Vorblatt
Probleme und
Ziele der Gesetzesinitiative
Für Österreich
steht die am 7. Mai 1999 unterzeichnete Konvention des Europarates zum
Schutz der Umwelt durch Strafrecht vom 4. November 1998 zur Ratifizierung
an. Diese erfolgt üblicherweise erst, wenn die Vorgabe der Konvention im
österreichischen Strafrecht umgesetzt ist. Mit dem vorliegenden Entwurf soll
die seit In-Kraft-Treten des StGB im Jahr 1975 schrittweise vorgenommene Reform
des Umweltstrafrechts – vorläufig – abgeschlossen und dem gestiegenen
gesellschaftlichen Bewusstsein für die Schutzbedürftigkeit der Umwelt
entsprochen werden.
Grundzüge
der Problemlösung
In Entsprechung
der Europarats-Konvention zum Schutz der Umwelt durch Strafrecht sollen die
Tatbestände einiger Bestimmungen des siebenten Abschnitts ausgeweitet und nach
den Erfordernissen der Praxis modifiziert werden. Neue Strafbestimmungen gegen
den fahrlässigen unerlaubten Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen
(§ 177c StGB) sowie gegen das grob fahrlässige umweltgefährdende Betreiben
von Anlagen (§ 181e StGB) sollen zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt
beitragen.
Im Bereich des
Prozessrechts wird im Zusammenhang mit der Einführung der §§ 177c und 181e
StGB die Aufnahme dieser Bestimmungen in den Katalog jener Delikte, die trotz
ihrer Strafdrohung nicht in die sachliche Zuständigkeit der Bezirksgerichte
fallen, vorgeschlagen (§ 9 Abs. 1 Z 1 StPO).
Alternativen
Keine.
Finanzielle
Auswirkungen
Die Einführung
neuer und die Ausweitung bestehender Straftatbestände des StGB können mit einem
Mehraufwand im Bereich der Sicherheits- und Justizbehörden verbunden sein, der
sich nicht genau absehen, vor allem nicht quantifizieren lässt und maßgeblich
von der Kriminalitätsentwicklung sowie der Entdeckungsrate (und damit der
Kontroll-, Nachforschungs- und Untersuchungsintensität) in den betroffenen
Bereichen abhängen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es auf Grund des
vorliegenden Entwurfes nach Maßgabe einer damit verbundenen Steigerung der
Verurteiltenzahlen und des Ausmaßes der verhängten Strafen zu einer
Zusatzbelastung im Bereich des Strafvollzuges kommen wird, ist jedoch als sehr
gering einzustufen. Zum Mengengerüst ist nämlich festzuhalten, dass die Zahl
der Verurteilungen wegen Umweltdelikten (2000: 19, 2001: 6;
2002: 12; 2003: 16; 2004: 11) derzeit sehr niedrig ist. Ein
allfälliger Mehraufwand wird daher aus eigenem abgedeckt werden können.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union
Die vorgeschlagenen
Änderungen im Umweltstrafrecht entsprechen den politischen Zielvorgaben der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich
Keine.
Besonderheiten
des Gesetzgebungsverfahrens
Keine.
Erläuterungen
Allgemeiner Teil
I. Allgemeines
1. Änderungen des Strafgesetzbuches
a) Internationale Vorgabe
Mit dem
vorliegenden Entwurf soll die internationale Vorgabe im Bereich der
Umweltkriminalität, nämlich die Konvention des Europarates zum Schutz der
Umwelt durch Strafrecht vom 4. November 1998 umgesetzt werden. Dieser
Rechtsakt ist im Anhang abgedruckt.
Im Hinblick auf
eine Zunahme der grenzüberschreitenden Umweltkriminalität und deren
Auswirkungen waren auf Ebene des Europarates bereits vor Jahren Überlegungen
dahingehend angestellt worden, wie dieser Problematik zu begegnen ist bzw ob
und welche aufeinander abgestimmten Maßnahmen zum Umweltschutz im Rahmen des
Strafrechts ergriffen werden sollten. Auf Grund der grenzüberschreitenden
Folgen von Umweltverschmutzungen, die etwa immer wieder durch schwere
Tankerunglücke deutlich wurden, arbeitete der Europarat zunächst eine
„Konvention zum Schutz der Umwelt durch Strafrecht“ aus.
Mit der
Fertigstellung dieser Konvention des Europarates zum Schutz der Umwelt durch
Strafrecht (Convention on the Protection of the Environment through Criminal
Law, ETS Nr. 172) war im internationalen Kontext bereits im Jahr 1998 ein
erster Schritt zu einer europäischen Rechtsvereinheitlichung erreicht. Die
Europarats-Konvention schafft insofern einheitliche Mindeststandards im
Umweltstrafrecht, als sie die Verpflichtung zur Kriminalisierung bestimmter
vorsätzlicher und fahrlässiger umweltschädigender Verhaltensweisen enthält. So
sehen Art. 2 und 3 eine Reihe von (Vorsatz- und Fahrlässigkeits-) Delikten
vor, die die Mitgliedstaaten im Bereich des gerichtlichen Strafrechts umzusetzen
haben. Lediglich die im Art. 4 der Konvention erfassten Delikte können entweder
im Bereich des gerichtlichen Strafrechts oder im Verwaltungsstrafrecht
umgesetzt werden. Von Art. 2 Abs. 1 lit. a abgesehen sind alle
Delikte verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Weitergehender als das
österreichische Strafgesetzbuch stellt die Konvention nicht nur Wasser, Boden,
Luft, Tiere, Pflanzen und die menschliche Gesundheit, sondern auch Denkmäler,
andere geschützte Gegenstände und Vermögen unter ihren Schutz.
Die
Europarats-Konvention wurde am 4. November 1998 zur Unterzeichnung
aufgelegt. Bislang haben 13 Staaten, davon 11 EU-Mitgliedsstaaten, diese
Europarats-Konvention unterzeichnet. Österreich hat am 7. Mai 1999 diese
Konvention unterzeichnet. Obwohl für das In-Kraft-Treten der Konvention nur
drei Mitgliedstaaten ratifizieren müssten, ist sie bis dato noch nicht in Kraft
getreten. Als bisher einziges Land hat sie Estland ratifiziert.
Ein weiterer
Rechtsakt zur Bekämpfung der Umweltkriminalität, der der Konvention des
Europarates vom 4.11.1998 über den Schutz der Umwelt durch Strafrecht in weiten
Teilen entsprach, war der Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom
27. Januar 2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht
(ABl. L Nr. 29 vom 05.02.2003 S. 55). Er ging auf eine
Initiative des Königreichs Dänemark zurück und stützte sich auf Titel VI des
EU-Vertrags über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen („dritte
Säule“). Dieser Rahmenbeschluss wurde mit Urteil des EuGH vom 13.9.2005 (Rs
C-176/03) für nichtig erklärt.
Zur
Entstehungsgeschichte des Rahmenbeschlusses ist zu bemerken, dass die
Europäische Kommission Anfang März 2001 – nachdem die dänische Initiative
bereits zu einem beschlussreifen Entwurf eines Rahmenbeschlusses geführt hatte
– einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates
über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, der auf Art. 175 Abs. 1
EG-Vertrag („erste Säule“) gestützt ist, vorlegte. Inhaltlich entsprach dieser
Richtlinienvorschlag im Wesentlichen der Europarats-Konvention vom
4. November 1998. Dieser Richtlinienvorschlag würde nach Ansicht der
Kommission einen besseren strafrechtlichen Schutz der Umwelt ermöglichen als
ein Rahmenbeschluss, zumal er von den Mitgliedstaaten unter der Kontrolle des
Europäischen Gerichtshofs umgesetzt werden würde.
Da der Rat mit der
Annahme des Rahmenbeschlusses den Richtlinienvorschlag der Europäischen
Kommission zum selben Gegenstand nicht berücksichtigt hatte, brachte die
Kommission gegen den Rat im April 2003 eine Klage wegen Nichtigerklärung des
Rahmenbeschlusses über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht ein
(Rechtssache C-176/03; ABl. Nr. C 135 vom 7.6.2003, S. 21). Die
Kommission wendete sich damit gegen die Rechtsgrundlage, die der Rat für seinen
Rahmenbeschluss gewählt hat. Mit Urteil vom 13. September 2005 erklärte
der Europäische Gerichtshof den Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom
27. Jänner 2003 für nichtig. Auf Grund der Tatsache, dass der Rahmenbeschluss
lediglich aus formellen Gründen – nicht jedoch hinsichtlich der inhaltlichen
Reichweite und Ausgestaltung – für nichtig erklärt wurde, stehen somit die
politischen Ziele in der Umsetzung des Schutzes der Umwelt durch das Strafrecht
außer Streit. Selbst wenn durch einen nachfolgenden Rechtsakt der Europäischen
Union – der zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht absehbar ist – ein erneuter
Umsetzungsbedarf gegeben sein sollte, ist nicht zu erwarten, dass dieser
wesentlich von der mit dieser Novelle umgesetzten Europarats-Konvention
abweichen wird.
Die
Europarats-Konvention enthält einen Katalog von Umweltstraftaten (Art. 2
und 3), die die Mitgliedstaaten strafrechtlich zu ahnden haben, wenn sie
vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. Unter Strafe zu stellen sind
weiters die Beteiligung an und Anstiftung zu diesen Handlungen. Jeder
Mitgliedstaat hat sicherzustellen, dass die genannten Handlungen mit wirksamen,
angemessenen und abschreckenden Strafen bedroht sind. Zumindest in
schwerwiegenden Fällen haben diese Strafen auch Freiheitsstrafen zu umfassen,
die zu einer Auslieferung führen können. Ebenso ist sicherzustellen, dass auch
juristische Personen für diese Handlungen, die zu ihren Gunsten begangen werden,
verantwortlich gemacht werden können. Die Europarats-Konvention soll erst dann
ratifiziert werden, wenn die Vorgabe der Konvention im österreichischen
Strafrecht umgesetzt sind.
Da die Konvention
des Europarates neben dem gerichtlichen Strafrecht auch
verwaltungsstrafrechtliche Bestimmungen in Landesgesetzen und den jeweiligen
Materiengesetzen tangiert, sollte die Umsetzung der Verpflichtungen aus der
Konvention – unter Berücksichtigung der jeweiligen Zuständigkeiten – in
Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie mit
den Bundesländern erfolgen. Zur Vorbereitung der Umsetzung dieses Vorhabens
wurden daher im Bundesministerium für Justiz auf Beamtenebene bereits Gespräche
mit Vertretern und Vertreterinnen anderer betroffener Ressorts und der
Bundesländer geführt.
b) Umsetzungsbedarf
Österreich hat den
Schutz der Umwelt durch das Strafrecht im Hinblick auf die grenzüberschreitende
Problematik bzw den internationalen Kontext des Umweltschutzes immer
grundsätzlich unterstützt. Im Zusammenhalt mit den Vorgaben der
Europarats-Konvention bedeutet das, dass die Tatbilder der Art 2
Abs. 1 lit. a bis e sowohl bei vorsätzlicher als auch bei – zumindest
grob – fahrlässiger Begehungsweise jedenfalls im Bereich des gerichtlichen
Strafrechts umgesetzt werden müssen.
Die
Europarats-Konvention erfordert es, einige der im siebenten Abschnitt
(„Gemeingefährliche Handlungen und strafbare Handlungen gegen die Umwelt“)
angesiedelten Bestimmungen zu überarbeiten. Zum einen werden die bestehenden
Vorsatzdelikte – etwa im Hinblick auf deren Schutzbereich – angepasst. Zum
anderen müssen korrespondierende Fahrlässigkeitsdelikte zu den §§ 177b,
181d eingefügt werden, um den Umsetzungsverpflichtungen gerecht zu werden.
Grundsätzlich ist dazu jedoch festzuhalten, dass im Hinblick auf den bereits
erfassten Schutz der Umwelt im österreichischen Strafrecht der die
Europarats-Konvention einen nur begrenzten Umsetzungsbedarf auslöst.
Mit der Umsetzung
dieser Konvention in innerstaatliches Recht soll gleichzeitig auch dem
gestiegenen gesellschaftlichen Bewusstsein für die Schutzbedürftigkeit der
Umwelt entsprochen und die seit 1975 schrittweise vorgenommene Reform des
Umweltstrafrechts fortgeführt werden.
Mit dem
Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, waren zum ersten Mal Bestimmungen
gegen die vorsätzliche und fahrlässige Gefährdung durch Verunreinigung der
Gewässer und der Luft (§§ 180 f) und die vorsätzliche und fahrlässige
Gefährdung des Tier- und Pflanzenbestandes (§§ 182 f) geschaffen worden.
Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, wurden die
§§ 180, 181 und 182 modifiziert, die §§ 181a („Schwere
Beeinträchtigung durch Lärm“) und 181b („Vorsätzliches umweltgefährdendes
Behandeln und Verbringen von Abfällen“) sowie die §§ 183a und b in das
Strafgesetzbuch eingefügt und die Strafbestimmungen zum Schutz der Umwelt zum
Großteil verwaltungsakzessorisch ausgestaltet.
