1308 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung
über den Antrag
752/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird
Die Abgeordneten
Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen haben
den gegenständlichen Selbständigen Antrag am 7. Dezember 2005 im
Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Derzeit steht das
Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre
Studien (Hochschulgesetz 2005) in parlamentarischer Behandlung (1167 der
Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP). Im Hochschulgesetz
2005, welches beginnend mit 1. April 2006, abgestuft bis spätestens
1. Oktober 2007, in Kraft treten wird, sind ‚Bachelorstudien’ und für den Abschluss der
Studiengänge der akademische Grad ‚Bachelor of Education’ vorgesehen. Weiters
werden in den Studiengängen ‚Bachelorprüfungen’ und ‚Bachelorarbeiten’
durchgeführt. Es ist daher eine unverzügliche terminologische Anpassung auch im
Universitätsgesetz 2002 vorzunehmen. Durchgängig im gesamten Universitätsgesetz
2002 sollen daher die Wörter ‚Bakkalaureat’ und ‚Magister’, egal in welchen
Zusammensetzungen, durch die Wörter ‚Bachelor’ und ‚Master’ ersetzt werden.
Die akademischen
Grade einschließlich der jeweiligen Abkürzungen sollen zukünftig autonom von
den Universitäten im Curriculum festgelegt werden.
Allerdings ist
zwischen Mastergraden, die aufgrund von Universitätslehrgängen vergeben werden,
und Mastergraden, die aufgrund eines ordentlichen Masterstudiums vergeben
werden, zu unterscheiden. Für Universitätslehrgänge soll zukünftig nur dann ein
‚Mastergrad’ vergeben werden können, wenn international üblich für derartige
Weiterbildungslehrgänge Mastergrade vergeben werden.
Durch die
Übergangsbestimmung soll sichergestellt werden, dass auf derzeit eingerichtete
Bakkalaureats- und Magisterstudien alle Bestimmungen über Bachelor- und
Masterstudien anzuwenden sind.
Für individuelle
Bachelor- und Masterstudien soll wie bisher ein akademischer Grad ohne
Zusatzbezeichnung vergeben werden. Studierenden, die ein individuelles Diplom-
oder Masterstudium mit überwiegend ingenieurwissenschaftlichen Fächern
absolvieren, soll weiterhin der akademische Grad ‚Diplom-Ingenieurin’ bzw.
‚Diplom-Ingenieur’ verliehen werden.“
Der Ausschuss für
Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Selbständigen Antrag in
seiner Sitzung am 14. Februar 2006 in Verhandlung genommen. An der sich an
die Ausführungen der Berichterstatterin, der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten
Josef Broukal, Dr. Gertrude Brinek, Dr.
Kurt Grünewald, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Mag. Melitta Trunk, Mag. Karin Hakl, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, DDr. Erwin Niederwieser und Petra Bayr sowie die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft
und Kultur Elisabeth Gehrer.
Im Zuge der
Debatte brachten die Abgeordneten
Dr. Gertrude Brinek und Mag. Dr. Magda Bleckmann einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet
war:
„Zu Z 1
(§ 51 Abs. 2 Z 11 Universitätsgesetz 2002):
Um für den
Abschluss von Masterstudien den akademischen Grad
‚Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur’ weiterhin zu ermöglichen, ist diese
Bestimmung entsprechend zu ergänzen.
Zu Z 2
(§ 51 Abs. 2 Z 13 und 14 Universitätsgesetz 2002):
Bei der Festlegung
der akademischen Grade für die Doktoratsstudien wäre aus systematischen Gründen
der Grad ‚Doctor of Philosophy’ zu ergänzen.
Zu Z 3
(§ 51 Abs. 2 Z 23 und 26 Universitätsgesetz 2002):
Auch die
Doktoratsstudien werden derzeit in ECTS-Punkten angegeben. Dies ist jedoch im
europäischen Kontext nicht gebräuchlich, weil die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer in Doktoratsprogrammen sowohl als Studierende als auch als
Nachwuchswissenschafterinnen und Nachwuchswissenschafter betrachtet werden. Daher
sind ECTS-Punkte in diesem Bereich kein sachgerechtes Instrument und sollen
entfallen.
