1245 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (1171 der Beilagen): Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006)

1. Ausgangslage und Zielsetzung

1.1    Mit dem am 30.4.2004 publizierten Legislativpaket der Europäischen Gemeinschaft wird das gemeinschaftliche Vergaberecht auf eine neue rechtliche Basis gestellt. Dieses Legislativpaket besteht aus zwei Richtlinien (Richtlinie 2004/17/EG und 2004/18/EG), die das bisherige Regelungswerk ablösen. Die Umsetzungsfrist für die genannten Richtlinien läuft am 31. Jänner 2006 ab. Inhaltliche Schwerpunkte des Legislativpaketes sind die Modernisierung und Adaptierung des rechtlichen Rahmens für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber. Dazu zählen unter anderem die Einführung neuer Vergabeverfahren und die Berücksichtigung neuer Formen der Beschaffung in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Form der sog. zentralen Beschaffungsstellen.

1.2.   Im Rahmen des BVergG 2002 wurden bestimmte zukünftige Entwicklungen des Vergaberechts auf Gemeinschaftsebene bereits vorweggenommen. Dazu zählen etwa die Einführung von Bestimmungen über elektronische Vergabeverfahren, elektronische Auktionen und Rahmenvereinbarungen. Die zuletzt genannten Verfahren konnten im Rahmen des BVergG 2002 jedoch nur für den Unterschwellenbereich implementiert werden, da im Oberschwellenbereich die (damals noch geltenden) Richtlinien dies nicht zuließen. Mit In-Kraft-Treten des Legislativpaketes änderte sich diese Situation.

1.3.   In Österreich wurde mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) eine Organisation zur zentralen Beschaffung von vornehmlich für den Bund bestimmten Leistungen geschaffen. Durch die Bündelung der Nachfrage und durch die Konzentration des Beschaffungswesens sollen Einsparungspotentiale bei der Beschaffung aktiviert werden. Ein zentrales Instrument der BBG zur Verfolgung ihrer Ziele sind ressortübergreifende Rahmenverträge und Rahmenvereinbarungen. Bisher konnte die Rahmenvereinbarung nur im Unterschwellenbereich eingesetzt werden. Die Rahmenvereinbarung eignet sich jedoch ganz besonders für die BBG, da mit ihr ein Pool von qualifizierten Unternehmen gebildet werden kann, innerhalb dessen während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung ein intensiver Wettbewerb unter gleichzeitiger Anpassung des Leistungsgegenstandes an aktuelle Entwicklungen (Technologiesprünge) durchgeführt werden kann. Die Rahmenvereinbarung kann aber auch dazu eingesetzt werden, Aufträge örtlich und zeitlich gestaffelt in kleinen Volumina dergestalt abzurufen, dass etwa bei dezentral organisierten Dienststellen oder unterschiedlichen Leistungsorten kein Lagerbedarf an einer zentralen Stelle für Lieferleistungen besteht („Beschaffung nach Bedarf“). Diese Art der Einkaufsgestaltung ermöglicht insbesondere die Teilnahme von mehreren Klein- und Mittelbetrieben (KMU) an Beschaffungsverfahren.

1.4.   Aufgrund der reichhaltigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Bereich des Vergaberechts sind zahlreiche Adaptionen des BVergG 2002 erforderlich geworden. Beispielhaft können hier die Erkenntnisse in den Rs C-214/00, Kommission gegen Spanien, C-26/03, Stadt Halle, und Rs C-15/04, Koppensteiner, angeführt werden. Auch diverse innerstaatliche Erkenntnisse (z.B. VfGH 21.6.2004, B 531/02-8) erfordern Anpassungen des Gesetzes.

1.5.   Gemäß dem Regierungsprogramm für die XXII.GP (Pkt. 7) wurde im Jahr 2003 eine Evaluierung des BVergG 2002 durchgeführt. Als Hauptprobleme des BVergG 2002 wurden folgende Punkte identifiziert: keine geschlossene Systematik des Gesetzes, Regelungen aus unterschiedlichen Quellen (ÖNORM A 2050 bzw. Richtlinien) führen zu Widersprüchen und terminologischen Problemen, zum Teil sehr ausdifferenzierten Regelungsbereichen des Gesetzes stehen Regelungsbereiche gegenüber, die als zu rudimentär bewertet wurden (z.B. Regelungen über den Ablauf des Verhandlungsverfahrens) und damit Probleme in der Praxis bereiteten, Unklarheiten über den exakten Rechtsbestand insbesondere aufgrund einer ausgeprägten Verweistechnik (bis zur siebenten Ebene) betreffend den Sektorenbereich.

1.6.   Aufgrund der Vielzahl der erforderlichen Adaptionen wurde einer Totalrevision der Vorzug vor einer Einzelnovellierung gegeben. Ziel der Revision des Gesetzes ist die Anpassung an das neu gestaltetet Sekundärrecht auf Gemeinschaftsebene und die Modernisierung des Vergabewesens in Österreich, unter gleichzeitiger Ausnutzung des größtmöglichen Regelungsfreiraumes zur Reduktion der Transaktionskosten bei Wahrung des Niveaus an Rechtssicherheit.

2. Abstimmung mit den Ländern

2.1.   Im Hinblick darauf, dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage (vgl. Art. 14b B-VG und die Erläuterungen in AB 1118 BlgNR XXI.GP) eine verfassungsrechtliche Mitwirkung der Länder an der Erstellung von Entwürfen zum BVergG in Form der bereits im Jahre 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschrieben ist, fanden auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

2.2.   Das Ergebnis dieser Bemühungen stellt der vorliegende Entwurf dar.

3. Regelungstechnik und Inhalt

3.1.   Der vorliegende Entwurf setzt die Regelungen der EG-Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG unter Wahrung eigenständiger Wesenszüge des österreichischen Rechtssystems in das innerstaatliche Recht um. Entsprechend dem geltenden Bundesvergabegesetz 2002 ist weiterhin im Oberschwellenbereich eine grundsätzliche Beschränkung der bundesgesetzlichen Regelung auf die Umsetzung von EG-Recht vorgesehen (vgl. dazu auch das Rundschreiben des BKA-VD, GZ 600.824/011-V/2/01, in dem auf das Verbot des „Golden-Plating“ gemäß Abschnitt 6.2 des Regierungsprogrammes sowie auf den Beschluss der Landeshauptmännerkonferenz vom 14. April 1999 betreffend die Ablehnung sachlich nicht gerechtfertigter Umsetzungsmaßnahmen durch die Länder hingewiesen wird).

