Begründung
des Einspruches
gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2005 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert
werden
Der Einspruch
bezieht sich auf folgende zwei Bestandteile des Gesetzesbeschlusses:
1.
Änderungen bei den Bestimmungen über die Konkurrenzklausel und die
Ausbildungskosten-Rückersatzklausel
Trickreiche
Formulierungen, unfaire Klauseln: Immer häufiger sind Arbeitnehmer gezwungen,
schmutzige Arbeitsverträge zu unterschreiben. Wer auf Jobsuche ist, nimmt
einiges in Kauf, um endlich einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das wird von den
Unternehmern mehr und mehr ausgenützt: Sie verwenden systematisch
Arbeitsvertragsformulare, die von Rechtsanwälten und Steuerberatern entworfen
wurden und mit Klauseln gespickt sind, die den Arbeitnehmer einerseits maximal
verfügbar machen, anderseits maximal in seiner Bewegungsfreiheit einschränken.
Die AK hat im Sommer 2005 auf diesen Missstand aufmerksam gemacht, worauf
Minister Bartenstein eine Lösung in Sozialpartnergesprächen ankündigte. Nichts
davon wurde wahr gemacht: Im vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates
werden sogar neue Probleme für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geschaffen.
Statt einer
soliden Herangehensweise hat sich die Bundesregierung für einen Schnellschuss
entschieden, der vorsieht, dass der Arbeitgeber Ausbildungskosten nicht wie
derzeit drei, sondern sogar fünf Jahre lang nach Erhalt der Ausbildung
zurückfordern kann – in Zukunft einschließlich des während der Ausbildung
bezogenen Lohns!
Anstatt die
aufgezeigten Probleme umfassend zu lösen, liegt nunmehr ein Gemisch aus
riesigen Schutzlücken, einer einzigen Verbesserung und deutlichen
Verschlechterungen vor.
Unfaire Klauseln
lassen sich in zwei Gruppen teilen: Einerseits solche, die dem Arbeitgeber
maximalen Zugriff auf die Arbeitskraft des Arbeitnehmers verschaffen sollen,
zum Beispiel exzessive Versetzungsklauseln, All-inclusive-Klauseln und Klauseln
zur einseitigen Veränderung der Arbeitszeit. Anderseits gibt es Klauseln, die
die Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers maximal einschränken sollen:
Konkurrenzklauseln für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses,
Ausbildungskosten-Rückersatzklauseln und Pönalklauseln (zum Beispiel für die
nicht exakte Einhaltung der Kündigungsfrist).
Von den mindestens
sieben Typen nachteiliger Vertragsklauseln kümmern sich die Regierungsparteien
mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss gerade einmal um zwei: die
Konkurrenzklauseln und die Ausbildungskosten-Rückersatzklauseln. Alle anderen
Klauselarten können damit weiter systematisch die Arbeitnehmer benachteiligen.
Bei den
Konkurrenzklauseln gibt es eine einzige Verbesserung gegenüber der jetzigen
Rechtslage: Konkurrenzklauseln sollen für Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis
zu zirka 1.800 Euro im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses unwirksam sein.
Es ist nicht einzusehen, warum Arbeitnehmer, die über dieser Einkommensgrenze
liegen, weiterhin an den Betrieb gefesselt werden und sich beruflich nicht
verbessern können. Menschen, die sich von einem Arbeitgeber trennen wollen (wegen
schlechten Betriebsklimas, eines besseren Angebots, einer Übersiedlung aus
privaten Gründen), müssen sich aufgrund einer Konkurrenzklausel trotz
nachgefragter Qualifikation umschulen lassen und/oder Einkommenseinbußen
hinnehmen – nur um die Angst des früheren Arbeitgebers vor Wettbewerb zu
beruhigen. Es ist deshalb längst an der Zeit, Konkurrenzklauseln generell für ungültig zu erklären oder
zumindest die gleiche Rechtslage wie in Deutschland herzustellen: Dort sind
Konkurrenzklauseln nur gültig, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den
Schaden ersetzt, der durch den erzwungenen Branchenwechsel entstanden ist (zum
Beispiel Einkommensverlust, Umschulungskosten etc.).
