1215 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 605/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 11. Mai 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Vorblatt

Probleme:

-       Nach § 36 Angestelltengesetz (AngG) können Konkurrenzklauseln zulässigerweise unabhängig von der Einkommenssituation des Arbeitnehmers vereinbart werden. Eine vereinbarte Konkurrenzklausel bewirkt jedoch bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach § 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine (auch finanziell) spürbare unverhältnismäßige Beeinträchtigung der beruflichen Mobilität. Weiters ist problematisch, dass die §§ 36 ff AngG nach der Judikatur auf nicht dem AngG unterliegende Arbeitnehmer nur im Weg der Analogie Anwendung finden.

-       Ebenso wirken Vereinbarungen über den Ersatz von Ausbildungskosten mobilitätshemmend. Der Rückersatz von Ausbildungskosten ist allerdings gesetzlich nicht geregelt; die Eckpunkte, unter denen zulässigerweise der Rückersatz von Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer vereinbart werden kann, sind aus der zahlreichen Judikatur zu dieser Thematik abzuleiten. Dieser Umstand führt bei Arbeitnehmern zu einer gewissen Rechtsunsicherheit gerade in diesem sensiblen Bereich.

Ziele:

-       Sozialpolitisch verträgliche Anpassung des Konkurrenzklauselrechts im AngG durch Ausklammerung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach § 5 Abs. 2 ASVG

-       Weitere Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten durch die gesetzliche Klarstellung, dass das Konkurrenzklauselrecht grundsätzlich für alle Arbeitsverhältnisse gilt, durch Schaffung einer gesetzlichen Konkurrenzklauselregelung auch für Arbeiter

-       Schaffung einer gesetzlichen Regelung über den Rückersatz von Ausbildungskosten

Inhalt:

-       Schaffung einer Entgeltgrenze in § 36 AngG durch die Klarstellung, dass bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach § 5 Abs. 2 ASVG eine Konkurrenzklausel nicht wirksam vereinbart werden kann

-       Schaffung einer den §§ 36 ff AngG nachgebildeten Konkurrenzklauselregelung im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)

-       Schaffung einer gesetzlichen Regelung über den Rückersatz von Ausbildungskosten im AVRAG grundsätzlich durch Festschreibung der von der Judikatur entwickelten Eckpunkte, bei deren Vorliegen die Vereinbarung einer Ausbildungskostenrückerstattung zulässig und wirksam vereinbart werden kann.

Alternative:

Beibehalten der derzeitigen Rechtslage nach § 36 AngG bzw. des derzeit unbefriedigenden Rechtszustandes, soweit es den Ausbildungskostenrückersatz betrifft.

Finanzielle Auswirkungen:

keine

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die mit der Ausklammerung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach § 5 Abs. 2 ASVG vom Konkurrenzklauselrecht und der Festlegung gesetzlicher Rahmenbedingungen für die Vereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes einhergehende Rechtssicherheit die Mobilität der Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses erleichtert bzw. erhöht.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Hinsichtlich der Neuregelung des Konkurrenzklauselrechts bzw. der Regelung des Ausbildungskostenrückersatzes bestehen keine Vorgaben des Rechtes der EU.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Konkurrenzklauselrecht ist in den §§ 36 ff AngG gesetzlich geregelt. Die Konkurrenzklausel schließt für einen vereinbarten zeitlichen und örtlichen Rahmen die Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus, um die Konkurrenzierung des Arbeitgebers durch den ehemaligen Arbeitnehmer zu verhindern.

Die seit Inkrafttreten des AngG mit Juli 1921 nicht geänderte und bedeutungslos gewordene ursprüngliche Betragsregelung in § 36 Abs. 1 AngG von 120.000 Kronen (entspricht umgerechnet den Wert von 8 Schilling) wurde im Zuge der Währungsumstellung von Schilling- auf Eurobeträgen ersatzlos beseitigt. Konkurrenzklauseln können damit nach § 36 AngG grundsätzlich unabhängig von der Einkommenssituation des Arbeitnehmers vereinbart werden.

