Vorblatt

Inhalt:

Der Gesetzentwurf setzt die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums um, diese jedoch nur mit Beziehung auf das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.

Finanzielle Auswirkungen:

Eine finanzielle Mehrbelastung des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften ist nicht zu erwarten.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der EG:

Der Gesetzentwurf dient – wie oben bereits gesagt – der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. Nr. L 157 vom 30.4.2004, Seite 45, (in der Folge: Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie, RD-RL). Hiezu ist im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

1.1 Die Richtlinie

Das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), dem alle Mitgliedstaaten der EG und die EG selbst angehören, enthält im III. Teil grundlegende Regelungen mit Beziehung auf die Rechtsdurchsetzung im Bereich des geistigen Eigentums, darunter auch des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. Die einschlägigen Bestimmungen des TRIPS sind jedoch verhältnismäßig allgemein gehalten und zum Teil nicht verbindlich.

Die Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie baut gewissermaßen auf dieser Grundlage auf, indem sie die TRIPS-Regeln zum Teil konkretisiert und in bestimmten Bereichen das Schutzniveau erhöht. In diesem Sinn enthält die Richtlinie ebenso wie das TRIPS sowohl materiellrechtliche als auch verfahrensrechtliche Regelungen. Zum materiellen Recht gehören Bestimmungen über die Ansprüche, die dem Rechtsinhaber im Fall der Rechtsverletzung zustehen, wie auf Unterlassung, Beseitigung, Urteilsveröffentlichung und Schadensersatz; zum Verfahrensrecht gehören die Regelungen über die Pflicht zur Vorlage von Beweisen, zur Beweissicherung, die Pflicht zur Erteilung von Auskünften, über einstweilige Verfügungen sowie über Prozesskostenersatz.

Die Richtlinie bewirkt allerdings keine Harmonisierung des gegenständlichen Rechtsgebiets: Zum einen sind die Regelungen zum Teil nicht verbindlich und auch verbindliche Bestimmungen sind überwiegend verhältnismäßig flexibel formuliert. Vor allem aber liegt dies daran, dass die Richtlinie nur einen Mindestschutz vorsieht: Nach Art. 2 Abs. 1 gilt die Richtlinie nämlich nur unbeschadet etwaiger Instrumente in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die Rechtsinhaber günstiger sind; diese Klausel ist allgemein gefasst und bezieht sich daher nicht nur auf Regelungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie in einem Mitgliedstaat bereits in Kraft gestanden sind. Den Mitgliedstaaten steht es daher frei, Regelungen aufrecht zu erhalten oder zu erlassen, die für die Rechtsinhaber günstiger sind als die Regelungen in der Richtlinie.

Die Richtlinie ist bis zum 29.4.2006 umzusetzen.

1.2 Art und Umfang der Umsetzung

Die Richtlinie regelt eine „Querschnittsmaterie“: Einerseits sind nach Art. 2 Abs. 1 die in der Richtlinie für den Fall der Rechtsverletzung vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe auf alle Rechte des geistigen Eigentums anzuwenden, die im Gemeinschaftsrecht und/oder im innerstaatlichen Recht vorgesehen sind. Andererseits handelt es sich bei den verfahrensrechtlichen Regelungen der Richtlinie um eine Materie, die innerstaatlich in der Zivilprozessordnung und der Exekutionsordnung, somit in allgemeinen Verfahrensgesetzen geregelt sind.

Was die Rechte des geistigen Eigentums betrifft, ist das Bundesministerium für Justiz nur für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte zuständig, während die übrigen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Rechte, die üblicherweise unter dem Sammelbegriff gewerbliche Schutzrechte zusammengefasst werden, in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fallen.

Mit Beziehung auf die materiell-rechtlichen Regelungen beschränkt sich der Entwurf daher auf die zur Umsetzung der Richtlinie notwendigen Änderungen im Urheberrechtsgesetz.

