V O R B L A T T

Problem:

Im Rahmen des Aufbaus eines europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Republik Österreich mit Staaten Mittel- und Osteuropas eine Sicherheitspartnerschaft eingegangen, die in der Region auch nach der Erweiterung der Europäischen Union durch den erfolgten Beitritt dieser Staaten einen hohen Sicherheitsstandard gewährleisten soll. Teil dieser Strategie ist der Abschluss von bilateralen Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit. Aus österreichischer Sicht bestehen die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik in der Handhabung des österreichischen Polizeikooperationsgesetzes und des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen sowie bei der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr vom 21. Juni 1988 (BGBl. Nr. 212/1990; die weitere Anwendung ab dem Tag der Staatennachfolge der Tschechischen Republik in das betreffende Gebiet der ehemaligen CSFR wurde lt. Kundmachung BGBl. III Nr. 123/1997 einvernehmlich festgestellt). Durch den vorliegenden Vertrag wird die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarstaaten wesentlich erweitert und vertieft.

Ziel:

Verbesserung der Zusammenarbeit der beiden Vertragsstaaten bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie bei der Verhütung und Aufklärung von strafbaren Handlungen durch die Schaffung von zeitgemäßen Rechtsgrundlagen für den polizeilichen Informationsaustausch und die operationelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten.

Inhalt:

Erweiterung, Verstärkung und Vertiefung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit der beiden Nachbarstaaten; Verbesserung der Abstimmung der polizeilichen Strategien sowie einzelner Ermittlungsschritte bei grenzüberschreitender Bedeutung; Beschleunigung und Vereinfachung des Informationsaustausches; Ermöglichung grenzüberschreitender Amtshandlungen zur Verfolgung eigener polizeilicher Interessen oder zur Unterstützung des Nachbarstaates.

Der Vertrag sieht eine teilweise Annahme von Kooperationsmechanismen aus dem Schengener Regelungswerk vor, nämlich grenzüberschreitende Observation und Nacheile (unabhängig von der Abschaffung der Grenzkontrollen) sowie die vertiefte Verpflichtung zur polizeilichen Amtshilfe.

Er enthält auch bestimmte neuere Regelungsmechanismen. Dazu zählen eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den Grenzgebieten, verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr sowie einzelne neue Ermächtigungen für grenzüberschreitendes polizeiliches Einschreiten, wie gemischte Streifen und verdeckte Ermittlungen.

Alternativen:

Andere Wege zur Erreichung des angestrebten Zieles stehen derzeit nicht zur Verfügung.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der vorliegende Vertrag ist mit EU-Recht bzw. den verbindlichen Rechtshandlungsformen der Dritten Säule vereinbar. Die Bestimmungen des Titel VI EU-V stehen dem Abschluss bilateraler Verträge über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten nicht entgegen. Der vorliegende Vertrag ist kompatibel mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ).

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt werden.

E R L Ä U T E R U N G E N

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen ist gesetzändernd und gesetzesergänzend. Er bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, weshalb die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt werden.

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung stützt sich hinsichtlich der sicherheitspolizeilichen Aspekte des Vertrages, der Gefahrenabwehr, des vorbeugenden Rechtsgutschutzes, der Fahndung und der ersten allgemeinen Hilfeleistung auf Art.10 Abs.1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit), hinsichtlich der Strafverfolgungsbereiche auf Art. 10 Abs.1 Z 6 B-VG (Strafrechtswesen). Die Haftungsbestimmungen des Vertrages unterfallen dem Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen). Die Regelungen über den fremdenpolizeilichen Informationsaustausch sind Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG (Fremdenpolizei), über die verkehrspolizeiliche Zusammenarbeit Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG (Straßenpolizei) und über den Einsatz von Luftfahrzeugen Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Verkehrswesen bezüglich der Luftfahrt) zuzurechnen.

Die internationale Zusammenarbeit der Sicherheits- und Justizbehörden hat sich in jüngster Zeit mit dem Anwachsen der Anforderungen an sie deutlich intensiviert. Beispiele sind der Abschluss des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen, im folgenden: SDÜ; BGBl. III Nr. 90/1997), Initiativen der Europäischen Union, wie die Schaffung des Europäischen Polizeiamtes, oder der Vereinten Nationen zur Intensivierung der Polizei- und Justizkooperation.

Die Republik Österreich ist darüber hinaus mit mehreren damaligen Kandidaten und nunmehrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Mittel- und Osteuropa eine Sicherheitspartnerschaft eingegangen, um einen Beitrag zum Aufbau eines ungeteilten Europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu leisten und einen hohen Sicherheitsstandard in der Region auch nach der Erweiterung der Europäischen Union zu gewährleisten. Ein Element dieser Strategie ist der Abschluss von bilateralen Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit.

Der staatenübergreifenden polizeilichen Zusammenarbeit mit Anrainerstaaten, wie hier der Tschechischen Republik, kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Der vorliegende Vertrag hat die Verstärkung der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie bei der Verhütung und Aufklärung strafbarer Handlungen und die Unterstützung durch grenz-, fremden- und verkehrspolizeiliche Kooperation zum Ziel.

Der Vertrag enthält sowohl Regelungen zur informationellen als auch zur operationellen Zusammenarbeit durch Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates für sicherheits- und kriminalpolizeiliche Zwecke. Der Vertrag sieht eine teilweise Annahme von Kooperationsmechanismen aus dem Schengener Regelungswerk vor, nämlich die grenzüberschreitende Observation und die Nacheile - unabhängig von der Abschaffung der Grenzkontrollen - sowie die vertiefte Verpflichtung zur polizeilichen Amtshilfe. Eine Vorwegnahme der Teilnahme Tschechiens am Schengener Regelungswerk einschließlich der Abschaffung der Grenzkontrollen kann aufgrund der in Schengen begründeten Verpflichtungen der Republik Österreich durch einen Staatsvertrag nicht erfolgen. Es ist jedoch vorgesehen, dass, sobald das Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen auch im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten gilt, der vorliegende Vertrag als Ergänzung behandelt werden wird.

Der Vertrag ermöglicht eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den jeweiligen Grenzgebieten und verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr.

Die Regelungen ergänzen die Bestimmungen über die internationale polizeiliche Amtshilfe gemäß § 2 Abs. 1 und dem 2. Hauptstück des Bundesgesetzes über die internationale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz, im folgenden: PolKG; BGBl. I Nr. 104/1997) und präzisieren sie zum Teil.

Die Regelungen über die informationelle Kooperation werden durch Datenschutzbestimmungen ergänzt.

Die Befugnisse zur operationellen Kooperation ermöglichen es den Organen der Sicherheitsbehörden, in bestimmten Einzelfällen auch auf dem Hoheitsgebiet des Nachbarstaates einzuschreiten. Hierdurch wird jene völkerrechtliche Grundlage geschaffen, die § 16 Abs. 1 PolKG als Voraussetzung für diesen Kooperationsbereich festlegt.

Neben den bereits aus dem SDÜ bekannten Befugnissen der grenzüberschreitenden Observation und Nacheile sowie der Möglichkeit des Austausches von Verbindungsbeamten enthält der Vertrag noch weitere neue Instrumente der Zusammenarbeit, so die Befugnis zur Durchführung kontrollierter Lieferungen, die Möglichkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler, die Ermächtigung zur Bildung gemeinsamer Kontrollgruppen und die Möglichkeit des Einsatzes gemischter Streifen entlang der Staatsgrenze.

Auf der Grundlage des vorliegenden Vertrages können gemeinsame Zentren zur Zusammenarbeit eingerichtet werden.

Zur Restitution von Schäden, die bei der Ausübung grenzüberschreitender Befugnisse verursacht werden, enthält der Vertrag besondere Haftungsbestimmungen.

Der Vertrag ist formal in die polizeiliche Zusammenarbeit und in die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen unterteilt. Grund dafür ist der Wunsch der Tschechischen Republik nach einer Trennung der polizeilichen Zusammenarbeit von Formen der Zusammenarbeit in der Kriminalitätsbekämpfung, die den Justizbehörden vorbehalten sind.