Die arbeitsrechtliche Praxis zeigt in letzter Zeit allerdings, dass Konkurrenzklauseln „formularmäßig“ nicht nur bei hoch qualifizierten und gut ausgebildeten Arbeitnehmern, sondern in zunehmenden Ausmaß auch bei Arbeitnehmern mit schlechter Ausbildung und niedrigem Einkommen vereinbart werden, die - im Vergleich zu gut ausgebildeten und besser bezahlten Arbeitnehmern - erfahrungsgemäß nicht besonders von einem Arbeitsplatzwechsel profitieren.

Die Schaffung einer zeitgemäßen und sozialpolitisch gerechtfertigen „modernen“ Entgeltgrenze im Konkurrenzklausel zum Schutz von wirtschaftlich schwächeren Arbeitnehmern erscheint daher sachlich gerechtfertigt.

Nach der Rechtsprechung sind die §§ 36 ff AngG auf nicht dem AngG unterliegende Arbeitsverhältnisse analog anzuwenden. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird daher in einem neu geschaffenen § 2c AVRAG - für das AVRAG als Regelungsort spricht dessen weiter Geltungsbereich - durch Schaffung einer den §§ 36 ff AngG nachgebildeten Konkurrenzklauselregelung klargestellt werden, dass das Konkurrenzklauselrecht grundsätzlich auch für alle nicht dem AngG unterliegenden Arbeitsverhältnisse gilt. Damit erfolgt zugleich eine weitere Angleichung der Rechtsstellung von Arbeitern an Angestellte.

Ebenso wirken Vereinbarungen über den Ersatz von Ausbildungskosten mobilitätshemmend. Die Vereinbarung der Rückerstattung von Ausbildungskosten dient dem Schutz der Investition des Arbeitgebers in die Ausbildung des Mitarbeiters und knüpft an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses an. Der Rückersatz von Ausbildungskosten ist allerdings gesetzlich nicht geregelt; die Grundsätze, unter denen zulässigerweise der Rückersatz von Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer vereinbart werden kann, sind von der Judikatur an Hand zahlreicher Einzelfälle entwickelt worden.

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen daher - soweit sie einer generell-abstrakten Regelung zugänglich sind - aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz in § 2d AVRAG die von der Judikatur und herrschenden Lehre entwickelten Kriterien (ausgenommen bei der Frage der Heilung der mit einem Minderjährigen getroffenen Vereinbarung und der zulässigen Bindungsdauer), unter denen die Vereinbarung einer Ausbildungskostenrückerstattung zulässig und wirksam ist, gesetzlich festgeschrieben werden.

Die dem Arbeitnehmer nach den §§ 2c und 2d AVRAG gebührenden Rechte sind nach § 16 AVRAG unabdingbar.

Die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG.

Besonderer Teil:

Zu Artikel 1 (AngG):

Zu § 36 AngG:

Nach § 36 AngG ist eine vereinbarte Konkurrenzklausel nur insoweit wirksam, als:

-       der Arbeitnehmer zur Zeit der Vereinbarung nicht minderjährig ist;

-       sich die Beschränkung nur auf die Tätigkeit in dem Geschäftszweig des Arbeitge­bers bezieht und den Zeitraum eines Jahres nicht übersteigt;

-       die Beschränkung der Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers keine nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Arbeitgeber an ihrer Einhaltung hat, unbillige Erschwernis des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält.

Die Beurteilung der Reichweite bzw. der Wirksamkeit einer Konkurrenzklausel unterliegt im Streitfall der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Steht eine vereinbarte Konkurrenzklausel mit den vorgenannten Beschränkungen nicht im Einklang, wird der über die Beschränkung hinausgehende Teil unwirksam. Nur wenn die vereinbarte Kon­kurrenzklausel in sittenwidriger Art und Weise vereinbart wurde, ist sie von Anfang an nach § 879 ABGB unwirksam.