Mit dem
Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 762, wurde eine
Strafbestimmung gegen die „Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“
(§ 177a) geschaffen und ein weiterer Straftatbestand gegen den
„unerlaubten Umgang mit Kernmaterial und radioaktiven Stoffen“ (§ 177b)
eingefügt. Zusätzlich wurde eine neue Bestimmung gegen die umweltgefährdende
grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen („Mülltourismus“)
eingeführt sowie die Tatbestände des umweltgefährdenden Betreibens von Anlagen
und des umweltgefährdenden Behandelns von Abfällen getrennt. Als
Fahrlässigkeitsvariante zu § 181b wurde weiters § 181c („Fahrlässiges
umweltgefährdendes Behandeln von Abfällen“) geschaffen.
Insbesondere auf
Grund der selten erfolgenden Verurteilungen wegen Umweltdelikten ist sowohl in
der Praxis als auch in der Wissenschaft in den letzten Jahren ein weiterer
Reformbedarf erkannt und – im Hinblick auf die Effizienz des Umweltstrafrechts
– eine Erneuerung des siebten Abschnitts des StGB angeregt worden (vgl etwa Kienapfel/Schmoller, BT III Vorbem §§ 180 ff Rn
11ff; Bertel/Schwaighofer, BT II4 §§ 180-181 Rn 17; Triffterer, Die
Reform des Umweltstrafrechts nach der RV 1996 in rechtsvergleichender
Sicht, in: BMJ [Hrsg] Entwicklungslinien im Straf- und Strafprozessrecht
[Schriftenreihe BMJ 82, 1996] 323ff).
c) Verwaltungsakzessorietät
Die Tatbestände
der Konvention sind durchgehend als Gefährdungsdelikte ausgestaltet (vgl Janda, Europäisches Umweltstrafrecht, 72) und
werden im besonderen Teil der Erläuterungen näher dargestellt. Ein weiteres
Merkmal der Tatbestände ist – bis auf eine Ausnahme (siehe sogleich) – ihre
Verwaltungsakzessorietät. Die Europarats-Konvention definiert in Art. 1
„rechtswidriges“ Handeln als einen Verstoß gegen ein Gesetz, eine
verwaltungsrechtliche Vorschrift oder eine Entscheidung einer zuständigen
Behörde, die jeweils dem Schutz der Umwelt dienen.
Das einzige nicht
verwaltungsakzessorische Delikt ist in
Art. 2 Abs. 1 lit. a der Europarats-Konvention
geregelt. Art. 2 Abs. 1 lit. a stellt das Einleiten,
Abgeben oder Einbringen einer Menge von Stoffen oder ionisierender Strahlung in
die Luft, den Boden oder das Wasser, welches den Tod oder eine schwere
Körperverletzung einer Person oder eine solche Gefahr verursacht, unter Strafe.
Das
Umweltstrafrecht des StGB ist – von §§ 182f abgesehen – ebenfalls
verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Strafbarkeit tritt somit nur bei einem
Verstoß gegen vorwiegend verwaltungsrechtliche Bestimmungen ein. Insofern
entspricht die Verwaltungsakzessorietät des StGB dem in
Art. 1 lit. a der Europarats-Konvention definierten Begriff des
rechtswidrigen Verhaltens.
Die
Verwaltungsakzessorietät dient der Rechtssicherheit (Triffterer,
StGB-Komm Vorbem §§ 180-183b, Rn 25) und entspricht dem ultima-ratio-Prinzip
des Strafrechts. Umweltrecht ist mit einer Vielzahl von Verwaltungsvorschriften
verknüpft, der Grundsatz der Verwaltungsakzessorietät somit aus Gründen der
Rechtssicherheit im Bereich des Umweltstrafrechts unverzichtbar. Ein Abgehen
davon würde den Strafprozess überfordern. Ein Unternehmer, dessen
Betriebsanlage behördlich genehmigt ist, muss sich beispielsweise darauf
verlassen können, dass ein Betreiben der Anlage in dem von der Genehmigung
vorgegebenen Rahmen nicht zu seiner Bestrafung führen kann. Hat derselbe
Unternehmer allerdings die Betriebsanlagengenehmigung durch falsche Angaben
erschlichen, so kann er sich folgerichtig auf die rechtsmissbräuchlich erlangte
Genehmigung nicht berufen. Angesichts der Regelungsdichte unseres Rechtsstaates
sind Lücken im Bereich des Verwaltungsrechts, die zur Straflosigkeit eines
Täters führen, im Regelfall auszuschließen (Kienapfel/Schmoller
BT III Vorbem §§ 180 ff Rz 42;
Schwaighofer ÖJZ 1994 227). Davon abgesehen ist die Behörde
verpflichtet einzuschreiten, wenn durch genehmigte Verhaltensweisen
unmittelbare Gefahren drohen (vgl etwa § 360 GewO).
In
Folge der durchgehenden Verwaltungsakzessorietät des österreichischen
Umweltstrafrechts findet sich im StGB kein Tatbestand, der Art. 2
Abs. 1 lit. a der Europarats-Konvention entspricht. Eine
diesbezügliche Anpassung des StGB ist aber aus zweierlei Gründen entbehrlich:
Zum einen enthält
die Europarats-Konvention keine explizite Verpflichtung, einen eigenen
nicht-verwaltungsakzessorischen Tatbestand einzuführen. Zum anderen sind für
die durch diese Bestimmungen unter Strafe zu stellenden Handlungen die
allgemeinen Straftatbestände des Strafgesetzbuches (§§ 75, 83 ff, 89
iVm 81, 171, 176) heranzuziehen, zumal sich der Tatbildvorsatz auf sämtliche Tatbildmerkmale
erstreckt und eine Strafbarkeit nach Art. 2 Abs. 1 lit. a der
Konvention ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn der Täter die Gefährdung,
Verletzung oder Tötung in seinen Vorsatz aufnimmt. Die entsprechenden
Fahrlässigkeitsdelikte existieren bereits im Strafgesetzbuch (vgl auch Janda, Europäisches
Umweltstrafrecht, 72; Sabadello, Europäisches
Umweltstrafrecht aus österreichischer Sicht, 18). Art. 2 Abs. 1
lit. a der Europarats-Konvention bedarf somit durch den vorliegenden
Entwurf keiner Umsetzung.
Die Konvention des
Europarates verpflichtet die Mitgliedstaaten in Art. 9 eine
Verantwortlichkeit juristischer Personen für Umweltdelikte vorzusehen. Hiezu
ist darauf hinzuweisen, dass das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz
(BGBl. I Nr. 151/2005) bereits seit 1. Jänner 2006 in Kraft ist.
Keine
Notwendigkeit besteht, die im Art. 4 lit. a bis g der
Europarats-Konvention aufgezählten strafbaren Handlungen mit dem vorliegenden
Entwurf umzusetzen. Zum einen ist es Art. 4 zu Folge dem nationalen
Gesetzgeber überlassen, eine Umsetzung im Bereich des gerichtlichen Strafrechts
oder im Verwaltungsstrafrecht vorzunehmen. Zum anderen sind bereits sämtliche
Tatbestände im österreichischen Verwaltungsstrafrecht (vgl etwa §§ 366 ff
GewO, 18 SicherheitskontrollG 1991, 137 WRG, 39 AWG,
9 ArtenhandelsG) bzw im StGB (§§ 181a [Art. 4 lit. b], 181b
[Art. 4 lit. c], 177b [Art. 4 lit. e]) geregelt.
d) Art. 4 lit. f und g der
Europarats-Konvention
Art. 4
lit. f der Europarats-Konvention regelt das rechtswidrige Bewirken
nachteiliger Veränderungen der natürlichen Bestandteile eines Nationalparks,
Naturschutzgebietes, Wasserschutzgebietes oder anderer geschützter Gebiete,
Art. 4 lit. g der Europarats-Konvention das rechtswidrige Besitzen,
Entnehmen, Beschädigen, Töten von sowie den rechtswidrigen Handel mit
geschützten wildlebenden Tier- und Pflanzenarten.
Dies bedeutet,
dass nach Art. 4 lit. f und g, das rechtswidrige Bewirken einer
nachteiligen Veränderung der natürlichen Bestandteile eines Nationalparks,
Naturschutzgebietes, Wasserschutzgebietes oder anderer geschützter Gebiete oder
das rechtswidrige Besitzen, Entnehmen, Beschädigen oder Töten von sowie der
rechtswidrige Handel mit geschützten wild lebenden Tieren nicht im Bereich des
gerichtlichen Strafrechts geregelt werden müssen (vgl auch § 5 Abs. 1
VStG).
Es ist anzumerken,
dass die Tatbestände des Art. 4 lit. f der Europarats-Konvention –
soweit überblickbar – bereits in den jeweiligen Materiengesetzen, wie zB im
Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz (LGBl. Nr. 1/1994
idF LGBl. Nr. 58/2004), im Kärntner Nationalparkgesetz (LGBl.
Nr. 57/1986 idF LGBl. Nr. 57/2002) und im Kärntner
Naturschutzgesetz 2002 (LGBl. Nr. 79/2002 idF LGBl.
Nr. 63/2005), im Niederösterreichischen Naturschutzgesetz 2000 (LGBl.
Nr. 5500-0 idF LGBl. Nr. 5500-3), im Oberösterreichischen Natur- und
Landschaftsschutzgesetz 2001 (LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl.
Nr. 61/2005), im Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (LGBl.
Nr. 73/1999 idF LGBl. Nr. 58/2005), im Steiermärkischen
Naturschutzgesetz 1976 (LGBl. Nr. 65/1976 idF LGBl.
Nr. 84/2005), im Tiroler Nationalparkgesetz Hohe Tauern (LGBl.
Nr. 103/1991) und im Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (LGBl.
Nr. 26/2005), im Vorarlberger Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung
(LGBl. Nr. 22/1997 idF LGBl. Nr. 38/2002), im Wiener
Nationalparkgesetz (LGBl. Nr. 37/1996 idF. LGBl. Nr. 49/2002) und im
Wiener Naturschutzgesetz (LGBl. Nr. 45/1998 idf LGBl. Nr. 92/2001)
strafrechtlich sanktioniert sind.
Ebenfalls
hervorzuheben ist, dass die Tatbestände des Art. 4 lit. g der
Europarats-Konvention zum Teil bereits jetzt im Nebenstrafrecht, in den
jeweiligen Materiengesetzen, den Landesnaturschutz-, Fischerei- und
Jagdgesetzen pönalisiert sind. So sieht im Bereich des Art. 4 lit. g
das Bundesgesetz über die Überwachung des Handels mit Exemplaren wildlebender
Tier- und Pflanzenarten (Artenhandelsgesetz – ArtHG), BGBl. I
Nr. 33/1998, mit § 8 eine gerichtliche Strafbestimmung vor, die
widerrechtlichen Handel mit bestimmten gefährdeten Tier- oder Pflanzenarten mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen
bedroht (siehe auch die im § 9 ArtHG geregelte
Verwaltungsstrafbestimmung). Darüber hinaus können auch das neue
Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004, das in den §§ 38 f
ebenfalls Verwaltungsstraftatbestände enthält, sowie die oben angeführten
Naturschutzgesetze der Bundesländer als einschlägig angesehen werden.
Auch das im
Vorfeld des gegenständlichen Entwurfs durchgeführte
„Vorbegutachtungsverfahren“, im Zuge dessen das Bundesministerium für Justiz
das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft, das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, die
Verbindungsstelle der Bundesländer sowie das BKA-VD mit einem Vorentwurf
befasst und um Stellungnahmen im jeweiligen Zuständigkeitsbereich ersucht hat
(BMJ-L884.004/0003-II 1/2005), ergab, dass der rechtswidrige Handel mit
geschützten Tier- und Pflanzenarten (Artikel 4 lit. g der
Europarats-Konvention) durch die geltenden Gesetze ausreichend abgedeckt zu
sein scheint.
e) Zusammenfassend schlägt der
vorliegende Entwurf folgende Maßnahmen vor:
- Ausweitung der geschützten Tatobjekte der im
StGB geregelten Umweltdelikte auf Denkmäler und fremde Sachen sowie Ausweitung
des § 180 StGB auch auf Naturdenkmäler.
- Modifizierung und Erweiterung der §§ 177b,
180, 181, 181b, 181c, 181d sowie 182 StGB.
- Schaffung eines Tatbestandes gegen den
„fahrlässigen unerlaubten Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen“
(§ 177c StGB).
- Einführung eines Tatbestandes gegen das „grob
fahrlässige umweltgefährdende Betreiben von Anlagen“ (§ 181e StGB).
2. Strafprozessordnung 1975
Im Bereich des Prozessrechts wird im Zusammenhang mit
der Schaffung der neuen Straftatbestände des § 177c und § 181e StGB
die Verankerung der Eigenzuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz in der
StPO vorgeschlagen.