3.2.   Eine derartige Vorgangsweise bringt es mit sich, dass Begriffe, die aus dem EG-Recht übernommen wurden, nicht mehr nach dem österreichischen Rechtsverständnis, sondern vielmehr „autonom“, d.h. unter Berücksichtigung der Ziele des Gemeinsamen Marktes und unter Heranziehung der authentischen Sprachfassungen des jeweiligen Rechtsaktes, ausgelegt werden müssen (etwa EuGH Rs C-287/98, Linster, Slg 2000, I-6917, Rz 43).

         Obwohl dies zu Rechtsunsicherheiten führen kann, lehnte sich das BVergG (bereits seit dem Stammgesetz, BGBl Nr. 462/1993) stets eng an den Text der umzusetzenden EG-Richtlinien vor allem aus folgenden Gründen an: Österreich war schon aufgrund des Art. 6 EWRA verpflichtet, EG-Rechtsakte „im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen“ auszulegen, „die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat“. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union ist für Österreich die gesamte einschlägige Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) unmittelbar von Bedeutung. Die Verwendung einer vom Wortlaut der EG-Richtlinien abweichenden Terminologie würde jedoch gerade in wichtigen Abgrenzungsfragen dazu führen, dass Aussagen des EuGH zur Interpretation von Richtlinienbegriffen für Österreich entweder häufige Novellierungen des Umsetzungsaktes erforderlich machen würden oder den Gesetzeswortlaut europarechtlich problematisch erscheinen ließen (vgl. dazu § 6 Abs. 1 Z 6 BVergG 2002 und die Judikatur des EuGH zur sog. „in-house“ – Ausnahme, insbesondere Rs C-26/03, Stadt Halle, C-231/03, CONAME, und C-458/03, Parking Brixen). Eine abweichende Terminologie könnte sogar dazu führen, dass der Umsetzungsakt nachträglich als lückenhaft anzusehen wäre, mit der Konsequenz, dass die Richtlinienbestimmungen unmittelbar anzuwenden wären (vgl. dazu VfSlg 15.311/1998).

         Darüber hinaus belegt die bisherige Erfahrung, dass die EG-Kommission bei der Konformitätsprüfung aus nahe liegenden Gründen am Wortlaut des Umsetzungsaktes anknüpft. Für eine an der EG-Terminologie orientierte Umsetzung sprachen und sprechen daher auch Praktikabilitätserwägungen.

3.3.   Der Verfassungsgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung (vgl. bereits VfSlg 16.027/2000) fest, dass es dem Gleichheitssatz widerspricht, das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhaltende Verfahren nur im Oberschwellenbereich in umfassender Weise zu regeln. Das Fehlen von außenwirksamen gesetzlichen Regelungen, durch die unmittelbare subjektive Rechtspositionen auf Einhaltung vergabegesetzlicher Vorschriften eingeräumt würden, könne nicht dadurch substituiert werden, dass die zivilgerichtliche Judikatur ohnehin auch bei Fehlen gesetzlicher Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche von Bewerbern und Bietern anerkannt habe. Es liegt daher nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, festzusetzen, in welchen Bereichen er die Garantien eines durchnormierten Vergabeverfahrens gewähren möchte. Das schließt jedoch nach Auffassung des VfGH nicht aus, dass der Gesetzgeber im Unterschwellenbereich vereinfachte Vorschriften vorsehen und so auf ein aufwendiges Vergabeverfahren verzichten kann. Bietern im Unterschwellenbereich aber nicht einmal ein Minimum an gesetzlichen Verfahrensgarantien zu gewährleisten, ist nach Ansicht des VfGH sachlich nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist aber auch verfassungswidrig, einen vergabespezifischen Rechtsschutz nur oberhalb gewisser Schwellenwerte zur Verfügung zu stellen und sich bei wertmäßig kleineren Vergaben mit einem gerichtsförmigen, jedoch vergaberechtlich nicht so effektiven Rechtsschutz zu begnügen.

         Aus dieser Judikatur des VfGH folgt, dass – falls der Gesetzgeber spezifische vergaberechtliche Regelungen sowohl im materiellrechtlichen Bereich wie auch beim Rechtsschutz einführt (im Oberschwellenbereich ist dies gemeinschaftsrechtlich geboten) – es verfassungsrechtlich geboten ist, ein, wenn auch zulässiger Weise vereinfachtes, vergabespezifisches Regime für den Unterschwellenbereich zur Verfügung zu stellen.

         Im Unterschwellenbereich gelten nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu Rs C-59/00, Bent Mousten Vestergaard, Rz 19 und 21; Rs C-324/98, Telaustria, Slg 2000, I-10745, Rz 57 und 60 bis 62 mit Hinweis auf die Rs C-275/98, Rs C-92/00, HI Hospital, Slg 2002, I-5533, Rz 45 bis 47) die gemeinschaftlichen Grundsätze des EGV. Der EuGH hält dazu fest, dass die Grundsätze des EG-Vertrages und insbesondere das Diskriminierungsverbot eine Verpflichtung zur Transparenz einschließen. Kraft dieser Verpflichtung zur Transparenz muss der Auftraggeber zugunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen, der den betreffenden Markt (Lieferungen, Bau- oder Dienstleistungen) dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden. Aus diesen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen resultiert daher bereits ein gewisser Mindeststandard für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich in Bezug auf Veröffentlichungen, Wahl von transparenten Vergabeverfahren, Setzen angemessener Fristen u.a.m. Darüber hinaus sind aber auch grundsätzliche Transparenzregelungen für Leistungsvergaben iwS erforderlich, um den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen Genüge zu tun.

3.4.   Im Sinne der Transparenz und Übersichtlichkeit der Vorschriften, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge einschlägig sind und aufgrund der unter Punkt 3.3. erwähnten Rechtsprechung des VfGH und des EuGH, beinhaltet das BVergG selbst nunmehr sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Regelungen sowohl für den Oberschwellen- wie auch für den Unterschwellenbereich.

3.5.   In Vorbereitung der Umsetzung der Richtlinien wurde vom Bundeskanzleramt im Herbst 2004 zu einer Besprechung hinsichtlich der Schlussfolgerung der im Jahre 2003 erfolgten Evaluierung (vgl. dazu die Aussendung des Bundeskanzleramtes vom 25.4.2003, GZ 600.883/029-V/A/8/2003) eingeladen. Die Ergebnisse der Evaluierung lassen sich in zwei Thesen zusammenfassen: Wunsch nach einer besseren Lesbarkeit des Gesetzes und Wunsch nach einer besseren Strukturierung des Gesetzes (insbesondere im Hinblick auf den Sektorenbereich, der durch die im BVergG 2002 verfolgte Verweistechnik nur schwer verständlich ist). Seitens der WKÖ und des BMWA wurde eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse (Vorschlag für eine Neustrukturierung des BVergG) allgemeine Zustimmung fanden.