Zu Z 4
(§ 54 Abs. 1 und 4 Universitätsgesetz 2002):
Der derzeitige § 54 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 bildet
im Zusammenhang mit den im Abs. 2 genannten Lehramtsstudien und Human- und
Zahnmedizinischen Studien die gesetzliche Grundlage für die Zusammenfassung der
Studien zu Gruppen. Diese ‚Studienrichtungsgruppen’ spielen bei europäischen
und internationalen Vergleichen eine wichtige Rolle, weil sie es ermöglichen,
die rund 700 tatsächlich angebotenen ordentlichen Universitätsstudien fachlich
in zehn Gruppen zusammenzufassen und auf diese Weise übersichtlich
darzustellen. So wird auch die Formelbudget-Verordnung an diese Gruppen von
Studien anknüpfen und eine unterschiedliche Gewichtung vorsehen. Es soll
weiterhin die verpflichtende Zuordnung jedes Studiums zu einer Gruppe
vorgesehen werden.
In Abs. 4 wird die Dauer der PhD-Studien festgelegt. Statt der
bisherigen Mindestdauer von vier
Jahren soll nunmehr eine Mindestdauer von drei Jahren festgelegt werden, wie
dies auch dem Bergen-Kommuniqué entspricht. Auf dieser Grundlage werden derzeit
auf europäischer Ebene die Grundprinzipien der Doktoratsprogramme
weiterentwickelt. Eine entsprechende Empfehlung des Wissenschaftsrates liegt
ebenso vor.
Zu Z 5 und 6
(§ 85 Universitätsgesetz 2002):
Doktoratsprogramme
sind der dritte Zyklus der Hochschulausbildung im Rahmen des Bolognaprozesses
und die wissenschaftlichen Aushängeschilder einer Universität. Es ist daher
nicht gerechtfertigt, dass die einmalige Anfertigung einer Dissertation für
zwei oder auch mehr Doktoratsstudien verwendet werden kann. In diesem Fall kann
nämlich derzeit der bloße Eindruck erweckt werden, dass Personen mit zwei
Doktorgraden auch tatsächlich eine höhere wissenschaftliche Leistung erbracht
haben. Um diese Irreführung künftig zu vermeiden, wird vorgeschlagen, die
Möglichkeit der Anerkennung von Dissertationen aufzuheben.
Zu Z 7
(§ 124 Abs. 10 bis 14 Universitätsgesetz 2002):
Die akademischen
Grade für Bakkalaureatsstudien und Magisterstudien sind derzeit in § 54
Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 geregelt. Zukünftig sollen die
Bachelorgrade für Bachelorstudien und die Mastergrade für Masterstudien in den
Curricula festgelegt werden. Für die Übergangsdauer sind Bestimmungen dahin
gehend zu schaffen, dass
- die
derzeit im Universitätsgesetz 2002 vorgesehenen akademischen Grade so
lange weiter zu vergeben sind, bis die neuen akademischen Grade in den
entsprechenden Curricula festgelegt werden;
- Studierenden,
die sich bereits im Studium befinden, nach Abschluss des Studiums jene
akademischen Grade verliehen werden, die derzeit im
Universitätsgesetz 2002 vorgesehen sind; auf Antrag ist anstelle dieses
akademischen Grades der neue akademische Grad zu verleihen, wenn ein solcher
bereits im Curriculum festgelegt wurde;
- Absolventinnen
und Absolventen, die bereits zur Führung akademischer Grade aufgrund
abgeschlossener Bakkalaureats- oder Magisterstudien berechtigt sind, diese auch
in der neuen Form führen dürfen, wenn ein solcher neuer akademischer Grad
bereits im Curriculum festgelegt wurde. Auf Wunsch ist darüber von der
Universität eine Bestätigung auszustellen.
Zu Z 8
(§§ 124b Abs. 5 und 6 sowie 143 Abs. 11 Universitätsgesetz 2002):
Mit Urteil vom 7.