II. Zu den finanziellen Auswirkungen
Die
Wahrscheinlichkeit, dass es im Bereich des Umweltstrafrechts durch den Entwurf
nach Maßgabe einer damit verbundenen Steigerung der Verurteiltenzahlen und des
Ausmaßes der verhängten Strafen zu einer Zusatzbelastung kommen wird, ist als
sehr gering einzustufen. Zum Mengengerüst ist nämlich festzuhalten, dass die
Zahl der Verurteilungen wegen Umweltdelikten sehr niedrig ist (2000: 19;
2001: 6; 2002: 12; 2003: 16; 2004: 11). Selbst eine
deutliche Zunahme der Verurteiltenzahlen in diesem Bereich durch die beiden neu
vorgeschlagenen Delikte (§§ 177c, 181e StGB) würde sohin kaum ins Gewicht
fallen. Dazu kommt, dass derzeit wegen Umweltdelikten praktisch niemand zu
einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wird (von 2000 bis 2004 keine
einzige derartige Verurteilung).
III. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den
Wirtschaftsstandort Österreich
Keine
IV. Kompetenzgrundlage
Die Kompetenz des
Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des
Bundes-Verfassungsgesetzes.
V. Verhältnis zu EU-Recht
Die
vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des Umweltstrafrechtes entsprechen den
Zielvorgaben der Mitgliedstaaten der EU, nämlich den Schutz der Umwelt durch
das Strafrecht zu erhöhen.
Besonderer Teil
Zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu Artikel I (Änderungen des Strafgesetzbuches)
Zu Artikel I Z 1 (§ 177b StGB):
Art. 2
Abs. 1 lit. e der Europarats-Konvention verlangt, das rechtswidrige
Herstellen, Behandeln, Lagern, Verwenden, Befördern, Ausführen oder Einführen
von Kernmaterial oder anderen gefährlichen radioaktiven Stoffen, welches den
Tod oder eine schwere Körperverletzung einer Person oder erhebliche Schäden
hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität sowie an Tieren oder
Pflanzen verursacht oder zu verursachen geeignet ist, unter Strafe zu stellen.
Demgegenüber
bedroht § 177b Abs. 1 idgF denjenigen mit Strafe, der entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag Kernmaterial oder radioaktive
Stoffe, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, durch
ionisierende Strahlen den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines
anderen herbeizuführen, aufbewahrt, befördert, bearbeitet, verarbeitet oder
sonst verwendet, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das
Inland durchführt. Diese Regelung entspricht inhaltlich dem § 17
Sicherheitskontrollgesetz 1991, welcher durch das
Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (BGBl. Nr. 762/1996) aufgehoben und
in das Strafgesetzbuch überstellt wurde (siehe zur Entstehungsgeschichte des
§ 177b Triffterer, StGB-Komm § 177b Rn
1ff). Dadurch entsprach Österreich den seinerzeitigen völkerrechtlichen
Vorgaben.
Der modifizierte
§ 177b soll wie bisher Kernmaterial und radioaktive Stoffe erfassen. Eine
Gleichbehandlung des Kernmaterials und der radioaktiven Stoffe, wie es
Art. 2 Abs. 1 lit. e der Europarats-Konvention vorsieht,
kann nicht erfolgen, weil der Begriff „Kernmaterial“ iSd StGB weitreichender
ist und ua auch „Ausrüstung, Technologie und Material“ mitumfasst, von welchen
eine Beeinträchtigung der Umwelt durch ionisierende Strahlung ausgeschlossen
ist. Deshalb behandelt § 177b Abs. 1 ausschließlich Kernmaterial und
erfordert auch keine abstrakte Gefährlichkeit, weil eine Gefahr für die Umwelt
von „Ausrüstung, Technologie und Material“ auch nicht ausgehen kann. Der
Abs. 1 bleibt wie der bisherige Abs. 1 Z 1 daher ein reines
Tätigkeitsdelikt.
Hinsichtlich des
Begriffs „Kernmaterial“ kann auf den unverändert gebliebenen Teil des
§ 177b Abs. 5 (§ 177b Abs. 4 idgF) und ergänzend auf
§ 1 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 (BGBl. Nr. 415/1992
idgF) verwiesen werden. Der Begriff „radioaktive Stoffe“ soll zur Vereinheitlichung
nun ebenfalls in § 177b Abs. 5 aufgenommen werden. Der Begriff
entspricht inhaltlich dem in § 2 Abs. 34 des Strahlenschutzgesetzes
(BGBl. Nr. 227/1969 idgF) verwendeten. Danach sind „radioaktive Stoffe“
Stoffe, die ein oder mehrere Radionuklide enthalten, sofern deren Aktivität
oder Konzentration nach dem Stand der Technik im Zusammenhang mit dem
Strahlenschutz nicht außer Acht gelassen werden kann. Gegenstände, die
radioaktive Stoffe enthalten oder an deren Oberfläche sich solche Stoffe
befinden, stehen radioaktiven Stoffen gleich. Der „Stand der Technik“ wird in
§ 2 Abs. 36 Strahlenschutzgesetz festgelegt und entspricht dem auf
einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Entwicklungsstand
fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen,
deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.
Im Hinblick
darauf, dass der für § 177b einschlägige Art. 2 Abs. 1
lit. e der Europarats-Konvention neben dem Behandeln, Lagern, Verwenden,
Befördern, Ausführen oder Einführen auch die Herstellung von Kernmaterial oder
anderen gefährlichen radioaktiven Stoffen als Tathandlung umfasst, soll der
Katalog des § 177b Abs. 1, 2 und 3 in der vorgeschlagenen
Neufassung um die Tathandlung des „Herstellens“ erweitert werden.
Davon abgesehen
wird die Reihenfolge der Tathandlungen insofern geändert, als „herstellen,
bearbeiten, verarbeiten oder sonst verwenden“ am Beginn der Aufzählung stehen.
Die in der Europarats-Konvention verwendete Tathandlung des „Lagerns“
entspricht inhaltlich dem im § 177b verwendeten „Aufbewahren“. „Behandeln
und Verwenden“ ist den im StGB gebrauchten Tathandlungen „bearbeiten,
verarbeiten oder sonst verwenden“ gleichzusetzen. Den von der internationalen
Vorgabe weiters vorgeschriebenen Tathandlungen „Befördern, Ausführen oder
Einführen“ entspricht die Tathandlungen „befördern, in das Inland einführen,
aus dem Inland ausführen“; zusätzlich enthält § 177b idgF noch „durch das
Inland durchführen“.
Im
Begutachtungsverfahren wurde angeregt, auch den Besitz als Tathandlung in
§ 177b aufzunehmen. Dies erscheint nicht erforderlich, weil ein „bloßer“
Besitz, der nicht mit einer der vorgesehenen Tatbegehungsformen einhergeht
(insbesondere im Hinblick auf das „Aufbewahren“) kaum vorstellbar ist.
Da es die Vorgabe
(„is likely to cause“) erforderlich macht, § 177b Abs. 2 des Entwurfs
als erfolgsbedingtes abstraktes Gefährdungsdelikt auszugestalten, wird
hinsichtlich der radioaktiven Stoffe § 177b Abs. 2 dogmatisch ähnlich
strukturiert wie § 180. Nach Abs. 2 muss keine konkrete Gefährdung
eintreten und daher nicht nachgewiesen werden, dass die in den Z 1 bis 4
erwähnten Rechtsgüter tatsächlich in Gefahr gewesen sind. Vielmehr reicht es,
wenn mit den in Abs. 2 aufgezählten Tathandlungen für diese Rechtsgüter
eine abstrakte Gefahr verbunden ist („… entstehen kann“).
Der Anwendungs- bzw Schutzbereich des vorgeschlagenen
Abs. 2 wird insofern modifiziert, als künftig strafbar sein soll, wer
entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag radioaktive
Stoffe so herstellt, bearbeitet, verarbeitet oder sonst verwendet, aufbewahrt,
befördert, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das
Inland durchführt, dass dadurch eine Gefahr für bzw. eine Beeinträchtigung
eines der Rechtsgüter der Z 1 bis 4 entstehen kann.
Hinsichtlich der Z 1 „Gefahr für das Leben oder
einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder
sonst für die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von
Menschen“, der Z 2 „Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in
erheblichem Ausmaß“, der Z 3 „eine lange Zeit andauernde Verschlechterung
des Zustandes eines Gewässers, des Bodens oder der Luft“ und der Z 4 „ein
Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt“ wird an dieser
Stelle auf die Ausführungen zu § 180 verwiesen.
Lediglich die Z 4 unterscheidet sich von
§ 180 Abs. 1 Z 4 dahingehend, dass ein 50 000 Euro
übersteigender Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz
stehenden Gegenstand oder an einem Naturdenkmal nicht strafbarkeitsbegründend
ist, weil dies von Art. 2 Abs. 1 lit. e der
Europarats-Konvention im Zusammenhang mit Kernmaterial oder radioaktiven
Stoffen nicht vorgesehen ist.
Die Grundstrafdrohung soll wie bisher sowohl für die
Fälle des Abs. 1 als auch für die Fälle des Abs. 2 eine
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren betragen.
Auf der
subjektiven Tatseite muss sich der Vorsatz auf sämtliche
Tatbestandsmerkmale erstrecken. Bei Abs. 2 muss der Vorsatz insbesondere auch die abstrakte Gefährlichkeit der
Tathandlungen umfassen. Fehlt er auch nur im Hinblick auf ein einziges Tatbestandsmerkmal,
kann eine Bestrafung nur nach dem entsprechenden Fahrlässigkeitsdelikt in
Betracht kommen.
Abs. 3
(§ 177b Abs. 2 idgF) ist weiterhin als Erfolgsdelikt (konkretes
Gefährdungsdelikt) ausgestaltet und bleibt bis auf die Tatsache, dass „die Tat“
in der vorgeschlagenen Fassung nunmehr mit den einzelnen Tathandlungen der
Abs. 1 und 2 umschrieben ist, sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf die
Strafdrohung unverändert.
Abs. 4
(§ 177b Abs. 3 idgF) soll insofern erweitert werden, als auch die
erhebliche Schädigung des Tier- oder Pflanzenbestandes
(Abs. 2 Z 2) und die Herbeiführung einer lange Zeit andauernden
Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft
(Abs. 2 Z 3) qualifizierend wirken und mit Freiheitsstrafe von
einem bis zu zehn Jahren bedroht sind. Falls die Tat eine der im § 169
Abs. 3 genannten Folgen hat, so sind wie bisher die dort angedrohten
Strafen zu verhängen.
Abs. 5
(§ 177b Abs. 4 idgF) bleibt hinsichtlich Kernmaterial inhaltlich
unverändert und wird um die Definition der radioaktiven Stoffe ergänzt.
Zu Artikel I Z 2 (§ 177c StGB):
Nach der
bisherigen Rechtslage stellt das Strafgesetzbuch lediglich den vorsätzlichen
unerlaubten Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen in § 177b
unter Strafe. In den vergangenen Jahren wurde in der Literatur wiederholt eine
Fahrlässigkeitsvariante zu § 177b gefordert.
Der unerlaubte
Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen sei deshalb so gefährlich,
weil die aus diesen Materialien für individuelle und allgemeine Rechtsgüter
drohenden Gefahren nicht durch Auflagen zur Gewährleistung der Sicherheit
reduziert und diesbezüglich auch nicht kontrolliert werden könnten. Zudem
bereite es besondere Schwierigkeiten, bei einem unerlaubten Umgang mit
radioaktiven Stoffen den Vorsatz des Täters in Bezug auf dessen Eignung zur
Tötung oder zur Herbeiführung einer schweren Gesundheitsschädigung
nachzuweisen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil § 177b
verwaltungsakzessorisch gestaltet und insoweit ebenfalls der Nachweis eines Vorsatzes
erforderlich und genauso schwer zu führen sei (siehe
Triffterer, StGB-Komm § 177b Rn 15; vgl
Triffterer Die Reform des Umweltstrafrechts nach der RV 1996 in
rechtsvergleichender Sicht, in: BMJ [Hrsg] Entwicklungslinien im Straf- und
Strafprozessrecht [Schriftenreihe BMJ 82, 1996] 356). Dazu komme, dass
§ 183a auf § 177b nicht anwendbar sei und somit jeder Irrtum über
Rechtsvorschriften und behördliche Aufträge – ohne entsprechendes
Fahrlässigkeitsdelikt – zur Straflosigkeit des Täters führe.
Der Art. 3 Abs. 1
der Europarats-Konvention verpflichten die Mitgliedstaaten nunmehr, zu den
jeweils im Art. 2 angeführten Handlungen korrespondierende
Fahrlässigkeitsdelikte einzuführen.
Auf Grund der
Umsetzungsverpflichtung, aber auch im Hinblick auf die oben dargestellte Kritik
wird mit § 177c ein dem § 177b entsprechendes Fahrlässigkeitsdelikt
geschaffen, demzufolge die Tathandlungen der § 177b Abs. 1, 2 und 3
bei fahrlässiger Begehung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht sind.