Mit Beziehung auf die verfahrensrechtlichen Regelungen der Richtlinie sieht das Bundesministerium für Justiz keinen Anlass zur Novellierung der Zivilprozessordnung oder der Exekutionsordnung. Soweit die Regelung in diesen Gesetzen den Vorgaben der Richtlinie nicht entsprechen sollte – was tatsächlich in nur ganz geringem Umfang der Fall ist – sollen die erforderlichen Sonderbestimmungen in die jeweiligen Materiengesetze aufgenommen werden. Dies entspricht auch der bisherigen Gesetzgebungspraxis: Eine solche Bestimmung findet sich zB bereits in § 81 Abs. 2 UrhG.

1.3 Der Umsetzungsbedarf

Im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte entspricht das geltende Recht bereits weitgehend den Vorgaben der Richtlinie. Dies soll zu den einzelnen Bestimmungen der Richtlinie, die die Mitgliedstaaten zu einer bestimmten Regelung verpflichten, ausgeführt werden wie folgt:

Art. 4:

Die Urheber- oder Inhabervermutung dieser Bestimmung ist durch § 12 Abs. 1 und in Verbindung damit durch die Verweisung in § 67 Abs. 2, § 74 Abs. 7, § 76 Abs. 6, § 76a Abs. 5 und § 76b Abs. 5 UrhG verwirklicht.

Art. 6:

Dieser Bestimmung über die Anordnung an die gegnerische Partei, in ihrer Verfügung befindliche Beweismittel vorzulegen, entspricht die Regelung der ZPO über die Vorlegung von Urkunden in den §§ 303 bis 307. Da die Richtlinie nicht verlangt, dass die Anordnung der Beweismittelvorlage erzwungen werden kann, ist die in § 307 Abs. 2 ZPO vorgesehene Sanktion, wonach die Verweigerung der Vorlage bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist, mit der Richtlinie vereinbar. Die entsprechende Bestimmung im TRIPS sieht im übrigen ausdrücklich die selbe Sanktion wie die ZPO vor (Art. 43 Abs. 2 TRIPS).

Art. 7:

Die Rechtsprechung hat zwar anerkannt, dass einstweilige Verfügungen auch zur Sicherung von Beweisen erlassen werden können; damit wäre den Anforderungen des Art. 7 RD-RL Rechnung getragen. Da diese Rechtsprechung jedoch nicht unbestritten ist, wird im neuen § 87c UrhG eine entsprechende Klarstellung vorgesehen.

Art. 8:

Während der Titel dieser Bestimmung „Recht auf Auskunft“ eher auf eine materiellrechtliche Regelung hindeutet, wie sie zB auch in Art. 47 TRIPS enthalten ist, handelt es sich nach dem Inhalt des Art. 8 RD-RL eindeutig um eine solche des Verfahrensrechts („im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen ..... Antrag des Klägers“). Die in Art. 8 RD-RL enthaltenen Auskunftspflichten finden sich in der ZPO in den Zeugenpflichten zum Erscheinen vor Gericht (§ 333 ZPO), zur Ablegung der Aussage (§§ 325, 326 ZPO) und zur Beeidigung der Aussage (§ 337 ZPO). Nach den Bestimmungen der §§ 384 ff ZPO zur Sicherung von Beweisen ist es möglich, Zeugen noch vor Beginn des Rechtstreits zu vernehmen, wodurch den Vorgaben des Art. 8 der Richtlinie nach geltender österreichischer Rechtslage weitgehend Rechnung getragen wird.

Die in § 321 ZPO enthaltenen Beweisverwertungsverbote und Gründe für die Verweigerung der Aussage sind mit der Richtlinie vereinbar, da nach Art. 8 Abs. 3 RD-RL diese Bestimmung eben nur unbeschadet solcher gesetzlicher Regelungen über Beweisverwertungsverbote und über die Aussageverweigerung gilt.

Darüber hinaus wird aber auch der materiellrechtliche Auskunftsanspruch des § 87b Abs. 2 entsprechend umgestaltet.

