1204 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über den Antrag 629/A(E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuordnung der Leistungsbeurteilung im Schulsystem

Die Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 12. Mai 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Zukunftskommission verweist in ihrem Endbericht auf erhebliche Mängel in der derzeitigen Leistungsbeurteilungspraxis. Das Notensystem bewirke, dass viele SchülerInnen Lernen nur dann für sinnvoll halten, wenn es unmittelbar zu Noten führt. Sie arbeiten folglich nicht kontinuierlich für die Schule, sondern konzentrieren sich punktuell auf das Bestehen von Prüfungen. Die ExpertInnen der Zukunftskommission betonen, dass darunter vor allem die Nachhaltigkeit des Lernens leidet, weil ein langfristiger durch regelmäßiges Üben gestützter Kompetenzerwerb nicht gefördert wird.

In ihrem Endbericht legen die ExpertInnen eine Menge weitere Probleme des derzeitigen Beurteilungssytems dar:

·         Ziffernnoten haben einen generell geringen Informationswert für Zwecke, die über die Schule hinausgehen

·         Noten weisen eine mangelnde Vergleichbarkeit im Hinblick auf die zugrunde liegenden Leistungen auf

·         Es fehlt an externen Beurteilungsmassstäben und objektiver Tests trotz immer wieder nachgewiesener Mängel des LehrerInnenurteils

·         Es fehlt eine stärker am Prozess des Lernens orientierte schulische Diagnostik bzw. die dafür erforderlichen diagnostischen Kompetenzen der LehrerInnen

Analysen zur Entwicklung der Notengebung zeigen außerdem, dass die Notendurchschnitte aus den Hauptgegenständen während der Schullaufbahn kontinuierlich schlechter werden. Laut ExpertInnen der Zukunftskommission hat dies jedoch nichts damit zu tun, dass die SchülerInnen immer weniger in der Lage sind, die Anforderungen der Schule zu erfüllen. Eher zeigt sich hier eine Diskrepanz zwischen einem immer mehr steigenden Anspruchsniveau und der Fähigkeit, diese Ansprüche im Rahmen des Unterrichts einzulösen.

Insgesamt vermuten die ExpertInnen, dass das Verhältnis Aufwand zu (Noten)-Ertrag während der Schullaufbahn nicht stimmig ist und vielleicht einen der Gründe bildet, warum die Lernmotivation immer weiter zurückgeht.

Dieses Bündel an vorhandenen Problemen – so die Zukunftskommission – sollte den Anstoß für ein grundsätzliches Überdenken der gesamten derzeitigen Leistungsbeurteilungspraxis führen.  Die Zukunftskommission ergreift hier besonders harte Worte:

‚Über den defizitären Zustand der derzeit üblichen Leistungsbeurteilung werden seit mehr als drei Jahrzehnten stichhaltige empirische Studien und Analysen vorgelegt. Nichts davon hat zu einer ernsthaften Neuorientierung geführt – weder die psychologisch schwer wiegenden Argumente noch der wiederholte Nachweis der eminenten Ungerechtigkeit im objektiven Vergleich. Auch nicht die Weiterentwicklung der Beurteilungsmethoden in einer großen Zahl anderer Länder. Es ist dringender Handlungsbedarf gegeben.’ (96)

Die Zukunftskommission empfiehlt hierzu ein vom BMBWK in Auftrag gegebenes Projekt, das die Neuordnung der Leistungsbeurteilung im Schulsystem zum Ziel hat. Unterrichts- und BildungsforscherInnen sollen gemeinsam ein neues, einfaches und faires Konzept erstellen, das die konkreten Vorschläge der Zukunftskommission (lernzielbezogene/ kriterielle Rückmeldung, Bildungsstandards, System-Monitoring, verbale Beurteilungen, Portfolios, etc.) einbezieht. Dieses neue Leistungsbeurteilungskonzept solle in den ‚klasse:zukunft’-Modellschulen einige Jahre angewandt werden, wofür die LehrerInnen entsprechend ausgebildet werden. Die Anwendungen werden sorgfältig wissenschaftlich begleitet, danach soll das Beurteilungssystem flächendeckend im System angewandt werden.“

 

Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 22. November 2005 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Abgeordneter Dieter Brosz.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader, Wolfgang Großruck, Nikolaus Prinz, Christian Faul und Dr. Franz-Joseph Huainigg.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Wolfgang Großruck gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2005 11 22

              Wolfgang Großruck Werner Amon, MBA

       Berichterstatter                  Obmann