Durch den Verweis
des § 177c Abs. 1 auf § 177b Abs. 1 und Abs. 2 wird
auch für eine Gleichbehandlung mit dem Außenhandelsgesetz gesorgt. Während
§ 37 Außenhandelsgesetz 2005 (AußHG 2005 BGBl. I
Nr. 50/2005) einen fahrlässigen Verstoß gegen eine europarechtliche oder
völkerrechtliche Vorgabe hinsichtlich diesem Gesetz unterliegender Güter,
insbesondere „dual-use-Güter“ vorsieht, fehlte es bisher an einer
entsprechenden Regelung bezüglich des unter Umständen wesentlich gefährlicheren
Kernmaterials bzw der radioaktiven Stoffe.
Wird durch die Tat
die im § 171 Abs. 1 genannte Gefahr herbeigeführt, der Tier- oder
Pflanzenbestand erheblich geschädigt (§ 177b Abs. 2 Z 2) oder
eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des
Bodens oder der Luft (§ 177b Abs. 2 Z 3) bewirkt, so ist der
Täter nach Abs. 2 mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Bei Eintritt der
strafsatzerhöhenden Umstände des § 170 Abs. 2 kommen die dort
genannten Strafdrohungen zur Anwendung.
Zu Artikel I Z 3 (§ 180 StGB):
§ 180 („Vorsätzliche Gefährdung durch
Verunreinigung der Gewässer oder der Luft“) existiert bereits seit dem
In-Kraft-Treten des Strafgesetzbuches. Gemäß Abs. 1 machte sich strafbar,
wer Gewässer oder Luft verunreinigte, sofern dadurch eine Gefahr für die
Gesundheit auch nur eines Menschen bzw eine Gefahr für Haustiere entstand. Nach
Abs. 2 reichte die bloße Möglichkeit einer Gefährdung iSd Abs. 1 für
die Strafbarkeit, wenn gegen eine bestehende Rechtsvorschrift verstoßen wurde.
Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl.
Nr. 605, wurde § 180 insofern modifiziert, als auch die
Verunreinigung des Bodens erfasst und die Bestimmung verwaltungsakzessorisch
ausgestaltet wurde. Verunreinigungen von Boden, Luft und Gewässer sind nach
Abs. 1 strafbar, wenn dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben einer
größeren Zahl von Menschen oder eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand
in einem größeren Gebiet entstehen kann. Nach Abs. 2 ist zu bestrafen, wer
nachhaltig und schwer ein Gewässer oder den Boden beeinträchtigt und dadurch
bewirkt, dass die Beeinträchtigung für lange Zeit anhält, sofern deren
Beseitigung unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist oder der zur
Beseitigung der Beeinträchtigung erforderliche Aufwand 50 000 Euro
übersteigt.
Abgesehen von der mit dem
Strafrechtsänderungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 130/2001,
vollzogenen Umstellung auf den Euro und der mit dem
Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl. I Nr. 136/2004, bewirkten
Erhöhung des Schwellenwerts auf 50 000 Euro gilt § 180 in dieser
Fassung bis heute.
§ 180 Abs. 1 ist ein so genanntes
erfolgsbedingtes abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl Triffterer, StGB-Komm Vorbem
§§ 180-183b, Rn 9, § 180 Rn 2). In der jüngeren Literatur
spricht man von einer potentiellen Gefährdung. Es ist nicht erforderlich, dass
eines der geschützten Rechtsgüter auch tatsächlich beeinträchtigt wird.
§ 180 Abs. 2 ist ein Verletzungsdelikt, das jedoch besonders
qualifizierte Erfolge voraussetzt.
Art. 2
Abs. 1 lit. b der Europarats-Konvention verpflichtet dazu, das
rechtswidrige Einleiten, Abgeben oder Einbringen einer Menge von Stoffen oder
ionisierender Strahlung in die Luft, den Boden oder das Wasser, welches deren
anhaltende Verschlechterung oder den Tod oder eine schwere Körperverletzung
einer Person oder erhebliche Schäden an geschützten Denkmälern, sonstigen
geschützten Gegenständen, Vermögensgegenständen, Tieren oder Pflanzen
verursacht oder zu verursachen geeignet ist, unter Strafe zu stellen.
Die eben beschriebenen Tathandlungen des Art. 2
Abs. 1 lit. b der Europarats-Konvention sind im Strafgesetzbuch in
den §§ 171 und 180 erfasst. Während § 180 alle Fälle abstrakter
Gefährdungen umfasst, ohne auf eine besondere Begehungsweise abzustellen (vgl
die allgemeine Formulierung „Wer ... ein
Gewässer, den Boden oder die Luft so verunreinigt oder sonst beeinträchtigt“),
regelt § 171 die vorsätzliche konkrete (nicht abstrakte) Gefährdung von
Leib oder Leben eines anderen oder von fremdem Eigentum in großem Ausmaß durch
Kernenergie oder ionisierende Strahlen.
Österreich ist im Hinblick auf § 180, der bereits
alle Tathandlungen der lit. b erfasst, nicht verpflichtet, auch § 171
zu ändern. § 171, dessen Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren
Freiheitsstrafe derzeit sehr hoch ist, wird daher nicht modifiziert. Davon
abgesehen besteht ohnehin echte Idealkonkurrenz zwischen § 171 und anderen
Vorschriften (§§ 83 ff, 125 f), wenn der Täter nicht nur die konkrete
Gefährdung von Menschen oder Sachen in seinen Vorsatz aufnimmt, sondern auch
die Herbeiführung von Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen.
§ 180 erscheint im Vergleich zu der
internationalen Vorgabe in mancherlei Hinsicht zu eng: Zum einen ist ein Teil
der in der Europarats-Konvention aufgezählten Rechtsgüter (etwa fremde Sachen,
unter Denkmalschutz stehende Gegenstände bzw. Naturdenkmäler) im Abs. 1
überhaupt nicht oder nur unzureichend erfasst. Ebenfalls berücksichtigt
§ 180 idgF nicht die Herbeiführung der Gefahr einer anhaltenden
Verschlechterung von Gewässern, Boden oder Luft. Die im § 180 Abs. 2
idgF kumulativ erforderlichen Kriterien „nachhaltig, schwer und in großem
Ausmaß“ können diesbezüglich insoweit nicht herangezogen werden, als die
Kriterien „schwer und in großem Ausmaß“ mit jenen der Konvention („anhaltend“)
nicht konform gehen. Zum anderen sieht § 180 – von den im bisherigen
Abs. 2 geschützten Gewässern und Boden abgesehen – für die in der
Europarats-Konvention erwähnten, zu schützenden Subjekte und Objekte nichts
vor, wenn die abstrakte Gefahr in einen konkreten Erfolg umschlägt.
Absatz 1
Geschütztes Rechtsgut des geltenden Abs. 1 ist in
erster Linie die Umwelt als Lebensgrundlage, aufgegliedert in ihre Elemente
Wasser, Boden und Luft. Abs. 1 unterscheidet bisher insofern zwischen
Gewässern auf der einen Seite und Boden sowie Luft auf der anderen Seite, als
man Gewässer verunreinigen oder sonst beeinträchtigen, Boden und Luft aber nur
verunreinigen könne. Begründet wurde diese Differenzierung damit, dass die
Qualität von Gewässern zum Beispiel auch durch eingeleitetes Kühlwasser eines
Kraftwerks beeinträchtigt werden könne. Damit sei zwar keine Verunreinigung des
Gewässers verbunden, aber stelle dies dennoch eine Beeinträchtigung dar.
„Verunreinigen“ erfolgt durch Einbringen von externen,
die Substanz qualitätsmindernd verändernden Stoffen. Eine sonstige Beeinträchtigung
ist jede anderweitige nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften
(Kienapfel/Schmoller, BT III §§ 180-181 Rz 6). Da in diesem Sinn
nicht nur Gewässer, sondern durchaus auch Boden und Luft – etwa durch Erwärmung
oder den Entzug von Sauerstoff – „sonst beeinträchtigt“ werden können und auch
die Vorgabe durchgehend auf alle drei Umweltmedien abstellen, soll diese
Differenzierung beseitigt werden.
Der vorgeschlagene Abs. 1 nimmt daher darauf
Bedacht, dass man sowohl Gewässer, als auch Boden und Luft verunreinigen oder
sonst beeinträchtigen kann. Tatbestandsmäßig ist somit jede relative
Verschlechterung gegenüber dem Vorzustand.
Von Gewässern, Boden und Luft abgesehen, sind im
geltenden Abs. 1 aber auch Leib und Leben einer größeren Zahl von Menschen
und der Tier- oder Pflanzenbestand in einem erheblichen Ausmaß geschützt.
Nach dem
vorgeschlagenen Abs. 1 soll demgegenüber tatbildlich handeln, wer eines
der drei Umweltmedien Gewässer, Boden oder Luft so beeinträchtigt, dass dadurch
1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren Körperverletzung (§ 84
Abs. 1) eines anderen oder sonst für die Gesundheit oder körperliche
Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß, 3. eine lange Zeit andauernde
Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder
4. ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein Schaden an einer fremden Sache, an
einem unter Denkmalschutz stehenden Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der
50 000 Euro übersteigt, entstehen kann.
§ 180
Abs. 1 bleibt somit ein Gefährlichkeitsdelikt bzw potentielles
Gefährdungsdelikt, wird aber im Hinblick auf die zu schützenden Rechtsgüter wie
folgt angepasst:
1. Gefahr für das Leben oder einer
schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für
die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen
Der geltende Abs. 1 geht einerseits sogar weiter
als die Europarats-Konvention, weil bereits die Eignung, irgendeine Gefahr für
Leib und Leben herbeizuführen, strafbarkeitsbegründend ist; dass unter einer
„Gefahr für Leib oder Leben“ jegliche Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder
die körperliche Sicherheit (also nicht erst die Gefahr einer schweren
Körperverletzung) verstanden wird, geht aus § 89 hervor.
Andererseits wird aber der Begriff „einer größeren
Zahl von Menschen“ der internationalen Vorgabe, wonach eine mögliche Gefahr für
das Leben oder einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines
anderen unter Strafe zu stellen ist, nicht gerecht. Die im geltenden
Abs. 1 Z 1 bezeichnete „Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer
größeren Zahl von Menschen“ wird daher durch eine „Gefahr für das Leben oder
einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder
sonst für die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von
Menschen“ ersetzt. Die Wortfolge „oder sonst für die Gesundheit oder körperliche
Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen“ soll im Hinblick auf den
bestehenden Schutzumfang beibehalten werden, obwohl sie über die Vorgaben der
Europarats-Konvention hinausgeht.
Der strafrechtliche Umweltschutz setzt mit dem
vorgeschlagenen Abs. 1 bereits dann ein, wenn die Gefahr für das Leben
einer einzigen Person oder für eine einzige Person die Gefahr einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) entstehen kann. Ansonsten, also im
Hinblick auf die Gesundheit oder körperliche Sicherheit, ist erst strafbar, wer
wie bisher eine größere Zahl von Menschen gefährdet.
2. Gefahr
für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß
Reichte bis Ende 1988 eine konkrete Gefahr „in großem
Ausmaß“ für Haustiere anderer oder für fremdem Jagdrecht unterliegende Tiere,
so muss nach der geltenden Rechtslage die Beeinträchtigung des Tier- oder
Pflanzenbestandes zwar lediglich abstrakt gefährlich sein, dies aber für einen
Tier- oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet.
Obwohl die Judikatur „ein größeres Gebiet“ oft eher
kleinräumig und insofern großzügig ausgelegt hat, also auch etwa 180 Karpfen in
einem 2.300 m² großen Fischteich (OGH JBl 1992, 728), einige Freibecken
mit 50 Forellen (OLG Innsbruck RdU 1995/41), ein Bach auf einer Strecke von
weniger als einem Kilometer (OLG Graz RdU 1999/176) ausreichten, um dieses
Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, wurde dieses Kriterium des Abs. 1 Z 2
in der Vergangenheit mehrfach kritisiert, weil das Erfordernis „eines größeren
Gebietes“ oftmals zur Straflosigkeit des Täters führte (vgl auch Triffterer,
StGB-Komm § 180, Rn 24 ff, § 180 Rn 2; Kienapfel/Schmoller,
BT III §§ 180-181 Rz 20).
Da die Einschränkung auf ein „größeres Gebiet“ der
internationalen Vorgabe fremd ist und diese vielmehr auf „erhebliche Schäden“
an Tieren oder Pflanzen abstellt, soll es nach dem vorgeschlagenen Abs. 1
Z 2 darauf ankommen, eine potentielle Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand
in erheblichem Ausmaß herbeizuführen.