Eine finanzielle Mehrbelastung für die Republik Österreich ist mit der Durchführung des Vertrages nicht verbunden.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Vertragsgegenstand)

Dieser Artikel legt Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit fest. Er regelt, dass die Vertragsstaaten polizeilich sowie justiziell bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie bei der Verhütung und Aufklärung von strafbaren Handlungen zusammenarbeiten. Gegenseitige Unterstützung erfolgt auch im grenz-, fremden- und verkehrspolizeilichen Bereich.

Dabei werden die Regelungen über die internationale Kooperation auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung durch die nationalen Zentralstellen durch den Vertrag ergänzt.

Zum Ersten Teil (Polizeiliche Zusammenarbeit)

Dieser Teil regelt die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten ohne Mitwirkung der Justizbehörden.

Zu Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen)

In diesem Kapitel sind die allgemeinen Bestimmungen über die polizeiliche Zusammenarbeit, Begriffsbestimmungen, Regelungen zur gemeinsamen Sicherheitsanalyse, der Informationsaustausch zur Bekämpfung der illegalen Migration, Bestimmungen über die Entsendung von Verbindungsbeamten, die Bestimmungen zum Zeugenschutz sowie Regelungen zur Aus- und Fortbildung und zur Kriminalitätsprävention enthalten.

Zu Artikel 2 (Zusammenarbeit auf Ersuchen)

Amtshilfe über Ersuchen erfolgt

                         -    zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie

                         -    zur Verhütung und Aufklärung von strafbaren Handlungen,

soweit nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht nicht eine Justizbehörde zuständig ist.

In Abs. 2 sind die Sicherheitsbehörden im Sinne dieses Vertrages festgehalten. Die zuständigen österreichischen Sicherheitsbehörden sind die in Art. 78 a B-VG (sowie in § 4 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei - Sicherheitspolizeigesetz, im Folgenden: SPG; BGBl. Nr. 566/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 151/2004) angeführten Behörden.

Abs. 3 definiert die Beamten im Sinne dieses Vertrages als die Organe der in Abs. 2 angeführten Behörden.

Abs. 4 enthält die Bestimmung der nationalen Zentralstellen. In der Republik Österreich ist diese der Bundesminister für Inneres als oberste Sicherheitsbehörde, als dessen Hilfsapparat die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit tätig wird.

Übermittlung und Erledigung von Ersuchen:

Ersuchen und Antworten darauf werden grundsätzlich unmittelbar zwischen den nationalen Zentralstellen der beiden Vertragsstaaten übermittelt.

Die Übermittlung und Beantwortung von Ersuchen kann - ausnahmsweise - auch unmittelbar zwischen den zuständigen nachgeordneten Sicherheitsbehörden (es sind dies hier in der Republik Österreich die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich und die Bundespolizeidirektion Wien) erfolgen.

Es muss eine der folgenden Voraussetzungen dafür vorliegen:

                         -    Der grenzüberschreitende Dienstverkehr bezieht sich auf Straftaten, bei denen angenommen werden kann, dass deren Aufklärung oder Ermittlung von den Sicherheitsbehörden in den Grenzgebieten durchgeführt wird (zur Definition der Grenzgebiete siehe Art. 3; auf österreichischem Territorium sind die Gebiete der Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Wien umfasst; der Bereich, in dem der unmittelbare Informationsaustausch im sog. „kleinen Grenzverkehr“ erfolgen darf, wird daher durch diesen Vertrag über den in den §§ 4 Abs. 1 zweiter Satz und 7 Abs. 2 PolKG bestimmten Bereich auf das gesamte Gebiet der Bundesländer ausgedehnt).

                         -    Ein Ersuchen um Hilfe zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann nicht rechtzeitig über den Geschäftsweg zwischen den nationalen Zentralstellen gestellt werden.

                         -    Die direkte Zusammenarbeit ist zweckmäßig und (Anm.: kumulativ) die nationale Zentralstelle hat ihr Einverständnis erteilt.

Abs. 6 enthält eine exemplarische Aufzählung zu Gegenstand und Inhalt von Ersuchen.

Zu Buchstabe a) ist für Österreich anzumerken, dass der vorliegende Vertrag Verwaltungsstrafsachen nicht umfasst.

Abs. 7 enthält die Bestimmungen über die Form der Übermittlung von Ersuchen. Besonderes Augenmerk ist in der Praxis darauf zu legen, dass Ersuchen und deren Beantwortung grundsätzlich nur schriftlich erfolgen dürfen. Dies ist für die Nachvollziehbarkeit der Informationsflüsse, insbesondere für Zwecke der datenschutzrechtlichen Kontrolle, notwendig. Auch die Erfüllung der Dokumentationspflichten nach Art. 25 Abs. 2 lit. e) des Staatsvertrages wäre ohne Schriftlichkeit wohl nicht durchführbar. Nur in Fällen, in denen die Herstellung eines entsprechenden Schriftsatzes vor bzw. zur Stellung eines Ersuchens wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit (bspw. Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr) nicht in Betracht kommt, können Ersuchen ausnahmsweise auch mündlich gestellt werden. Diesfalls ist aber unverzüglich darauf eine schriftliche Bestätigung nachzureichen.

Weiters ist darauf zu achten, dass im Falle der Übermittlung personenbezogener Daten jeweils die Form der Übermittlung gewählt wird, die der Sensibilität dieser Daten ausreichend Rechnung trägt. So kommt beispielsweise die Übermittlung sensibler Daten per Fax insbesondere dann nicht in Frage, wenn das Empfangsgerät nicht ausschließlich dem jeweiligen Adressaten bzw. den im konkreten Fall zur Kenntnisnahme befugten Personen zugänglich ist. Im Zweifelsfall sollten beim Rückgriff auf Fax-Nummern der empfangenden Stelle entsprechende Erkundigungen eingeholt werden.

Zu Artikel 3 (Grenzgebiete)

Art. 3 enthält die Definition der Grenzgebiete im Sinne dieses Vertrages. Grenzgebiete im Sinne dieses Vertrages in der Republik Österreich sind die Zuständigkeitsbereiche der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich und die Bundespolizeidirektion Wien.

Zu Artikel 4 (Informationsübermittlung ohne Ersuchen)

Die Sicherheitsbehörden sollen im Interesse einer verbesserten Gefahrenabwehr sowie Verbrechensverhütung und -bekämpfung die Möglichkeit haben, einander im Einzelfall auch ohne vorhergehendes Ersuchen jene Informationen zu übermitteln, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Hierdurch soll es den Sicherheitsbehörden ermöglicht werden, nicht nur reaktiv, sondern auch aktiv tätig zu werden. Vorbild für die Regelung ist Art. 46 SDÜ. Für Sachverhalte, bei denen nach innerstaatlichem Recht der Rechtshilfeweg der Justizbehörden zu beschreiten ist, ist eine Zusammenarbeit nach dieser Bestimmung nicht zulässig. Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass für die Informationsübermittlung ohne Ersuchen die Vorgaben des Art. 2 Abs. 4, 5 und 7 für Informationsübermittlungen auf Ersuchen sinngemäß einzuhalten sind. Konkret bedeutet dies insbesondere die grundsätzliche Wahrung der Schriftlichkeit.

Zu Artikel 5 (Gemeinsame Sicherheitsanalyse)

Ziel dieser Bestimmung ist die Erreichung eines möglichst einheitlichen Informationsstandes hinsichtlich der polizeilichen Sicherheitslage der beiden Vertragsstaaten. Dazu werden Lagebilder periodisch beziehungsweise anlassbezogen ausgetauscht. Weiters wird zumindest einmal im Jahr gemeinsam die Sicherheitslage analysiert.

Zu Artikel 6 (Regelmäßiger Informationsaustausch zur Bekämpfung der illegalen Migration)

Dieser Artikel bestimmt, dass die beiden Vertragsstaaten regelmäßig Informationen betreffend die Bekämpfung des unerlaubten Grenzübertrittes und die Bekämpfung der Schleppertätigkeit austauschen. Dies betrifft auch die Mitteilung geplanter Maßnahmen, die für den anderen Vertragsstaat von Bedeutung sein könnten.

