1218 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Antrag
72/A der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Angestelltengesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und
das Arbeitsverfassungsgesetz 1974 geändert werden
Die Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 26. März
2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Den
ArbeitnehmerInnen wird in der Arbeitswelt immer mehr an Mobilität abverlangt.
Die Einforderung der Bereitschaft zum Wechsel des Arbeitsplatzes (nicht selten
verbunden mit Wohnsitzwechsel), zum Wechsel des Berufs etc gehört zum
Standardrepertoire der Forderungen der Arbeitgebervertretungen. Auch die
Europäische Union geht in der ‚Lissabon Strategie’ von der Notwendigkeit
zunehmender Arbeitsplatzwechsel und Wechsel zwischen Ausbildung und
Beschäftigung aus (siehe Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat
[Lissabon], 23. und 24.3.2000, Punkt 29).
In grellem
Kontrast dazu steht in vielen Fällen die arbeitsrechtliche Wirklichkeit, die es
den Unternehmen ermöglicht, die Mobilitätserfordernisse der ArbeitnehmerInnen
mit unverhältnismäßigen Sanktionen zu belegen oder exorbitant hohe
Geldforderungen zu erheben. So haben sich etwa im Tourismus- und Gastgewerbe
Konkurrenzklauseln selbst bei Arbeiterinnen in den untersten Lohnkategorien in
den letzten Jahren immer mehr verbreitet. Vor allem Saisonbetriebe benützen
diese Form der „Knebelung", um Arbeitskräfte trotz mäßiger oder schlechter
Entgelt- und Arbeitsbedingungen nicht an besser zahlende Betriebe der Region zu
verlieren. Der Grundsatz der freien Arbeitsplatzwahl wird auf diese Weise
unterlaufen und gilt de facto vielfach nur bei entsprechendem
Arbeitgeberinteresse. Arbeitnehmer, die einen besseren Arbeitsplatz finden,
werden nicht zuletzt durch Konkurrenzklauseln am Wechsel gehindert. Auf
ähnliche Weise wirken arbeitsvertragliche Vereinbarungen über den Ersatz von
Ausbildungskosten mobilitätshemmend. Allfällige Rückforderungsansprüche sollen
deshalb auf ein sachlich begründbares Ausmaß eingeschränkt werden. Gleichzeitig
wird für die Normadressaten die Rechtssicherheit erhöht - ArbeitnehmerInnen,
die ihr Arbeitsverhältnis beenden wollen, sollen die Höhe potentieller
Arbeitgeberforderungen möglichst genau kalkulieren können. Spesen und sonstige
im Zusammenhang mit der Ausbildung stehende Aufwendungen des Arbeitgebers sind
ebenso wenig ersatzfähig wie Fahrt oder Nächtigungskosten und das während der
Ausbildung dem Arbeitnehmer bezahlte Entgelt.
Das Verbot von
Konkurrenzklauseln für die Zeit nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
sowie eine auf sachlich gerechtfertigte Fälle eingeschränkte und besser
vorhersehbare Regelung von Ausbildungskosten-Rückersatz-Vereinbarungen beenden
ein unzeitgemäßes und nicht vertretbares Mobilitätshemmnis und unterbinden die
‚Knebelung’ von ArbeitnehmerInnen bei der Arbeitssuche. Ergänzend ist
anzumerken, dass die Zulässigkeit von Konkurrenzklauseln (Wettbewerbsabreden)
und von Vereinbarungen über die Ausbildungskostenrückerstattung auch in
Hinblick auf das Recht auf Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen innerhalb der
Europäischen Union umstritten ist.
Mit In-Kraft-Treten
der gesetzlichen Bestimmungen werden Konkurrenzklauseln und Vereinbarungen über
Ausbildungskostenrückersatz, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen,
unabhängig vom Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung derartiger Klauseln
unwirksam. Die Unabdingbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen ist durch § 16
AVRAG gewährleistet.“
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat den Antrag 72/A in seiner Sitzung am 16. März 2004 in
Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der Abgeordnete Erwin Spindelberger.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Renate Csörgits, Karl Öllinger,
Maximilian Walch, Theresia Haidlmayr, Franz Riepl, Mag.
Walter Tancsits, Mag. Barbara Prammer sowie die Ausschussobfrau
Heidrun Silhavy und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Martin Bartenstein.
Von der
Abgeordneten Heidrun Silhavy wurde ein Abänderungsantrag betreffend
Entfall der Ziffer 3 im Artikel II gestellt. In dieser Sitzung vom
16. März 2004 wurde ein Vertagungsantrag des Abgeordneten Maximilian Walch
mit Stimmenmehrheit angenommen.
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Antrag 72/A am 25. Mai 2005
neuerlich in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Dr. Richard Leutner, August Wöginger, Dietmar Keck und Karl
Öllinger. Ein vom Abgeordneten August Wöginger eingebrachter Vertagungsantrag wurde mit
Stimmenmehrheit angenommen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 23. November 2005 seine
Verhandlungen fortgesetzt. An
der Debatte beteiligten die Abgeordneten Ridi Steibl,
Erwin Spindelberger, Dietmar
Keck, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Dr. Richard Leutner, Mag.
Walter Tancsits, Franz Riepl, Ing.
Josef Winkler, Theresia
Haidlmayr sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und der Staatssekretär im Bundesministerium
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek.
Bei der Abstimmung
fand der gegenständliche Initiativantrag bzw. der hiezu in der Ausschusssitzung
am 16. März 2004 gestellte oberwähnte Abänderungsantrag der Abgeordneten
Heidrun Silhavy nicht die Zustimmung der
Ausschussmehrheit.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis
nehmen.
Wien, 2005 11 23
Maximilian
Walch Heidrun
Silhavy
Berichterstatter Obfrau