Bei der Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in
erheblichem Ausmaß wird – wie bisher auch schon – insbesondere auf die
(ökologische) Bedeutung des gefährdeten Tier- oder Pflanzenbestandes für das
Zusammenspiel der Natur abzustellen sein (vgl 13 Os 68/91); außerdem auf die
Intensität, die Art der Einwirkungen und den Grad ihrer Störungseignung sowie
auf die Einzigartigkeit eines solchen Bestandes, der im Einzelfall Anlass genug
ist, auch bei einer sehr geringen Menge oder Zahl der jeweiligen Exemplare eine
drohende Beeinträchtigung als schutzwürdig einzustufen (vgl Triffterer, Die Reform
des Umweltstrafrechts nach der RV 1996 in rechtsvergleichender Sicht, in:
BMJ [Hrsg] Entwicklungslinien im Straf- und Strafprozessrecht [Schriftenreihe
BMJ 82, 1996] 345).
Für die Erhaltung eines Tier- und Pflanzenbestandes
ist nicht die Größe eines Gebietes ausschlaggebend, sondern der Erhalt
lebensfähiger Populationen in einem bestimmten regionalen Verbreitungsgebiet
sowie die Möglichkeit und Dauer der Behebbarkeit von Schädigungen und
Gefährdungen. Je wichtiger der gefährdete Bestand für die Natur in ihrer
Gesamtheit ist, je einzigartiger der Bestand und je schwieriger er wieder
anzusiedeln wäre, desto eher kann von einer Gefahr in erheblichem Ausmaß
gesprochen werden. Der räumliche Faktor allein ist nicht entscheidend.
Auch die unterschiedlichen Lebensraumansprüche der
jeweiligen Arten sowie die Anzahl und die Verteilung der übrigen Standorte sind
zu berücksichtigen. Schon die Beseitigung oder Beeinträchtigung eines einzigen
kleinflächigen Standortes kann weitreichende Folgen für das regionale Verbreitungsgebiet
bzw Verbreitungsmuster aller oder einzelner Arten des betroffenen Standortes
haben (vgl Stellungnahme der Tiroler Landesregierung vom 28. Juni 2004).
Zu bedenken ist weiters, dass Landschaften, zum
Beispiel Gebirge, mit differenziertem Klima und daher auch mit geschlossener
Fauna und Flora weit sensibler und daher nach anderen Maßstäben zu beurteilen
sind als andere Lebensräume. Es kommt wie bisher nicht auf das Ausmaß eines
drohenden Vermögensschadens, sondern auf das ökologische Gewicht des drohenden
Schadens an (vgl Kienapfel/Schmoller, BT III §§ 180 – 181 Rn 19).
Die Auslegung des Begriffs des Tier- oder
Pflanzenbestandes hat sich wie bisher an der hiezu entwickelten Rechtsprechung
zu orientieren. Da die Begriffe „animals“ und „plants“ übrigens anders als
„person“ den Plural bezeichnen, entspricht die Formulierung „Tier- oder Pflanzenbestand“
der Europarats-Konvention (vgl auch Janda, Europäisches Umweltstrafrecht, 79) .
3. eine lange Zeit andauernde
Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers, des Bodens oder der Luft
Bisher ist im § 180 Abs.1 nicht vorgesehen, dass
bereits die abstrakte/potentielle Gefahr einer anhaltenden (vgl Art. 2
Abs. 1 lit. b der Europarats-Konvention) Verunreinigung eines der
drei Umweltmedien Wasser, Boden und Luft strafbarkeitsbegründend ist.
Der geltende Abs. 2 erfasst lediglich bereits
eingetretene Verunreinigungen und Beeinträchtigungen von Gewässern und Boden –
nicht aber der Luft –, die überhaupt nicht oder nur mit großem Aufwand behoben
werden können. Da die im § 180 Abs. 2 idgF geforderten Kriterien (die
Verunreinigung oder Beeinträchtigung muss nachhaltig und schwer sein und in
großem Ausmaß erfolgen und entweder für immer oder lange Zeit anhalten, sofern
die Beseitigung unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist, oder der
erforderliche Beseitigungsaufwand muss 50 000 Euro übersteigen) im
Hinblick auf die Vorgaben zu eng sind, kann auf sie nur zum Teil
zurückgegriffen werden.
Um der Vorgabe der Europarats-Konvention betreffend
eine „lasting deterioration“ („anhaltende Verschlechterung“) gerecht zu werden,
soll im Abs. 1 eine Z 3 aufgenommen werden, die das Herbeiführen der
(abstrakten) Gefahr einer lange Zeit andauernden Verschlechterung des Zustands
eines verunreinigten oder sonst beeinträchtigten Gewässers, des Bodens oder der
Luft unter Strafe stellt.
Im Hinblick darauf, dass schon – wie bisher – eine
lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens
oder der Luft strafbarkeitsbegründend sein kann, wird die Wendung „für immer“
gestrichen. Für die Auslegung des Begriffs „lange Zeit“ kann wie bisher kein
strenges Zeitlimit angegeben werden; die Dauer ist auch im Zusammenhalt mit der
Intensität der Beeinträchtigung zu sehen (vgl Triffterer, StGB-Komm § 180
Rn 30).
Die Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers,
des Bodens oder der Luft ist in der Europarats-Konvention, abgesehen von der Dauerhaftigkeit
nicht näher definiert. Im Vergleich mit anderen (möglichen) tatbildlichen
Folgen wird aber davon auszugehen sein, dass diesem Begriff eine gewisse
Erheblichkeitsschwelle innewohnt, die beispielsweise in einer mindestens
erforderlichen räumlichen Ausdehnung zum Ausdruck kommen kann.
Durch diese neue Z 3, mit der schon die abstrakte
Möglichkeit einer eine lange Zeit andauernde Verunreinigung eines der drei
Umweltmedien Wasser, Boden und Luft unter Strafe gestellt wird, soll der
eigenständige Schutz der Umwelt weiter verstärkt werden.
4. einen 50 000 Euro
übersteigenden Beseitigungsaufwand oder sonstigen Schaden an einer fremden Sache,
an einem unter Denkmalschutz stehenden Gegenstand oder an einem Naturdenkmal
Art. 2
Abs. 1 lit. b der Europarats-Konvention sieht auch vor, die aus
Umweltbeeinträchtigungen resultierende Gefahr erheblicher Schäden an
geschützten Denkmälern, sonstigen geschützten Gegenständen und
Vermögensgegenständen unter Strafe zu stellen.
Art. 2
Abs. 1 lit. b spricht ohne weitere Spezifizierungen schlechthin von
„protected monuments“ und sollte daher nicht nur auf unter Denkmalschutz
stehende Gegenstände eingeschränkt werden, sondern erscheinen durch die
gewählte Formulierung der lit. b offenbar auch Naturdenkmäler mitumfasst;
es ist auch nicht unbedingt erforderlich, dass die gefährdeten Gegenstände in
jemandes Eigentum stehen (vgl Explanatory Report zur
Europaratskonvention: „… the objects mentioned do not necessarily belong to
another person.“) Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend sollen daher
auch bei der Umsetzung dieser Verpflichtung die Naturdenkmäler ausdrücklich
genannt werden.
Naturdenkmäler sind in den Naturschutzgesetzen der
Länder geregelt und dort weitestgehend übereinstimmend definiert. Demnach
versteht man darunter bescheidmäßig erklärte Naturgebilde, die wegen ihrer
Eigenart, Schönheit Seltenheit, wegen ihres besonderen Gepräges, das sie der Landschaft
verleihen oder wegen ihrer besonderen wissenschaftlichen oder kulturellen
Bedeutung erhaltenswürdig sind oder kleinräumige Gebiete, die für den
Lebenshaushalt der Natur, das Kleinklima oder als Lebensraum bestimmter Tier-
und Pflanzenarten besondere Bedeutung haben (Kleinbiotope) oder in denen
seltene oder wissenschaftlich interessante Mineralien oder Fossilien vorkommen.
Der Schutz kann auch auf die zur Erhaltung des Naturgebildes notwendige oder
auf die sein Erscheinungsbild unmittelbar mitbestimmende Umgebung ausgedehnt
werden. Zum Naturdenkmal können auch Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen,
Bäume, Hecken, Alleen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume,
Felsbildungen udgl erklärt werden.
Die einzelnen landesgesetzlichen Definitionen von
Naturdenkmälern sind enthalten in § 27 des Burgenländischen Naturschutz-
und Landschaftspflegegesetzes (LGBl. Nr. 27/1991 idF LGBl.
Nr. 58/2004), § 28 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 (LGBl.
Nr. 79/2002 idF LGBl. 63/2005), in § 12 des Niederösterreichischen
Naturschutzgesetzes 2000 (LGBl. Nr. 5500-0 idF LGBl. 5500-4), in
§ 19 des Oberösterreichischen Natur- und
Landschaftsschutzgesetzes 1995 (LGBl. Nr. 37/1995 idF LGBl.
Nr. 61/2005), in § 6 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999
(LGBl. Nr. 73/1999 idF LGBl. Nr. 58/2005), in § 10 des
Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 LGBl. Nr. 65/1976 idF LGBl.
Nr. 84/2005), in § 27 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005
(LGBl. Nr. 26/2005), in § 28 des Vorarlberger Gesetzes über
Naturschutz und Landschaftsschutzentwicklung (LGBl. Nr. 22/1997 idF LGBl.
Nr. 38/2002) und in § 28 des Wiener Naturschutzgesetzes LGBl.
Nr. 45/1998 idF LGBl. Nr. 92/2001).
Wiederholten Anregungen im Begutachtungsverfahren
folgend, soll von dem in § 180 Abs. 2 Z 1 idgF normierten
Tatbestandsmerkmal der unmöglichen oder wirtschaftlich unvertretbaren
Beseitigung einer Verunreinigung Abstand genommen werden. Ein solches
Tatbestandsmerkmal ist auch durch die Europarats-Konvention nicht gefordert.
Zur Umsetzung des Kriteriums „substantial damage“
erscheint es vielmehr ausreichend, auf einen 50 000 Euro
übersteigenden Beseitigungsaufwand abzustellen.
Die abstrakte Gefährlichkeit (Z 1 bis 4) ist wie
bisher durch eine ex ante-Beurteilung eigens festzustellen.
Subjektive Tatseite
Für eine Strafbarkeit nach § 180 Abs. 1
gilt, dass alle Tatbildmerkmale, einschließlich der Verwaltungsrechtswidrigkeit
und der den Erfolg spezifizierenden Kriterien der Z 1 bis 4, vom Vorsatz
des Täters umfasst sein müssen.
Strafdrohung
Im Schrifttum wurde die Meinung vertreten, dass die
Streichung der alternativ angedrohten Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen für
vorsätzliche Verstöße gegen die Umwelt das Risiko der Unrentabilität erhöhen
solle. Ansonsten bestehe nämlich die Gefahr, dass finanzielle Einsparungen
mangels Umweltschutzes und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile derart hoch
sind, dass sich eine Geldstrafe geradezu lohnt, weil sie die auf diese Art
erzielten finanziellen Vorteile lange nicht aufzehre (vgl Triffterer Die Reform
des Umweltstrafrechts nach der RV 1996 in rechtsvergleichender Sicht, in:
BMJ [Hrsg] Entwicklungslinien im Straf- und Strafprozessrecht [Schriftenreihe
BMJ 82, 1996] 367).
Davon abgesehen soll § 180 mit dem Wegfall der
Geldstrafe an vergleichbare Bestimmungen des Strafgesetzbuches, die allesamt
keine alternativ angedrohte Geldstrafe vorsehen (vgl §§ 81, 84, 92, 94,
96, 98, 99, 104a, 107, 109, 128 Abs. 1, 132 Abs. 2 1. Fall,
usw), angepasst werden, zumal § 37 für diesen Bereich ohnehin Vorsorge
trifft.
Wird durch eine Umweltbeeinträchtigung vorsätzlich
eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen oder
für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt, so besteht eine
Strafbarkeit nach § 176; das korrespondierende Fahrlässigkeitsdelikt ist
§ 177. Nach hM besteht hier materielle Subsidiarität der §§ 180 ff.
Die konkrete geht also der abstrakten Gemeingefahr vor. Abs. 1 regelt somit
Fälle einer abstrakten Gefahr, bei konkreter tritt – im erwähnten Schutzbereich
- Strafbarkeit nach § 176 ein.
Absatz 2
§ 180 Abs. 2 idgF sieht – von Gewässern und
Boden abgesehen – für die laut Europarats-Konvention zu schützenden Rechtsgüter
wie zum Beispiel die körperliche Unversehrtheit, Tiere oder Pflanzen, unter
Denkmalschutz stehenden Gegenstände oder Naturdenkmäler nichts vor, wenn die
abstrakte Gefahr in einen konkreten Erfolg umschlägt. Außerdem wird die Luft
nicht geschützt, weil „der hier gewählte Maßstab der Beseitigung der
Verunreinigung oder Beeinträchtigung bei der Luft nicht in Betracht kommt“ (JAB
StRÄG 1987, 23). Sie wird lediglich durch § 180 Abs. 1 idgF
gegen bereits eingetretene Verunreinigungen und auch nur dann geschützt, wenn
dadurch Gefahren iSd § 180 Abs. 1 Z 1 oder 2 idgF entstehen
können.