Abs. 3 bezeichnet die für den Informationsaustausch zuständigen Sicherheitsbehörden. Auf österreichischer Seite sind dies der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich und die Bundespolizeidirektion Wien.

Zu Artikel 7 (Entsendung von Verbindungsbeamten)

Die dem Artikel 47 SDÜ nachgebildete Bestimmung bildet die Rechtsgrundlage für die Entsendung von Verbindungsbeamten in den jeweils anderen Vertragsstaat zu dessen Sicherheitsbehörden. Die Entsendung bedarf der Zustimmung der Zentralstelle des Empfangsstaates (zur Zentralstelle siehe Art. 2 Abs. 4). Die Verbindungsbeamten sind nicht berechtigt, hoheitliche polizeiliche Befugnisse wahrzunehmen. Sie werden lediglich unterstützend und beratend, gleichsam als „verlängerter Arm“ des Entsendestaates, tätig, dem gegenüber sie weisungsgebunden sind.

Abs. 3 sieht überdies die Möglichkeit vor, dass Verbindungsbeamte des einen Vertragsstaates, die in einem dritten Staat stationiert sind, im gegenseitigen Einvernehmen auch die Interessen des anderen Vertragsstaates wahrnehmen können. Dazu bedarf es allerdings zusätzlich der schriftlichen Zustimmung des dritten Staates.

Eine vergleichbare Regelung wurde auf Ebene der Europäischen Union mittels Beschluss 2003/170/JI des Rates vom 27. Februar 2003 über die gemeinsame Inanspruchnahme von Verbindungsbeamten, die von den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten entsandt sind (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union, Nr. L 67 vom 12.3.2003, S. 27 ff.), geschaffen.

Zu Artikel 8 (Zeugenschutz)

Art. 8 beinhaltet die gegenseitige Unterstützung der beiden Vertragsstaaten beim Schutz von Zeugen und deren Angehörigen. Voraussetzung ist, dass die zu schützende Person in dem Vertragsstaat, der um Unterstützung ersucht, im Zeugenschutzprogramm aufgenommen ist. Die zu schützende Person wird nicht in das Zeugenschutzprogramm des ersuchten Vertragsstaates aufgenommen. Bei der Durchführung der Unterstützungsmaßnahmen findet die Rechtsordnung des ersuchten Vertragsstaates entsprechend Anwendung.

Die Kostenregelung ist in Abs. 3 enthalten. Demnach trägt, sofern erforderlich, der ersuchende Vertragsstaat die Lebenshaltungskosten der zu schützenden Person.  Der ersuchte Vertragsstaat trägt die Kosten für den Personal- und Sachaufwand zum Schutz dieser Personen.

Abs. 5 regelt, dass bei Vorliegen schwerwiegender Gründe die Unterstützungsmaßnahmen vom ersuchten Vertragsstaat beendet werden können. Diesfalls ist der ersuchende Vertragsstaat im Vorhinein zu informieren. Dieser hat die Verpflichtung, die Person zurückzunehmen. Als schwerwiegende Gründe kommen zum Beispiel folgende in Betracht: Die zu schützende Person verstößt mehrmals trotz vorangegangener und wiederholter schriftlicher Verwarnung grob gegen die Auflagen des Schutzprogramms, sodass die Sicherheit der Person nicht mehr gewährleistet werden kann; die zu schützende Person begeht eine gerichtlich strafbare Handlung im Aufnahmeland; die zu schützende Person kann oder will aus persönlichen Gründen nicht im Aufnahmeland bleiben und verlangt von sich aus die Rückkehr in das Entsendeland beziehungsweise die Unterbringung in einem dritten Land; die zu schützende Person erkrankt akut an einer massiven psychischen Störung, welche auch durch entsprechende professionelle Behandlung nicht beseitigt werden kann; es treten nach der Übernahme der zu schützenden Person andere schwerwiegende Gründe auf, die einen Verbleib im Zeugenschutzprogramm unmöglich machen (etwa Spielsucht oder Drogenabhängigkeit).

Zu Artikel 9 (Aus- und Fortbildung und Erfahrungsaustausch)

Abs. 1 stellt die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten in der Aus- und Fortbildung auf eine rechtliche Basis und vertieft sie.

Die Aufzählung der Formen der Zusammenarbeit in diesem Bereich in den lit. a bis d ist exemplarisch, sodass die Kooperation hier laufend an neue Bedürfnisse und geänderte Methoden angepasst werden kann.

Abs. 2 betrifft den Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den beiden Vertragsstaaten auf den Gebieten der Kriminalistik, der kriminologischen Forschung, der Methoden der Kriminalitätsbekämpfung und der verwendeten technischen Mittel sowie den Informationsaustausch über Rechtsvorschriften und Fachliteratur.

Zu Artikel 10 (Prävention)

Dieser Artikel regelt den Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der Kriminalitätsprävention sowie die Planung und Durchführung gemeinsamer Programme in diesem Bereich.

Zu Kapitel II (Besondere Formen der Zusammenarbeit)

Kapitel II beinhaltet die grenzüberschreitende Nacheile. Es wird hier somit das Einschreiten von österreichischen Organen auf tschechischem Hoheitsgebiet sowie das Einschreiten von tschechischen Organen auf österreichischem Hoheitsgebiet geregelt. Gegenstand ist die operationelle polizeiliche Zusammenarbeit. Hier wird jene völkerrechtliche Grundlage geschaffen, die § 16 Abs. 1 PolKG  als Voraussetzung für diesen Bereich der Zusammenarbeit festlegt.

Zu Artikel 11 (Grenzüberschreitende Nacheile)

Die grenzüberschreitende Nacheile nach Art. 11 des Vertrages ist den Bestimmungen des Art. 41 SDÜ nachgebildet.

Voraussetzung der Verfolgung einer Person ist der Verdacht der Teilnahme an oder der Begehung einer strafbaren Handlung mit einer Mindesthöchststrafe im eigenen Staat von einem Jahr und der gerichtlichen Strafbarkeit im anderen Vertragsstaat oder die Betretung oder Verfolgung wegen einer solchen Straftat oder die Flucht aus der wegen einer solchen Straftat verhängten Untersuchungs- oder Strafhaft oder einer wegen einer solchen Straftat angeordneten vorbeugenden Maßnahme.

Dabei genügt es, dass die gegenständliche Straftat - nur - versucht wurde.

Die auf das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates nacheilenden Beamten haben unverzüglich Kontakt mit der zuständigen Sicherheitsbehörde des anderen Vertragsstaates aufzunehmen. Im Regelfall soll dies bereits vor dem Grenzübertritt geschehen. Die Nacheile ist einzustellen, sobald der andere Vertragsstaat (der Vertragsstaat, auf dessen Hoheitsgebiet die Nacheile stattfinden soll oder bereits stattfindet) dies verlangt.

Auf Ersuchen der nacheilenden Beamten hält die örtlich zuständige Behörde die verfolgte Person an, um ihre Identität festzustellen oder die Festnahme vorzunehmen. Dies erfolgt nach dem Recht des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Anhaltung durchgeführt wird.

Wenn die Einstellung der Nacheile nicht verlangt wird und die zuständige Sicherheitsbehörde nicht rechtzeitig herangezogen werden kann, dürfen die nacheilenden Beamten die Person anhalten. Dies hat im Einklang mit der Rechtsordnung des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Nacheile durchgeführt wird, zu geschehen. Die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde ist unverzüglich zu informieren, um die Identität der angehaltenen Person festzustellen und sie festzunehmen. Die angehaltene Person darf bis zum Zeitpunkt ihrer Übergabe an die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde aus Sicherheitsgründen einer Durchsuchung unterzogen werden. Es dürfen ihr Handschellen angelegt werden. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die von der verfolgten Person mitgeführten Gegenstände dürfen bis zu ihrer Übernahme durch die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde vorläufig sichergestellt werden.