Bei den
Ausbildungskosten-Rückersatzklauseln bringt der Gesetzesbeschluss des
Nationalrates gar massive Verschlechterungen für Arbeitnehmer: Erstens wird die
Frist für die Rückforderbarkeit von derzeit (nach der Judikatur) im Regelfall
drei Jahren auf fünf Jahre nach erhaltener Ausbildung erstreckt. Und zweitens
soll der Arbeitgeber zusätzlich den vom Arbeitnehmer während der Ausbildung
bezogenen Lohn zurückverlangen können – obwohl die Menschen meist von den
Arbeitgebern zu den Ausbildungen verpflichtet werden.
2.
Erweiterung des Mitgliederkreises der Landarbeiterkammern
Grundsätzlich hat
der Bund Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz für das Arbeitsrecht (Art 10
Abs. 1 Z 11 B-VG). Hinsichtlich des Landarbeitsrechtes (Arbeitsrecht der land-
und forstwirtschaftlichen Arbeiter) und des Arbeiter- und Angestelltenschutzes,
soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte
handelt, steht dem Bund nur die Grundsatzgesetzgebung zu, den Ländern die
Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung (Art 12 Abs. 1 Z 6 B-VG).
Der
bundesverfassungsrechtliche Kompetenzbegriff „auf land- und
forstwirtschaftlichem Gebiet“ knüpft nicht an die land- und
forstwirtschaftliche Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers als solche an,
sondern stellt darauf ab, dass die betroffenen Arbeitnehmer diese Tätigkeit im
Rahmen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft erbringen.
Das
Landarbeitsgesetz (LAG – Grundsatzgesetz des Bundes) darf folglich nur solche
Betriebe als Betriebe der Land- und Forstwirtschaft definieren, deren
Einordnung als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb durch die
Kompetenzgrundlage des Art 12 Abs. 1 Z 6 B-VG gedeckt ist.
Die Abgrenzung der
beiden Kompetenztatbestände voneinander erfolgt durch Abgrenzung der Land- und
Forstwirtschaft vom Bereich der gewerblichen Tätigkeit.
Dabei muss es sich
um eine spezifische land- und forstwirtschaftliche Ausnahme aus der sonst
bestehenden Gewerberechtskompetenz des Bundes handeln. Dass eine Tätigkeit aus
anderen Gründen aus dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen wurde,
reicht nicht aus. Jene Arbeitnehmer sind als solche auf land- und
forstwirtschaftlichem Gebiet anzusehen, die in Betrieben beschäftigt sind,
deren Tätigkeit unter den Begriff „land- und forstwirtschaftliches Gebiet“
fällt.
Mit anderen
Worten: Es kommt darauf an, was der Betrieb überwiegend macht und nicht was der
Arbeitnehmer macht.
Der Betrieb ist
dann auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet tätig, wenn seine Tätigkeit in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft steht, er diesem
Wirtschaftszweig zugehört.
Zusammenfassend
muss daher festgestellt werden: Die Kompetenzbestimmung des Art 12 Abs. 1 Z 6
B-VG umfasst nur Tätigkeiten jener Personen, die in Betrieben tätig sind, die
aufgrund ihres Gepräges im Wirtschaftsleben als Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft zu qualifizieren sind. Sie umfasst aber nicht Betriebe, in
denen nur in untergeordnetem Umfang Tätigkeiten verrichtet werden, die auch in
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben anfallen, oder bei denen kein
unmittelbarer Zusammenhang zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb
besteht.
Ein Gutteil der
Betriebe, die im vorliegenden Gesetzesbeschlusses aufgezählt sind, ist vom
Umfang der Tätigkeiten so weit gefasst, dass auch solche umfasst sind, die
nicht land- und forstwirtschaftlicher Natur sind, sodass sie nicht
kompetenzrechtlich gedeckt sind.
Aus all den
genannten Gründen wird daher der Antrag gestellt, gegen den genannten
Gesetzesbeschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.