Der Anwendungsbereich soll nun in mehrfacher Hinsicht
erweitert werden: Einerseits wird auch die Luft als geschütztes Rechtsgut
erfasst. Andererseits soll Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
drohen, wenn die Verunreinigung oder sonstige Beeinträchtigung eines Gewässers,
des Bodens oder der Luft zu einer Schädigung des Tier- oder Pflanzenbestandes
(Abs. 1 Z 2) in erheblichem Ausmaß führt. Dieselbe Strafe droht, wenn
die Verschmutzung eines der drei Umweltmedien eine lange Zeit andauernde
Verschlechterung bewirkt (Abs. 1 Z 3) oder durch die Verschlechterung
des Zustandes eines Umweltmediums ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein
Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden
Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro übersteigt
(Abs. 1 Z 4), herbeigeführt wird.
Wie bereits in den Erläuterungen zu Abs. 1
erwähnt, war bisher zusätzlich zur Nachhaltigkeit, Schwere und dem großen
Ausmaß der Beeinträchtigung erforderlich, dass die Beeinträchtigung lange Zeit
anhält und eine Beseitigung unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist oder
der erforderliche Beseitigungsaufwand 50 000 Euro übersteigt.
Die damit errichtete Strafbarkeitsschwelle des
Abs. 2 wurde in Lehre und Praxis mehrfach kritisiert, weil die Probleme
beim Nachweis der objektiven, kumulativ vorausgesetzten Kriterien und des
darauf bezogenen Vorsatzes des Täters die Anwendbarkeit des § 180
praktisch unmöglich machen (vgl die geringe Anzahl von Verurteilungen wegen
§ 180 [2000:13, 2001:4, 2002:2, 2003:7, 2004:2]). Entsprechend der Europarats-Konvention
soll auf die Strafbarkeitsschwelle des § 180 Abs. 2 idgF verzichtet
werden. Stattdessen soll es reichen, dass eines der Kriterien des
Abs. 1 Z 4 alternativ vorliegt.
Wie bereits eingangs ausgeführt, sind die
Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 1 lit. b der
Europarats-Konvention zwar verpflichtet, den Eintritt des Todes, einer schweren
Körperverletzung einer Person oder erheblicher Schäden an Sachen im Zuge einer
Umweltverschmutzung unter Strafe zu stellen; nach den Vorgaben der Europarats-Konvention
besteht aber keine Verpflichtung dahingehend, zumindest die in Art. 2
Abs. 1 lit. b genannten, vorsätzlich herbeigeführten Folgen für Leib,
Leben oder Gegenstände direkt im § 180 zu regeln.
Nach Ansicht der Lehre tritt § 180 nämlich in
echte Konkurrenz mit den Delikten gegen Leib oder Leben sowie mit denjenigen
bezüglich der Sachbeschädigung, wenn die abstrakte Gefahr in eine Schädigung
oder Verletzung umgeschlagen ist (vgl Triffterer, StGB-Komm § 180 Rn 50).
Nimmt ein Umweltverschmutzer somit den Tod oder eine Körperverletzung in seinen
Vorsatz auf, kommt auch eine Strafbarkeit nach den §§ 75 und 83 ff in
Betracht, vorausgesetzt allerdings, dass sowohl Vorsatz als auch Kausalität
nachgewiesen werden können.
Insbesondere im Bereich der §§ 125 f scheint
aber doch fraglich zu sein, ob das Verunreinigen oder sonstige Beeinträchtigen
von Gewässern, Boden oder Luft, wodurch ein Schaden an einer Sache entsteht, in
der Praxis tatbestandsmäßig iSd § 125 ist, zumal der Beweis einer vorsätzlichen
Sachbeschädigung als Folge einer Umweltverschmutzung nur schwer zu führen sein
wird (siehe auch Sabadello, Europäisches Umweltstrafrecht aus österreichischer
Sicht, 20).
Dass § 180 im Bereich der bisher durch die
§§ 75 ff und 125 f erfassten Folgen trotzdem um jene des vorgeschlagenen
Abs. 2 erweitert werden soll, hat folgende Gründe: Zum einen soll deren
Erfassung im siebenten Abschnitt des StGB deutlich machen, dass diese durch
Umweltverschmutzungen hervorgerufenen schwerwiegenden, oft irreparablen Folgen
eben höhere Strafdrohungen nach sich ziehen. Zum anderen wird damit jenem in
der Praxis viel kritisierten Problem des nicht nachzuweisenden
Kausalzusammenhanges von Umweltverschmutzungen im Bereich der
§§ 75 ff und 125 f begegnet.
Diesen Überlegungen zu Folge sieht der vorgeschlagene
Abs. 2 eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor, wenn
durch die im Abs. 1 beschriebene Tat ein Beseitigungsaufwand oder sonst
ein Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden
Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro übersteigt
(Abs. 1 Z 4) herbeigeführt wird. Strafrechtlich zuzurechnen ist – wie
beim schadensqualifizierten Betrug – nur der unmittelbare Vermögensschaden, der
aus einer Umweltbeeinträchtigung an einer fremden Sache oder einem unter
Denkmalschutz stehenden Gegenstand entstanden ist. Bloß mittelbar verursachte
(Folge-)Schäden wie Prozesskosten und Mahnspesen haben außer Betracht zu
bleiben.
Inhaltlich unverändert sollen die bisher im Wege der
Subsidiarität gegenüber § 176 zum Tragen kommenden Qualifizierungen für
besonders schwere Fälle lediglich im § 180 selbst ausdrücklich
festgeschrieben werden: Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3
genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. Hat sie
also den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzungen (§ 84
Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur Folge oder sind durch die Tat
viele Menschen in Not versetzt worden, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von
fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen; hat sie den Tod einer größeren Zahl
von Menschen nach sich gezogen, drohen Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig
Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe.
Obwohl der Text
der internationalen Vorgabe lediglich „eine schwere Körperverletzung einer
Person“ verlangt, bleibt es beim Verweis auf § 169 Abs. 3 („schwere
Körperverletzungen (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen“).
Dies deshalb, weil die Vorgabe hier zwar die Strafbarkeit schon bei (der
Gefahr) einer schweren Körperverletzung einer Person verlangt, diese aber in
Österreich ohnehin (wenn auch nach anderen Bestimmungen) gegeben ist und die
Europarats-Konvention hingegen keine bestimmte Strafdrohung vorschreibt; es ist
daher zulässig, die qualifizierte Strafdrohung erst bei einer größeren Zahl von
Menschen greifen zu lassen.
Subjektive Tatseite
Auf die im Abs. 2 angeführten besonderen Folgen
der Tat braucht sich der Vorsatz nicht zu erstrecken. Es handelt sich bei ihnen
um Erfolgsqualifikationen, für deren subjektive Zurechnung § 7 Abs. 2
gilt. Der Täter muss die Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt haben. In
der Regel wird lediglich die fahrlässige Herbeiführung der Folge in Betracht
kommen. Handelt der Täter nämlich mit dem Vorsatz, Menschen zu verletzen oder
zu töten oder Sachen zu beschädigen, hat er das entsprechende vorsätzliche
Tötungs- oder Körperverletzungsdelikt bzw die §§ 125 f zu verantworten
(vgl Leukauf/Steininger StGB³ § 169 Rz 25); allerdings in echter
Konkurrenz zu § 176 Abs. 1 (vgl Leukauf/Steininger StGB³ § 169
Rz 29).
Zu Artikel I Z 4 (§ 181 StGB):
Wie bereits zu
§ 177c ausgeführt, verpflicht der Art. 3 der Europarats-Konvention
die Mitgliedstaaten dazu, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die im
Art. 2 Abs. 1 erwähnten vorsätzlichen Handlungen auch dann als
Straftaten gelten, wenn sie fahrlässig oder zumindest grob fahrlässig begangen
werden.
Bereits jetzt ist
die fahrlässige Begehung von Tathandlungen, die unter § 180 Abs. 1
und Abs. 2 fallen, nach § 181 mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht.
Um der
internationalen Vorgabe gerecht zu werden, wird dem insoweit unverändert
übernommenen bisherigen § 181 (nunmehriger Abs. 1) ein zweiter
Absatz, der inhaltlich dem vorgeschlagenen § 180 Abs. 2 entspricht,
hinzugefügt.
So soll nach
Abs. 2 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen drohen, wenn durch die Tat der Tier- oder Pflanzenbestand in
erheblichem Ausmaß (§ 180 Abs. 1 Z 2) geschädigt, eine lange
Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder
der Luft (§ 180 Abs. 1 Z 3) bewirkt oder ein Beseitigungsaufwand
oder sonst ein Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz
stehenden Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro
übersteigt (§ 180 Abs. 1 Z 4), herbeigeführt wird. Bei Eintritt
einer der im § 170 Abs. 2 genannten Folgen sind die dort angedrohten
Strafen zu verhängen.
Bezüglich der
einzelnen Tatbildmerkmale des vorgeschlagenen § 181 Abs. 2 kann auf
die Ausführungen zu § 180, insbesondere jene zu Abs. 1 Z 4,
verwiesen werden. Neu ist auch hier vor allem die Modifizierung im Hinblick auf
Sachbeschädigung durch Umweltverschmutzungen.
Zu Artikel I Z 5 (§ 181b StGB):
Art. 2
Abs. 1 lit. c der Europarats-Konvention sieht vor, das rechtswidrige
Beseitigen, Behandeln, Lagern, Befördern, Ausführen oder Einführen von
gefährlichen Abfällen unter Strafe zu stellen, welches den Tod oder eine
schwere Körperverletzung einer Person oder erhebliche Schäden hinsichtlich der
Luft-, Boden- oder Wasserqualität sowie an Tieren oder Pflanzen verursacht oder
zu verursachen geeignet ist.
§ 181b idgF
stellt umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen für den Fall
unter Strafe, dass daraus die zumindest abstrakte Gefahr einer Umweltbeeinträchtigung
von gewissem Ausmaß entsteht. Die von § 181b geschützten Rechtsgüter sind
ausschließlich Gewässer, Boden und Luft. Abs. 1 idgF ist ein rein
abstraktes Gefährdungsdelikt, bei dem es nicht auf eine konkrete Gefährdung
eines Rechtsgutes ankommt, sondern die Gefährlichkeit der Handlung vermutet
wird. Dem gegenüber ist Abs. 2 ein schlichtes Tätigkeitsdelikt (EBRV
StRÄG 1996, 33 BlgNR XX. GP, 57).
Da
§ 181b hinsichtlich der Tathandlungen, der Schutzobjekte sowie des
Eintritts eines Erfolges der internationalen Vorgabe nicht zur Gänze gerecht
wird, soll er wie folgt angepasst werden:
§ 181b nennt
bis auf das Befördern von Abfällen alle in den beiden internationalen
Rechtsinstrumenten aufgezählten Tathandlungen. Da das Befördern von Abfällen
nicht zweifelsfrei unter die Auffangvariante des § 181b „sonst beseitigen“
subsumiert werden kann (vgl Leukauf/Steininger
StGB³ § 181b Rz 4), soll das Befördern von Abfällen nun explizit als
Tathandlung aufgenommen werden.
Davon abgesehen
wird § 181b insofern modifiziert, als die für eine praktische Anwendung zu
hohe Schwelle (bisher Verweis auf § 180 Abs. 1 bzw Erfordernis einer
schweren, nachhaltigen und in großem Ausmaß eintretenden Verunreinigung oder
sonstigen Beeinträchtigung eines Gewässers, des Bodens oder der Luft)
herabgesetzt wird. Abs. 1 und 2 werden in dem vorgeschlagenen Abs. 1
verschmolzen.
Bei jeder der
Handlungsvarianten des Abs. 1 muss hinzukommen, dass durch das Verhalten
des Täters entweder 1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für die
Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2.
eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß oder 3.
eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers oder
4. ein Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt, entstehen
kann. Diese abstrakte Gefährlichkeit ist durch eine ex ante-Betrachtung
festzustellen.
Hinsichtlich der
Z 1 bis 4 gilt das zu § 180 Ausgeführte entsprechend.
Der Vorsatz muss
sich auf alle Tatbestandsmerkmale beziehen, insbesondere auch auf jene
Umstände, die die Abfalleigenschaft begründen, sowie die abstrakte
Gefährlichkeit der Tathandlungen.
Absatz 2
Da § 181b
idgF keine Vorsorge für den Fall trifft, dass als Folge eines
umweltgefährdenden Behandelns von Abfällen ein konkreter Erfolg verwirklicht
wird, kann er somit insofern als hinter den Anforderungen der
Europarats-Konvention zurückbleibend angesehen werden (siehe Art. 2
Abs. 1 lit. b der Europarats-Konvention: „causes or is likely to
cause“), weshalb es angezeigt erscheint, diese Vorgabe in einem entsprechenden
Abs. 2 umzusetzen.