Juli 2005 (Rs C-147/03, Kommission/Österreich) stellte der Europäische
Gerichtshof (EuGH) fest, dass Österreich gegen seine Verpflichtungen aus dem
Gemeinschaftsrecht (resultierend aus den Artikeln 12, 149 und 150 EGV)
verstoßen hat, da nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden, um
sicherzustellen, ‚dass die Inhaberinnen und Inhaber von in anderen
Mitgliedstaaten erworbenen Sekundarschulabschlüssen unter den gleichen
Voraussetzungen wie die Inhaberinnen und Inhaber von in Österreich erworbenen
Sekundarschulabschlüssen Zugang zum Hochschul- und Universitätsstudium in
Österreich haben’.
Betroffen war die
in § 36 Abs. 1 UniStG vorgesehene und nunmehr in § 65 Abs. 1 UG 2002 enthaltene
‚besondere Universitätsreife’. Diese Bestimmung, so der EuGH, ist zwar
unterschiedslos auf alle Studierenden anwendbar, ist aber geeignet, sich
stärker auf Angehörige anderer Mitgliedstaaten auszuwirken als auf
österreichische Staatsangehörige, sodass die damit verbundene unterschiedliche
Behandlung zu einer mittelbaren Diskriminierung führt (EuGH, Rs C-147/03,
Kommission/Österreich, Urteil vom 7. Juli 2005, Rdnr 47). Eine solche ist nur
dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der
Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis
zu einem legitimen Zweck steht, der mit den nationalen Rechtsvorschriften
verfolgt wird (EuGH, Rs C-147/03, Kommission/Österreich, Urteil vom 7. Juli
2005, Rdnr 48). Als objektive Erwägung akzeptierte der EuGH die von Österreich
vorgebrachte ‚Wahrung der Einheitlichkeit des österreichischen Systems der
Hochschul- und Universitätsausbildung’, stellte allerdings fest, dass
Österreich auf Grund fehlender empirischer Daten nicht dargetan hat, ‚dass ohne
§ 36 UniStG der Bestand des österreichischen Bildungssystems im Allgemeinen und
die Wahrung der Einheitlichkeit der Hochschulbildung im Besonderen gefährdet
wären’ (EuGH, Rs C-147/03, Kommission/Österreich, Urteil vom 7. Juli 2005, Rdnr
66). Demfolgend erklärte er die fraglichen Rechtsvorschriften als ‚mit den
Zielen des EG-Vertrags nicht vereinbar’.
In Durchführung
dieses Urteils des EuGH beschloss der Nationalrat am 8. Juli 2005 eine Novelle
zum UG 2002. Diese Änderung des UG 2002 (BGBl. I Nr. 77/2005) ist am 29. Juli
2005 in Kraft getreten.
Gemäß § 124a UG
2002 ist die UBVO 1998 sinngemäß auch für Reifezeugnisse anzuwenden, die nicht
in Österreich ausgestellt wurden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bei
Vorliegen ausländischer Reifezeugnisse jenes Bildungsniveau vorhanden ist, das
bei einem österreichischen Reifezeugnis vorausgesetzt wird (materielle
Gleichwertigkeit).
In § 124b UG 2002
werden die Universitäten ermächtigt, für einen Übergangszeitraum von drei
Jahren, nämlich in den Studienjahren 2005/06, 2006/07 und 2007/08, den Zugang
zu den 8 vom deutschen Numerus clausus betroffenen Studien zu beschränken.
Dabei handelt es sich um die Studien Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie,
Tiermedizin, Zahnmedizin, Betriebswirtschaft sowie Kommunikationswissenschaften
und Publizistik. Der Zugang kann entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der
Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester
nach der Zulassung beschränkt werden.
Die besondere
Universitätsreife gemäß § 65 UG 2002 findet auf Inhaberinnen und Inhaber von in
anderen Mitgliedstaaten erworbenen Reifezeugnissen keine Anwendung mehr, soweit
diese kraft unmittelbare Wirkung entfaltendem Gemeinschaftsrecht das Recht auf
Gleichbehandlung beim Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung haben. In
diesen Fällen wird § 65 UG 2002 nämlich von den einschlägigen
Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts verdrängt (Anwendungsvorrang des
Gemeinschaftsrechts).
Auf der Grundlage
von § 124b UG 2002 haben die Universitäten bereits für das Wintersemester
2005/06 Aufnahmeverfahren durchgeführt. Dabei hatten sie das Gemeinschaftsrecht
zu beachten und mussten das Aufnahmeverfahren insbesondere nicht
diskriminierend gestalten.