Die arbeitsrechtliche Praxis zeigt in letzter Zeit allerdings, dass Konkurrenzklauseln „formularmäßig“ nicht nur bei hoch qualifizierten und gut ausgebildeten Arbeitnehmern, sondern in zunehmenden Ausmaß auch bei Arbeitnehmern mit schlechter Ausbildung und niedrigem Einkommen vereinbart werden, die - im Vergleich zu gut ausgebildeten und besser bezahlten Arbeitnehmern - erfahrungsgemäß nicht besonders von einem Arbeitsplatzwechsels profitieren. Eine Konkurrenzklausel an sich bzw. Zeitspanne bis zur endgültigen Entscheidung des Arbeitsgerichts bewirkt für diese Arbeitnehmer eine unverhältnismäßige und (auch finanziell) spürbare Beeinträchtigung der beruflichen Mobilität.

Die Schaffung einer zeitgemäßen und sozialpolitisch gerechtfertigen „modernen“ Entgeltgrenze im Konkurrenzklauselrecht zum Schutz von wirtschaftlich schwächeren Arbeitnehmern erscheint daher sachlich gerechtfertigt. Insbesondere wird mit der Schaffung einer derartigen Entgeltgrenze in § 36 AngG sozial schwächer gestellten Arbeitnehmern, deren Einkommen unter der Entgeltgrenze liegt, ein unmittelbarer Schutz gewährleistet. Weiters wurde im § 36 Abs. 1 Z 1 AngG eine Klarstellung in sprachlicher Hinsicht vorgenommen.

Die vorliegende Bestimmung nimmt daher geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nach § 5 Abs. 2 ASVG (für das Jahr 2005 beträgt die Geringfügigkeitsgrenze 323,46 € monatlich bzw. 24,84 € täglich) von Konkurrenzklauselrecht aus. Der besondere Schutz geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse nach § 5 Abs. 2 ASVG ist aufgrund der unverhältnismäßigen Auswirkungen einer Konkurrenzklausel auf die Erwerbssituation dieser Arbeitnehmer sachlich gerechtfertigt.

Zu Artikel X Abs. 2 Z 10:

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. § 36 AngG in der Fassung dieses Bundesgesetzes findet nur auf nach dem 30. Juni 2005 neu vereinbarte bzw. neu abgeschlossene Konkurrenzklauseln Anwendung. Vor dem 1. Juli 2005 vereinbarte Konkurrenzklauseln bleiben unberührt und sind weiter nach Maßgabe des bisher geltenden Konkurrenzklauselrechts zu beurteilen.

Zu Artikel 2 (AVRAG):

Zu den §§ 1 Abs. 4 und 2c (Konkurrenzklausel):

Mit dieser Bestimmung wird im AVRAG entsprechend der ständigen Judikatur (etwa OGH v. 18. 12. 1996, 9 Ob A 2259/96p.) gesetzlich klargestellt, dass das in den §§ 36 ff AngG geregelte Konkurrenzklauselrecht grundsätzlich auch für alle dem AVRAG unterliegenden Arbeitsverhältnisse gilt. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 1 zu § 36 AngG verwiesen. Diese Bestimmung soll aber für Hausgehilfen und Hausangestellte nach dem Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz nicht gelten.

Zu § 2d (Ausbildungskostenrückersatz):

Nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre (vgl. etwa Löschnigg, Arbeitsrecht, 10.Auflage, 315 ff; Resch, Grenzen für Vertragsklauseln über den Rückersatz von Ausbildungskosten, DRdA 1993, 19; Marhold, Die Rückforderung von Ausbildungskosten von Berufsanwärtern freier Berufe, RdW 1984/4, 110; Apathy, Rückzahlung von Ausbildungskosten, DRdA 1980, 145 und die dort angeführte Judikatur) ist zwischen Ausbildungskosten und Einschulungskosten zu unterscheiden: Einschulungskosten sind jene Aufwendungen des Arbeitgebers, die dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer mit den Eigenheiten seiner betrieblichen Tätigkeit vertraut gemacht wird. Die Einschulung erfolgt regelmäßig innerbetrieblich oder zumindest im Unternehmens- oder Konzernbereich. Hat der Arbeitnehmer darüber hinaus Spezialkenntnisse theoretischer oder praktischer Art erworben, die allgemein auch in anderen Unternehmen verwertet werden können, so handelt es sich um die bei dem Arbeitgeber entstandenen Kosten um Ausbildungskosten.

Nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre sind Einschulungskosten überhaupt nicht, Ausbildungskosten nur über vertragliche Vereinbarung - zumindest teilweise -rückforderbar. Weiters sind nur die tatsächlich entstandenen Ausbildungskosten rückforderbar (vgl. etwa OGH v. 15.5.1979, 4 Ob A120/78). Verpflichtungen zur Rückerstattung von Ausbildungskosten finden sich idR nur in Einzelvereinbarungen, sie können grundsätzlich allerdings auch in Kollektivverträgen geregelt werden.

Die Rückforderung des während der Ausbildung erhaltenen Entgelts ist grundsätzlich unzulässig, da eine derartige Vereinbarung zu einer wesentlichen und einseitigen Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers führen würde. Nach der Judikatur (vgl. etwa OGH v. 26.11.1985, 4 Ob 124/85, mit Entscheidungsbesprechung von Dusak, ZAS 1987, 124; OGH v. 11.8.1993, 9 Ob A 151/93) und der arbeitsrechtlichen Lehre dazu kann das während der Ausbildung gezahlte Entgelt nur dann rückgefordert werden, wenn einerseits die Rückforderung des Entgelts ausdrücklich vereinbart wurde (aus der bloßen Vereinbarung der Rückzahlung von Ausbildungskosten kann die Verpflichtung zur Rückzahlung des Entgelts nicht abgeleitet werden), sowie andererseits der Arbeitnehmer vom Dienst zum Zweck der Ausbildung von jeglicher betrieblicher Verwendung unter Fortzahlung des Entgelts entbunden wird, um eine Ausbildung, die vor allem ihm selbst zu Gute kommt, zu absolvieren.

Weitere Kriterien für die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung sind nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre:

-       Der Arbeitnehmer muss im Zeitpunkt der Vereinbarung volljährig sein. Ist der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vereinbarung minderjährig, ist für die Wirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung nach der Judikatur zwingend die pflegschaftsbehördliche gerichtliche Genehmigung (die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen genügt nicht, da die Rückzahlungsverpflichtung ein Geschäft im Sinne des § 154 Abs. 3 ABGB ist) oder die nachträgliche Genehmigung durch den Minderjährigen nach erreichter Volljährigkeit erforderlich (vgl. etwa OGH v. 13.7.1995, 8 Ob A 1207/95).

-       Die Rückzahlungsvereinbarung darf im Einzelfall weder in zeitlicher noch betragsmäßiger Wirkung das Kündigungs­recht des Arbeitnehmers in sittenwidriger Weise erschweren. Für welche Dauer die Bindung konkret vereinbart wird, hängt grundsätzlich von der Höhe der Ausbildungskosten und des durch die Ausbildung erlangten wirtschaftlichen Vorteils (das zu erwartende Entgelt) des Arbeitnehmers ab. Von der Judikatur wird für das Arbeitsrecht eine zwei- bis dreijährige (vgl. etwa OGH v. 27.9.1995, 9 Ob A 136/95), unter gewissen Umständen maximal eine fünfjährige Bindungsdauer des Arbeitnehmers (vgl. etwa OGH v. 26.11.1985, 4 Ob 124/85, OGH v. 11.6.1997, 9 Ob A 128/97g) akzeptiert; von der herrschenden Lehre wird in Übereinstimmung mit der Judikatur eine Obergrenze von fünf Jahren angenommen. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes schreiben § 20 Abs. 4 BDG und § 30 Abs. 5 VBG für Piloten eine gesetzliche Ausbildungskostenrückersatzpflicht für die Dauer von acht Jahren nach Beendigung der Ausbildung auf Grund der besonders teuren Spezialausbildung vor, um - im öffentlichen Interesse (militärische Landesverteidigung) - ein baldiges Abwandern der mit Bundesmitteln ausgebildeten Piloten nach Ende der Ausbildung in die Privatwirtschaft zu verhindern (vgl. RV 553 BlgNR XVII GP).

