragen.

Eigenständiges Hochschulgesetz

Die besonderen Aufgaben und Anforderungen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in den Pädagogischen Hochschulen erfordern ein eigenständiges Gesetz und können derzeit nicht mit den bestehenden Normen des Universitätsgesetzes 2002 oder des Fachhochschul-Studiengesetzes 1993 abgedeckt werden.

Dies liegt darin begründet, dass an Pädagogischen Hochschulen die spezielle Berufsaus-, -fort- und
-weiterbildung mit starkem Praxisbezug sowie die Betonung der fachdidaktisch-methodischen Ausbildung gleichberechtigt neben der wissenschaftlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung bestehen muss. Daher ist es notwendig, besondere gesetzliche Rahmenbedingungen für diese Ansprüche zu schaffen.

Bisherige Lehrerinnen- und Lehrerbildungsinstitutionen nach dem Akademien-Studiengesetz 1999

Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer im AStG-Bereich war bisher auf verschiedene Institutionen (Pädagog. Akademien, Pädagog. Institute, Berufspädagog. Akademien, Religionspädagog. Akademien, Religionspädagog. Institute und die Agrarpädagog. Akademie) aufgeteilt. Die Aufsplitterung der institutionellen Verantwortungen erschwerte, ein Professionalisierungskontinuum für Lehrerinnen und Lehrer von der Ausbildung beginnend und das gesamte Berufsleben begleitend herzustellen. Die strukturelle und inhaltliche Zusammenführung der Institutionen zu größeren Bildungseinheiten, an denen ein breites Spektrum der Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer angeboten wird, soll in Zukunft das berufsbegleitende Lernen der Lehrerinnen und Lehrer gewährleisten.

Akademisierung

Durch die Schaffung der Pädagogischen Hochschulen wird durch die akademischen Berufsabschlüsse und die Professionalisierung der Studien nicht nur die Akademikerquote angehoben sondern auch eine Akademisierung und Professionalisierung des gesamten Berufsbildes erreicht.

Zielsetzungen, Struktur und Inhalt:

Mit diesem Gesetz werden die bis dahin bestehenden 51 Institutionen des AStG zu Pädagogischen Hochschulen zusammengeführt, die mit allen anderen Bildungsinstitutionen im tertiären Bildungsbereich gleichberechtigt werden und daher auch das Graduierungsrecht für ihre Abschlüsse erlangen.

Dies beinhaltet, dass sie im Rahmen der staatlichen Vorgaben ihre Organisation selbst bestimmen können. Die Führungs- und Leitungsfunktionen der Pädagogischen Hochschulen sind im Gesetz geregelt.

Angebote für die Erwachsenenbildung in pädagogischen Berufsbereichen werden eingerichtet, da an den Pädagogischen Hochschulen die dafür notwendige Expertise vorhanden ist und auch genutzt werden soll.

Die Verpflichtung zur Finanzierung trägt weiterhin der Bund für die Bereiche der Lehrämter und der Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer. Für die übrigen Teile der Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer haben die Pädagogischen Hochschulen Vorsorge zu treffen (Fondfinanzierung).

Mit dem Entwurf wird der Gesetzesauftrag des Akademien-Studiengesetzes 1999 (§ 1 AStG) umgesetzt.

Leitung der Pädagogischen Hochschulen

Auf Grund der Veränderungen zu den bisherigen Leitungsstrukturen auf der Metaebene aller AStG-Akademien (Bundesleitungskonferenzen) ist es notwendig, neue Leitungsorgane mit Entscheidungsbefugnis am jeweiligen Standort einzusetzen. Die werden definiert als Hochschulrat (Aufsichtsorgan), als Rektorin bzw. Rektor und Rektorat (operationale Leitung) und als Studienkommission (Kollegialorgan für Studienangelegenheiten).

Über die jeweilige Vertretung in der Studienkommission und bei deren Aufgaben erfolgt auch die Mitbestimmung der Lehrenden und Studierenden.