Trotz der
Aufnahmeverfahren hat sich in manchen Studien der Zustrom von Studienanfängerinnen
und Studienanfängern mit einem in Deutschland ausgestellten Reifezeugnis stark
erhöht. Besonders betroffen ist der Bereich Medizin, wo sich die Zahl der
deutschen Studienanfängerinnen und Studienanfänger mehr als verzehnfacht hat,
und zwar von 105 im Jahr 2004 auf 1.268 im Jahr 2005. Damit verbunden war eine
massive Verdrängung von Studienanfängerinnen und Studienanfängern mit einem in
Österreich ausgestellten Reifezeugnis. So ist an der Medizinischen Universität
Innsbruck die Zahl dieser Studienanfängerinnen und Studienanfänger von 73% auf
50% zurückgegangen, an der Medizinischen Universität Graz ging sie von 91% auf
44% zurück; die Medizinische Universität Wien ist für das Studienjahr 2005/06
nicht repräsentativ, da dort das Zulassungsverfahren zum Zeitpunkt der
Verkündung des EuGH-Urteils am 7. Juli 2005 bereits großteils abgeschlossen
war.
Vor diesem
Hintergrund ist es erforderlich, in Ergänzung zur Durchführung des EuGH-Urteils
vom 7. Juli 2005 weitere Maßnahmen zu setzen, um eine schwerwiegende Störung
der Homogenität des Bildungssystems zu vermeiden.
Nach der vom EuGH
in seinem Urteil vom 7. Juli 2005 vorgenommenen Auslegung des einschlägigen
Gemeinschaftsrechts (Art. 12 Abs. 1 iVm Art. 149 und Art. 150 EGV) sind Inhaber
von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Sekundarschulabschlüssen unter den
gleichen Voraussetzungen wie die Inhaberinnen und Inhaber von in Österreich
erworbenen Sekundarschulabschlüssen zum Hochschul- und Universitätsstudium in
Österreich zuzulassen. Im Falle einer ‚überhöhten Nachfrage nach der Zulassung
zu bestimmten Ausbildungsfächern’ sind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen
beschränkende Maßnahmen erlaubt. Derartige Maßnahmen müssen folgende
Voraussetzungen erfüllen:
Die nunmehr
vorgeschlagene Regelung ist als ‚Safeguardklausel’ ausgestaltet und beinhaltet
eine Verordnungsermächtigung für die zuständige Bundesministerin oder den
zuständigen Bundesminister. Die Ermächtigung umfasst die Festlegung jener
Studien (innerhalb der Gruppe der von Zugangsbeschränkungen in Deutschland
betroffenen Studien), bei denen ein erhöhter Zustrom von Inhaberinnen und
Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zu einer
schwerwiegenden Störung der Homogenität des Bildungssystems führt. In diesen
Studien sind 95% der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen
und Studienanfänger EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern sowie diesen gleichgestellten
Personen vorbehalten. 75% der jeweiligen Gesamtstudienplätze für
Studienanfängerinnen und Studienanfänger stehen den Inhaberinnen und Inhabern
in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur Verfügung. 5% der jeweiligen
Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger können von
Bürgerinnen und Bürgern aus anderen Staaten belegt werden.
Diese auf einer
Quotenregelung basierende Schutzklausel erfüllt alle gemeinschaftsrechtlich
vorgegebenen Voraussetzungen.
Erstens hat die
gegenständliche Regelung nicht präventiven Charakter. Die
Verordnungsermächtigung ist nämlich auf einige wenige Studien beschränkt. Sie
erstreckt sich nur auf die in § 124b Abs. 1 UG 2002 genannten Studien. Das sind
jene Studien, die in Deutschland dem Numerus clausus unterliegen.
