Anlage
Begründung
des Einspruches
gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf
Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967
geändert wird
Mit diesem
Gesetzesbeschluss des Nationalrates sollen Kernkompetenzen des
Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz,
die sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie befassen (wie z.B.
Beratung, Information, Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, etc.), ausgelagert
werden. Das führt zu folgenden negativen Konsequenzen:
· Die
Bundesministerin sichert sich ein Weisungsrecht in Bezug auf die
Geschäftsführung und damit die direkte politische Einflussnahme – es gibt aber
keine parlamentarische Kontrolle (Abgeordnete können keine schriftlichen und
mündlichen Anfragen zu dieser Materie stellen).
· Die
Volksanwaltschaft kann bei Versäumnissen nicht mehr angerufen werden.
· Der
Rechnungshof hat nur sehr begrenzte Kontrollmöglichkeiten.
· Die
Aufträge, die diese GmbH vergeben wird, unterliegen nicht dem Vergaberecht, sie
müssen also nicht ausgeschrieben werden.
Die im Begutachtungsverfahren
des Bundesrates eingelangten Stellungnahmen wichtiger Institutionen zeigen
durchwegs eine skeptische bis ablehnende Haltung:
So kritisiert die
Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme vom 23. November 2005, „dass es nicht
recht ersichtlich ist, warum es der Schaffung einer GmbH bedarf, um die bisher
im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
wahrgenommenen Aufgaben in Zukunft zu besorgen. Die als Begründung für das
Vorhaben vorgetragenen Ausführungen im Vorblatt, wonach die Struktur einer GmbH
„die optimale“ sei, die Lukrierung zusätzlicher Mittel ermögliche und damit die
Effizienz steigere sowie die Behauptung, dass die „Ausgliederung selbst
positive Auswirkungen auf die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und
somit auch auf die Beschäftigung und den Wirtschaftstandort Österreich“ habe,
vermögen jedenfalls nicht zu überzeugen. Belege für diese Behauptungen bleiben
Vorblatt und Erläuterungen schuldig“.
Die
Industriellenvereinigung meinte in ihrer Stellungnahme vom 23. November 2005:
„Im Hinblick darauf, dass die Familienpolitik vor allem eine
gesellschaftspolitische Stellung einnimmt, möchten wir aber mit Nachdruck gegen
eine weitere Belastung des Familienlastenausgleichsfonds aussprechen. Die Kostentragung
aus Mitteln des Fonds würde sich hinsichtlich einer notwendigen
Lohnnebenkostensenkung kontraproduktiv auswirken und kann nicht ausschließlich
zu Lasten der Unternehmen gehen. Daher vertreten wir die Meinung, dass
anfallende Kosten vom Bund über Bundesmittel finanziert werden sollen“. Weiters
heißt es in der Stellungnahme: „Die vorgesehene GmbH ist sehr verwaltungsnahe.
Der Nachteil liegt dabei in der geringeren Transparenz der Tätigkeit der GmbH
nach Außen und in der verdünnten demokratischen und politischen
Verantwortungslinie vom Parlament über den Minister zu den Ausführenden“.
Der Katholische
Familienverband Österreichs merkt in seinem Schreiben vom 23. November 2005 an,
„dass er keine Notwendigkeit und keinen Vorteil darin sieht, genuine Aufgaben
des Sozialministeriums – und als solche wird der Bereich Familie und Beruf
gesehen – in eine GmbH auszulagern; zumal dadurch beträchtliche Kosten für den
Aufbau einer zusätzlichen Infrastruktur entstehen. Auffällig ist auch, dass
sich ein Großteil des in § 3(2) beschriebenen Aufgabenbereiches der neu zu
errichtenden Gesellschaft mit Aufgaben deckt, die derzeit vom ÖIF wahrgenommen
werden. Das Argument der Bündelung der Aufgaben wäre auch durch
Umstrukturierungen im Ministerium jederzeit möglich“. Der Katholische
Familienverband kritisiert, dass der GmbH einschließlich der Kosten für
administrative Tätigkeit im Jahr knapp 2,7 Mio. Euro zur Verfügung stünden,
aber „deren ordnungsgemäße Verwendung weder einer Kontrolle durch das Parlament
noch einer durch den Rechnungshof unterliegen“.
