1249 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 723/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen, haben den gegenständlichen Initiativantrag am 19. Oktober 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Den Änderungen in § 3 und der Ergänzung in § 9a liegen folgende Überlegungen zugrunde:

Insbesondere mit der Regelung in § 3 Abs. 8 wird der öffentlich-rechtliche Versorgungsauftrag um die Veranstaltung eines Spartenprogramms erweitert. Die inhaltlichen Kriterien bestimmen sich nach § 9a, wobei davon auszugehen ist, dass bis auf vereinzelte Ausnahmen (vgl. § 9a Abs. 4) alle Bestimmungen und hierbei insbesondere die Werberegelungen, die schon bisher für die Programme ORF 1 und ORF 2 galten, zur Anwendung kommen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung als auf den Sport beschränktes Spartenprogramm ist weiters davon auszugehen, dass an dieses Programm nicht alle inhaltlichen Anforderungen nach § 4 ORF-G zu stellen sind, ohne dass es hiezu aber einer Klarstellung bedürfte. Soweit aber dem Programmauftrag durch die Ausstrahlung von Sportsendungen entsprochen werden kann, finden aber auch die inhaltlichen Aufträge Anwendung.

Mit der Änderung in § 14 wird klargestellt, dass eine Unterbrechung von Sportsendungen durch Werbung dann möglich ist, wenn diese Sendungen aus eigenständigen Teilen bestehen. Hierbei ist auf den inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang abzustellen, indem jeder Teil (ähnlich einer Magazinsendung) einer thematisch abgegrenzten Darstellung bestimmter Vorgänge oder Geschehnisse rund um ein Sportereignis, das auch mehrere Sportarten umfassen kann, gewidmet ist. Um auch dabei die Anzahl der Unterbrechungen in Grenzen zu halten  (und nicht von der Themenwahl des Rundfunkveranstalters abhängig zu machen), wird die Einhaltung eines Abstandes von 20 Minuten zwischen Werbeunterbrechungen vorgesehen.

Bei den eigenständigen Teilen ist auch an die Vor- und Nachberichterstattung in Zusammenhang mit einem bestimmten Sportereignis zu denken. Am Beispiel eines Formel 1 Rennens, erläutert bedeutet die vorgeschlagene Regelung, dass etwa eine Vorberichterstattung zum Rennen (d.h. eine Berichterstattung über die Abläufe vor dem eigentlichen Beginn des Rennens) durch Werbung von der Übertragung des Bewerbs selbst getrennt sein kann und somit ebenso möglich ist, wie eine von der Übertragung des Bewerbs durch Werbung getrennte „Nachberichterstattung" über die Vorkommnisse nach Ende des Bewerbs. Bei der eigentlichen Sportübertragungen (d.h. der Übertragung des tatsächlichen Bewerbs vom Start bis zum Ende des Wettbewerbs) bleibt die Rechtslage insofern unverändert, als ein Einfügen von Werbung nur in die natürlichen Pausen, wie etwa die Halbzeitpause bei einem Fußballspiel, möglich ist. Dieses Verständnis legt auch die Interpretative Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bestimmungen der Fernsehrichtlinie über die Fernsehwerbung, ABl. C 102/2 vom 28.4.2004 hinsichtlich des Art 11 Abs. 2 der Fernsehrichtlinie zugrunde, wenn dort ausgeführt wird, dass es sich bei den Pausen um solche Unterbrechungen handeln muss, „die sich natürlich und regelmäßig unmittelbar aus der Struktur der Veranstaltung oder des Ereignisses ergeben". Dem entspricht auch, dass nach dem Erläuternden Bericht zum Fernsehübereinkommen davon die Rede ist, dass die natürlichen Pausen den objektiven Unterbrechungen der betreffenden Sportart entsprechen.