Studien

Der inhaltliche Schwerpunkt der Pädagogischen Hochschule liegt auf der Vernetzung der wissenschaftlich fundierten mit der berufsbezogenen und stark praxisorientierten Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern und anderen in pädagogischen Berufsfeldern Tätigen. Alle Studiengänge für Lehrämter und Hochschullehrgänge werden neu in einem modularen System von Studienteilbereichen angeboten. Damit wird auch die Durchlässigkeit zu anderen tertiären Bildungsinstitutionen hergestellt.

Organisations- und Studienrecht sind entsprechend den für Hochschulen oder Universitäten üblichen Standards geregelt, um das international übliche tertiäre Niveau und eine sehr enge, intensive Kooperation mit Universitäten und anderen tertiären Bildungsinstitutionen auf nationaler und internationaler Ebene zu gewährleisten.

Die akademischen Grade der Studienabschlüsse sind bolognakonform und mit dem Studiensystem an Universitäten durchlässig gestaltet.

Kirchen und Religionsgesellschaften

Auf die besondere Situation der Kirchen und Religionsgesellschaften im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung wurde Bedacht genommen und besondere Optionen der Nutzung von Raum und Infrastruktur der öffentlichen Einrichtungen geschaffen (privatrechtliche Verträge).

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch die Öffnung der Studieninhalte auf andere pädagogische Berufsfelder wird das Berufsspektrum für Hochschulabsolventinnen und -absolventen auf einen größeren Arbeitsmarkt hin erweitert.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Schaffung Pädagogischer Hochschulen aus den AStG-Akademien ist kostenneutral. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Allgemeinen Teil der Erläuterungen verwiesen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Rechtsvorschriften der Europäischen Union sind, soweit diese auf dieses Gesetz zutreffen, berücksichtigt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die Beschlussfassung über ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz bedarf keiner besonderen Beschlussfassungserfordernisse gemäß Art. 14 B-VG.

Ferner unterliegt der Gesetzesentwurf der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. November 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader, die Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Alfred Brader, Dieter Brosz, Mares Rossmann, DDr. Erwin Niederwieser und Dr. Franz-Joseph Huainigg sowie die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Werner Amon, MBA und Mares Rossmann einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (Änderung des Inhaltsverzeichnisses):

Aus redaktionellen Gründen erfolgt eine Ergänzung der Inhaltsangabenzeile betreffend Drittmittel um den bezugnehmenden § 77 des Hochschulgesetzes 2005.

Zu Z 3 (Änderung des § 75 Abs. 1):

Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Förderung des Sports aus Bundesmitteln und die parlamentarische Behandlung eines Entwurfes über ein Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 (Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten vom 9. November 2005, 1172 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XXII. GP) machen es erforderlich den Verweis auf das Bundes-Sportförderungsgesetz, BGBl. Nr. 2/1970, entsprechend zu adaptieren.

Zu Z 4 (Änderung des § 80 Abs. 1 Z 1):

Eine redaktionelle Änderung des In-Kraft-Tretens stellt den Bezug zu § 83 betreffend die Gründungsphase der Pädagogischen Hochschulen sicher.

Zu Z 5 (Änderung des § 83 Abs. 1):

Die Adaptierung des Verweises stellt die Bezugnahme auf die Bestimmungen betreffend das In-Kraft-Treten sicher.

Zu Z 2 und 6 (Änderung des Inhaltsverzeichnisses, §§ 84 und 85):

Den Änderungen im Organisationsrecht folgend werden die Pädagogischen und Berufspädagogischen Akademien des Bundes, die Pädagogischen Institute des Bundes und die Agrarpädagogische Akademie aufgelöst. Diese organisatorische Maßnahme soll aus Gründen der Vereinfachung unmittelbar kraft Gesetzes erfolgen. Der Bestand der Dienstverhältnisse der den genannten Einrichtungen zur dauernden Dienstleistung zugewiesen Bundesbediensteten ist durch diese gesetzliche Maßnahme nicht berührt, es ist allerdings erforderlich, das Personal den gemäß § 1 errichteten öffentlichen Pädagogischen Hochschulen entsprechend zuzuweisen. Auch diese Zuweisung (Versetzung), an der wegen der Auflassung der bisherigen Dienststellen ein wichtiges dienstliches Interesse besteht, erfolgt aus Gründen der Vereinfachung kraft Gesetzes (§ 84). Die Zuweisung der bisher an privaten Akademien und Instituten tätigen Subventionslehrkräfte an die regional in Betracht kommende Pädagogische Hochschule des Bundes erfolgt nur subsidiär für den Fall, dass die Lehrkräfte nicht ohnedies an private hochschulische Einrichtungen zugewiesen werden (§ 85).