-       Die Höhe der Ersatzpflicht muss in einer für den Arbeitnehmer zumutbaren Relation zum Entgelt stehen, dem Arbeitnehmer muss die Rückzahlung der Ausbildungskosten zumutbar sein.

-       Die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung muss entsprechend der Betriebszugehörigkeit nach Abschluss der Ausbil­dung gemindert werden bzw. degressiv gestaffelt sein, da der Arbeitgeber in dieser Zeit die durch die Ausbildung verbesserte Arbeitskraft des Arbeitnehmers nutzen kann (vgl. etwa ASG Wien v. 9.4.1999, 21 Cga 176/99x; OGH 2.9.1987, 1 Ob 625/87; sowie Tomandl, Arbeitsrecht 2, 81).

-       Das Entstehen der Rückzahlungsverpflichtung ist an bestimmte Formen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gebunden; so besteht eine Rückzahlungsverpflichtung etwa bei Arbeitnehmerkündigung, bei begründeter Entlassung und unbegründeten vorzeitigen Austritt. Jedenfalls unvereinbar ist eine Rückzahlungsverpflichtung mit einem Dienstverhältnis auf Probe. In befristeten Arbeitsverhältnissen ist die Vereinbarung einer Rückzahlungsverpflichtung unzulässig.

In Umsetzung der bisherigen Judikatur und herrschenden Lehre erfolgt aus Gründen der Rechtssicherheit in Abs. 1 eine Legaldefinition des Begriffs „Ausbildungskosten“; danach sind Ausbildungskosten die vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene erfolgreich absolvierte Ausbildung, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann.

Abs. 2 erster Satz stellt klar, dass es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung bedarf; mit dem zweiten Satz wird klargestellt, dass die Rückforderung des Entgelts nur zulässig ist, wenn dies in einer eigenen Vereinbarung geregelt wird; zudem muss der Arbeitnehmer für die Dauer der Ausbildung vom Dienst unter Fortzahlung des Entgelts freigestellt sein.

Mit Abs. 3 wird - soweit es die Ziffern 2 und 4 betrifft in Umsetzung der bisherigen Judikatur, soweit es die Ziffern 1 und 3 betrifft teilweise abweichend von der bisherigen Judikatur - klargestellt, dass eine Verpflichtung zur Rückerstattung der Ausbildungskosten insbesondere dann nicht besteht, wenn:

-       Z 1: der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vereinbarung minderjährig war. Abweichend von der bisherigen Judikatur wird die Unwirksamkeit der Rückersatzverpflichtung bereits durch die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geheilt.

-       Z 2: die Vereinbarung der Rückerstattung von bloßen Einschulungskosten unwirksam ist. Einschulungskosten sind jene Aufwendungen des Arbeitgebers, die dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer mit den Eigenheiten seiner betrieblichen Tätigkeit vertraut gemacht wird.