Die grenzüberschreitende Nacheile ist weder zeitlich noch räumlich begrenzt und auf dem Land-, Luft und Wasserweg zulässig.

Abs. 4 enthält die allgemeinen Bedingungen, unter denen die Nacheile zulässig ist. Diese orientieren sich am SDÜ. So müssen die nacheilenden Beamten in der Lage sein, jederzeit ihre Zugehörigkeit zu einer Sicherheitsbehörde nachzuweisen. Sie müssen für jedermann eindeutig erkennbar sein, zum Beispiel entweder durch eine Uniform oder durch am Fahrzeug angebrachte Kennzeichen. Das Betreten von Wohnungen und öffentlich nicht zugänglichen Orten ist den nacheilenden Beamten nicht erlaubt. Die nacheilenden Beamten haben sich nach jedem Einschreiten gemäß Abs. 1 und 2 unverzüglich bei der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde des anderen Vertragsstaates zu melden und Bericht zu erstatten sowie auf Ersuchen bis zur Klärung der Einsatzumstände vor Ort zu verbleiben. Letzteres gilt nicht bei erfolgter Nacheile auf dem Luftweg ohne Landung auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates. Diesfalls erfolgt die Berichterstattung durch die in Art. 2 Abs. 2 genannten Sicherheitsbehörden.

Abs. 5 ist Art. 41 Abs. 6 SDÜ nachgebildet.

Zu Artikel 12 (Grenzüberschreitende Nacheile bei sich der Kontrolle entziehenden Personen)

Dieser Artikel regelt Fälle, in denen die grenzüberschreitende Nacheile über die Fälle des Art. 11 hinaus zulässig ist. Es handelt sich dabei um die Verfolgung von Personen, die sich der Grenzkontrolle oder einer polizeilichen Kontrolle innerhalb von 25 Kilometern von der Staatsgrenze entziehen; im letzteren Fall eingeschränkt durch das Erfordernis der gleichzeitigen Missachtung eindeutiger Anhaltezeichen und der infolgedessen erfolgten Herbeiführung einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Art. 11 entsprechend (siehe oben).

Zu Kapitel III (Besondere Formen der Zusammenarbeit in den Grenzgebieten)

Dieses Kapitel enthält Bestimmungen zu Formen grenzüberschreitender informationeller und operationeller polizeilicher Zusammenarbeit. Siehe dazu auch die Erläuterungen zu Kapitel II.

Zu Artikel 13 (Gemeinsame Kontrollgruppen und grenzüberschreitende Fahndungsaktionen)

Die Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten können bei Bedarf gemeinsame Kontrollgruppen bilden. Dabei werden die Beamten auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates bei Einsätzen nur unterstützend - ohne selbständige Wahrnehmung hoheitlicher polizeilicher Befugnisse - tätig.

Die Abs. 2 und 3 regeln die Zusammenarbeit der in den Grenzgebieten zuständigen Sicherheitsbehörden bei Fahndungen.

Zu Artikel 14 (Gemischter Streifendienst entlang der Staatsgrenze)

Gemeinsame Streifendienste können zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, zur Bekämpfung von strafbaren Handlungen sowie zur Grenzüberwachung bis zu einer Entfernung von zehn Kilometern entlang der gemeinsamen Staatsgrenze durchgeführt werden.

Abs. 2 ermöglicht in eingeschränktem Umfang die Ausübung hoheitlicher Befugnisse auf fremdem Hoheitsgebiet. Grundsätzlich sind diese Befugnisse auf die Identitätsfeststellung und Anhaltung von Personen begrenzt. Ausnahmsweise können auch weitere Befugnisse in Form von Zwangsmaßnahmen ausgeübt werden, etwa wenn ein Beamter auf dem Hoheitsgebiet seines Staates eine Festnahme durchführen will, der Betroffene diese jedoch infolge körperlicher Überlegenheit zu vereiteln sucht; in diesem Fall darf ihn der Beamte des anderen Vertragsstaates entsprechend unterstützen.

Gemäß Abs. 3 ist beim Vollzug des gemischten Streifendienstes das Recht jenes Vertragsstaates anzuwenden, auf dessen Hoheitsgebiet die Beamten tätig werden. Das in § 15 Abs. 2 PolKG normierte Prinzip der doppelten Gesetzesbindung bei Amtshandlungen, die in Rechte Betroffener eingreifen, kommt daher hier nicht zur Anwendung.

Zu Artikel 15 (Zusammenarbeit in gemeinsamen Zentren)

Den Vertragsstaaten wird die Einrichtung gemeinsamer Zentren ihrer Sicherheitsbehörden zur Erleichterung des Informationsaustausches und der Zusammenarbeit gemäß dem vorliegenden Vertrag ermöglicht.

Der Vertrag schafft die Rechtsgrundlage. Die Einrichtung gemeinsamer Zentren samt der Modalitäten der Zusammenarbeit sowie die Verteilung der Kosten sind gesonderten Durchführungsvereinbarungen (siehe Art. 35 Abs. 1) vorbehalten.

In den gemeinsamen Zentren sollen Beamte der Sicherheitsbehörden beider Vertragsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten räumlich unmittelbar zusammenarbeiten. Die Beamten üben dabei lediglich eine Unterstützungsfunktion aus, indem sie Informationen austauschen, analysieren und weiterleiten sowie koordinierend tätig werden. Damit es infolge der unmittelbaren räumlichen Nahebeziehung zwischen den Beamten der beiden Vertragsstaaten in den gemeinsamen Zentren nicht zu einer Umgehung der Regelungen über die Voraussetzungen und Bedingungen für die Übermittlung personenbezogener Daten kommt, ordnet Art. 15 Abs. 2 letzter Satz ausdrücklich an, dass die Art. 2 und 4 entsprechend anzuwenden sind und die Bestimmungen des Art. 25 in vollem Umfang Anwendung finden. Konkret bedeutet dies, dass zum Beispiel tschechischen Beamten, die in einem auf dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich gelegenen gemeinsamen Zentrum tätig werden, kein direkter Zugriff auf das sog. EKIS (Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem) eingeräumt werden darf (vgl. Art. 25 Abs. 5). Weiters sind auch alle „im kurzen Wege“, d.h. zwischen den Beamten in einem gemeinsamen Zentrum gestellten Anfragen und erteilten Auskünfte schriftlich festzuhalten (vgl. Art. 2 Abs. 7). Auch die Dokumentationspflichten nach Art. 25 Abs. 2 lit. e sind zu erfüllen. Die Anfragen bzw. Übermittlungen ohne Ersuchen müssen auch den sonstigen materiellen Kriterien des Art. 2 bzw. Art. 4 entsprechen. In vollem Umfang wirksam sind auch die Zweckbindungsregeln des Art. 25 Abs. 2 lit. a.  Der Dienstverkehr und Informationsaustausch über die nationalen Zentralstellen (zur Definition siehe Art. 2 Abs. 4) bleibt davon unberührt.

Die Beamten in den gemeinsamen Zentren dürfen auch bei der Übergabe von Personen auf der Grundlage der zwischen den Vertragsstaaten geltenden Verträge vorbereitend und unterstützend mitwirken.

Die Beamten in den gemeinsamen Zentren unterstehen gemäß Abs. 4 ausschließlich der Weisungs- und Disziplinargewalt ihrer nationalen Behörden.

Die selbständige Durchführung operativer Einsätze ist den Beamten nicht erlaubt.

Zu Kapitel VI (Zusammenarbeit im verkehrspolizeilichen Bereich)

Dieses Kapitel regelt die verkehrspolizeiliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Vertragsstaaten.

Zu Artikel 16 (Zusammenarbeit bei der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr)

Der Artikel enthält eine exemplarische Aufzählung der Formen der Zusammenarbeit der beiden Vertragsstaaten im verkehrspolizeilichen Bereich. Diese Zusammenarbeit besteht insbesondere im Informations- und Erfahrungsaustausch. Es ist die gegenseitige Information über für den Straßenverkehr wichtige Umstände (so etwa Verkehrsstörungen oder außerordentliche Witterungseinflüsse) und Maßnahmen (Verkehrslenkungs- und Verkehrsbeschränkungsmaßnahmen) vorgesehen, um hierdurch in diesem Bereich einen reibungslosen grenzüberschreitenden Verkehrsablauf zu ermöglichen.