Die Auflassung der Akademien und Institute impliziert auch ein Enden der an deren schulorganisatorische Strukturen anknüpfenden Leitungsfunktionen. In § 84 Abs. 5 (§ 85 Abs. 3) wird daher klargestellt, dass solche – durch Ernennung oder Betrauung – übertragene Funktionen (Leitung der Akademie bzw. des Institutes, Leitung der Abteilung einer Akademie bzw. eines Institutes) enden. Weiters enden Abteilungsleitern zusätzlich übertragene Funktionen im Sinne des § 58 Abs. 3 GehG. Zur Wahrung der Interessen jener Funktionsträger, die von der dauernden Ausübung ihrer Leitungsfunktion und den damit verbundenen besoldungsrechtlichen Folgen ausgehen durften, sind im Rahmen der 2. Dienstrechts-Novelle 2005, die auch andere personalbezogene Adaptierungen im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz 2005 enthält, besoldungsrechtliche Begleitmaßnahmen vorgesehen (Regierungsvorlage 1190 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XXII. GP). Weitere Anpassungen werden auf der Grundlage der entwickelten Binnenstruktur und der studienrechtlichen Grundlagen der Pädagogischen Hochschule in einem zweiten Schritt ins Auge zu fassen sein.

Beschlusserfordernisse:

Die Änderungen unterliegen keinen besonderen Beschlusserfordernissen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Werner Amon, MBA und Mares Rossmann mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ferner beschloss der Unterrichtsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

Der Unterrichts-Ausschuss geht davon aus, dass in Bezug auf die „Verweiblichung“ des Lehrberufes in einzelnen Bereichen (insbesondere in der Primarstufe) dem Gedanken des Gender Mainstreamings bei der Gestaltung der Studiengänge und der Studienpläne große Bedeutung zukommt.

Deshalb ist in der Verordnung betreffend die Studienordnung der Pädagogischen Hochschulen darauf zu verweisen, dass die neuen Curricula sowohl inhaltlich für die Berufsvorbereitung als auch in der Ausrichtung der Studien bewusstseinsbildend wirken. Die Studierenden sollen in die Lage versetzt werden, lehrplankonform in Richtung Gleichstellung zu unterrichten und dabei die aktuellen geschlechterwissenschaftlichen Befunde (etwa im Hinblick auf geschlechtsspezifischen Zugang zu technischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts- und Bildungsinhalten) zu berücksichtigen.

Grundsätzlich ist sicherzustellen, dass Gender Studies bzw. Gender Mainstreaming in allen Studien verankert werden, um damit auch Artikel 4 des EG-Vertrages zu entsprechen.

 

Der Unterrichtsausschuss ist in Bezug auf eine Bedachtnahme auf die Durchlässigkeit von Bildungsangeboten der Auffassung, dass dem Instrument der Kooperation besondere Bedeutung zukommt.

Deshalb sind bezüglich der geforderten Kooperationen zügige, längstens binnen zwei Jahren zu erfolgende Modelle zu entwickeln, die eine optimale Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der verschiedenen Wege der Lehrerausbildung (Pädagogische Hochschule und Universität) gewährleisten. Um dies sicherzustellen, sollten die Curricula an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in enger wechselseitiger Abstimmung und Koordination entwickelt werden.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 11 22

Mag. Dr. Alfred Brader    Werner Amon, MBA

       Berichterstatter                  Obmann