-       Z 3: der Arbeitnehmer durch die Rückzahlungsvereinbarung grundsätzlich für mehr als fünf Jahre nach Ende der Ausbildung zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet wird, sofern das Arbeitsverhältnis nicht vorher durch Fristablauf geendet hat. Diese Regelung setzt im Sinn der bisherigen Judikatur (vgl. etwa OGH v. 27.9.1995, 9 Ob A 136/95; OGH v. 26.11.1985, 4 Ob 124/85, OGH v. 11.6.1997, 9 Ob A 128/97g) die zulässige und wirksame Obergrenze der Bindungsdauer grundsätzlich mit fünf Jahren fest. Abweichend davon soll in Anlehnung an die oben genannten Bestimmungen des BDG und VBG in Ausnahmefällen jedoch auf Grund einer besonders kostenintensiven Ausbildung und der Möglichkeit des Arbeitnehmers zur Erzielung eines wesentliche höheren Einkommens auf Grund dieser Ausbildung die Vereinbarung einer bis zu achtjährigen Bindungsdauer zulässig sein; gedacht ist etwa an die besonders kostenintensive Ausbildung zum Berufspiloten. Die Fünf- bzw. Achtjahresgrenze bedeutet allerdings nicht, dass eine kürzere Bindungsdauer jedenfalls zulässig ist; es ist weiterhin im Sinn der bisherigen Judikatur für den Einzelfall zu beurteilen, ob die jeweilige Bindungsdauer eine unzumutbare Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit des Arbeitnehmers zur Ausübung seines Kündigungsrechts bewirkt und die zeitliche Bindungsdauer in einer für den Arbeitnehmer zumutbaren Relation zum zu erwartenden Entgelt steht.

-       Z 4: die Höhe der Rückerstattungsverpflichtung nicht aliquot, berechnet vom Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung bis zum Ende der zulässigen Bindungsdauer, vereinbart wird. Damit ist in der Rückzahlungsvereinbarung für die Dauer der Bindung die Höhe des jeweiligen Rückzahlungsbetrages festzulegen; möglich wäre etwa die Vereinbarung, dass sich der Rückzahlungsbetrag anteilig für jedes im Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Ausbildung zurückgelegte Monat anteilig verringert. Günstigere Vereinbarungen, etwa die Vereinbarung einer vorzeitigen Reduktion der Rückzahlungspflicht, sind zulässig.

Bei den Ziffern 1 bis 4 handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung an Gründen, die zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung führen. Im Einzelfall ist daher zur Beurteilung der Wirksamkeit und Zulässigkeit der Rückzahlungsvereinbarung weiterhin auf die bisherige Judikatur zur Frage der Rückerstattung von Ausbildungskosten zurückzugreifen.

Abs. 4 stellt im Sinne der bisherigen Judikatur klar, dass bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Probezeit nach § 19 Abs. 2 AngG oder einer gleichlautenden sonstigen gesetzlichen Regelung, bei unbegründeter Entlassung oder bei begründetem vorzeitigen Austritt keine Rückzahlungsverpflichtung besteht.

Zu § 19 Abs. 1 Z 17:

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Die §§ 2c und 2d AVRAG in der Fassung dieses Bundesgesetzes finden nur Anwendung auf nach dem 30. Juni 2005 neu abgeschlossene Vereinbarungen über Konkurrenzklauseln und den Ausbildungskostenrückersatz. Vor dem 1. Juli 2005 vereinbarte Konkurrenzklauseln bzw. bestehende Regelungen über den Ausbildungskostenrückersatz in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder in Einzelverträgen bleiben unberührt und sind weiter nach Maßgabe des analog anzuwendenden Konkurrenzklauselrechts der §§ 36 ff AngG bzw. der bisherigen Judikatur zu beurteilen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 23. November 2005 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Auschuss war der Abgeordnete Maximilian Walch. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Ridi Steibl, Erwin Spindelberger, Dietmar Keck, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Dr. Richard Leutner, Mag. Walter Tancsits, Franz Riepl, Ing. Josef Winkler, Theresia Haidlmayr sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und der Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Walter Tancsits und Maximilian Walch einen Abänderungsantrag betreffend § 36 Abs. 2 Angestelltengesetz und Anfügung einer Ziffer 10 im Art. X Abs. 2 Angestelltengesetz sowie Entfall des Art. 2 (Novelle zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) eingebracht.

 

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 605/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits und Maximilian Walch mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 11 23

           Maximilian Walch     Heidrun Silhavy

       Berichterstatter                     Obfrau