Art. 9:

Die Regelung der einstweiligen Verfügungen in der Exekutionsordnung in Verbindung mit der Sonderbestimmung im geltenden § 81 Abs. 2 UrhG genügt grundsätzlich den Vorgaben des Art. 9 RD-RL. Es ist jedoch zweckmäßig, die Regelung in einer eigenen Bestimmung über einstweilige Verfügungen (§ 87c UrhG) zu verallgemeinern; zu den Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu dieser Bestimmung verwiesen.

Art. 10, 11, 13, 15:

Art. 10 (Abhilfemaßnahmen), 11 (gerichtliche Anordnungen), 13 (Schadenersatz) und 15 (Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen) regeln die Ansprüche des Rechtsinhabers im Fall der Rechtsverletzung; diesen Bestimmungen entsprechen die §§ 82, 81, 87 und 85 UrhG.

Art. 14:

Diese Bestimmung über den Prozesskostenersatz stellt zwar einerseits umfassend auf das Obsiegen ab, relativiert dies aber wieder durch die Kriterien der Zumutbarkeit, Angemessenheit und Billigkeit. Damit ist die differenziertere Regelung über den Prozesskostenersatz in den §§ 41 ff ZPO völlig kompatibel.

2. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.

3. Finanzielle Auswirkungen

Aus dem Entwurf ergibt sich weder für den Bund noch für die übrigen Gebietskörperschaften eine finanzielle Mehrbelastung.

4. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der EG

Der Entwurf dient, wie oben bereits erläutert, der Umsetzung einer Richtlinie der EG.

5. Kompetenzgrundlage

Bei der geregelten Materie handelt es sich um Angelegenheiten des Zivilrechtswesens; die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes beruht daher auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG.

6. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Für die im Entwurf enthaltenen Regelungen gelten keine Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens.

Besonderer Teil

Zum Art. I Z 1 (§ 81 Abs. 2 UrhG)

§ 81 Abs. 2 UrhG wird durch eine allgemeine Bestimmung über einstweilige Verfügungen (§ 87c UrhG) ersetzt; zu den Gründen dieser Maßnahme wird auf die Erläuterungen zu der angeführten Bestimmung verwiesen.

Zum Art. I Z 2 (§ 87b Abs. 2 und 2a UrhG)

1. Art. 47 TRIPS sieht – wenn auch nur fakultativ – ein Recht auf Auskunft vor. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Justizbehörden befugt sind, den Verletzer anzuweisen, den Rechtsinhaber von der Identität Dritter, die an der Herstellung oder am Vertrieb der verletzenden Waren oder Dienstleistungen beteiligt waren, und von ihren Vertriebswegen in Kenntnis zu setzen, sofern dies nicht unverhältnismäßig im Vergleich zur Schwere der Verletzung wäre.

Aus Anlass der Umsetzung der Info-Richtlinie, insbesondere ihres Art. 8 über Sanktionen und Rechtsbehelfe, hat die Urheberrechtsgesetznovelle 2003 in § 87b Abs. 2 einen dem Art. 47 TRIPS entsprechenden Auskunftsanspruch vorgesehen. Die angeführte Bestimmung beschränkte sich dabei allerdings auf rechtsverletzende Waren (in der Terminologie des Urheberrechtsgesetzes auf Vervielfältigungsstücke), weil die Begriffe der Herstellung und des Vertriebs, auf die in Art. 47 TRIPS abgestellt wird, zur Dienstleistung nicht recht passen.

2. Auch die Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie sieht ein Recht auf Auskunft vor, und zwar in Art. 8. Während aber sowohl Art. 47 TRIPS als auch § 87b Abs. 2 UrhG materiellrechtliche Regelungen sind, die dem Verletzten einen einklagbaren Auskunftsanspruch geben, handelt es sich bei Art. 8 RD-RL um eine Regelung des Verfahrensrechts, der die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung bereits weitgehend Rechnung tragen (s. hiezu den Allgemeinen Teil der Erläuterungen unter 1.3).