3.6.   Die Überlegungen für die Neustrukturierung des Bundesvergabegesetzes „neu“ sind von der Annahme ausgegangen, dass eine systematische Neuregelung jedenfalls zwei Ziele verfolgen sollte: Das Vergabeverfahren für den klassischen Bereich soll – ebenso wie für den Sektorenbereich ‑ „geschlossen“ in jeweils eigenen Teilen des BVergG geregelt werden, sodass klar abgegrenzt ist, welche Vorschriften bei Auftragsvergaben im klassischen bzw. im Sektorenbereich zur Anwendung gelangen. Damit im Zusammenhang sollen im Sektorenbereich die „Verweisketten“, die derzeit die Regelungen im Sektorenbereich maßgeblich kennzeichnen, vermieden werden.

3.7.   Folgende „Regelungszugänge“ wurden geprüft und aus den unten dargestellten Gründen wieder verworfen: Hinsichtlich der materiellen Regelungen des so genannten „klassischen Bereichs“ geht der Entwurf – wie bereits das BVergG 2002 – davon aus, die Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich (OSW) wie im Unterschwellenbereich (USW) grundsätzlich gleich zu behandeln. Das bedeutet, dass grundsätzlich die Regelungen für den OSW auch im USW gelten und nur einzelne Abweichungen (insbesondere bei der Wahl des Vergabeverfahrens, bei den statistischen Verpflichtungen, bei den Bekanntmachungen und bei den Fristen) als Sonderregelungen für den USW zu normieren sind.

Dieser Regelungsstruktur stehen zwei anderen Regelungsvarianten gegenüber:

Variante 1: Die materiellen Regelungen für den „klassischen Bereich“ werden überhaupt in zwei Teile getrennt, in denen jeweils für sich die materiellen Regelungen für den OSW und für den USW enthalten sind. Dieser Regelungszugang bedeutet, dass eine ganze Reihe von Bestimmungen entweder „doppelt geregelt“ oder über umfangreiche Verweisungen vom einen in den anderen Regelungsbereich integriert werden müssen. Die Konsequenzen wären entweder ein äußerst umfangreiches Gesetz (mit dem Problem der Wahrung der Kohärenz insbesondere bei künftigen Änderungen einzelner Bestimmungen in den jeweiligen Regelungsblöcken; dies wäre nur schwierig zu bewältigen und äußerst „fehleranfällig“) oder ein Gesetz, das auf Grund der Vielzahl von Verweisungen dem Vorwurf der schweren Lesbarkeit ausgesetzt wäre (vgl. dazu die zum BVergG 2002 vorgebrachte Kritik betreffend den Sektorenbereich).

Variante 2: Der Unterschwellenbereich wird – in Anlehnung an die derzeit geltende Rechtslage für Dienstleistungskonzessionen – überhaupt nur sehr rudimentär geregelt, indem die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Leistungsvergabe (§ 21 BVergG 2002) sowie die Pflicht zur Bekanntmachung in einem angemessenen Publikationsmedium vorgesehen wird. Damit würde sich die gesetzliche Regelung des Unterschwellenbereiches auf die Anordnung grundlegender Gleichheitsgebote und des Transparenzgebots beschränken. Dies würde jedoch zu großer Rechtsunsicherheit bei Auftraggebern hinsichtlich der konkreten Anforderungen an die Vergabeverfahren führen (zB bei der Wahl des Vergabeverfahrens, Länge der Fristen, Mindestinhalt von Ausschreibungsunterlagen). Da insbesondere die primärrechtlichen Rahmenbedingungen (insbesondere Verpflichtung zur Transparenz) derzeit nicht genau festzumachen sind, wäre eine Vielzahl an Vergabekontrollverfahren sehr wahrscheinlich. Eine weitere Konsequenz wäre voraussichtlich, dass als Kontrollmaßstab der Vergabekontrollbehörden die Regelungen für Vergaben im Oberschwellenbereich herangezogen werden würden; dies könnte zum nicht erwünschten Effekt führen, dass letztendlich das Regime des Oberschwellenbereiches de facto auch im Unterschwellenbereich angewendet werden würde.

Hinsichtlich der Regelungen des „Sektorenbereiches“ verfolgt der Entwurf den Ansatz, in einem eigenen „Sektorenteil“ des BVergG das Vergabeverfahren für Sektorenauftraggeber (mit Ausnahme des Rechtsschutzes) eigenständig zu regeln.

Der Ansatz, die Regelungen des Sektorenbereiches in ein eigenes Gesetz zu gießen, wurde nicht weiter verfolgt, da aus legistischer Sicht eine solche „Doppelregelung“ des Vergaberechts (klassischer Bereich/Sektorenbereich) insbesondere bei künftigen Änderungen einzelner Bestimmungen schwierig zu bewältigen und äußerst „fehleranfällig“ wäre. Dazu kommt, dass eine derartige Regelungstechnik einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad für in einzelnen Details leicht abweichende Regelungen im Sektorenbereich aufweist, was wiederum schwierige Interpretationsfragen und letztlich Rechtsunsicherheit im Hinblick auf das Gesamtrechtssystem im Bereich des Auftragswesens mit sich bringen würde. Schließlich wäre bei einem eigenen „Sektorenvergabegesetz“ die notwendige Verzahnung mit dem Rechtsschutzteil erheblich schwieriger, als dies bei einer bloßen Untergliederung in eigene Teile der Fall ist.

Es wäre auch möglich, die Regelungen des Sektorenbereiches umfassend und abschließend im BVergG zu gestalten. Dieser Ansatz nimmt jedoch in Kauf, dass Regelungen, die auch schon im klassischen Bereich existieren, im Sektorenbereich „doppelt“ und unter Umständen völlig inhaltsgleich geregelt werden. Der Vorteil dieses Ansatzes läge darin, völlig ohne Verweise auf andere Teile des BVergG auszukommen. Der Nachteil wäre ein rein textmäßig durchaus umfangreicher Regelungsteil für den Sektorenbereich und ein gegenüber dem bisherigen Zustand umfangmäßig sehr erweitertes Gesetz.