Der Informationsaustausch umfasst aber auch die aus der verkehrspolizeilichen Arbeit gewonnenen Erfahrungen sowie den Erfahrungsaustausch in Verkehrssicherheitsfragen.

Abs. 2 enthält Bestimmungen zu Weg und Form der Übermittlung.

Zu Kapitel V (Rechtliche Stellung von Beamten auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates)

Dieses Kapitel enthält Bestimmungen über die Befugnisse der Beamten auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates, die Dienstverhältnisse der Beamten, die Rechtsstellung der Beamten in strafrechtlicher Hinsicht, die Schadenshaftung und regelt auch den Einsatz von Luftfahrzeugen.

Zu Artikel 17 (Befugnisse)

Abs. 1 regelt die Befugnisse der Beamten beim Tätigwerden auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates im Rahmen dieses Vertrages.

Es ist den Beamten das Tragen von Uniform und das Mitführen ihrer Dienstwaffen sowie sonstiger Mittel zur Zwangsausübung erlaubt, außer der andere Vertragsstaat gestattet dies im Einzelfall nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen. Der Gebrauch von Schusswaffen ist nur im Falle der Notwehr und der Nothilfe, also der Notwehr zugunsten Dritter, zulässig. Es sind weiters gewisse Erleichterungen für die Einreise und den Aufenthalt der Beamten bei grenzüberschreitendem Tätigwerden nach diesem Vertrag vorgesehen. So darf etwa die Staatsgrenze auch außerhalb der Grenzübergänge und deren festgesetzten Öffnungszeiten überschritten werden, wenn dies zur Aufgabenerfüllung nach dem Vertrag erforderlich ist. Die Beamten dürfen auch ihre Funkeinrichtungen verwenden, sofern ein ungestörter Betrieb der Funksysteme des anderen Vertragsstaates gewährleistet ist.

Abs. 2 schränkt die Befugnisse der Beamten auf die in Abs. 1 taxativ angeführten ein, außer der Vertrag bestimmt im Einzelfall anderes.

Zu Artikel 18 (Einsatz von Luftfahrzeugen)

Die Bestimmung ermöglicht, dass bei grenzüberschreitenden Einsätzen nach diesem Vertrag auch Luftfahrzeuge eingesetzt werden dürfen, so etwa bei einer grenzüberschreitenden Observation, Nacheile oder kontrollierten Lieferung.

Weiters gilt die Ermächtigung zu Flügen und Landungen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates auch in den in Abs. 2 taxativ aufgezählten Fällen (in Notfällen, wegen ungünstiger meteorologischer Bedingungen, zur Abkürzung der Flugstrecke zwecks schnellstmöglichen Erreichens des Einsatzortes auf dem Hoheitsgebiet des eigenen Vertragsstaates sowie aus Sicherheitsgründen bei einen grenznahen Annäherungsmanöver zur Landung im Hoheitsgebiet des eigenen Vertragsstaates).

Vor dem Einsatz von Luftfahrzeugen (Flug über dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates oder eine Landung dort) besteht gemäß Abs. 3 eine Mitteilungspflicht gegenüber der Flugsicherungsstelle des anderen Vertragsstaates. Diese Mitteilung muss rechtzeitig erfolgen und die in Abs. 3 abgeführten Angaben enthalten.

Abs. 4 regelt die Möglichkeit des Starts und der Landung von Luftfahrzeugen auch außerhalb der internationalen Flughäfen und genehmigten Flugplätze unter bestimmten Bedingungen. Die Landung auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates ist dabei unverzüglich den örtlich zuständigen Sicherheitsbehörden mitzuteilen.

Abs. 5 enthält Bestimmungen über die Einreise von Wartungsmannschaften des anderen Vertragsstaates in den Fällen des Abs. 2 lit. a und b (ungünstige meteorologische Bedingungen, Notfälle) zwecks Durchführung von Wartungsarbeiten am Luftfahrzeug oder der Vorbereitung dessen Abtransportes in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates.

In Abs. 6 wird auf die für den Einsatz von Luftfahrzeugen durch die Sicherheitsbehörden jeweils geltenden luftverkehrsrechtlichen Vorschriften verwiesen. Diese bestimmen sich nach dem Vertragsstaat, dessen Hoheitsgebiet überflogen oder auf dessen Hoheitsgebiet gelandet wird.

Zur Vermeidung nicht erforderlicher Maßnahmen der militärischen Luftraumüberwachung ist der ununterbrochene Informationsfluss zwischen den zivilen Flugsicherungsstellen der ACG (z.B. ACC) und den zuständigen militärischen Stellen (MCC - Military Control Center) sicher zu stellen.

Des weiteren ist festzuhalten, dass die Verwendung von Militärluftfahrzeugen iSd § 9 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, nicht vom Geltungsbereich des Vertrages erfasst ist, da gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 29. Mai 1987 betreffend das Überfliegen der Bundesgrenze (Grenzüberflugsverordnung - GÜV), BGBl. Nr. 249/1987, die Bewilligung zur Landung eines solchen Luftfahrzeuges nur mit Zustimmung des Bundesministers für Landesverteidigung zulässig ist.

Zu Artikel 19 (Gebührenbefreiung)

Art. 19 legt die Befreiung der Dienstfahrzeuge von Straßen- und Autobahngebühren im anderen Vertragsstaat fest.

Dazu ist anzumerken, dass in der Republik Österreich nach der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs (erlassen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen gemäß dem Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen - Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG; BGBl. I Nr. 109/2002) Kraftfahrzeuge ausländischer Sicherheitsbehörden gemäß § 2 Abs. 3 PolKG von der Mautpflicht permanent ausgenommen sind, sofern an diesen Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht sichtbar angebracht sind und sie im Rahmen des Polizeikooperationsgesetzes oder aufgrund von Staatsverträgen berechtigt sind, das mautpflichtige Straßennetz zu befahren.

Zu Artikel 20 (Dienstverhältnisse)

Diese Bestimmung stellt klar, dass bei grenzüberschreitendem Einschreiten die dienst- und disziplinarrechtlichen Kompetenzen beim jeweiligen Heimatstaat verbleiben.

Zu Artikel 21 (Rechtsstellung der Beamten im Bereich des Strafrechts)

Art. 21 unterstellt grenzüberschreitend tätige Beamte in aktiver und passiver Hinsicht den strafrechtlichen Bestimmungen jenes Vertragsstaates, auf dessen Territorium sie einschreiten.

Die Regelung entspricht Artikel 42 SDÜ.

Zu Artikel 22 (Haftung für Schäden)

Werden Dritte bei grenzüberschreitenden Einsätzen von Organen einer der beiden Vertragsstaaten geschädigt, so haftet gemäß Abs. 1 jener Staat, auf dessen Hoheitsgebiet der Schaden eingetreten ist. Bestehen beziehungsweise Umfang des Anspruchs richten sich nach dem nationalen Recht des schadenersatzpflichtigen Staates, das in gleicher Weise anzuwenden ist, als ob dessen eigene Beamte den Schaden zugefügt hätten.

Für den geschädigten Dritten ist es somit unerheblich, ob der Schaden durch Beamte des eigenen oder des fremden Staates verursacht wurde.

Satz 1 von Abs. 2 regelt den Regressanspruch des Schadenersatz leistenden Staates gegenüber dem anderen Vertragsstaat. Ein Regress ist ausgeschlossen, wenn der Einsatz auf Ersuchen des Schadenersatz leistenden Vertragsstaates stattgefunden hat.

Der zweite Satz von Abs. 2 regelt Fälle, in denen der Staat selbst bei grenzüberschreitenden Amtshandlungen der Organe des anderen Vertragsstaates geschädigt wurde. Die Vertragsstaaten verzichten aufgrund dieser Bestimmung grundsätzlich auf sämtliche Entschädigungsansprüche, außer die Beamten haben vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt.