Der materiellrechtliche Auskunftsanspruch ist jedoch das zweckmäßigere Mittel der Rechtsdurchsetzung, sodass es sinnvoll ist, § 87b Abs. 2 UrhG an die Vorgaben der Richtlinie anzupassen, wobei die neue Regelung auf zwei Absätze aufgeteilt wird. Abgesehen von den nötigsten systematischen und terminologischen Anpassungen an das Urheberrechtsgesetz hält sich die neue Bestimmung möglichst nahe an die Formulierungen der Richtlinie. Im Einzelnen ist dazu folgendes zu bemerken:

1.      Art. 8 RD-RL stellt allgemein auf einen „die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers“ ab. Im Rahmen einer materiellrechtlichen Regelung kommt es hingegen nicht auf die Verhältnismäßigkeit eines Antrags an, sondern darauf, dass der Auskunftsanspruch selbst diesem Erfordernis genügt; im übrigen wird die Verhältnismäßigkeitsschranke formuliert wie im bisherigen § 87b Abs. 2 UrhG, der seinerseits dem Vorbild des Art. 47 TRIPS folgt.

2.      Die Neuregelung übernimmt aus Art. 8 RD-RL die Begriffe „Waren“ und „Dienstleistungen“. Es handelt sich dabei um Begriffe, die in der Terminologie des Urheberrechts nicht gebräuchlich sind. Fraglich ist, inwieweit sich rechtsverletzende Waren und rechtsverletzende Dienstleistungen mit den urheberrechtlichen Begriffen der Verletzungsgegenstände im Sinn des § 81 Abs. 2 UrhG bzw. mit rechtsverletzenden Handlungen schlechthin decken oder aber gegenüber diesen nur eine eingeschränkte Bedeutung haben.

         Fraglich ist auch, was unter Herstellern, wie Vertreibern, Lieferanten und anderen Vorbesitzern sowie von Abnehmern und Verkaufsstellen von Dienstleistungen zu verstehen ist.

         Beides wird erst durch die Rechtsprechung geklärt werden können.

3.      Das Kriterium des „gewerblichen Ausmaßes“ („commercial scale“), das in der Richtlinie an mehreren Stellen verwendet wird, ist bisher weder in den urheberrechtlichen Richtlinien der EG noch im innerstaatlichen Urheberrecht vorgekommen. Es stammt offensichtlich aus dem TRIPS, wo es allerdings nur in der strafrechtlichen Bestimmung des Art. 61 verwendet wird. In der deutschen Fassung des TRIPS wird das Kriterium mit dem im Urheberrecht geläufigen Begriff „gewerbsmäßig“ übersetzt, der Entwurf folgt diesem Beispiel.

4.      Die Aufzählung der zur Auskunft verpflichteten Personen in § 87 Abs. 2 Z 1 bis 3 UrhG entspricht Art. 8 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie. Der Entwurf verzichtet im Unterschied zur Richtlinie jedoch darauf, ausdrücklich zu sagen, dass die jeweiligen Kriterien nachweislich erfüllt sein müssen, da die im Gesetz geforderten Anspruchsvoraussetzungen im Fall der gerichtlichen Durchsetzung immer nachgewiesen werden müssen.

5.      Nicht übernommen wurde Art. 8 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie; nach dieser Bestimmung kann das Gericht anordnen, dass Personen Auskünfte erteilen, die nach den Angaben bestimmter anderer Personen an der Herstellung oder am Vertrieb rechtsverletzender Waren bzw. an der Erbringung rechtsverletzender Dienstleistungen beteiligt waren.

         Dass diese Personen tatsächlich oder, wie dies die Buchst. a bis c der Richtlinienbestimmung sagen, nachweislich an den rechtsverletzenden Tätigkeiten beteiligt waren, ist hingegen nicht Voraussetzung für die Begründung der Auskunftspflicht; es genügt wie gesagt die Angabe einer bestimmten Person. Das mag im Rahmen einer verfahrensrechtlichen Regelung, wie es Art. 8 der Richtlinie ja ist, ein geeignetes Kriterium sein, nicht jedoch als Voraussetzung eines materiellen Auskunftsanspruchs. Beschränkt man aber die Bestimmung auf Personen, die an den rechtsverletzenden Tätigkeiten tatsächlich beteiligt gewesen sind, dann wird sie überflüssig, da diese Personen bereits durch den allgemeinen Begriff des Verletzers erfasst werden.