Überdies
verschlingen die administrativen Kosten der GmbH bereits ein Viertel dieses
Budgets, von den verbleibenden Geldern sind 700.000 Euro als Basisförderung für
das ÖIF veranschlagt. Es verbleiben weniger als 1,5 Mio. Euro für Maßnahmen im
Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Somit stehen für die
Organisations- und Fixkosten dieser GmbH in keinerlei Relation zu deren
eigentlichen Zweck, nämlich Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf
umzusetzen.
Die
Volksanwaltschaft weist in ihrer Stellungnahme vom 22. November 2005 darauf
hin, „dass durch die Ausgliederung jedenfalls volksanwaltschaftliche
Kontrollbefugnisse verloren gehen. Dies ist im gegenständlichen Zusammenhang
deswegen besonders bedauerlich, weil die Kontrollbefugnis der Volksanwaltschaft
im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bislang die einzige Möglichkeit der
kostenlosen Überprüfung von Förderungsentscheidungen des Ressorts darstellte;
diese Möglichkeit der externen Kontrolle wird durch die angestrebte
Organisationsreform nun beseitigt“.
Die
Bundesarbeitskammer führt in ihrer Stellungnahme vom 22. November 2005 an:
„Eine Ausgliederung in dieser Form birgt ein stark erhöhtes Risiko der
Intransparenz und der mangelnden demokratischen Kontrolle. Die
gesellschaftspolitisch überaus wichtigen Agenden der Materie Vereinbarkeit von
Beruf und Familie werden mit diesem Gesetz der parlamentarischen Kontrolle
entzogen. Abgeordnete haben im Falle einer GmbH kein parlamentarisches
Anfragerecht und auch der Rechnungshof hat nur sehr begrenzte
Kontrollmöglichkeiten. Es erhebt sich weiters die Frage, wieso gerade eine GmbH
für diese Belange die optimale Struktur darstellen soll“.
Die Ämter der
Salzburger (28.11.2005), der Burgenländischen (24.11.2005) und der Wiener
Landesregierung (23.11.2005) erheben ebenso in ihren Stellungnahmen massive
Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben (Kosten, Struktur, Weisungsrecht der
Bundesministerin).
Das Amt der
Vorarlberger Landesregierung hat, obwohl ursprünglich kein Begutachtungsverfahren
stattfand, bereits am 26. September 2005 Stellung genommen: „Wenn konkrete
Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirksam werden
sollen, sind sie auf regional unterschiedliche Bedarfslagen auszurichten bzw.
haben die jeweiligen Ausgangsbedingungen zu berücksichtigen. Als Alternative zu
diesem Gesetzesvorhaben wird daher vorgeschlagen, die Förderungsadministration
beim ÖIF zu belassen, alle anderen geplanten Mittel hingegen zweckgebunden den
Ländern zur Verfügung zu stellen. Die Länder sollten sich die konkreten
Maßnahmen gegenseitig zur Verfügung stellen (best practice), sodass ein
befruchtender Dialog zwischen den Ländern entstehen kann. Jedenfalls könnten
direkt vor Ort geplante, eingesetzte und evaluierte Mittel unmittelbarere
Wirkungen erzeugen als zentrale Projekte, die darüber hinaus eine neue,
zusätzliche und im Verhältnis zu den Gesamtmitteln aufwändige Struktur
erfordern“.
Da die im Rahmen
der Begutachtung abgegebenen Stellungnahmen überwiegend den vorliegenden
Gesetzesentwurf aus demokratie-, struktur- und finanzpolitischen Gründen
ablehnen und vor allem parlamentarische Kontrollrechte – dies weder für den
Nationalrat noch für den Bundesrat - nicht gegeben sind, erhebt der Bundesrat
gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates einen Einspruch.
Aus all den
genannten Gründen wird daher der Antrag gestellt, gegen den genannten
Gesetzesbeschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.