1316 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, die Exekutionsordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel                 Gegenstand

I                              Änderungen des Strafgesetzbuches

II                             Änderungen der Strafprozessordnung 1975

III                            Änderungen der Exekutionsordnung

IV                           Änderungen des Sicherheitspolizeigesetzes

V                             In-Kraft-Treten

Artikel I

Änderungen des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/XXXX, wird wie folgt geändert:

 Nach dem § 107 wird folgender § 107a eingefügt:

„Beharrliche Verfolgung

§ 107a. (1) Wer eine Person widerrechtlich beharrlich verfolgt (Abs. 2), ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

(2) Beharrlich verfolgt eine Person, wer in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt

           1.  ihre räumliche Nähe aufsucht,

           2. im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte Kontakt zu ihr herstellt,

           3. unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Waren oder Dienstleistungen für sie bestellt oder

           4. unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Dritte veranlasst, mit ihr Kontakt aufzunehmen.

(3) In den Fällen des Abs. 2 Z 2 ist der Täter nur auf Antrag der beharrlich verfolgten Person zu verfolgen.

Artikel II

Änderungen der Strafprozessordnung 1975

Die Strafprozessordnung, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/XXXX, wird wie folgt geändert:

Im § 9 Abs. 1 Z 1 wird nach dem Zitat „(§ 107 StGB)“ die Wendung „,der beharrlichen Verfolgung (§ 107a StGB)“ eingefügt.

Artikel III

Änderungen der Exekutionsordnung

Die Exekutionsordnung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2005, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 382f wird folgender § 382g eingefügt:

„Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre

§ 382g. (1) Der Anspruch auf Unterlassung von Eingriffen in die Privatsphäre kann insbesondere durch folgende Mittel gesichert werden:

           1. Verbot persönlicher Kontaktaufnahme sowie Verbot der Verfolgung der gefährdeten Partei,

           2. Verbot brieflicher, telefonischer oder sonstiger Kontaktaufnahme,

           3. Verbot des Aufenthalts an bestimmt zu bezeichnenden Orten,

           4. Verbot der Weitergabe und Verbreitung von persönlichen Daten und Lichtbildern der gefährdeten Partei,

           5. Verbot, Waren oder Dienstleistungen unter Verwendung personenbezogener Daten der gefährdeten Partei bei einem Dritten zu bestellen,

           6. Verbot, einen Dritten zur Aufnahme von Kontakten mit der gefährdeten Partei zu veranlassen.

(2) Das Gericht kann mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 Z 1 und 3 die Sicherheitsbehörden betrauen. § 382d Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden. Im Übrigen sind einstweilige Verfügungen nach Abs. 1 nach den Bestimmungen des Dritten Abschnitts zu vollziehen.

(3) Auf einstweilige Verfügungen nach Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 6 ist § 391 Abs. 2 nicht anzuwenden. Die Zeit, für die eine solche einstweilige Verfügung getroffen wird, darf ein Jahr nicht übersteigen.“

2. § 390 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a, §§ 382a, 382b oder 382g kann nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.“

3. § 393 Abs. 2 lautet:

„Im Verfahren über einstweilige Verfügungen nach §§ 382b und 382g Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 6 richtet sich die Kostenersatzpflicht nach den Bestimmungen der ZPO.“

4. Nach § 408 wird folgender § 409 eingefügt:

„In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen zum Anti-Stalking-Gesetz

§ 409. (1) §§ 382g, 390 Abs. 4 und § 393 Abs. 2 in der Fassung des Anti-Stalking-Gesetzes, BGBl. I Nr. xxx/2006, treten mit 1. Juli 2006 in Kraft.

(2) §§ 382g, 390 Abs. 4 und § 393 Abs. 2 in der Fassung des Anti-Stalking-Gesetzes, BGBl. I Nr. xxx/2006, sind anzuwenden, wenn der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nach dem 30. Juni 2006 bei Gericht einlangt.“

Artikel IV

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Das Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/2005, wird wie folgt geändert:

1. § 25 Abs. 3 lautet:

„(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, Menschen, die von Gewalt einschließlich beharrlicher Verfolgung (§ 107a StGB) bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und immateriellen Unterstützung anzusprechen (Interventionsstellen). Sofern eine solche Opferschutzeinrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Frauen dient, ist der Vertrag gemeinsam mit dem Bundesminister für Gesundheit und Frauen abzuschließen, sofern eine solche Einrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Kindern dient, gemeinsam mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.“

2. Dem § 94 wird folgender Abs. 21 angefügt:

„(21) § 25 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2006 tritt mit XX.XX.2006 in Kraft.“

Artikel V

In-Kraft-Treten

Die Artikel I und II dieses Bundesgesetz treten mit xx.xx.xxxx in Kraft.