6.      Die Richtlinie verwendet in der deutschen Fassung nebeneinander die Begriffe des Herstellers und Erzeugers bzw. des herstellens und erzeugens; da sie in der deutschen Sprache keine unterschiedliche Bedeutung haben, beschränkt sich der Entwurf auf die Verwendung des Begriffs Hersteller bzw. herstellen; eine Einschränkung der Auskunftspflicht gegenüber der Richtlinie ist damit nicht verbunden.

7.      Der Auskunftsanspruch nach der Neuregelung kann sich zum Teil mit bestehenden Ansprüchen überschneiden, nämlich mit dem Rechnungslegungsanspruch nach § 87a UrhG und dem Auskunftsanspruch nach § 87b Abs. 3 UrhG. Dies schadet aber nicht und ist im Interesse einer lückenlosen Richtlinienumsetzung in Kauf zu nehmen.

Zum Art. I Z 3 (§ 87b Abs. 3 UrhG)

Nach § 87b Abs. 3 UrhG haben Vermittler im Sinn des § 81 Abs. 1a UrhG dem Verletzten Auskunft über die Identität des Verletzers zu geben. Im Fall einer Urheberrechtsverletzung im Internet könnte der Internetprovider dem Verletzten, der den Namen und die Anschrift des Inhabers des fraglichen Internetanschlusses wissen will, entgegen halten, dass es nicht sicher sei, ob der Inhaber des Anschlusses selbst die Urheberrechtsverletzung begangen habe.

Diese Einwendung soll durch die neue Fassung des Abs. 3 abgeschnitten werden. Dies ist notwendig, wenn die Regelung nicht völlig wirkungslos sein soll, da es dem Rechtsinhaber wohl nie möglich sein wird, zu beweisen, dass der Inhaber des Anschlusses selbst die Rechtsverletzung begangen hat.

Zum Art. I Z 4 (§ 87c UrhG)

1.      § 81 Abs. 2 UrhG enthält mit Beziehung auf den Unterlassungsanspruch eine Sonderregelung über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen. Da die Art. 7 und 9 RD-RL Klarstellungen zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen erfordern, die nicht auf den Unterlassungsanspruch beschränkt sind, wird § 81 Abs. 2 UrhG durch die allgemeine Bestimmung des § 87c UrhG über einstweilige Verfügungen ersetzt.

2.      Nach Art. 7 RD-RL müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die zuständigen Gerichte selbst vor Einleitung eines Verfahrens in der Sache auf Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche, dass ihre Rechte an geistigem Eigentum verletzt worden sind oder verletzt zu werden drohen, vorgelegt hat, schnelle und wirksame einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der rechtserheblichen Beweismittel hinsichtlich der behaupteten Verletzung anordnen können.

         Die von der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen wie die Einbehaltung von Mustern oder die Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen, Eingriffsmitteln und der zugehörigen Unterlagen sind mit den Mitteln der Beweissicherung der Zivilprozessordnung nicht erzielbar. Einstweilige Verfügungen nach der Exekutionsordnung wären hingegen grundsätzlich ein geeignetes Instrument; ob sie schon auf Grund der geltenden Rechtslage hiefür zur Verfügung stehen, ist allerdings nicht gesichert:

         Grundsätzlich dienen einstweilige Verfügungen der Sicherung des Hauptanspruchs und müssen sich demnach im Rahmen des erhobenen oder zu erhebenden Anspruchs halten. Demnach wäre im Wege einer einstweiligen Verfügung die Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen nur dann zu erreichen, wenn auch ein gleichgerichteter Anspruch in einem Titelverfahren geltend gemacht werden könnte. Ob tatsächlich für alle in Art. 7 Abs. 1 RD-RL genannten Möglichkeiten der Beweissicherung ein entsprechender Hauptanspruch besteht, ist – etwa hinsichtlich der Beschlagnahme von Unterlagen – zweifelhaft.