Zu Kapitel VI (Kooperationsbeziehungen)

Das Kapitel enthält Bestimmungen zur Kostentragung, die ordre public-Klausel, die Regeln zum Schutz personenbezogener Daten sowie zur Handhabung klassifizierter Informationen.

Zu Artikel 23 (Kosten)

Der Artikel bestimmt, dass jeder der beiden Vertragsstaaten die seinen Behörden aus der Durchführung des Vertrages entstehenden Kosten selbst trägt, sofern im Vertrag nicht anderes festgelegt ist, in einer Durchführungsvereinbarung nicht anderes festgelegt wird oder von den Sicherheitsbehörden im Einzelfall im Voraus nicht anderes vereinbart wird.

Zu Artikel 24 (Einschränkung der Zusammenarbeit)

Art. 24 Abs. 1 enthält eine ordre public-Klausel zugunsten der eigenen Sicherheit oder anderer bedeutender Interessen des Vertragsstaates.

In Abs. 2 ist die Einschränkung der Weitergabemöglichkeiten technischer Mittel und dazugehöriger technischer Dokumentationen an Dritte festgelegt.

Abs. 3 beinhaltet einen Vorbehalt in Fiskal- und Zollsachen.

Zu Artikel 25 (Schutz personenbezogener Daten, die nach dem Ersten Teil dieses Vertrages übermittelt werden)

Abs. 1 enthält die Verankerung des Prinzips, dass der übermittelnde Vertragsstaat im Einzelfall Bedingungen, die insbesondere in Verwendungsbeschränkungen oder auch Löschungsanforderungen bestehen können, auferlegen kann. Der datenschutzrechtliche Rahmen für den Umgang mit nach diesem Staatsvertrag übermittelten personenbezogenen Daten wird durch die einschlägigen Vorschriften des Empfangsstaates iVm den Vorgaben des Abs. 2 gebildet.

Abs. 2 normiert Regelungen, deren Erfordernis sich aus dem spezifischen grenzüberschreitenden Kontext ergibt und die nicht durch rein nationale Datenschutzregelungen abgedeckt werden können.

Lit. a des zweiten Absatzes statuiert für sämtliche auf Grund des Übereinkommens ausgetauschten personenbezogenen Daten grundsätzlich das Gebot der Zweckbindung. Die betreffenden Zwecke müssen bereits vor der Übermittlung feststehen und dürfen nicht willkürlich nachträglich verändert werden. Eine Weiterverwendung durch den empfangenden Vertragsstaat für andere Zwecke kommt grundsätzlich nur im Einzelfall in Betracht, und zwar nach Einholung der schriftlichen Genehmigung durch den übermittelnden Vertragsstaat. Des Weiteren ist allerdings insofern eine Durchbrechung des Zweckbindungsprinzips vorgesehen, als Daten, die zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder zur Verhütung, Aufklärung und Ermittlung von strafbaren Handlungen übermittelt worden sind, ohne Zustimmung der übermittelnden Behörde von der empfangenden Behörde zur Verhütung, Aufklärung und Ermittlung der in Art. 11 Abs. 1 lit. a genannten Straftaten und zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit weiterverarbeitet werden dürfen. Insofern wird die allgemeine Verwendungsregel des § 9 Abs. 1 PolKG für empfangene Daten deutlich erweitert.

Die genannte Bestimmung muss aber im Lichte des Grundrechts auf Datenschutz verfassungskonform interpretiert werden. Personenbezogene Daten, die etwa für einen bestimmten präventiven Zweck nach Österreich übermittelt worden sind, dürfen nur nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen (vor allem des SPG) verwendet werden. Überdies ist stets eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. idS die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 2 letzter Satz des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 - im Folgenden: DSG 2000; BGBl. I Nr. 165/1999).

Strengere Vorgaben gelten im Übrigen hinsichtlich der Zweckbindung für sog. Dokumentations- bzw. Protokolldaten (vgl. dazu unten lit. e).

Lit. b konkretisiert den allgemeinen Grundsatz der begrenzten Speicherdauer (vgl. § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000).

Lit. c legt den Vertragsstaaten bestimmte Prüf- und Informationspflichten auf, die letztlich primär der Gewährleistung einer möglichst hohen Datenqualität (Richtigkeit, Aktualität) dienen (vgl. dazu § 6 Abs. 1 Z 4 DSG 2000).

Mit den Vorgabe der lit. d soll dem Gedanken der Datensicherheit Rechnung getragen werden (vgl. dazu § 14 Abs. 1 DSG 2000).

Lit. e statuiert Dokumentations- und Protokollierungspflichten. Diesen kommt eine zentrale Bedeutung zu. Ihre strikte Einhaltung ist die Voraussetzung für die wirksame nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Datenübermittlungen. Bemerkenswert ist, dass eine generelle „Vollprotokollierung“ angeordnet wird, d.h. jede Übermittlung und jeder Empfang personenbezogener Daten sind in Bezug auf Anlass, Inhalt, Datum etc. festzuhalten. Entsprechend dem österreichischen Recht (§ 14 Abs. 5 DSG 2000) sind die Protokollaufzeichnungen drei Jahre aufzubewahren. Danach sind sie zu löschen. Im Gegensatz zum für die sonstigen Daten geltenden Zweckbindungsgrundsatz (vgl. wieder Art. 15 Abs. 2 lit. a Satz 2) sind in Bezug auf die Protokolldaten keine Durchbrechungen vorgesehen. Sie dürfen ausschließlich zur Kontrolle, ob die maßgeblichen Rechtsvorschriften über den Datenschutz eingehalten worden sind, verwendet werden.

Die Bestimmung der lit. g statuiert in Bezug auf die nach diesem Vertrag übermittelten personenbezogenen Daten bestimmte subjektive Rechte der Betroffenen. Die Einzelheiten der Ausübung dieser Rechte sowie Ausnahmen davon sind im nationalen Recht zu regeln. Für Österreich ist auf die §§ 26 ff DSG 2000 zu verweisen, die auch von den tschechischen Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden können, welche sich an österreichische Sicherheitsbehörden wenden.

Lit. h verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, im Falle der behaupteten Verletzung von Datenschutzrechten Betroffenen eine Beschwerdemöglichkeit an ein Gericht oder eine vergleichbare unabhängige Behörde zu eröffnen. Auch ein Schadenersatzanspruch ist für festgestellte Verletzungen vorzusehen. Für Österreich ist hier auf § 33 DSG 2000 zu verweisen.

Die Bestimmung des Absatz 3 soll einem geschädigten Betroffenen die Geltendmachung seiner Schadenersatzansprüche am Ort des Schadeneintritts erleichtern, indem die Leistung von Schadenersatz unabhängig davon erfolgt, ob die Unrichtigkeit der Daten von der den Schaden unmittelbar verursachenden Stelle zu verantworten ist oder von der übermittelnden Stelle.

Die Bestimmung des Abs. 4 weist die Zuständigkeit zur datenschutzrechtlichen Kontrolle für Fälle grenzüberschreitend tätig werdender Beamter (bspw. im Rahmen der grenzüberschreitenden Nacheile), die personenbezogene Daten für Zwecke ihres Heimatstaates erheben, den Kontrollbehörden des Letzteren zu.

Zu Abs. 5 vgl. die Erläuterungen zu Art. 15.

Zu Artikel 26 (Klassifizierte Informationen)

Der Artikel bestimmt den Umgang mit klassifizierten Informationen. Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur Gewährung eines gleichwertigen Schutzes dieser Informationen (siehe auch das Bundesgesetz über die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur sicheren Verwendung von Informationen - Informationssicherheitsgesetz - InfoSiG, BGBl. I Nr. 23/2002).  Bei einer Änderung der Klassifizierungsstufe oder der Aufhebung der Klassifizierung hat der Empfänger nach schriftlicher Mitteilung durch die übermittelnde Behörde die Klassifizierungsstufe anzupassen oder die Klassifizierung aufzuheben.

Die lit. c und d beinhalten Zweckbindung und Zugangsbeschränkungen.