Die Änderung in § 17 dient der Angleichung an die Bestimmung des Art. 17 der Fernsehrichtlinie 89/552/EG in der Fassung 97/36/EG sowie an Art. 17 des Europaratsübereinkommens zum grenzüberschreitenden Fernsehen. Beide Rechtsinstrumente lassen es genügen, wenn ein Patronanzhinweis nur am Anfang oder am Ende einer Sendung ausgestrahlt wird.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 1. Dezember 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Elisabeth Grossmann, Mag. Terezija Stoisits, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Herbert Scheibner und Dr. Peter Wittmann sowie der Staatsekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch einen Abänderungsantrag mit folgender Begründung eingebracht:

„Zu § 9a: Mit den Änderungen wird klargestellt, dass es sich bei dem Sport-Spartenprogramm um ein Sendeformat handelt, mit welchem der ORF auch und vor allem seinem in § 4 Abs. 1 Z 15 ORF-G normierten Auftrag der Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung nachkommt. Schon nach derzeitiger Rechtslage hat der ORF ein differenziertes Programm auch im Bereich des Sports (vgl. § 4 Abs. 2 ORF-G) anzubieten und sich dabei an der Vielfalt der Interessen aller Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. Insbesondere soll im Sport-Spartenprogramm jenen Sportarten eine breite Präsentationsbasis geboten werden, denen aufgrund der zahlreichen in den Programmen ORF1 und ORF2 zu erfüllenden sonstigen Aufträgen nicht jenes Ausmaß an Sendezeit zur Verfügung gestellt werden kann, welches zu einer größeren Verbreitung und Bekanntheit in der Gesamtbevölkerung führt und denen auch sonst in der österreichischen Medienberichterstattung kein breiter Raum zukommt. Zu denken ist daher insbesondere an jene Sportarten, die üblicherweise nicht im Mittelpunkt von Sportsendungen stehen, die aber dennoch einen breiten Querschnitt der sportlichen Aktivitäten der österreichischen Bevölkerung darstellen. Es ist ferner nicht ausgeschlossen, dass in bestimmten Ausnahmefällen (etwa bei gleichzeitiger Abhaltung zweier bedeutender Bewerbe) auch sogenannter „Premium Content“ ausgestrahlt wird, jedoch sind diese Sportarten vorrangig in den Programmen ORF1 und ORF2 zu zeigen und sollten somit im Sport-Spartenprogramm die Ausnahme darstellen. Ebenso schließt das Ziel der Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung mit ein, dass im Sport-Spartenprogramm Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten der Sportausübung, Sportstätten und sonstige im engeren Zusammenhang mit der sportlichen Betätigung stehende Themen ausgestrahlt werden.

Mit Abs. 3 werden die Modalitäten der Verbreitung geregelt. Grundsätzlich gilt, dass neben der Ausstrahlung über Satellit auch die Verbreitung des Sport-Spartenprogramms über eine digitale terrestrische Multiplex-Plattform möglich ist, wobei keine Erweiterung oder Änderung der Must-Carry-Verpflichtung des § 25 Abs. 2 Z 2 PrTV-G erfolgt. Eine Ausstrahlung auf diesem Übertragungsweg ist daher frühestens in der zweiten Bedeckung denkbar.

Die Bestimmung des Abs. 4 sieht die grundsätzliche Möglichkeit vor, dass in einer allenfalls verbleibenden Sendezeit auf demselben Kanal (Satellit oder Kabel) ein Spartenprogramm nach § 9 ORF-G verbreitet wird (Channel-Sharing). Hierbei gilt weiterhin, dass ein derartiges nicht im öffentlichen Auftrag gelegenes Spartenprogramm organisatorisch und rechnerisch von Tätigkeiten im Rahmen des Versorgungsauftrages zu trennen ist und gewinnorientiert veranstaltet werden darf. Ausgeschlossen ist eine Heranziehung von Mitteln aus dem Programmentgelt, während dies für das Sport-Spartenprogramm zulässig ist. Die Notwendigkeit zur Kennzeichnung etwa durch verschiedene Senderkennungen ergibt sich aus dem unterschiedlichen Charakter der dann auf ein und demselben Kanal verbreiteten Spartenprogramme und ist auch Ausdruck des dem ORF-G immanenten Prinzips der Trennung von kommerziellen und nicht-kommerziellen Aktivitäten.