Innerhalb dieser quantitativ kleinen Gruppe von Studien können nur jene Studien
festgelegt werden, bei denen ein erhöhter Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern
nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse gegeben ist. Das heißt, ein
erhöhter Zustrom ist anhand konkreter Zahlen zu belegen. Darüber hinaus reicht
ein erhöhter Zustrom allein noch nicht aus, um die Anwendung der Quotenregelung
auszulösen. Vielmehr muss der erhöhte Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern
nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse die Homogenität des
Bildungssystems schwerwiegend stören. Die Anwendung der Quotenregelung gemäß §
124b Abs. 6 UG 2002 ist bis spätestens im Jänner 2007 zu evaluieren und
überdies gesondert zu dokumentieren.
Zweitens stellt
die gegenständliche Regelung nicht auf die Staatsangehörigkeit ab. Die
zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems vorgesehene Quote für Personen
mit inländischem Reifezeugnis knüpft nämlich nicht an die Staatsangehörigkeit
an, sondern zieht den Ausstellungsstaat des Reifezeugnisses als
Unterscheidungsmerkmal heran. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH
zulässig, da diese Regelung auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der
Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis
zu einem legitimen Zweck steht, der mit den nationalen Rechtsvorschriften
verfolgt wird (EuGH, Rs C-147/03, Kommission/Österreich, Urteil vom
7. Juli 2005, Rdnr 48).
Drittens beruht
die gegenständliche Regelung auf einer objektiven, von der
Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägung, nämlich dem
Schutz der Homogenität des Bildungssystems. Die Homogenität des Bildungssystems
besteht im Wesentlichen darin, den jungen Menschen in Österreich eine
umfassende Ausbildung von der Pflichtschule bis zum gewünschten
Universitätsstudium zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sind die einzelnen
Ausbildungsstufen inhaltlich eng aufeinander abgestimmt und an den
Erfordernissen von Gesellschaft und Wirtschaft einerseits und an der Nachfrage
der Studierenden andererseits orientiert. Dies betrifft die Unionsbürgerinnen
und Unionsbürger sowie die diesen im Hinblick auf den Zugang zur allgemeinen
und beruflichen Bildung gleichgestellten Personen, die in Österreich ihren
Sekundarschulabschluss erwerben. Diese Personen sind nicht zuletzt aufgrund
ihrer Ausbildung in die Gesellschaft Österreichs integriert und werden nach
Abschluss ihrer Ausbildung erfahrungsgemäß überwiegend in Österreich beruflich
tätig. Die Homogenität des Bildungssystems wird gestört, wenn diese Personengruppen
durch einen erhöhten Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich
ausgestellter Reifezeugnisse von bestimmten Universitätsstudien
überdurchschnittlich stark verdrängt werden. Auf längere Sicht kann damit auch
die notwendige Versorgung der Gesellschaft und der Wirtschaft Österreichs mit
Absolventinnen und Absolventen bestimmter Ausbildungen unterlaufen werden, da
die Inhaberinnen und Inhaber nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse
nach Abschluss ihres Universitätsstudiums erfahrungsgemäß zum allergrößten Teil
nicht in Österreich verbleiben, sondern in den Ausstellungsstaat ihres
Reifezeugnisses zurückkehren. In den Studien Human- und Zahnmedizin kann diese
Mobilität zu einer Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit einschließlich
der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau
stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung – vom EuGH als objektive
Erwägung anerkannt (vgl EuGH, Rs C-368/98, Vanbraekel ua, Slg 2001, I-5363,
Rdnrn 47 ff) – führen. Dies stellt ebenfalls eine Störung der Homogenität des
Bildungssystems dar. Mit der ‚Wahrung der Einheitlichkeit der
Hochschulausbildung’ (EuGH, Rs C-147/03, Kommission/Österreich, Urteil vom 7.
Juli 2005, Rdnr 66) hat der EuGH die Homogenität des Bildungssystems im
Grundsatz als objektive Erwägung bereits anerkannt.