         Ob einstweilige Verfügungen auch zur Sicherung von Beweismitteln dienen können, wird sowohl von der Lehre, als auch der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen. Nach dem Inkrafttreten des TRIPS, das eine vergleichbare Regelung zur Sicherung von Beweisen wie die Richtlinie enthält und das in Österreich als generell transformierter Staatsvertrag unmittelbar gilt, hat die Rechtsprechung einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Beweismitteln für zulässig erachtet (OLG Wien 4 R 6/99b, MR 1999, 167; im konkreten Fall ging es um die Durchsuchung von Geschäftsräumlichkeiten zum Zweck der Erfassung der auf den Personalcomputern gespeicherten nicht lizenzierten Computerprogramme). Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in diese Richtung steht allerdings noch aus.

         Der Entwurf sieht daher in § 87c Abs. 1 eine entsprechende Klarstellung vor.

3.      Art. 9 Abs. 2 RD-RL sieht im Fall von Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß einstweilige Verfügungen vor, wenn die geschädigte Partei glaubhaft macht, dass die Erfüllung ihrer Schadenersatzforderung fraglich ist; weitere Voraussetzungen werden nicht gefordert. § 379 Abs. 2 EO enthält zwar eine vergleichbare Regelung, die Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung nach dieser Bestimmung sind aber strenger als in Art. 9 Abs. 2 RD-RL; dem trägt § 87c Abs. 2 Rechnung.

         Dass § 87c Abs. 2 sich nicht nur auf Schadenersatzansprüche, sondern auch auf Ansprüche auf angemessenes Entgelt und auf Herausgabe des Gewinns bezieht, bedeutet nicht, dass die Regelung über die Richtlinie hinaus geht; diese verwendet nämlich den Begriff der Schadenersatzforderung in einem entsprechend weiteren Sinn.

         Art. 9 Abs. 2 RD-RL regelt auch die Maßnahmen, die durch einstweilige Verfügungen getroffen werden können; § 379 EO entspricht dieser Regelung in der Richtlinie bereits, sodass in dieser Beziehung eine Anpassung nicht notwendig ist.

4.      Die bisher in § 81 Abs. 2 UrhG enthaltene Regelung wird im Abs. 3 der neuen Bestimmung übernommen und konsequenterweise ausdrücklich auf den Beseitigungsanspruch ausgedehnt.

5.      Nach Art. 7 Abs. 1 RD-RL werden Maßnahmen zur Beweissicherung gegebenenfalls ohne Anhörung der anderen Partei getroffen, insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Rechtsinhaber wahrscheinlich ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstünde oder wenn nachweislich die Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet werden. Nach Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die in der Richtlinie vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen in geeigneten Fällen ohne Anhörung der anderen Partei angeordnet werden können, insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Rechtsinhaber ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstehen würde. Dem entspricht die allgemeine Regelung für einstweilige Verfügungen in der Exekutionsordnung insofern, als nicht angeordnet wird, dass der Gegner vor Erlassung der einstweiligen Verfügung anzuhören ist. Deshalb geht die Rechtsprechung davon aus, dass dem Gegner der gefährdeten Partei nicht Gelegenheit gegeben werden muss, sich zur beantragten einstweiligen Verfügung zu äußern. Vielmehr wird in der Regel über einen Antrag auf Erlassung einer solchen Verfügung nur auf Grund der von der gefährdeten Partei beigebrachten Bescheinigungsmittel entschieden. Die Exekutionsordnung regelt aber – abgesehen von hier nicht maßgeblichen Sonderbestimmungen – nicht die Voraussetzungen, unter denen das Gericht verpflichtet ist, von der Anhörung des Gegners abzusehen. Um eine korrekte  Umsetzung der Richtlinie zu gewährleisten, wird daher in § 87c Abs. 4 eine entsprechende Bestimmung aufgenommen.

