1317 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Umweltausschusses
über den Einspruch des Bundesrates (1271 der Beilagen) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005)
Der Bundesrat hat
in seiner Sitzung vom 21. Dezember 2005 gegen den vorstehenden
Gesetzesbeschluss Einspruch erhoben und wie folgt begründet:
„Der Einspruch
gegen die gegenständliche Sammelnovelle ist vor allem im unzureichenden
Novellierungsvorschlag für das Immissionsschutzgesetz-Luft begründet.
1. Unter
Bezugnahme auf die von den Ländern Oberösterreich, Burgenland und Steiermark
zur Regierungsvorlage bzw zum Gesetzesbeschluss des Nationalrats eingelangten
Stellungnahmen werden insbesondere folgende gravierende Mängel geltend gemacht:
Die Maßgabe, dass
verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf Autobahnen und Schnellstraßen, wenn sie
länger als drei Monate gelten sollen, der Zustimmung des Ministers für Verkehr,
Innovation und Technologie bedürfen, stellt einen verfassungsrechtlich
bedenklichen Eingriff in die Vollzugshoheit der Landeshauptleute dar. Dies umso
mehr als der sachlich unzuständige Minister entscheiden soll, ob die
nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft und den zugehörigen EU-Richtlinien notwendige
mittel- oder langfristige Maßnahme gesetzt werden darf (§ 14 Abs 1).
Entgegen den
ursprünglichen Intentionen des Entwurfs wird die Palette der möglichen
Maßnahmen zur Bekämpfung der Feinstaubbelastung nicht erweitert sondern
eingeschränkt (siehe insbesondere § 13 Abs 2 letzter Satz hinsichtlich
Maschinen, Geräte und sonstige mobile Einrichtungen sowie den Ausnahmenkatalog
in § 14 Abs 2 hinsichtlich des Verkehrs).
2. Darüber
hinaus verweisen die unterzeichneten BundesrätInnen auf die
Europarechtswidrigkeit des Immissionsschutzgesetzes-Luft bzw der Novelle:
Wie bereits im Gutachten
von Univ.-Prof. Dr. Monika Hinteregger, Universität Graz, vom September 2005
ausgeführt, verstößt das geltende IG-L gegen Art 7 Abs 3 RL 96/62/EG, weil
keine vorbeugenden Aktionspläne vorgesehen sind. Gemäß IG-L müssen Maßnahmen
erst nach Überschreitung der Grenzwerte gesetzt werden, wohingegen die
RL auch bereits Maßnahmen bei Gefahr der Überschreitung von Grenzwerten
vorschreibt. An dieser EU-Widrigkeit ändert auch die gegenständliche Novelle
nichts.
Das Urteil des
Europäischen Gerichtshofes über das Sektorale Fahrverbot für Lastkraftwagen (in
Tirol), Rs C-320/03 vom 15. November 2005 rügt klar die fehlende
Umsetzung der RL 90/62/EG Anhang IV Zif 7 bis 10. Es handelt sich dabei um die
Informationen, die in einem Maßnahmenprogramm enthalten sein müssen, wie zB
eine Auflistung der bereits erlassenen Maßnahmen. Die vorgelegte Novelle
repariert diesen Mangel nur für die ferne Zukunft, denn der neu eingefügte § 9a
soll erst für Grenzwertüberschreitungen gelten, die ab dem 1. 1. 2005 gemessen
wurden, also entsprechend der vorgesehenen Fristen de facto erst in ungefähr
zwei Jahren (siehe § 9a Abs 9). Damit besteht das Risiko, dass schon aus diesem
Mangel heraus, Maßnahmen der nächsten Jahre erfolgreich beim Europäischen
Gerichtshof bekämpft werden.
3. Schließlich
wird europarechtskonformer Judikatur der Boden entzogen:
Der Umweltsenat
wies unter Berufung auf § 20 Abs 3 IG-L das Projekt Spielberg ab (US
5B/2004/11-18): Die Bestimmung, die Einhaltung der Grenzwerte ist (bei Prüfung
eines neuen Vorhabens) „anzustreben“ sei im Lichte der Richtlinie so zu lesen,
dass die Grenzwerte einzuhalten sind. Würde daher ein Projekt zur
Überschreitung der Grenzwerte führen, so sei es abzuweisen. Nunmehr sollen neue
Projekte, auch wenn dies zu einer (weiteren) Überschreitung der Grenzwerte
führt, zugelassen werden müssen, wenn diese zusätzliche Belastung durch eine
Einsparung an Luftschadstoffen in weiterer Zukunft kompensiert wird. Dabei
genügt eine Bezugnahme auf eine im (unverbindlichen) Maßnahmenprogramm genannte
Maßnahme.“
Der
Umweltausschuss hat den gegenständlichen Einspruch des
Bundesrates in seiner Sitzung
am 23. Februar 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten
sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Dipl.-Ing. Elke Achleitner die Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Karlheinz Kopf, Kai
Jan Krainer, Gerhard Steier,
Anton Heinzl, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Katharina Pfeffer, Norbert
Sieber, Petra Bayr, Erwin Hornek und Klaus Wittauer
sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr.
Eva Glawischnig-Piesczek .
Bei der Abstimmung
beschloss der Umweltausschuss auf Antrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Dipl.-Ing. Elke Achleitner mit
Stimmenmehrheit, dem Hohen Hause die Fassung eines Beharrungsbeschlusses zu
empfehlen.
Als
Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Klaus Wittauer gewählt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle beschließen:
„Der ursprüngliche Beschluss des
Nationalrates vom 16. November 2005, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz
2002, das Emissionszertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft
geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005) (1271 d.B.), wird gemäß
Artikel 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.“
Wien,
2006 02 23
Klaus Wittauer Karlheinz
Kopf
Berichterstatter Obfraustellvertreter