Viertens ist die
gegenständliche Regelung verhältnismäßig. Die den Personen mit
inländischem Reifezeugnis vorbehaltene Quote von 75% der Studienplätze ist
geeignet, diesen die gewünschte Universitätsausbildung in Österreich
grundsätzlich zu ermöglichen. Eine überdurchschnittliche Verdrängung durch
Inhaberinnen und Inhaber nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse kann
auf diese Weise vermieden werden. Gleichzeitig geht die gegenständliche Regelung
nicht über das hinaus, was zur Wahrung der Homogenität des Bildungssystems
erforderlich ist. Den Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich
ausgestellter Reifezeugnisse stehen nämlich insgesamt 25% der Studienplätze zur
Verfügung. Davon sind 20% den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern sowie diesen
im Hinblick auf den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung
gleichgestellten Personen vorbehalten. Zu letzteren zählen insbesondere die
Staatsangehörigen der EFTA-Staaten im EWR (Art. 4 EWR-Abkommen), die bei ihren
Eltern in Österreich wohnenden Kinder türkischer Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer (Art. 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG – Türkei Nr.
1/80), die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen
(Art. 11 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2003/109/EG) und – ab
1. Mai 2006 – die aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen der
aufenthaltsberechtigten Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, soweit sie ihr
Reifezeugnis nicht ohnehin in Österreich erworben haben. Die den Inhaberinnen und
Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse offen stehende Quote
von 25% der Studienplätze liegt mehr als 10% über dem Gesamtdurchschnitt
ausländischer Studierender in Österreich im Jahr 2003 (13,5% gemäß
OECD-Zählung). Eine noch höhere Quote für Inhaberinnen und Inhaber nicht in
Österreich ausgestellter Reifezeugnisse würde es nicht mehr erlauben, die
Homogenität des Bildungssystems zu wahren.
Bei der Festlegung
von Studien, die zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems der
Quotenregelung unterworfen werden, ist in jedem Einzelfall nachzuweisen, dass
ein erhöhter Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich
ausgestellter Reifezeugnisse gegeben ist und die Homogenität des
Bildungssystems schwerwiegend stört. Für die Studien Humanmedizin und
Zahnmedizin ist dieser Nachweis aufgrund der Zulassungszahlen des
Studienjahres 2005/06 bereits erbracht. Der Zustrom von Inhaberinnen und
Inhabern von in Deutschland ausgestellten Reifezeugnissen wird im kommenden
Studienjahr bei gleich bleibender Rechtslage in Österreich und in Deutschland
nicht zurückgehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Zustrom aus diesem
Mitgliedstaat noch zunehmen wird. Die Inhaberinnen und Inhaber von in
Deutschland ausgestellten Reifezeugnissen mussten für das Studienjahr 2005/06
nämlich sehr rasch reagieren (das Urteil des EuGH erging wenige Tage vor dem
Beginn der Zulassung an den Medizinischen Universitäten in Österreich, an der
Medizinischen Universität Wien hatte die Zulassung bereits begonnen), während
sie für das Studienjahr 2006/07 und die folgenden Studienjahre längerfristig
planen und entsprechende Vorbereitungen treffen können. Eine schwerwiegende
Störung der Homogenität des Bildungssystems liegt für beide Studien ebenfalls
vor. Der Anteil der Studierenden mit inländischem Reifezeugnis ist nämlich
unter 50% der Studienplätze gesunken. Darin liegt zum einen eine massive
Beschränkung des Rechts auf Bildung und auf den Zugang zur Hochschulbildung,
zum anderen droht eine Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit
einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem
Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung.“
Bei der Abstimmung
wurde der in dem gegenständlichen Selbständigen Antrag enthaltene
Gesetzesvorschlag in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der
Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Mag. Dr. Magda Bleckmann mit Stimmenmehrheit angenommen.
Ferner beschloss
der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung mit Stimmenmehrheit folgende
Feststellung zu § 85 Universitätsgesetz 2002:
„Der Ausschuss für
Wissenschaft und Forschung geht davon aus, dass die Einreichung von
Dissertationen im Rahmen von Double- und Joint-Degree-Programmen weiterhin
möglich ist.“
Einstimmig
beschloss der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung nachstehende
Feststellung zu § 124b Universitätsgesetz 2002:
“Der Ausschuss für
Wissenschaft und Forschung geht davon aus, dass bei den von den Medizinischen
Universitäten angewendeten Zulassungsverfahren neben der Studierfähigkeit auch die
soziale Kompetenz mit in die Bewertung einfließt.“
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung somit den
Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige
Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 02 14
Dr. Gertrude Brinek Mag. Dr.
Magda Bleckmann
Berichterstatterin Obfrau