Ein weiterer möglicher Ansatz, der die oben beschriebenen Nachteile weitgehender „Doppelregelungen“ zu vermeiden sucht, wäre, alle Bestimmungen, die für den „klassischen“ wie den „Sektorenbereich“ gleichermaßen gelten sollen, in einem zu regeln und gleichsam „vor die Klammer“ zu ziehen. Erst im Anschluss sollten dann die Spezialregelungen für den „klassischen Bereich“ und den „Sektorenbereich“ angeschlossen werden.

Der Nachteil dieses Ansatzes liegt darin, dass der „Überschneidungsbereich“ zwischen „klassischem“ Bereich und „Sektorenbereich“ Regelungen an unterschiedlicher systematischer Stelle umfasst. Ein „vor die Klammer ziehen“ dieser Regelungen hätte damit die Konsequenz, dass eine geschlossene Systematik sowohl im „klassischen Bereich“ als auch im „Sektorenbereich“ nicht mehr verwirklicht werden könnte.

Die Arbeitsgruppe entschloss sich daher einen Ansatz zu verfolgen, der versucht, möglichst viele Vorteile zu kombinieren und möglichst wenig Nachteile in Kauf zu nehmen. Der im Folgenden vorgeschlagene Ansatz für eine Systematisierung der Regelungen für den „Sektorenbereich“ basiert auf folgenden Grundgedanken:

- Der „Sektorenteil“ soll in sich geschlossen lesbar und verständlich sein. Verweise erfolgen daher immer nur vom Sektorenteil in den klassischen Teil (und nicht, wie bisher, auch umgekehrt) und enthalten immer nur Verweise „erster Ordnung“, also insbesondere keine Weiterverweise in den verwiesenen Bestimmungen.

- Auf Regelungen des „klassischen Teils“ wird nur dort verwiesen, wo ein gesamter „Regelungsblock“ des klassischen Teils gleichsam in den Sektorenteil „inkorporiert“ werden soll. Dies erscheint sinnvoller, als diesen „Regelungsblock“ im Sektorenteil inhaltlich unverändert „abzuschreiben“.

- Wo nur einzelne Regelungen oder überhaupt nur Teilregelungen sowohl im klassischen wie im Sektorenteil gelten sollen, werden zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit diese Regelungen bzw. Regelungsteile im Sektorenteil nochmals ausdrücklich wiedergegeben.

- Der systematische Aufbau des klassischen Teils und des Sektorenteils ist gleich. Daraus folgt, dass die grundsätzlichen Prämissen, von denen das System im klassischen Teil ausgeht, auch für den Sektorenteil gelten: Das bedeutet zum einen, dass grundsätzlich die Regelungen für den Oberschwellenbereich auch im Unterschwellenbereich gelten und für den Unterschwellenbereich nur Abweichungen/Vereinfachungen im Einzelfall normiert sind.

3.8.   Die Anhänge wurden den Richtlinien entsprechend gestaltet und zT sprachlich neu gefasst. Darüber hinaus wurde in Anhang V die Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber (nicht mehr: zentrale Beschaffungsstellen um eine Verwechslung mit den neu definierten zentralen Beschaffungsstellen im Sinne der Richtlinien zu vermeiden) in ihrer derzeit aktuellen Version in das BVergG aufgenommen.

3.9.   Auf Grund der Vielzahl der neu zu fassenden Bestimmungen, der neuen Strukturierung und zur Wahrung der Übersichtlichkeit sieht der vorliegende Entwurf eine Neuerlassung des BVergG anstatt einer Einzelnovellierung vor.

4. Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Verfassungsbestimmungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit zur Erlassung der übrigen Regelungen dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 14b Abs. 1 B-VG.

5. Verfassungsbestimmungen

Dieses Bundesgesetz enthält folgende Verfassungsbestimmungen:, § 291 Abs. 3 (sinngemäße Geltung des Art. 89 B-VG auch für das Bundesvergabeamt), § 294 Abs. 2 Z 3 (Amtsenthebung des Vorsitzenden, des stellvertretenden Vorsitzenden und eines Senatsvorsitzenden durch Beschluss der Bedienstetenversammlung), § 295 (Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Mitglieder des Bundesvergabeamtes), § 309 Abs. 2 (Bindung der im gemeinsamen Geschäftsapparat der Bundes-Vergabekontrollkommission und des Bundesvergabeamtes tätigen Bediensteten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an die fachlichen Weisungen des jeweiligen Vorsitzenden), § 345 Abs. 1 Z 2 (In-Kraft-Treten der Verfassungsbestimmungen des BVergG) und § 345 Abs. 1 Z 4 (Außer-Kraft-Treten der Verfassungsbestimmungen des BVergG 2002).

6. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Im Hinblick auf die im vorliegenden Entwurf enthaltenen Verfassungsbestimmungen kann dieser gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Da durch den Entwurf die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung eingeschränkt werden soll, bedarf er überdies gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates. Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

7. Finanzielle Auswirkungen

7.1.   Eine genaue Abschätzung der volkswirtschaftlichen Einsparungseffekte durch ein optimal strukturiertes Vergabewesen ist nicht möglich (vgl. dazu bereits die im Jahre 1990 im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen durchgeführte Studie über die ökonomischen Auswirkungen einer Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, erschienen unter dem Titel ,,Ende des Protektionismus ökonomische Effekte der Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in Österreich“, herausgegeben von J. M. BAUER und M. MARTERBAUER im Servicefachverlag Wien 1991, insbesondere S 144).

7.2.   Andererseits sind mit der Transparenz, der Liberalisierung und der Internationalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens im Rahmen der Gemeinschaft bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes gesamtwirtschaftliche Kostenvorteile verbunden, welche ebenfalls aus folgenden Faktoren resultieren: Ein Effekt ergibt sich aus dem intensivierten Wettbewerb, der zusätzlichen Preisdruck auf die heimischen Produzenten ausübt. Der zweite Effekt resultiert aus langfristigen Strukturänderungen der Industrie, vor allem in Form von Unternehmenskonzentrationen (vgl. schon Paolo CECCHINI, Europa 92: Der Vorteil des Binnenmarktes, Baden-Baden 1988; Europäische Kommission, A report on the functioning of public procurement markets in the EU: benefits from the application of EU directives and challenges for the future, Bericht vom 3.2.2004).