Lit. e regelt die Vorgangsweise bei Verletzungen der Schutzbestimmungen.

Lit. f regelt den Übermittlungsweg klassifizierter Informationen.

Zu Kapitel VII (Einbeziehung der Zollverwaltungen)

Dieses Kapitel regelt die Befugnisse der Zollverwaltung im Rahmen des vorliegenden Vertrages.

Zu Artikel 27 (Befugnisse der Zollverwaltungen)

Die Zollbehörden sind gemäß diesem Vertrag bei der Zusammenarbeit den Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten gleichgestellt, soweit sie sicherheits- oder kriminalpolizeiliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Vollziehung von Verboten und Beschränkungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs wahrnehmen (Republik Österreich) beziehungsweise soweit sie Aufgaben in der Stellung einer Polizeibehörde erfüllen (Tschechische Republik).

Die Definition der Zollbehörden (welche die Stellung von nationalen Zentralstellen innehaben) ist in Abs. 2 enthalten.

In der Republik Österreich ist dies das Bundesministerium für Finanzen.

Abs. 3 enthält die Begriffsbestimmung der Beamten im Sinne dieses Kapitels.

In der Republik Österreich sind dies die Angehörigen der Zollfahndungen.

Abs. 4 führt nachgeordnete Dienststellen an, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ebenfalls zusammenarbeiten können; dies unter den in Art. 2 Abs. 5 des Vertrages enthaltenen Bedingungen: Der grenzüberschreitende Dienstverkehr bezieht sich auf Straftaten, bei denen angenommen werden kann, dass deren Aufklärung oder Ermittlung in den Grenzgebieten durchgeführt wird; ein Ersuchen um Hilfe zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann nicht rechtzeitig über den Geschäftsweg zwischen den nationalen Zentralstellen (siehe Abs. 2) gestellt werden; die direkte Zusammenarbeit ist zweckmäßig und die nationale Zentralstelle (siehe Abs. 2) hat ihr Einverständnis erteilt.

In der Republik Österreich sind dies das Zollamt Linz - Bereich Strafsachen sowie das Zollamt Wien - Bereich Strafsachen.

Zum Zweiten Teil (Zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen)

Dieser Teil regelt die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der beiden Vertragsstaaten unter Mitwirkung der Justizbehörden und ergänzt damit auch den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung vom 27. Juni 1994.

Bei der innerstaatlichen Anwendung dieses Vertrages wird auf das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. I Nr. 36/2004, Rücksicht zu nehmen sein, insoweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt (§ 55 EU-JZG).

Zu Artikel 28 (Grenzüberschreitende Observation)

Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Observation, die im SDÜ vorgesehen ist, soll auch zwischen den beiden Vertragsstaaten eingerichtet werden. Voraussetzung für eine derartige Observation im Rahmen von Ermittlungen ist ein zuvor gestelltes Rechtshilfeersuchen (in der Republik Österreich an den Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel die Staatsgrenze überschritten wurde oder voraussichtlich wird; im Fall einer Observation in einem nach Österreich einfliegenden Luftfahrzeug an den Gerichtshof, in dessen Sprengel der Ort der Landung liegt; siehe dazu Art. 31 Abs. 1 und 4 und der Verdacht einer in Art. 11 Abs. 1 lit. a) des Vertrages genannten Straftat (Straftat mit einer Mindesthöchststrafe von einem Jahr sowie gerichtliche Strafbarkeit im anderen Vertragsstaat).

Abs. 2 sieht  - so wie das SDÜ - auch eine Möglichkeit vor, in dringenden Fällen die Observation ohne vorherige Zustimmung des anderen Vertragsstaates auf dessen Hoheitsgebiet fortzusetzen. Dies ist unter folgenden Bedingungen zulässig: Der Grenzübertritt muss noch im Verlauf der Observation dem anderen Vertragsstaat mitgeteilt werden; ein Ersuchen, welches auch die Gründe für den Grenzübertritt ohne vorherige Zustimmungseinholung enthält, muss unverzüglich nachgereicht werden; die Observation ist einzustellen, wenn der andere Vertragsstaat dies verlangt oder wenn dessen Zustimmung nicht fünf Stunden nach Grenzübertritt vorliegt.

Abs. 3 legt fest, dass die Observation über den Land-, Luft- und Wasserweg zulässig ist und ohne räumliche Begrenzung durchgeführt werden kann.

In Abs. 4 sind in taxativer Aufzählung die Bedingungen angeführt, unter denen eine Observation ausschließlich erlaubt ist. So müssen die observierenden Beamten in der Lage sein, jederzeit ihre Zugehörigkeit zu einer Sicherheitsbehörde nachweisen zu können; das Betreten von Wohnungen und öffentlich nicht zugänglichen Orten ist ihnen nicht erlaubt; sie sind nicht befugt, die zu observierende Person anzuhalten oder festzunehmen; sie müssen während der Observation - außer im Dringlichkeitsfall - ein Dokument bei sich haben, aus dem hervorgeht, dass sie zur Durchführung von Observationen berechtigt sind. Technische Mittel dürfen unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden. Es bestehen Berichterstattungs- und Unterstützungspflichten.

Zu Artikel 29 (Kontrollierte Lieferung)

Dieser Artikel nimmt die in verschiedenen völkerrechtlichen Übereinkommen (der Vereinten Nationen, von Schengen, der Europäischen Union) entwickelten Grundsätze auf und ermöglicht die kontrollierte Lieferung auch zwischen den beiden Vertragsstaaten.

Aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des ersuchenden Vertragsstaates kann der ersuchte Vertragsstaat die kontrollierte Lieferung gestatten. Bedingung ist die Begründung durch den ersuchenden Vertragsstaat, dass ohne diese Maßnahme die Aufdeckung von Tatbeteiligten oder Vertriebswegen aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Der ersuchte Vertragsstaat kann das Ersuchen ablehnen oder von Bedingungen abhängig machen; dies, wenn der Inhalt der kontrollierten Lieferung ein besonderes Risiko für die Beteiligten oder eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Voraussetzung für die Bewilligung der kontrollierten Lieferung ist das Vorliegen einer Straftat, die den in Art. 11 Abs. 1 lit. a aufgestellten Kriterien entspricht. Diese Kriterien für die Bewilligung der kontrollierten Lieferung decken sich nicht zur Gänze mit jenen des in Umsetzung von Art. 12 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union  vom 29. Mai 2000, BGBl. III Nr. 65/2005 (im Folgenden: EU-Rechtshilfeübereinkommen), geschaffenen § 72 Abs. 2 Z 1 EU-JZG. Im bilateralen Rechtshilfeverkehr mit der Tschechischen Republik kommt aber dem vorliegenden Vertrag gemäß § 55 EU-JZG Anwendungsvorrang zu. Ebenso wird das EU-Rechtshilfeübereinkommen nach dessen Art. 1 Abs. 2 die Anwendung der (günstigeren) Bestimmungen dieses Vertrages nicht berühren.

Eine Einschränkung auf bestimmte Gegenstände findet nicht statt. Abs. 1 enthält eine exemplarische Aufzählung.

Abs. 2 regelt Übernahme und Modalitäten der Überwachung der Lieferung.

Die Abs. 3 und 4 beinhalten Bestimmungen betreffend die Sicherstellung und Übergabe sowie Unterrichtungspflichten.

Die Rechte und Pflichten der Beamten entsprechen denen bei einer grenzüberschreitenden Observation. Ausgenommen davon sind die Bestimmungen hinsichtlich der Anhaltung.

Eine kontrollierte Lieferung bedeutet in jedem Fall, dass der die kontrollierte Lieferung bewilligende Vertragsstaat dadurch auf die Ausübung seines Strafanspruches aufgrund des Territorialitätsprinzips verzichtet.

Demgemäß sind Ersuchen in der Republik Österreich an die Staatsanwaltschaft zu richten, in deren Sprengel die Staatsgrenze überschritten wurde oder voraussichtlich wird oder in deren Sprengel die Kontrolle der Lieferung beginnt oder beginnen soll (siehe dazu Art. 31 Abs. 2 und 4).