Demgemäß ist
vorsätzliches umweltgefährdendes Behandeln oder Verbringen von Abfällen mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wenn durch die Tat der Tier-
oder Pflanzenbestand (Abs. 1 Z 2) erheblich geschädigt oder eine
erhebliche Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft (Abs. 1 Z 3) bewirkt wird. Hat die Tat eine der im § 169
Abs. 3 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu
verhängen.
Zu Artikel I Z 6 (§ 181c StGB):
Gemäß § 181c
ist lediglich die fahrlässige Begehung von Tathandlungen, die unter § 181b
Abs. 1 fallen, mit Strafe bedroht. Ein Fahrlässigkeitsdelikt zu
§ 181b Abs. 2 fehlte bisher, was in der Lehre kritisiert wurde (vgl Triffterer, StGB-Komm § 181c Rn 2).
Um der
internationalen Vorgabe gerecht zu werden, wird der Schutzbereich des
§ 181c dahingehend erweitert, dass nach dem vorgeschlagenen Abs. 1
sämtliche Tathandlungen des § 181b fahrlässig begangen werden können.
Damit kann künftig auch jenen Fällen mit den Mitteln des Strafrechts begegnet
werden, in denen im Zusammenhang mit der Verbringung von Abfällen zwar kein
Vorsatz, aber ein zu unbekümmerter und leichtfertiger Umgang mit Abfällen
nachgewiesen werden kann.
Davon abgesehen
sollen mit dem neuen Abs. 2 mehrere Qualifikationen eingeführt werden.
Diese stellen darauf ab, dass die Tat eine erhebliche Schädigung des Tier- oder
Pflanzenbestandes (§ 181b Abs. 1 Z 2) oder eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft (§ 181b Abs. 1 Z 3) bewirkt. In diesem Fall ist der Täter
mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen zu bestrafen. Bei Eintritt der strafsatzerhöhenden Umstände des
§ 170 Abs. 2 kommen die dort genannten Strafdrohungen zur Anwendung.
Abs. 2 stimmt
bis auf die Strafdrohungen im Wesentlichen mit § 181 überein. Wie auch
dort, braucht sich der Vorsatz des Täters auf die in Abs. 2 angeführten
Folgen der Tat nicht zu erstrecken. Es genügt vielmehr gemäß § 7
Abs. 2 Fahrlässigkeit.
Zu Artikel I Z 7 (§ 181d StGB):
Gemäß Art. 2
Abs. 1 lit. d der Europarats-Konvention besteht die Verpflichtung,
das rechtswidrige Betreiben einer Anlage, in der eine gefährliche Tätigkeit
durchgeführt wird, welche den Tod oder eine schwere Körperverletzung einer
Person oder schwere Schäden an der Luft-, Boden- oder Wasserqualität sowie an
Tieren oder Pflanzen verursacht oder zu verursachen geeignet ist, unter Strafe
zu stellen. Aus dem Explanatory Report geht hiezu hervor, dass es nicht
ausreichen soll, wenn etwaige Gefahren oder Folgen innerhalb der Anlage
eintreten; dh strafbarkeitsbegründend sind nur Folgen die außerhalb einer
Anlage eintreten.
Diese Einschränkung
scheint auf den ersten Blick insofern sinnvoll zu sein, als man etwa
argumentieren kann, dass hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität
innerhalb eines Fabrikgeländes andere Maßstäbe anzulegen seien als außerhalb
eines Firmenareals (siehe etwa Sabadello,
Europäisches Umweltstrafrecht aus österreichischer Sicht, 21). Dem ist
entgegenzuhalten, dass die drei Umweltmedien Luft, Boden und Wasser auch auf –
zuweilen riesigen – Unternehmensgeländen schützenswert sind und eine klare
Abgrenzung zwischen innerhalb und außerhalb des Firmenareals eingetretenen
Beeinträchtigungen oftmals nicht möglich ist. Um nicht hinter bestehende
Standards zurückzufallen, wird daher vorgeschlagen, die geltende Regelung
beizubehalten.
Die
Europarats-Konvention macht es erforderlich, im StGB alle Anlagen zu erfassen,
in denen gefährliche Tätigkeiten durchgeführt werden. Was unter einer
gefährlichen Tätigkeit zu verstehen ist, hat der nationale Gesetzgeber zu
definieren. Nach den Erläuterungen zur Europarats-Konvention ist dabei
insbesondere auch an Anlagen im Bereich der Kernenergie und der Chemie zu
denken.
Auf Grund dieser
Vorgabe stellt § 181d nicht länger (nur) auf das Freisetzen von
Schadstoffen, sondern pauschal auf das Durchführen einer gefährlichen Tätigkeit
innerhalb einer Anlage ab. Gefährlich kann damit eine Tätigkeit sein, wenn es
zur Freisetzung solcher Schadstoffe kommen kann, die eine Gefahr für die in den
Z 1 bis 4 erwähnten Rechtsgüter darstellt. Beispielsweise wären die
Lagerung von oder das Hantieren mit gefährlichen Stoffen, chemischen oder
kontaminierten Substanzen sowie Tätigkeiten, die durch das Freisetzen von
Stoffen zu einer dauerhaften Erwärmung der Umgebung führen, zu nennen.
Das Tatbild des
vorgeschlagenen § 181d Abs. 1 erfüllt somit, wer durch das
verwaltungsrechtswidrige Betreiben einer Anlage, in der eine gefährliche
Tätigkeit durchgeführt wird, eine abstrakte Gefahr für das Leben oder einer
schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für
die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen,
für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß oder eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft oder einen 50 000 Euro übersteigenden Beseitigungsaufwand
erfordert, herbeiführt. Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen (Z 1 bis
Z 4) wäre wieder auf das zu § 180 Ausgeführte zu verweisen.
Zusätzliche
Voraussetzung ist, dass die Anlage auf eine Art und Weise betrieben wird, dass
gerade dadurch eine Gefahr für die in den Z 1 bis 4 beschriebenen
Rechtsgüter entstehen kann. Der Anlagenbegriff im Sinn dieser Vorschrift bleibt
grundsätzlich unverändert (vgl Triffterer, StGB-Komm § 181d Rn 5).
Der Vorsatz muss
sich auf sämtliche Tatbildmerkmale, insbesondere auch auf den Umstand beziehen,
dass in der Anlage eine gefährliche Tätigkeit durchgeführt wird und dass
dadurch eine Gefahr für die geschützten Rechtsgüter entstehen kann.
Hinsichtlich
Abs. 2 wird auf die Ausführungen zu den §§ 180 und 181b verwiesen.
Zu Artikel I Z 8 (§ 181e StGB):
Die Tatsache, dass
dem § 181d – im Gegensatz zu Deutschland (§ 327 Abs. 3 dStGB) –
kein korrespondierendes Fahrlässigkeitsdelikt zugeordnet worden ist, wurde in
der Vergangenheit im Schrifttum als problematisch erachtet (vgl etwa Triffterer, StGB-Komm § 181d Rn 2). Damit
fehle die Möglichkeit, selbst bei Nachweis eines äußerst leichtfertigen Umgangs
mit den geschützten Rechtsgütern die Betreiber von umweltgefährdenden Anlagen
zumindest wegen Fahrlässigkeit zur Verantwortung zu ziehen, auch wenn ihnen
kein Vorsatz nachgewiesen werden kann. Dies erscheine deshalb kriminalpolitisch
bedenklich, weil Anlagen im Sinn des § 181d stets Schadstoffe freisetzen
und daher schon deshalb für die Umwelt gefährlich sind (Triffterer,
Die Reform des Umweltstrafrechts nach der RV 1996 in rechtsvergleichender
Sicht, in: BMJ [Hrsg] Entwicklungslinien im Straf- und Strafprozessrecht
[Schriftenreihe BMJ 82, 1996] 359 ff).
Nunmehr ist
Österreich durch Art. 3 der Europarats-Konvention verpflichtet, ua auch für
Art. 2 Abs. 1 lit. d der Europarats-Konvention bzw für
§ 181d eine entsprechende Fahrlässigkeitsvariante zu schaffen. Zudem
verlangt Art. 4 lit. d der Konvention, das schlichte rechtswidrige
Betreiben einer Fabrik („unlawful operation of a plant“) unter Strafe zu
stellen.
Eine alleinige
verwaltungsbehördliche Ahndung würde für die Europarats-Konvention deshalb
nicht genügen, weil Art. 3 Abs. 3 der Europarats-Konvention eine
gänzliche Vorbehaltsmöglichkeit nur hinsichtlich Art. 2 Abs. 1
lit. a ii („creates a significant risk of
causing death or serious injury to any person“) und Art. 2
Abs. 2 lit. b („insofar as the offence relates to
protected monuments, to other protected objects or to property“)
vorsieht und Art. 3 Abs. 2 der Konvention in den übrigen Fällen eine
Einschränkung nur insofern ermöglicht, als auf grobe Fahrlässigkeit abgestellt
werden könnte.
Sobald es sich um
eine Anlage handelt in der eine gefährliche Tätigkeit durchgeführt wird und das
rechtswidrige Betreiben den Tod oder eine schwere Körperverletzung einer Person
oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität
sowie an Tieren oder Pflanzen verursacht oder zu verursachen geeignet ist,
besteht also nach der Europarats-Konvention bei grober Fahrlässigkeit keine Wahlmöglichkeit
zwischen gerichtlichem und Verwaltungsstrafrecht.
Im
gegenständlichen Entwurf wurde – Bedenken aus der Wirtschaft folgend – eine
Einschränkung des Deliktes auf „grob fahrlässiges“ Verhalten vorgenommen. Die
rechtliche Einstufung als „grobe“ Fahrlässigkeit setzt eine die Deliktsmerkmale
übergreifende Gesamtwertung voraus. Dabei ist eine Abwägung aller unrechts- und
schuldrelevanten konkreten Tatumstände erforderlich. Für die Unterscheidung
zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit sind der in der Tat verwirklichte
Handlungs- und Gesinnungsunwert, aber auch der Erfolgsunwert maßgeblich (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 159 Rz 27ff).
Ähnlich wie bei § 159 ist grobe Fahrlässigkeit iS des § 181d jene
Fahrlässigkeit, die unter Anlegung eines dem Umweltschutz dienenden strengen
Maßstabes über die leichte und die durchschnittliche Fahrlässigkeit hinausreicht.
Handlungs- und Gesinnungsunwert müssen insgesamt ein auffallendes und
ungewöhnliches Ausmaß erreichen.
In den über
Art. 2 Abs. 2 lit. d hinausgehenden Fällen des Art. 4 lit. d der
Europarats-Konvention („the unlawful operation of a plant“) reicht hingegen
eine Ahndung im Verwaltungsstrafrecht.
Nach dem
vorgeschlagenen Abs. 1 ist somit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten
oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer fahrlässig
entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag die im
§ 181d Abs. 1 mit Strafe bedrohte Handlung begeht.
Abs. 2
enthält – wie der vorgeschlagene § 177c – insgesamt vier Qualifikationen. So
soll sich die Strafdrohung auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder auf
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen erhöhen, wenn durch die Tat der Tier- oder
Pflanzenbestand erheblich geschädigt oder eine lange Zeit andauernde
Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder
ein 50 000 Euro übersteigender Beseitigungsaufwand bewirkt wird. Hat
die Tat eine der im § 170 Abs. 2 genannten Folgen, so sind die dort
angedrohten Strafen zu verhängen. Hat die Tat den Tod eines Menschen oder schwere
Körperverletzungen (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur
Folge oder sind durch die Tat viele Menschen in Not versetzt worden, so ist der
Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, hat sie aber den Tod einer
größeren Zahl von Menschen nach sich gezogen, mit Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen (vgl § 170 Abs. 2).
Zu Artikel I Z 9 (§ 182 Abs. 2
StGB):
Die Verwirklichung
des Tatbildes von § 182 Abs. 2 hängt bisher – in Anlehnung an
§ 180 Abs. 1 Z 2 – davon ab, dass eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet herbeigeführt wird. Dieses Kriterium
des „größeren Gebietes“ wurde in der Literatur (vgl Triffterer,
StGB-Komm § 182 RN 11) zum Teil kritisiert. Zuletzt regte auch das
Amt der Tiroler Landesregierung mit Schreiben vom 28. Juni 2004 eine
entsprechende Modifikation an.
Im vorgeschlagenen
§ 182 Abs. 2 wird das Tatbestandsmerkmal „in einem größeren Gebiet“
gestrichen. Stattdessen soll es darauf ankommen, eine Gefahr für den Tier- und
Pflanzenbestand „in erheblichem Ausmaß“ herbeizuführen. Diesbezüglich wird auf
die Ausführungen zu § 180 verwiesen.