7.3.   Betreffend die Einsparungen auf Grund des mit einer Liberalisierung des öffentlichen Vergabewesens verbundenen stärkeren Wettbewerbs ist auf Folgendes zu verweisen. 1988 wurden vom öffentlichen Sektor in Österreich Aufträge im Wert von 207 Milliarden Schilling vergeben, 1999 wurden bereits öffentliche Aufträge im Wert von 35,23 Milliarden Euro, dies entspricht 17,9% des BIP, vergeben, 2002 betrug der Anteil des öffentlichen Auftragswesens 16,46% des BIP. Bei einer konsequenten Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in Österreich wird nach Schätzungen kurzfristig mit jährlichen Einsparungen in der Höhe von 1% des Gesamtauftragswertes gerechnet, das langfristige Sparpotenzial wird auf 2% des Gesamtauftragswertes geschätzt. Jeweils etwa 80% dieser Preissenkungen würden sich im Bereich des Bundes und der Bundesunternehmen ergeben. Einsparungen ergeben sich weiters durch die effiziente Organisation des Vergabewesens des Bundes in Form der Bundesbeschaffung GesmbH. Durch Volumensbündelung und Prozessoptimierung im Bereich der Bundesbeschaffung wird eine jährliche Einsparung von zirka 41,5 Millionen Euro allein bei den Beschaffungsgruppen Strom, Erdgas/Wärme, Telekomleistungen, Post und Datenleitungen, Reinigungsdienstleistungen, Fuhrpark, Treibstoffe, Transporte und IT-Beschaffungen (vgl. dazu näher die Verordnung BGBl. II Nr. 208/2001) erwartet. Durch die allfällige Einbeziehung weiterer Beschaffungsgruppen wird eine weitere Erhöhung des Einsparpotenzials erwartet (vgl. dazu näher die Erläuterungen zum BB-GmbH-Gesetz, 486 BlgNR XXI. GP, S 7/8). Darüber hinaus ist auf zu erwartende Einsparungseffekte durch die gezielte Nutzung bestimmter Formen der elektronischen Auftragsvergabe sowie auf die Nutzung der elektronischen Medien (Einsatz von E-Mail, Verwendung von Ausschreibungsdatenbanken und Einsatz von standardisierten Prozessen und Applikationen usw.) zu verweisen. Nach einer Studie der KPMG Consulting AG für das BMWi in Berlin (Juli 2001) beträgt das Einsparpotenzial von inversen elektronischen Auktionen gegenüber traditionellen Beschaffungsmethoden zwischen 5 und 7% bezogen auf die jeweiligen Einkaufspreise. Durch die Übermittlung von Ausschreibungsunterlagen, Benachrichtigungen und anderen Texten im Zuge des Vergabeverfahrens via E-Mail wird einerseits eine rasche aber auch zugleich eine sehr kostengünstige Übermittlung ermöglicht. Auch die Möglichkeit des Abrufes von Ausschreibungsbekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen über das Internet (insbesondere durch Einrichtung eines sog. „Beschafferprofils“) trägt zu einer kostengünstigen Abwicklung des Vergabeverfahrens bei. Der Einsatz von elektronischen Medien kann aber darüber hinaus zu weiteren signifikanten Einsparungen führen: Erfahrungen zeigen, dass durch die gezielte Verständigung von Unternehmen durch Betreiber von Ausschreibungsdatenbanken der (traditionelle) Anbieterkreis wesentlich erweitert werden konnte und der Auftraggeber bei Einzelvergaben Einsparungen in der Höhe von bis zu 40% (im Vergleich zu bisherigen Vergabesummen) erzielen konnte. Im Zusammenhang mit den elektronischen Beschaffungsverfahren ist jedoch darauf hinzuweisen, dass (sowohl volkswirtschaftliche wie betriebswirtschaftliche) Einsparungseffekte nur dann zu erwarten sind, wenn standardisierte Lösungen auf breitester Basis (idealer Weise auf Gemeinschaftsebene) eingesetzt werden. Da die Anschaffung von Softwarelösungen und von Hardware hohe Kosten (beim Auftraggeber) verursacht, sollte die Lösung für möglichst viele Anwender zur Nutzung offen stehen. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung in Deutschland, dass zu viele von Auftraggebern implementierte elektronische Beschaffungsverfahren hohe Kosten bei den Unternehmern verursachen. Diese müssten ihre internen Strukturen, Abläufe und Schnittstellen an eine große Anzahl von Beschaffungsverfahren anpassen, um sich an elektronisch abgewickelten Vergabeverfahren beteiligen zu können. Dadurch steigen die Kosten auf Unternehmerseite und die Anreize für eine Beteiligung an elektronisch abgewickelten Vergabeverfahren sinken.

7.4.   Im Vergleich zum BVergG 2002 ergeben sich durch den vorliegenden Entwurf folgende Änderungen hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen:

Durch die Möglichkeit des Einsatzes von neuen Vergabeverfahren (zB Rahmenvereinbarungen) auch im Oberschwellenbereich können im Vergleich zu den bisher zur Verfügung stehenden Beschaffungsverfahren Einsparpotentiale realisiert werden, die jedoch mangels entsprechender Erfahrungswerte nicht beziffert werden können. Nicht quantifizierbaren Mehrkosten für die Implementierung neuer Verfahren stehen ebenso nicht quantifizierbare Einsparungspotentiale durch den Einsatz neuer Beschaffungstechniken und den Einsatz elektronischer Vergabeverfahren gegenüber. Die Höhe der Einsparungen ist nicht zuletzt deswegen nicht allgemein quantifizierbar, da sie von individuellen Faktoren der Auftraggeber (zB Häufigkeit der Anwendung von Rahmenvereinbarungen, konkrete Ausgestaltung der Ausschreibungsbedingungen seitens der zentralen Beschaffungsstelle, tagesaktuelle Preise bei zweiter „Wettbewerbsrunde“ im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems oder bei einer Rahmenvereinbarung) aber auch von den konkret nachgefragten Leistungen abhängt. Es wird jedoch (ebenso wie die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament, vgl. insbesondere Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2004/18/EG) davon ausgegangen, dass die Einsparungseffekte in ihrer Gesamtheit überwiegen (insbesondere durch Senkung der Transaktionskosten auf Auftraggeberseite).