6.      Art. 9 Abs. 2 RD-RL sieht im Fall von Rechtsverletzungen im gewerblichen Ausmaß die vorsorgliche Beschlagnahme beweglichen und unbeweglichen Vermögens einschließlich der Sperrung von Bankkonten und der Beschlagnahme sonstiger Vermögenswerte vor, wenn die geschädigte Partei glaubhaft macht, dass die Erfüllung ihrer Schadenersatzforderung fraglich ist. Dies entspricht der Regelung über einstweilige Verfügungen zur Sicherung von Geldforderungen in § 379 EO, und zwar ohne Beschränkung auf gewerbsmäßige Rechtsverletzungen.


Textgegenüberstellung

Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

Unterlassungsanspruch

Unterlassungsanspruch

§ 81. (1) ...

§ 81. (1) unverändert

(1a) ....

(1a) unverändert

(2) Einstweilige Verfügungen können erlassen werden, auch wenn die im § 381 der Exekutionsordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen.

(2) aufgehoben

Anspruch auf Auskunft

Anspruch auf Auskunft

§ 87b. (1) ...

§ 87b. (1) unverändert

(2) Wer im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken unbefugt ein Werk der Literatur oder Kunst oder einen sonstigen Schutzgegenstand auf eine nach diesem Bundesgesetz dem Rechteinhaber vorbehaltene Verwertungsart benutzt, hat dem Verletzten über die Identität Dritter (Name und Anschrift), die an der Herstellung oder am Vertrieb der Vervielfältigungsstücke beteiligt waren, und über ihre Vertriebswege Auskunft zu geben, sofern dies nicht unverhältnismäßig im Vergleich zur Schwere der Verletzung wäre.

(2) Wer in einem auf dieses Gesetz gegründeten Ausschließungsrecht verletzt worden ist, kann Auskunft über den Ursprung und die Vertriebswege der rechtsverletzenden Waren und Dienstleistungen verlangen, sofern dies nicht unverhältnismäßig im Vergleich zur Schwere der Verletzung wäre und nicht gegen gesetzliche Verschwiegenheitspflichten verstoßen würde; zur Erteilung der Auskunft sind der Verletzer und die Personen verpflichtet, die gewerbsmäßig

 

           1. rechtsverletzende Waren in ihrem Besitz gehabt,

 

           2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch genommen oder

 

           3. für Rechtsverletzungen genutzte Dienstleistungen erbracht haben.

 

(2a) Die Pflicht zur Auskunftserteilung nach Abs. 2 umfasst, soweit angebracht,

 

           1. die Namen und Anschriften der Hersteller, Vertreiber, Lieferanten und der anderen Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

 

           2. die Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren und die Preise, die für die Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.

(3) Vermittler im Sinne des § 81 Abs. 1a haben dem Verletzten Auskunft über die Identität des Verletzers (Name und Anschrift) zu geben.

(3) Vermittler im Sinn des § 81 Abs. 1a haben dem Verletzten Auskunft über die Identität des Verletzers (Name und Anschrift) beziehungsweise die zur Feststellung der Identität des Verletzers erforderlichen Auskünfte zu geben.

 

Einstweilige Verfügungen

 

§ 87c. (1) Mit Beziehung auf Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe des Gewinns nach diesem Gesetz können einstweilige Verfügungen sowohl zur Sicherung des Anspruchs selbst als auch zur Sicherung von Beweismitteln erlassen werden.

 

(2) Zur Sicherung von Ansprüchen auf angemessenes Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe des Gewinns können im Fall von gewerbsmäßig begangenen Rechtsverletzungen einstweilige Verfügungen erlassen werden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Erfüllung dieser Forderungen gefährdet ist.

 

(3) Zur Sicherung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen können einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die im § 381 der Exekutionsordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen.

 

(4) Einstweilige Verfügungen nach Abs. 1 sind auf Antrag der gefährdeten Partei ohne Anhörung des Gegners zu erlassen, wenn der gefährdeten Partei durch eine Verzögerung wahrscheinlich ein nicht wieder zu gut machender Schaden entstünde oder wenn die Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet werden.