Zu Artikel II (Änderung des § 9 Abs. 1
Z 1 StPO)
Die Aufnahme der
Tatbestände des fahrlässigen unerlaubten Umgangs mit Kernmaterial oder radioaktiven
Stoffen (§ 177c StGB) und des grob fahrlässigen umweltgefährdenden
Betreibens von Anlagen (§ 181e StGB) in den Deliktskatalog des § 9
Abs. 1 Z 1 soll - wie die der Tatbestände der fahrlässigen
Beeinträchtigung der Umwelt (§ 181 StGB) und des umweltgefährdenden
Beseitigens von Abfällen (§ 181c StGB) - deshalb erfolgen, weil die
Verfahren nach den §§ 177c und 181e StGB in aller Regel eine Komplexität
aufweisen, für die das bezirksgerichtliche Verfahren wenig geeignet erscheint.
Textgegenüberstellung
Geltende
Fassung |
Vorgeschlagene
Fassung |
Artikel I |
|
Änderungen
des Strafgesetzbuches |
|
Unerlaubter
Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen |
Unerlaubter
Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen |
§ 177b. (1)Wer entgegen einer Rechtsvorschrift
oder einem behördlichen Auftrag 1. Kernmaterial oder 2. radioaktive Stoffe, die nach Art,
Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, durch ionisierende Strahlen den Tod
oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen herbeizuführen,
aufbewahrt, befördert, bearbeitet, verarbeitet oder sonst verwendet, in das
Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. |
§ 177b. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift
oder einem behördlichen Auftrag Kernmaterial herstellt, bearbeitet, verarbeitet
oder sonst verwendet, aufbewahrt, befördert, in das Inland einführt, aus dem
Inland ausführt oder durch das Inland durchführt, ist mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren zu bestrafen. |
|
(2) Ebenso ist zu
bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen
Auftrag radioaktive Stoffe so herstellt, bearbeitet, verarbeitet oder sonst
verwendet, aufbewahrt, befördert, in das Inland einführt, aus dem Inland
ausführt oder durch das Inland durchführt, dass dadurch 1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für die Gesundheit
oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß, 3. eine lange Zeit andauernde Verschlechterung
des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder 4. ein Beseitigungsaufwand, der
50 000 Euro übersteigt, entstehen
kann. |
(2) Wer durch die
Tat die Gefahr herbeiführt, daß Kernmaterial oder die im Abs. 1
erwähnten Stoffe der Herstellung oder Verarbeitung von zur Massenvernichtung
geeigneten atomaren Kampfmitteln zugänglich werden, ist mit Freiheitsstrafe
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen |
(3) Wer entgegen
einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag Kernmaterial oder
radioaktive Stoffe herstellt, bearbeitet, verarbeitet oder sonst verwendet,
aufbewahrt, befördert, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder
durch das Inland durchführt und dadurch die Gefahr herbeiführt, dass
Kernmaterial oder radioaktive Stoffe der Herstellung oder Verarbeitung von
zur Massenvernichtung geeigneten atomaren Kampfmitteln zugänglich werden, ist
mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. |
(3) Wird durch eine
der im Abs. 1 erwähnten Handlungen die im § 171 Abs. 1
genannte Gefahr herbeigeführt, so ist die dort angedrohte Strafe zu
verhängen. Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3 genannten Folgen,
so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. |
(4) Wird durch eine
der im Abs. 1 oder Abs. 2 erwähnten Handlungen die im
§ 171 Abs. 1 genannte Gefahr herbeigeführt, der Tier- oder
Pflanzenbestand erheblich geschädigt oder eine lange Zeit andauernde
Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft
bewirkt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu
bestrafen. Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3 genannten
Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. |
(4) Der Begriff
Kernmaterial bezeichnet Ausgangsmaterial und besonderes spaltbares Material
sowie Ausrüstung, Technologie und Material, die dem Sicherheitskontrollsystem
nach dem Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992,
unterliegen. |
(5) Der Begriff
Kernmaterial bezeichnet Ausgangsmaterial und besonderes spaltbares Material
sowie Ausrüstung, Technologie und Material, die dem Sicherheitskontrollsystem
nach dem Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992,
unterliegen. Der Begriff radioaktive Stoffe bezeichnet Stoffe, die ein oder
mehrere Radionuklide enthalten, sofern deren Aktivität oder Konzentration
nach dem Stand der Technik im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz nicht außer
Acht gelassen werden kann; Gegenstände, die radioaktive Stoffe enthalten oder
an deren Oberfläche sich solche Stoffe befinden, stehen radioaktiven Stoffen
gleich. |
|
Fahrlässiger
unerlaubter Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen |
|
§ 177c. (1) Wer fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 177b
Abs. 1, 2 oder 3 mit Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen
zu bestrafen. |
|
(2) Wird durch die
Tat die im § 171 Abs. 1 genannte Gefahr herbeigeführt, der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich
geschädigt oder eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands
eines Gewässers, des Bodens oder der Luft bewirkt, so ist der Täter mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen
zu bestrafen. Hat die Tat eine der im § 170 Abs. 2 genannten
Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. |
Vorsätzliche
Beeinträchtigung der Umwelt |
Vorsätzliche
Beeinträchtigung der Umwelt |
§ 180. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift
oder einem behördlichen Auftrag ein Gewässer so verunreinigt oder sonst beeinträchtigt
oder den Boden oder die Luft so verunreinigt, dass dadurch 1. eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89)
einer größeren Zahl von Menschen oder 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet entstehen
kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu
360 Tagessätzen zu bestrafen. |
§ 180. Wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder
einem behördlichen Auftrag ein Gewässer, den Boden oder die Luft so verunreinigt
oder sonst beeinträchtigt, dass dadurch 1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für die Gesundheit
oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß, 3. eine lange Zeit andauernde Verschlechterung
des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder 4. ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein
Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden
Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro übersteigt, entstehen
kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. |
(2) Ebenso ist zu
bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen
Auftrag nachhaltig, schwer und in großem Ausmaß ein Gewässer verunreinigt
oder sonst beeinträchtigt oder den Boden verunreinigt und dadurch bewirkt,
daß entweder 1. die Verunreinigung oder Beeinträchtigung für
immer oder für lange Zeit anhält, sofern die Beseitigung der Verunreinigung
oder Beeinträchtigung unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist oder 2. der zur Beseitigung der Verunreinigung oder
Beeinträchtigung erforderliche Aufwand 40 000 Euro übersteigt. |
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft bewirkt oder ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein Schaden an einer
fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden Gegenstand oder an
einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro übersteigt, herbeigeführt, so
ist der Täter mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu
bestrafen. Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3 genannten Folgen,
so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. |
Fahrlässige
Beeinträchtigung der Umwelt |
Fahrlässige
Beeinträchtigung der Umwelt |
§ 181. Wer fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 180 mit
Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
§ 181. (1) Wer fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 180 mit
Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
|
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft bewirkt oder ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein Schaden an einer
fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden Gegenstand oder an
einem Naturdenkmal, der 50 000 Euro übersteigt, herbeigeführt, so
ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis
zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat eine der im § 170
Abs. 2 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu
verhängen. |
Vorsätzliches
umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen |
Vorsätzliches
umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen |
§ 181b. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift
oder einem behördlichen Auftrag Abfälle so behandelt, lagert oder ablagert,
abläßt oder sonst beseitigt, daß dadurch die Gefahr einer Verunreinigung oder
Beeinträchtigung nach Art und Umfang des § 180 Abs. 1 oder einer
schweren, nachhaltigen und in großem Ausmaß eintretenden Verunreinigung oder
sonstigen Beeinträchtigung eines Gewässers, des Bodens oder der Luft
entstehen kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
§ 181b. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift
oder einem behördlichen Auftrag Abfälle so behandelt, lagert oder ablagert,
ablässt oder sonst beseitigt, befördert, in das Inland einführt, aus dem
Inland ausführt oder durch das Inland durchführt, dass dadurch 1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für die Gesundheit
oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß, 3. eine lange Zeit andauernde Verschlechterung
des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder 4. ein Beseitigungsaufwand, der
50 000 Euro übersteigt, entstehen
kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu
360 Tagessätzen zu bestrafen. |
(2) Ebenso ist zu
bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen
Auftrag Abfälle, deren ordnungsgemäße Behandlung auf Grund ihrer Art,
Beschaffenheit oder Menge zur Vermeidung einer der im Abs. 1
bezeichneten Gefahren erforderlich ist, in das Inland einführt, aus dem
Inland ausführt oder durch das Inland durchführt. |
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft oder einen Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt,
bewirkt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu
bestrafen. Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3 genannten Folgen,
so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen. |
Fahrlässiges
umweltgefährdendes Behandeln von Abfällen |
Fahrlässiges
umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen |
§ 181c. (1) Wer fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 181b
Abs. 1 mit Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe
bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
§ 181c. (1) Wer fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 181b mit
Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
|
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft oder ein Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt,
bewirkt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat eine der im
§ 170 Abs. 2 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen
zu verhängen. |
Vorsätzliches
umweltgefährdendes Betreiben von Anlagen |
Vorsätzliches
umweltgefährdendes Betreiben von Anlagen |
§ 181d. Wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder
einem behördlichen Auftrag eine Anlage, die Schadstoffe freisetzt, so betreibt,
dass dadurch die Gefahr einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung nach Art
und Umfang des § 180 Abs. 1 oder einer schweren, nachhaltigen und
in großem Ausmaß eintretenden Verunreinigung oder sonstigen Beeinträchtigung eines
Gewässers, des Bodens oder der Luft entstehen kann, ist mit Freiheitsstrafe
bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
§ 181d. (1) Wer entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine Anlage, in der eine
gefährliche Tätigkeit durchgeführt wird, so betreibt, dass dadurch 1. eine Gefahr für das Leben oder einer schweren
Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen oder sonst für die Gesundheit
oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen, 2. eine Gefahr für den Tier- oder
Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß, 3. eine lange Zeit andauernde Verschlechterung
des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder 4. ein Beseitigungsaufwand, der
50 000 Euro übersteigt, entstehen
kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu
360 Tagessätzen zu bestrafen. |
|
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft oder ein Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt,
bewirkt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat eine der im
§ 169 Abs. 3 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen
zu verhängen. |
|
Grob
fahrlässiges umweltgefährdendes Betreiben von Anlagen |
|
§ 181e. (1) Wer grob fahrlässig entgegen einer
Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag die im § 181d
Abs. 1 mit Strafe bedrohte Handlung begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis
zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. |
|
(2) Wird durch die
Tat der Tier- oder Pflanzenbestand erheblich geschädigt, eine lange Zeit
andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der
Luft oder ein Beseitigungsaufwand, der 50 000 Euro übersteigt,
bewirkt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat eine der im
§ 170 Abs. 2 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten
Strafen zu verhängen. |
Andere
Gefährdungen des Tier- oder Pflanzenbestandes |
Andere
Gefährdungen des Tier- oder Pflanzenbestandes |
§ 182. (1)
... |
§ 182. (1)
... |
(2) Ebenso ist zu
bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen
Auftrag auf andere als die im § 180 bezeichnete Weise eine Gefahr für
den Tier- oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet herbeiführt. |
(2) Ebenso ist zu
bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen
Auftrag auf andere als die im § 180 bezeichnete Weise eine erhebliche
Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand herbeiführt. |
Artikel II |
|
Änderungen
der Strafprozessordnung 1975 |
|
I.
Bezirksgerichte |
I.
Bezirksgerichte |
§ 9. (1) Den Bezirksgerichten obliegt: |
§ 9. (1) Den Bezirksgerichten obliegt: |
1. das Strafverfahren wegen aller Vergehen, für
die nur Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß
ein Jahr nicht übersteigt, mit Ausnahme der Vergehen der Nötigung (§ 105
StGB), der gefährlichen Drohung (§ 107 StGB), der grob fahrlässigen
Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB), der fahrlässigen
Beeinträchtigung der Umwelt (§ 181 StGB), des fahrlässigen umweltgefährdeten
Behandelns von Abfällen (§ 181c StGB) und der pornographischen
Darstellungen Minderjähriger (§ 207a Abs. 3 StGB) sowie mit
Ausnahme der den Geschworenengerichten zur Aburteilung zugewiesenen Vergehen. |
1. das Strafverfahren wegen aller Vergehen, für
die nur Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß
ein Jahr nicht übersteigt, mit Ausnahme der Vergehen der Nötigung (§ 105
StGB), der gefährlichen Drohung (§ 107 StGB), der grob fahrlässigen
Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB), des fahrlässigen
unerlaubten Umgangs mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen (§ 177c
StGB), der fahrlässigen Beeinträchtigung der Umwelt (§ 181 StGB), des
fahrlässigen umweltgefährdeten Behandelns von Abfällen (§ 181c StGB), des
grob fahrlässigen umweltgefährdenden Betreibens von Anlagen (§ 181e
StGB) und der pornographischen Darstellungen Minderjähriger (§ 207a
Abs. 3 StGB) sowie mit Ausnahme der den Geschworenengerichten zur
Aburteilung zugewiesenen Vergehen. |
2. ... |
2. ... |
(2) ... |
(2) ... |