Seit dem In-Kraft-Treten des BVergG 2002 entwickelte sich die Zahl der Vergabekontrollverfahren wie folgt: 2002:  79 Verfahren (Zeitraum 1.9.2002 bis 31.12.2002); 2003:  147 Nachprüfungsverfahren (100 Verfahren Oberschwellenbereich [OSW], 47 Verfahren Unterschwellenbereich [USW]), 122 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (89 im OSW, 33 im USW), 16 Feststellungsverfahren (12 im OSW, 4 im USW); 2004:  134 Nachprüfungsverfahren (83 im OSW, 51 im USW), 118 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (71 im OSW, 47 im USW), 14 Feststellungsverfahren (8 im OSW, 6 im USW); 2005 (Stand 7.10.2005):  107 Nachprüfungsverfahren, 95 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung und 7 Feststellungsverfahren. Laut Bundesvergabeamt (BVA) ist eine verstärkte Inanspruchnahme des BVA in jüngster Zeit zu beobachten, sodass von einer geringfügig höheren Zahl an Vergabekontrollverfahren am Jahresende auszugehen ist.

Der Aufwand für die Bundes-Vergabekontrollkommission betrug 2004  4.719.- Euro, 2005 (Stand 7.10.2005)  1.544.- Euro. Der Aufwand für die Beisitzer im Bundesvergabeamt (Sitzungsgelder) betrug 2004  36.804.- Euro, 2005 (Stand 7.10.2005)  14.310.- Euro. Aus Pauschalgebühren wurden 2005 (Stand 7.10.2005) 466.750.- Euro lukriert (davon 49.200.- Euro aus Teilnahmeanträgen). Aufgrund der Gebührenpflicht nach dem Gebührengesetz wurden 2005 (Stand 7.10.2005) 16.518.- Euro eingenommen.

Durch die Abschaffung der Teilnahmeanträge ergibt sich ebenfalls eine Mindereinnahme. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diesen Mindereinnahmen jene Mehreinnahmen gegenüberstehen, die sich aus der Tatsache ergeben, dass der Antragsteller nunmehr einen (voll zu vergebührenden) Hauptantrag stellen muss. Dies hat zur Folge, dass unter diesem Titel mit Mehreinnahmen zu rechnen ist (bei Beibehaltung der bisherigen Tendenz ca. 55 000 Euro).

Durch die Auflösung der Bundes-Vergabekontrollkommission ergeben sich geringfügige Einsparungen (2004  4.719.- Euro), denen erhöhte Aufwendungen beim BVA in Form von Sitzungsgeldern durch die nunmehr vorgesehene Befassung von Senaten auch im Unterschwellenbereich gegenüberstehen (bei Beibehaltung der bisherigen Anzahl von Kontrollverfahren und basierend auf den Zahlen von 2004 ca. 23.000.- Euro).

8. Umzusetzende bzw. zu berücksichtigende EG-Rechtsvorschriften:

8.1.   Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (Rechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 33, in der Fassung von Art. 41 der Richtlinie 92/50/EWG.

8.2.   Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (Sektorenrechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 76 vom 23. März 1992, S. 14.

8.3.   Richtlinie 94/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über die Erteilung und Nutzung von Genehmigungen zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, ABl. Nr. L 164 vom 30. Juni 1994, S. 3.

8.4.   Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

8.5.   Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. Nr. L 134 vom 30.4.2004, S. 114, idF der Berichtigung ABl. Nr. L 351 vom 26.11.2004, 44.

8.6.       Entscheidung der Kommission vom 7. Januar 2005 über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 7 vom 11.1.2005, S. 7.

8.7.   Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 257 vom 01.10.2005, S. 1.

8.8.   Richtlinie 2005/51/EG der Kommission vom 7. September 2005 zur Änderung von Anhang XX der Richtlinie 2004/17/EG und von Anhang VIII der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Aufträge, ABl. Nr. L 257 vom 01.10.2005, S. 127.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Dezember 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Dr. Peter Wittmann und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Dr. Eva Glawischnig-Piesczek einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu § 2 Z 20 lit. d sublit. aa:

Die Definition der Zuschlagskriterien wird um eine demonstrative Aufzählung möglicher Zuschlagskriterien ergänzt, die der Aufzählung in Art. 53 Abs. 1 lit. a der RL 2004/18/EG entspricht. Hinzuweisen ist darauf, dass nicht alle in der Aufzählung enthaltenen Kriterien in dieser Form in eine Ausschreibung aufgenommen werden können. So ist beispielsweise hinsichtlich der Kriterien „technischer Wert“ und „Umwelteigenschaften“ näher auszuführen, auf welche konkreten Eigenschaften sich dieses Zuschlagskriterium tatsächlich bezieht (vgl. dazu auch den Wortlaut von § 19 Abs. 5 „Festlegung konkreter Zuschlagskriterien“). Ferner ist festzuhalten, dass die Reihenfolge der Aufzählung keine Priorisierung der genannten Kriterien impliziert („technischer Wert ist wichtiger als Rentabilität“).

Zu § 22 Abs. 1 und § 190 Abs. 1:

Es besteht wie schon bisher nach § 58 BVergG 2002 weder der Grundsatz der ungeteilten Vergabe noch ein gesetzlicher Vorbehalt zugunsten einer gewerksweisen Vergabe.

Wie sich dem Erwägungsgrund 9 der RL 2004/18/EG entnehmen lässt, besteht auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene kein Vorrang für die Gesamtvergabe oder die getrennte Vergabe: „Angesichts der für die öffentlichen Bauaufträge kennzeichnenden Vielfalt der Aufgaben sollte der öffentliche Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von öffentlichen Aufträgen für die Ausführung und Planung der Bauvorhaben vorsehen können. Diese Richtlinie bezweckt nicht, eine gemeinsame oder eine getrennte Vergabe vorzuschreiben. Die Entscheidung über eine getrennte oder die gemeinsame Vergabe des öffentlichen Auftrags muss sich an qualitativen und wirtschaftlichen Kriterien orientieren, die in den einzelstaatlichen Vorschriften festgelegt werden können.“

Das Gesetz nennt als Beurteilungsmaßstab für die Entscheidung für eine Gesamt- oder eine getrennte Vergabe wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte, wie zB die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausführung und einer eindeutigen Gewährleistung. Eine getrennte Vergabe kann insbesondere bei örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art getrennten Leistungen oder bei Leistungen verschiedener Handwerks- und Gewerbezweige oder Fachrichtungen geboten sein.

Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gesamt- oder eine getrennte Vergabe stattfinden soll, Ermessen zu. Diese Ermessensentscheidung darf nicht willkürlich getroffen werden. Eine Gesamtvergabe kommt dann in Betracht, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte ein besonderes Gewicht erhalten, die die Gesamtvergabe wirtschaftlicher scheinen lassen als eine getrennte Vergabe. Dabei kommt es etwa darauf an, ob und in welchem Umfang durch eine Gesamtvergabe Kosten für umfangreiche Verwaltungs- und Koordinierungsleistungen des Auftraggebers tatsächlich vermieden werden können. Als wirtschaftlicher Grund ist zB anzusehen, wenn bei getrennter Vergabe höhere Kosten durch wesentliche Bauzeitverzögerungen auftreten können, oder dass bei getrennter Vergabe die gesamte Koordination einschließlich der Risiken, die aus unterschiedlichen Schnittstellen der beteiligten Unternehmen entstehen, beim Auftraggeber verbleiben (und diesem daraus erhebliche wirtschaftliche Nachteile erwachsen oder erwachsen können). In technischer und wirtschaftlicher Hinsicht kann als Grund für eine Gesamtvergabe die Erbringung einer einheitlichen, u.U. schwierigen Konstruktion aus (überwiegend oder ganz) einer Hand, verbunden mit einer einheitlichen Verantwortung und Haftung für Mängelansprüche, sprechen.

Hinsichtlich der Auftragsvergabe durch Bundesorgane ist zudem der Vorhabensbegriff des § 23 BHG zu berücksichtigen.

Ein öffentlicher Auftrag kann zB dann gewerksweise vergeben werden, wenn trotz Teilung eine notwendige einheitliche Ausführung und eine eindeutige Gewährleistung sichergestellt sind. Bei Einhaltung des Ermessensspielraumes durch den Auftraggeber lässt sich daher weder ein Anspruch auf gewerksweise Vergabe noch auf Gesamtvergabe eines Auftrages ableiten.

Im Zusammenhang mit einer getrennten Vergabe von Leistungen hat der Auftraggeber die Koordination der Leistungserbringung sicherzustellen. Dies kann etwa mit eigenem Personal oder durch Heranziehung externer Fachkräfte (wie Koordinatoren) erfolgen.

Zu § 30 Abs. 1 Z 3:

In Anlehnung an die Bestimmung des Art. 30 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2004/18/EG werden in der Z 3 demonstrativ zwei mögliche Anwendungsfälle für ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung angeführt, nämlich geistige Dienstleistungen sowie Dienstleistungen der Kategorie 6 des Anhanges III (Finanzdienstleistungen). Auf Grund des Wortlautes der Bestimmung des Art. 30 Abs. 1 der RL 2004/18/EG wird in § 30 die bereits bisher (vgl. § 25 Abs. 5 Z 3 BVergG 2002) geltende Formulierung Dienstleistungsaufträge „können … vergeben werden“ für die Wahl des Verhandlungsverfahrens beibehalten. Klarstellender Weise wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Fall der „geistigen Dienstleistungen“ der Begriff „kann“ als „muss“ zu lesen ist. Diese Dienstleistungen sind gemäß ihrer Definition (vgl. § 2 Z 18 und die Erläuterungen dazu) einer a priori Festlegung des Leistungsgegenstandes nicht zugänglich. Dies bezieht sich insbesondere auf die Qualität der Leistung. Die Konsequenz sind Angebote, die im folgenden Verfahren erst durch Verhandlungen miteinander vergleichbar gemacht werden können. Aus der Eigenart der Leistung folgt somit unmittelbar das Erfordernis des Verhandlungsverfahrens, um eine ordnungsgemäße Angebotsbewertung überhaupt durchführen zu können.

Zu §§ 71 und 72 Abs. 1:

Die Entscheidung, ob Nachweise für die Befugnis oder die Zuverlässigkeit erforderlich sind, obliegt dem Auftraggeber. Sofern er Nachweise für das Vorliegen der Befugnis oder der Zuverlässigkeit für erforderlich erachtet, hat er die in den §§ 71 und 72 genannten Nachweise zu verlangen. Die Entscheidung welche der in den §§ 71 und 72 genannten Nachweise verlangt werden, trifft der Auftraggeber.

Zu §§ 83, 108 Abs. 1 Z 2, 240 und 257 Abs. 1 Z 1:

Als Regelfall soll der Bieter alle Teile des Auftrages, die er jedenfalls oder möglicherweise im Wege von Subaufträgen an Dritte zu vergeben beabsichtigt, in seinem Angebot anführen. Der Auftraggeber kann davon insofern abweichen, als er in der Ausschreibung vorsieht, dass lediglich die beabsichtigte Weitergabe wesentlicher Teile im Angebot angegeben werden muss.

Zu §§ 84 Abs. 1 und 241 Abs. 1:

Durch die Formulierung „allen“ wird unterstrichen, dass bei allen Auftragstypen (somit Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge) die Verpflichtungen aus den ILO-Konventionen zu beachten sind.

Zu § 97 Abs. 2:

Gemäß Abs. 2 sind für die Beschreibung oder Aufgliederung der Leistung geeignete Leitlinien (wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen) heranzuziehen. Der Auftraggeber kann jedoch lediglich in einzelnen Punkten (und somit nicht pauschal) von diesen Leitlinien abweichende Festlegungen treffen. Weicht der Auftraggeber von Leitlinien ab, so hat er diese Abweichungen in den Ausschreibungsunterlagen offen zu legen und die Abweichung zu begründen. Die Begründungspflicht umfasst aber nicht das Erfordernis einer „sachlichen Rechtfertigung“ bzw. muss der Auftraggeber keine „sachliche Notwendigkeit für die Abweichung“ (vgl. BVA 23.4.2004, 17F-13/03-11) darlegen. Auf Anfrage ist einem Unternehmen der Grund für die Abweichung unverzüglich bekannt zu geben. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, von Leitlinien abzuweichen, bildet das Missbrauchsverbot bzw. die Sittenwidrigkeit. Die Begründungspflicht dient dem Nachweis, dass der Auftraggeber durch die abweichenden Festlegungen nicht die Grenze zum Missbrauch bzw. die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten hat.

Zu § 99 Abs. 2:

Gemäß Abs. 2 sind, soweit der Auftraggeber diese für erforderlich erachtet, für weitere Festlegungen betreffend den Leistungsvertrag geeignete Leitlinien (wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen) heranzuziehen. Der Auftraggeber kann jedoch lediglich in einzelnen Punkten (und somit nicht pauschal) von diesen Leitlinien abweichende Festlegungen treffen. Weicht der Auftraggeber von Leitlinien ab, so hat er diese Abweichungen in den Ausschreibungsunterlagen offen zu legen und die Abweichung zu begründen. Die Begründungspflicht umfasst aber nicht das Erfordernis einer „sachlichen Rechtfertigung“ bzw. muss der Auftraggeber keine „sachliche Notwendigkeit für die Abweichung“ (vgl. BVA 23.4.2004, 17F-13/03-11) darlegen. Auf Anfrage ist einem Unternehmen der Grund für die Abweichung unverzüglich bekannt zu geben. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, von Leitlinien abzuweichen, bildet das Missbrauchsverbot bzw. die Sittenwidrigkeit. Die Begründungspflicht dient dem Nachweis, dass der Auftraggeber durch die abweichenden Festlegungen nicht die Grenze zum Missbrauch bzw. die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten hat.