Durch die Bestimmung des Abs. 5 wird sichergestellt, dass auch alle Regelungen des ORF-Gesetzes, soweit sie sich auf ein Spartenprogramm beziehen können, Anwendung finden. Dies gilt z.B. insbesondere für die allgemeinen inhaltlichen Anforderungen (Programmgrundsätze, Werbung mit Ausnahme der Werbezeit, Sponsoring) ebenso wie für Verpflichtungen nach den §§ 6, 8 und 12 oder für die Zuständigkeiten der Organe des ORF und die Rechtsaufsicht. Für die Werbezeit wurde für das Spartenprogramm eine eigene Regelung getroffen, die eine Aliquotierung des auch für ORF 1 und 2 zur Verfügung stehenden Zeitkontigents entsprechend dem Ausmaß der gesendeten Programmstunden vornimmt. Für die sonstigen Anforderungen an Werbung gelten die Bestimmungen des 3. Abschnitts mit der Maßgabe der vorgesehenen Änderung in § 14 Abs. 8. Die bereits in der Begründung des Initiativantrags dazu angestellten Überlegungen schließen auch die Auffassung mit ein, dass die zusammenhängende Übertragung mehrerer Bewerbe ein und desselben Ereignisses (z. B. Olympische Spiele) als Sportsendung zu verstehen ist, sodass hier eine Einfügung von Werbung zwischen die eigenständigen Teile der Berichterstattung möglich ist. Bei der Übertragung des konkreten einzelnen Fußball- oder Schibewerbs ist die Einfügung weiterhin nur in den natürlichen Pausen möglich.

Die Formulierung „für jeden vollen Zeitraum“ in § 14 Abs. 8 bringt (angelehnt an den Wortlaut der Fernsehrichtlinie in Artikel 11 Abs. 4) zum Ausdruck, dass sich die zulässige Anzahl der Unterbrechungen der aus mehreren Teilen bestehenden Sportsendung nach der „Netto-Länge“ der gesamten Sendung (also aller eigenständigen Teile ohne Einrechnung der Werbung zusammengerechnet) bemisst. Die Regelung normiert hingegen nicht, dass eine Unterbrechung erst nach Ablauf von 15 Minuten möglich wäre. Dieser Satzteil regelt daher im Ergebnis, wie oft eine Sendung abhängig von ihrer jeweiligen Gesamtdauer unterbrochen werden darf. Der zweite Teil des ersten Satzes bestimmt, dass pro Stunde höchstens vier Unterbrechungen zulässig sind. Die Einfügung ist – was bereits der erste Satz zum Ausdruck bringt – stets nur zwischen eigenständigen Teilen möglich. Dieses Modell ist flexibler als jenes in der Fassung des Initiativantrages, wobei die Begründung des Initiativantrages hinsichtlich der Ausführungen zum Vorliegen eines „eigenständigen Teils“ (insbes. zum inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang) weiterhin Gültigkeit haben. Aufgrund der weiterhin anzuwendenen Bestimmung des § 13 Abs. 7 dritter Satz ORF-G ist jedenfalls innerhalb einer Stunde nicht mehr als 12 Minuten Werbung zulässig.

Die Änderung in § 17 ORF-G schließt nicht aus, dass Sponsorhinweise am Anfang und am Ende einer Sendung ausgestrahlt werden, stellt also nur ein Mindestgebot dar. Festgehalten wird am Verbot, einen Sponsorhinweis während einer Sendung auszustrahlen.

 

Ein vom Abgeordneten Dr. Peter Wittmann eingebrachter Zusatzantrag betreffend Unzulässigkeit der blossen Information über die Tätigkeit der Bundesregierung sowie Aufhebung der eingeschränkten Werbung für periodische Druckwerke (§§ 6 und 13 Abs. 8 ORF-G) fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch mehrstimmig angenommen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 12 01

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch          Dr. Peter Wittmann

       Berichterstatter                  Obmann