1278 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über die Regierungsvorlage (1265 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union
Der Staatsvertrag
über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (im Folgenden:
Beitrittsvertrag), BGBl. Nr. 45/1995, wurde auf Grund der besonderen
bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung des Art. I des
Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union
(im Folgenden: EU-BeitrittsBVG), BGBl. Nr. 744/1994, abgeschlossen. Auf
Grund der Sonderbestimmung des Art. II EU-BeitrittsBVG brauchten der
Beitrittsvertrag oder einzelne seiner Bestimmungen nicht als
„verfassungsändernd“ bezeichnet zu werden. In den Erläuterungen zur
Regierungsvorlage (RV 1546 d. B. XVIII. GP, 4) wird dies damit
begründet, dass „eine genaue Bezeichnung jener Teile des Beitrittsvertrages
(einschließlich insbesondere des darin verwiesenen Unionsvertrages und
EU-Sekundärrechts), welche verfassungsändernd sind, kaum möglich und eine
verfassungsrechtliche Verankerung des gesamten Beitrittsvertrages äußerst
unzweckmäßig wäre. Dies nicht zuletzt wegen des Vorranges aller Arten
unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts vor innerstaatlichem Recht (und
zwar grundsätzlich einschließlich bundesverfassungsrechtlicher Vorschriften)“.
Durch diese Vorgangsweise musste voraussetzungsgemäß unklar bleiben, welche
Bestimmungen des Beitrittsvertrages nun tatsächlich „verfassungsändernd“ (und
welche nur „gesetzändernd“) sind.
Die Verträge von
Amsterdam und Nizza, der Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik,
der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik
Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der
Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union sowie
der Vertrag über eine Verfassung für Europa sahen jeweils immer auch Änderungen
von Primärrecht vor, das bereits Gegenstand eines der früheren Verträge gewesen
war, weshalb sich bei ihrem Abschluss dasselbe rechtstechnische Problem wie bei
Abschluss des Beitrittsvertrages stellte. Um dieses Problem zu lösen, wurden in
die zum Abschluss dieser Verträge ermächtigenden Bundesverfassungsgesetze dem
Art. II EU-BeitrittsBVG analoge Regelungen aufgenommen (vgl. Art. I
des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam,
BGBl. I Nr. 76/1998, Art. 1 Abs. 1 des
Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza,
BGBl. I Nr. 120/2001, Art. 1 Abs. 1 des
Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt
der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik
Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik
zur Europäischen Union, BGBl. I Nr. 53/2003, sowie Art. 1
Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über
eine Verfassung für Europa, BGBl. I Nr. 12/2005). Es erscheint
zweckmäßig, die eingeschlagene Vorgangsweise auch beim Vertrag über den
Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union
beizubehalten und von einer ausdrücklichen Bezeichnung des Vertrages oder
einzelner seiner Bestimmungen als „verfassungsändernd“ abzusehen.
Der
Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung
am 19. Jänner 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten
sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten
Dr. Elisabeth Hlavac, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Herbert Scheibner, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Mag. Terezija Stoisits
sowie der
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig
angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1265 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 01 19
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler Dr. Peter Wittmann
Berichterstatter Obmann