Zu §§ 18, 141, 186 und 280:

Durch die Neufassung der §§ 141 und 280 soll die Lesbarkeit der Bestimmungen erhöht werden. Abs. 3 stellt klar, dass Auftraggeber bei der Vergabe nicht prioritärer geistiger Dienstleistungen unterhalb der genannten Schwellenwerte – wenn die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist – auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmer zurückgreifen können (vgl. auch § 38 Abs. 3).

Die Änderungen der §§ 18 und 186 betreffen lediglich Anpassungen der Verweise.

Zu § 187 Abs. 5:

Durch die Neuformulierung wird der Grundsatz der Bedachtnahme auf ökologische Aspekte für den Sektorenbereich festgeschrieben.

Zu §§ 207 Abs. 3 und 229 Abs. 2:

Wie im klassischen Bereich sollen auch Sektorenauftraggeber verpflichtet sein, die von ihnen verlangten Nachweise im Aufruf zum Wettbewerb anzugeben. Sektorenauftraggeber gemäß § 164 (öffentliche Auftraggeber) sind darüber hinaus verpflichtet, Bieter auszuschließen, wenn ein Ausschlussgrund gemäß § 229 Abs. 1 gegeben ist.

Zu § 318 Abs. 1:

Abs. 1 wird dahingehend ergänzt, dass für jene Anträge, für die die besondere Eingabegebühr gemäß BVergG zu entrichten ist, nicht noch zusätzlich eine Gebühr nach dem Gebührengesetz anfällt. Die bisher nach dem BVergG 2002 existierende doppelte Gebührenpflicht ist wiederholt kritisiert worden.

Zu Anhang XV:

Es soll klargestellt werden, dass Auftraggeber auch im Unterschwellenbereich angeben müssen, ob es sich bei der ausgeschriebenen Leistung um eine Bauleistung, eine Dienstleistung oder eine Lieferung handelt.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Dr. Eva Glawischnig-Piesczek einstimmig angenommen.

 

Ein von den Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Dr. Eva Glawischnig-Piesczek eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Ökologische Leitlinien sowie die Vollziehung der §§ 19 Abs. 6 und 70ff Bundesvergabegesetz 2006 wurde einstimmig angenommen.

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss einstimmig folgende Feststellungen betreffend Schwestergesellschaften:

Der Ausschuss stellt zu § 10 Z 7 fest, dass das Gesetz sog. In-House-Vergaben zwischen Tochtergesellschaften ein und desselben öffentlichen Auftraggeber („Schwestergesellschaften“) dann nicht ausschließt, wenn das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und jeder dieser Tochtergesellschaften den Teckal-Kriterien vollständig genügt, weist aber darauf hin, dass hiezu die künftige Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen sein wird.

Schließlich traf der Verfassungausschuss einstimmig folgende Festellungen:

zu § 19 Abs. 1:

Der Ausschuss stellt fest, dass Verhandlungen, die bloße Preisänderungen zum Inhalt haben, unzulässig sind, da sie dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes nicht entsprechen.

zu § 19 Abs. 1 und 3:

Der Ausschuss stellt fest, dass die Mitgliedschaft zu bestimmten Vereinigungen (zB Güteschutzvereinen udglm) sowie die Teilnahme an bestimmten Fortbildungsveranstaltungen, Seminaren, Kursen u.ä. solcher Vereinigungen nicht als Voraussetzung für die Teilnahme an einem Vergabeverfahren vorgesehen werden dürfen, da dies dem Diskriminierungsverbot des § 19 widerspricht.

Zu § 22 Abs. 1:

Der Ausschuss stellt zu § 22 Abs. 1 fest, dass bei der Beurteilung, ob eine getrennte Vergabe oder eine Gesamtvergabe stattfinden soll, der Einsatz eines Planungskoordinators, der Schnittstellenverluste verhindern kann, erwogen werden soll.

zu § 122:

Der Ausschuss stellt fest, dass die Anforderung an die fachlichen Voraussetzungen der Personen, denen die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes übertragen wird, in einer dem konkreten Auftragsgegenstand adäquaten Weise zu erfolgen hat.

zu Vorauszahlungen und zur Begrenzung von Zahlungsfristen:

Der Ausschuss stellt fest, dass die Förderung der Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen an Vergabeverfahren ein wichtiges Ziel darstellt. Vor diesem Hintergrund wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Auftraggeber nach Abschluss des Leistungsvertrages pauschale, der Leistungsabwicklung angemessene Vorauszahlungen tätigen können, wobei bei der Höhe der Vorauszahlungen eine allfällige Sicherstellung durch den Auftragnehmer berücksichtigt werden kann. Allfällige Vorauszahlungen des Auftraggebers dürfen jedoch nicht in die Beurteilung der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit im Vergabeverfahren einfließen. Darüber hinaus ist es erstrebenswert, dass die Zahlungsfristen durch die Auftraggeber möglichst kurz festgesetzt und jedenfalls eingehalten werden.

Zur zusammenfassenden Stellungnahme der Landesbaudirektoren zum Entwurf des BVergG 2006:

Der Ausschuss weist darauf hin, dass die in der Stellungnahme der Landesbaudirektoren dargelegten Anregungen während des parlamentarischen Prozesses eingehend geprüft und soweit als möglich berücksichtigt wurden (vgl. etwa den Wunsch nach einer Ersatzregelung für § 26 Abs. 4 BVergG 2002, der in § 38 Abs. 3 realisiert wurde). Einzelnen Anregungen konnte allerdings nicht gefolgt werden, da dies aus verfassungsrechtlichen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht möglich war. Auf Grund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es etwa nicht möglich, den Unterschwellenbereich – wenn auch nur teilweise – vom formalen Vergaberechtsschutz freizustellen. Eine Beschränkung der Substitutionsfähigkeit der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit ist auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ebenfalls nicht möglich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2005 12 01

               Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann          Dr. Peter Wittmann

       Berichterstatter                  Obmann