1244 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über die Regierungsvorlage (1084 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird
Gemäß Art. 66
Abs. 2 B-VG kann der Bundespräsident zum Abschluss bestimmter Kategorien
von Staatsverträgen, die weder unter Art. 16 Abs. 1 noch unter
Art. 50 B-VG fallen, die Bundesregierung oder die zuständigen Mitglieder
der Bundesregierung ermächtigen.
Art. 16
Abs. 1 B-VG normiert die Ermächtigung der Länder in Angelegenheiten, die
in ihren selbstständigen Wirkungsbereich fallen, Staatsverträge mit an
Österreich angrenzenden Staaten oder deren Teilstaaten abzuschließen.
Gemäß Art. 50
Abs. 1 B-VG dürfen politische Staatsverträge und Staatsverträge mit
gesetzänderndem oder gesetzesergänzendem Inhalt, die nicht unter Art. 16
Abs. 1 fallen, nur mit Genehmigung des Nationalrates abgeschlossen werden.
Mit Entschließung
vom 31. Dezember 1920, BGBl. Nr. 49/1921, hat der
Bundespräsident von seiner Ermächtigung gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG
Gebrauch gemacht. Die Entschließung lautet:
„Auf Grund des
Art. 66 Abs. 2 B-VG ermächtige ich zum Abschluss von Staatsverträgen,
die nicht gemäß Art. 50 des B-VG der Genehmigung des Nationalrates
bedürfen, insofern solche Verträge nicht die ausdrückliche Bezeichnung als
Staatsverträge führen oder der Vertragsabschluss nicht durch Austausch von
Ratifikationsurkunden erfolgt:
a. die Bundesregierung, soweit solche Verträge in
der Form von Regierungsübereinkommen abgeschlossen werden;
b. den ressortmäßig zuständigen Bundesminister im
Einvernehmen mit dem Bundesminister für Äußeres und, falls das
Bundesministerium für Äußeres ressortmäßig zuständig ist, den Bundesminister
für Äußeres, soweit solche Verträge in Form von Ressortübereinkommen
abgeschlossen werden;
c. den ressortmäßig zuständigen Bundesminister,
soweit sich solche Verträge als bloße Verwaltungsübereinkommen darstellen.“
Als
Regierungsübereinkommen werden solche Verträge angesehen, die schon in ihrem
Titel die Regierungen der in Frage kommenden Staaten als vertragsschließende
Teile erscheinen lassen.
Als
Ressortübereinkommen werden Verträge bezeichnet, die nur für den Bereich
einzelner Ressorts wirksam werden sollen. Hier ist es ausreichend, dass die
beteiligten Ressortminister zum Abschluss des Vertrages ermächtigt sind. In
solchen Fällen ist jedoch die Mitwirkung des Bundesministers für Äußeres wegen
der völkerrechtlich gebräuchlichen Form des Verkehrs mit anderen Staaten
geboten.
Als
Verwaltungsübereinkommen werden jene Übereinkommen verstanden, die nach
völkerrechtlichem Herkommen unmittelbar mit Verwaltungen innerstaatlicher und
ausländischer Einrichtungen geschlossen werden (siehe Posch,
Regierungsübereinkommen – Ressortübereinkommen – Verwaltungsübereinkommen, ZÖR
1983, 201).
Regierungs- und
Ressortübereinkommen können nur jene Regelungen zum Inhalt haben, die wie eine
Verordnung gesetzlich gedeckt sind. Derzeit stehen mehrere
Regierungsübereinkommen über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen,
beispielsweise mit der Bundesrepublik Deutschland, in Verhandlung. Diese
Entwürfe haben Regelungen zum Inhalt, die derzeit im InfoSiG keine Deckung
finden. Das angesprochene Regierungsübereinkommen mit der Bundesrepublik
Deutschland sieht folgende Regelungen vor:
a. für die Übermittlung von Unterlagen für
Verschlusssachenaufträge an private Unternehmen,
b. die Verpflichtung der Behörden der jeweiligen
Vertragspartei zur Überwachung und Einhaltung der
Informationssicherheitsvorschriften,
c. die Verpflichtung zum Widerruf der
Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung bei Verletzung der
Geheimhaltungsvorschriften,
d. über den Inhalt der
Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung,
e. über den Zugang von Personen der jeweils
anderen Vertragspartei zu den klassifizierten Informationen,
f. die Zulässigkeit der Antragstellung auf
Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung auf Ersuchen der Behörden der jeweils
anderen Vertragspartei,
g. die Möglichkeit der Zustellung von
klassifizierten Informationen in Verschlusssachenaufträgen über die Behörde der
jeweiligen anderen Vertragspartei an Unternehmen, die sich um
Verschlusssachenaufträge bewerben, und die Verpflichtung der Behörde, vor
Weiterleitung an die Unternehmen, diese Informationen entsprechend den
Geheimhaltungsstufen zu klassifizieren,
h. über den Einsatz von Zustelldiensten und
Verschlüsselungsgeräten in Verschlussangelegenheiten.
Derzeit ist zwar
im § 14 InfoSiG eine gesetzliche Grundlage für den Abschluss von
Regierungsübereinkommen vorgesehen; diese ist jedoch nicht ausreichend, um die
in Verhandlung stehenden Regierungsübereinkommen abschließen zu können. Mit dem
gegenständlichen Gesetzentwurf soll eine gesetzliche Grundlage für den
Abschluss von Regierungs- und Ressortübereinkommen über den gegenseitigen
Schutz von Verschlusssachen geschaffen werden. Durch die vorgeschlagene
Regelung soll die Attraktivität des Wirtschafts- und Forschungsstandortes
Österreich im internationalen Wettbewerb verbessert werden.
Der
Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner
Sitzung am 1. Dezember 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte
beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die
Abgeordneten Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Ruth Becher und Herbert Scheibner
sowie der Staatsekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mehrstimmig
angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1084 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005 12 01
Herbert Scheibner Dr. Peter Wittmann
Berichterstatter Obmann