1224 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über die Regierungsvorlage (1027 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird

Die Lehrlingsausbildung in Österreich ist eine Erfolgsgeschichte. Jährlich entscheiden sich ca. 40% aller Pflichtschulabgänger für diesen Weg. Bildung und Wirtschaft arbeiten in einzigartiger Weise eng zusammen und stellen so eine arbeitsmarktgerechte und moderne Ausbildung der Jugendlichen sicher.

Um diesen Erfolg weiterhin nachhaltig zu sichern und zu festigen, ist es erforderlich, die Lehrlingsausbildung in ständiger Reformbemühung auf der Höhe der Zeit zu halten. Aus diesem Grund hat das für die Lehrlingsausbildung zuständige Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bildungsministerium, den Ländern und den Sozialpartnern ein Reformprojekt ausgearbeitet, das die Modularisierung der Lehrlingsausbildung sowie bessere Zugangsbedingungen für die Zertifizierung von im Wege des lebenslangen Lernens erworbenen Qualifikationen beinhaltet.

1. Modulare Berufsausbildung: §§ 5 Abs. 3a, 6 Abs. 2a, 8 Abs. 4, 12 Abs. 3 Z 3, 26 Abs. 1

Die Modularisierung des dualen Systems ist ein weiteres Vorhaben zur Modernisierung der Lehrlingsausbildung und ist auch im Regierungsprogramm für die XXII. Gesetzgebungsperiode vom 28. Februar 2003 enthalten. Dieses Reformvorhaben steht im Zeichen der Flexibilisierung des Ausbildungsangebots und geht auf die zunehmende Spezialisierung in den Unternehmen ein. Auf der Grundlage einer soliden Basisausbildung soll im Rahmen der Erstausbildung die Möglichkeit für Schwerpunktsetzungen und Vertiefungen geschaffen werden, die den speziellen Produktionsweisen und Dienstleistungen eines Berufszweiges entsprechen.

Basis der Ausbildung sollen Grundmodule sein, die für mehrere verwandte Berufe gleich formuliert werden. Dem Bedarf an zunehmender Spezialisierung in der Ausbildung wird in darauf aufbauenden Hauptmodulen und Spezialmodulen Rechnung getragen.

Angepeiltes Ziel ist es, die Anzahl der derzeit ca. 260 Lehrberufe wesentlich zu reduzieren. Durch die Anrechnung von Modulen erhöht sich die Mobilität der Absolventen. Die Betriebe wiederum profitierten von einer besseren Spezialisierung und flexiblerer Ausbildung.

Vorteile einer Modularisierung der Lehrlingsausbildung:

a) Bessere Möglichkeit zur Schaffung spezialisierter Berufsbildungen nach einer breiten Basisausbildung, ohne dabei die Lehrlingsausbildung in eine unübersehbare Anzahl von Einzelberufen zu zersplittern,

b) flexiblere Gestaltung der Ausbildung durch verbesserte und erhöhte Kombinationsmöglichkeiten auf Grund der Strukturierung von Lehrberufen in Ausbildungsmodule,

c) die Lehrlingsausbildung soll für eine größere Anzahl von Betrieben ermöglicht werden.

Vorteile für die Jugendlichen:

a) Erhöhung der Mobilität der Absolventen durch Anrechnung von Modulen und erleichterte Spezialausbildungen, wodurch die Ausbildung krisensicherer wird,

b) größere Übersichtlichkeit des Angebots durch eine wesentliche Reduktion der Anzahl der derzeit ca. 260 Basisberufe.

Vorteile für das Gesamtsystem der Lehrlingsausbildung und den Lehrstellenmarkt:

a) Bessere Anpassung der Ausbildung an Branchenbedürfnisse und Erhöhung der Zahl der potentiellen Lehrbetriebe,

b) neue Ausbildungsmöglichkeiten vor allem in den wachsenden Dienstleistungsbereichen, etwa Wellnessbereich, für Sport und Kultur, für Informations- und Beratungsdienste etc..

Konzept der modularen Ausbildung:

Das Konzept sieht eine Modularisierung der Lehrlingsausbildung vor, bei der weiterhin ganze Berufsausbildungen angeboten werden. Grundsätzlich wird Ausbildung und Abschluss auf Fachkräfteniveau vorgesehen, eine Zerstückelung in Einzelmodule ist nicht geplant.

1. Nach einer Grundausbildung in einem für verwandte Lehrberufe eines Berufszweiges gleich formulierten Grundmodul (in der Regel zwei Jahre) folgen ein- bis zweijährige Hauptmodule, die dann eine Spezialisierung erlauben,

2. die Ausbildung in den Grund- und Hauptmodulen wird durch ein Angebot an Spezialmodulen ergänzt, welche entsprechend den speziellen Produktionsweisen und Dienstleistungen und somit gemäß den speziellen Qualifizierungsbedürfnissen einer Branche weitergehende Spezialisierungen und vertiefende Ergänzungen im Rahmen der Erstausbildung ermöglichen,

3. Lehrverträge werden jeweils über 3 bis 4 Jahre abgeschlossen (Grundmodul + Hauptmodul + allenfalls Spezialmodule), danach erfolgt die Lehrabschlussprüfung,

4. die Ausbildung muss die Fachkräftequalifikation sicherstellen.

Weitere Vorgangsweise - Zeitplan:

Die parlamentarische Beschlussfassung für die Novellierung des Berufsausbildungsgesetzes soll noch im Herbst 2005 erfolgen und damit die rechtlichen Voraussetzungen für die Modularisierung des dualen Systems geschaffen werden.

Die Umsetzung der Reform bzw. die Neueinrichtung der modularen Lehrberufe wird in den nächsten Jahren schrittweise erfolgen und den Bedürfnissen der einzelnen Branchen Rechnung tragen.

Bei der Gestaltung der Grundmodule ist jedenfalls darauf zu achten, dass die Ausbildung für alle Betriebe, die jetzt ausbilden, weiterhin möglich bleibt.

2. Etablierung eines erweiterten Zusatzprüfungsreglements: § 27

Im Sinne der Grundsätze von Flexibilisierung, Anerkennung von bereits erworbenen Qualifikationen und lebenslangem Lernen ist ein erweitertes Zusatzprüfungsreglement vorgesehen, welches Personen mit fachlicher oder fachlich nahe stehender Vorbildung sowohl aus dem Bereich der Lehrausbildung als auch schulischer Ausbildung einen unkomplizierten Zugang zum Erwerb zusätzlicher Qualifikationen ermöglicht.

3. Flexibilisierung der Zulassungsbestimmungen für die Lehrabschlussprüfung im sog. „Zweiten Bildungsweg“: § 23 Abs. 10

Bei der Festlegung des Prüfungsstoffes für die Lehrabschlussprüfung im zweiten Bildungsweg soll eine Differenzierung entsprechend dem Grad und Ausmaß der informell erworbenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen und damit ein Entfall von Teilen oder der gesamten theoretischen Prüfung möglich werden.

Der Wirtschaftsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 25. November 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin die Abgeordneten Franz Riepl, Ridi Steibl, Heidemarie Rest-Hinterseer, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Herta Mikesch gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der  somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1027 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005-11-25

Herta Mikesch Dr. Reinhold Mitterlehner

    Berichterstatterin                  Obmann