Zu Artikel 30 (Verdeckte Ermittlungen)

Art. 30 des Vertrags sieht vor, dass ein Vertragsstaat unter den in seiner Rechtsordnung festgelegten Bedingungen auf der Grundlage eines zuvor gestellten Rechtshilfeersuchens (zum Adressaten siehe Art. 31 Abs. 3 und 4) des anderen Vertragsstaates dem Einsatz von verdeckten Ermittlern des ersuchenden Vertragsstaates im Rahmen von Ermittlungen wegen Straftaten zustimmen kann.

Ein verdeckter Ermittler ist nach österreichischem Recht ein Beamter, der verdeckt oder unter falscher Identität handelt.

Der Vertrag bestimmt, dass ein derartiges Ersuchen nur dann gestellt wird, wenn die Ermittlung der Straftat ohne den Einsatz eines verdeckten Ermittlers aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Gemäß Abs. 2 beschränken sich verdeckte Ermittlungen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates auf einzelne Einsätze, die zusätzlich zeitlich beschränkt sind.

Die Leitung des Einsatzes obliegt einem Beamten des ersuchten Vertragsstaates.

Die verdeckte Ermittlung wird nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften des Einsatzstaates durchgeführt. Das bedeutet, dass sich die Voraussetzungen und die Durchführung der verdeckten Ermittlung nach den §§ 73 und 74 EU-JZG richten.

Der ersuchte Vertragsstaat kann jederzeit die Beendigung des Einsatzes verlangen.

Abs. 5 regelt den Dringlichkeitsfall. Dieser ist bei ernsthafter Gefahr, dass ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers dessen Identität aufgedeckt würde, gegeben und strengen Bedingungen unterworfen.

Abs. 6 regelt den Fall, in denen ein Vertragsstaat um den Einsatz eines verdeckten Ermittlers des anderen Vertragsstaates auf seinem Hoheitsgebiet ersucht.

Abs. 7 enthält die Verpflichtung für die Vertragsstaaten, auch nach der Beendigung des Einsatzes alles für die Geheimhaltung der Identität und die Gewährleistung der Sicherheit des verdeckten Ermittlers zu tun.

Zu Artikel 31 (Rechtshilfeersuchen gemäß dem Zweiten Teil)

Hier sind die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten angeführt, an die Rechtshilfeersuchen betreffend die grenzüberschreitende Observation, die kontrollierte Lieferung und die verdeckte Ermittlung zu richten sind.

Kopien dieser Ersuchen sind gemäß Abs. 4 an die nationalen Zentralstellen (siehe Art. 2 Abs. 4 und Art. 27 Abs. 2 zu übermitteln.

Zu Artikel 32 (Schutz personenbezogener Daten, die nach dem Zweiten Teil dieses Vertrages übermittelt werden)

In Abs. 1 wird für den Bereich der (justiziellen) Rechtshilfe eine Zweckbindungsregelung getroffen, die inhaltlich jener des Art. 23 des EU-Rechtshilfeübereinkommens entspricht. Wie in Art. 23 Abs. 1 lit. b dieses Übereinkommens sind auch hier Durchbrechungen der Zweckbindung vorgesehen, wobei zu den Einzelheiten auf die Erläuterungen in RV 696 d. Beilagen XXII. GP, 14 f. verwiesen wird.

Zu Artikel 33 (Gemeinsame Bestimmungen)

Aufgrund der Untergliederung des Vertrages in einen polizeilichen und einen justiziellen Teil weist dieser Artikel auf die Geltung von Bestimmungen, die im Ersten Teil geregelt sind, auch für den Zweiten Teil hin. Dies betrifft die rechtliche Stellung der Beamten auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates, die Kooperationsbedingungen und die Einbeziehung der Zollbehörden.

Zum Dritten Teil (Schlussbestimmungen)

Dieser Teil enthält übliche Bestimmungen, die auf den gesamten Vertrag (die polizeiliche und die justizielle Zusammenarbeit) anzuwenden sind.

Zu Artikel 34 (Beilegung von Streitigkeiten)

Allfällige Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Interpretation oder Anwendung des Vertrages werden, so es den Ersten Teil betrifft, zwischen den nationalen Zentralstellen (siehe dazu Art. 2 Abs. 4; in der Republik Österreich der Bundesminister für Inneres - die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit), so es den Zweiten Teil betrifft, zwischen den Justizbehörden beigelegt.

Sollte die Streitbeilegung auf diesem Wege nicht gelingen, wird gemäß Abs. 2 der diplomatische Weg eingeschlagen.

Zu Artikel 35 (Durchführungsvereinbarungen, Änderungen und Mitteilungen)

Abs. 1 beinhaltet die Möglichkeit des Abschlusses von Durchführungsvereinbarungen auf Grund dieses Vertrages.

Abs. 2 enthält die Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen in der Zuständigkeit oder Bezeichnung der im Vertrag genannten Behörden an den anderen Vertragsstaat.

Zu Artikel 36 (Beziehung zu anderen völkerrechtlichen Verträgen)

Abs. 1 bestimmt, dass Rechte und Pflichten der beiden Vertragsstaaten, die sich aus anderen völkerrechtlichen Verträgen ergeben, vom vorliegenden Vertrag unberührt bleiben.

Abs., 2 enthält eine Bestimmung betreffend das Verhältnis des Vertrages zum SDÜ.

Wenn das SDÜ zwischen den beiden Vertragsstaaten zur Gänze zur Anwendung kommt, wird der vorliegende Vertrag als dessen Ergänzung betrachtet.

Zu Artikel 37 (Aufhebungsbestimmung)

Dieser Artikel legt fest, dass der Staatsvertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen sowie bei der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr vom 21. Juni 1988 (BGBl. Nr. 212/1990; in Kraft getreten am 1.6.1990; die weitere Anwendung ab dem Tag der Staatennachfolge - 1.1.1993 - der Tschechischen Republik in das betreffende Gebiet der ehemaligen CSFR wurde laut Kundmachung BGBl. III Nr. 123/1997 einvernehmlich festgestellt) am Tag des Inkrafttretens des vorliegenden Vertrages außer Kraft tritt.

Zu Artikel 38 (Inkrafttreten, Suspendierung der Durchführung und Kündigung)

Abs. 1 bestimmt, dass der Vertrag der Ratifikation bedarf. Er legt fest, dass die Ratifikationsurkunden so bald wie möglich ausgetauscht werden. Der Austausch der Urkunden wird dem völkerrechtlichen Brauch entsprechend in Prag erfolgen, da der Vertrag in Wien unterzeichnet wurde. Abs. 1 legt weiters das Datum des Inkrafttretens des Vertrages mit dem ersten Tag des dritten Monats, der auf den Austausch der Ratifikationsurkunden folgt, fest.

Abs. 2 regelt, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Der Absatz enthält auch die Kündigungsregelung. Die Kündigung ist schriftlich jederzeit auf diplomatischem Weg möglich. Der Vertrag tritt sechs Monate nach Erhalt der Kündigung außer Kraft.

Abs. 3 enthält eine Suspendierungsregelung. Die Suspendierung des Vertrages ist zeitweilig ganz oder teilweise möglich, wenn dies die Gewährleistung der Sicherheit des Staates, der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit oder der Gesundheit von Personen erfordert. Der Mitteilungsweg ist der diplomatische Weg. Die Suspendierung oder ihre Rücknahme werden nach fünfzehn Tagen ab Erhalt der Mitteilung wirksam.

Abs. 4 bestimmt, dass die Registrierung des Vertrages nach seinem Inkrafttreten beim VN-Generalsekretariat von dem Vertragsstaat veranlasst wird, in dem die Unterzeichnung des Vertrages erfolgte. Da der Vertrag in Wien unterzeichnet wurde, liegt diese Pflicht bei der Republik Österreich. Der andere Vertragsstaat, also die Tschechische Republik, ist von Österreich über die durchgeführte Registrierung zu informieren, sobald diese vom VN-Generalsekretariat bestätigt wird.