1200 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über den Antrag 621/A(E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kurssystem für die Oberstufe

Die Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 12. Mai 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die ExpertInnen der Zukunftskommission empfehlen in ihrem Abschlussbericht, das Kurssystem für die AHS-Oberstufe einzuführen. SchülerInnen  wählen aus einem Vorlesungsverzeichnis verpflichtende Basis-, typenbildende, alternative und freie Wahlmodule sowie Unterricht zu Schlüsselqualifikationen wie Rhetorik oder Präsentation. Beim Nichterfüllen der Anforderungen in einem Kurs muss nur dieser Kurs wiederholt werden.

Solche Systeme werden in einigen Ländern und in Österreich vor allem in Wien mit Erfolg eingesetzt. Wir würden es deshalb begrüßen, das Kurssystem auch in BHS einzuführen. Es fördert Selbstständigkeit und bietet den SchülerInnen die Möglichkeit zur individuellen Schwerpunktsetzung.

Durch die Einführung eines Kurssystems ließe sich außerdem das Wiederholen in der Oberstufe enorm vermindern. Die Zukunftskommission betont, dass das Wiederholen einer Klassenstufe – von Einzelfällen abgesehen – keine effiziente Maßnahme der Lernförderung ist. Im Allgemeinen erfolgt bei Klassenwiederholungen auch keine spezielle Förderung in den negativ abgeschlossenen Fächern. ‚Ein möglicher, aber keineswegs sicherer Lernzuwachs in einem oder mehreren wiederholten Gegenständen wird relativiert durch die Wiederholung in einer weitaus größeren Anzahl an Fächern, die bereits positiv abgeschlossen wurden. Für die SchülerInnen bedeutet dies neben hohen psychischen Kosten den Verlust eines Schuljahres; auf der Ebene des Gesamtsystems erwachsen hohe Kosten durch die Verlängerung der Schulzeit. (57-58)

Die Zukunftskommission verweist des weiteren auf europäische Untersuchungen, die zeigen, dass das Sitzenbleiben allenfalls kurzfristig den Lernerfolg verbessert, allerdings das Selbstwertgefühl der SchülerInnen durch Stigmatisierung beeinflusst, zum Verlust von sozialen Beziehungen führt, die Schulangst erhöht und die Beziehung zu den Eltern beeinträchtigt.

Da beim Repetieren also die Nachteile in Summe deutlich größer als die Vorteile erscheinen, bezieht die Zukunftskommission den Standpunkt, dass ‚(...) das Wiederholen von ganzen Schulstufen durch pädagogische und/oder organisatorische Verbesserungen soweit als möglich vermieden werden sollte. Fehlende Kompetenzen sollten stattdessen durch begleitende Kurse bzw. Prüfungen im laufenden Schuljahr nachgeholt werden – mit modernen, leistungsdifferenzierten Kurssystemen ließe sich das Wiederholen ebenfalls deutlich vermindern.’ (58)

Österreich gehöre ohnehin zu den Ländern, wo relativ viele SchülerInnen im Vergleich zur normalen Schulkarriere ‚verloren gehen’. Trotz verschiedener Maßnahmen, mit denen die Repetierhäufigkeit verhindert werden sollte (Aufsteigen mit einem Nichtgenügend, Frühwarnsystem), wiederholen zahlreiche SchülerInnen ein ganzes Schuljahr, obwohl sie in manchen Fällen lediglich einen einzigen Gegenstand nicht positiv abgeschlossen haben. (95)

Umso bedauerlicher ist es, dass Bildungsministerin Gehrer nicht bereit ist, die Schulorganisation durch Umstieg vom Jahrgangs- auf ein Kurssystem – wie es die Zukunftskommission auf Seite 59 empfiehlt – zu verändern. Stattdessen sollen Schulversuche dazu weiter evaluiert werden – und das, obwohl die Ergebnisse der bisherigen Schulversuche bereits klar belegen, dass ein solches System erfolgreich wäre.“

 

Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 22. November 2005 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Abgeordneter Dieter Brosz.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader, Wolfgang Großruck, Nikolaus Prinz, Christian Faul und Dr. Franz-Joseph Huainigg.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Wolfgang Großruck gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2005 11 22

              Wolfgang Großruck Werner Amon, MBA

       Berichterstatter                  Obmann