1339 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (1272 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen

Im Rahmen des Aufbaus eines europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Republik Österreich mit Staaten Mittel- und Osteuropas eine Sicherheitspartnerschaft eingegangen, die in der Region auch nach der Erweiterung der Europäischen Union durch den erfolgten Beitritt dieser Staaten einen hohen Sicherheitsstandard gewährleisten soll. Teil dieser Strategie ist der Abschluss von bilateralen Übereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit. Aus österreichischer Sicht bestehen die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik in der Handhabung des österreichischen Polizeikooperationsgesetzes und des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen sowie bei der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr vom 21. Juni 1988 (BGBl. Nr. 212/1990; die weitere Anwendung ab dem Tag der Staatennachfolge der Tschechischen Republik in das betreffende Gebiet der ehemaligen CSFR wurde lt. Kundmachung BGBl. III Nr. 123/1997 einvernehmlich festgestellt). Durch den vorliegenden Vertrag wird die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarstaaten wesentlich erweitert und vertieft.

 

Im Konkreten sieht der Vertrag folgendes vor:

Erweiterung, Verstärkung und Vertiefung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit der beiden Nachbarstaaten; Verbesserung der Abstimmung der polizeilichen Strategien sowie einzelner Ermittlungsschritte bei grenzüberschreitender Bedeutung; Beschleunigung und Vereinfachung des Informationsaustausches; Ermöglichung grenzüberschreitender Amtshandlungen zur Verfolgung eigener polizeilicher Interessen oder zur Unterstützung des Nachbarstaates.

Der Vertrag sieht eine teilweise Annahme von Kooperationsmechanismen aus dem Schengener Regelungswerk vor, nämlich grenzüberschreitende Observation und Nacheile (unabhängig von der Abschaffung der Grenzkontrollen) sowie die vertiefte Verpflichtung zur polizeilichen Amtshilfe.

Er enthält auch bestimmte neuere Regelungsmechanismen. Dazu zählen eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den Grenzgebieten, verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr sowie einzelne neue Ermächtigungen für grenzüberschreitendes polizeiliches Einschreiten, wie gemischte Streifen und verdeckte Ermittlungen.

Der vorliegende Vertrag ist mit EU-Recht bzw. den verbindlichen Rechtshandlungsformen der Dritten Säule vereinbar. Die Bestimmungen des Titel VI EU-V stehen dem Abschluss bilateraler Verträge über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten nicht entgegen. Der vorliegende Vertrag ist kompatibel mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ).

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen ist gesetzändernd und gesetzesergänzend. Er bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, weshalb die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt werden.

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung stützt sich hinsichtlich der sicherheitspolizeilichen Aspekte des Vertrages, der Gefahrenabwehr, des vorbeugenden Rechtsgutschutzes, der Fahndung und der ersten allgemeinen Hilfeleistung auf Art.10 Abs.1 Z 7 B-VG (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit), hinsichtlich der Strafverfolgungsbereiche auf Art. 10 Abs.1 Z 6 B-VG (Strafrechtswesen). Die Haftungsbestimmungen des Vertrages unterfallen dem Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen). Die Regelungen über den fremdenpolizeilichen Informationsaustausch sind Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG (Fremdenpolizei), über die verkehrspolizeiliche Zusammenarbeit Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG (Straßenpolizei) und über den Einsatz von Luftfahrzeugen Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Verkehrswesen bezüglich der Luftfahrt) zuzurechnen.

 

Eine finanzielle Mehrbelastung für die Republik Österreich ist mit der Durchführung des Vertrages nicht verbunden.

 

Der Staatsvertrag ist in deutscher und tschechischer Sprache abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner am 22. und 28. Februar 2006 durchgeführten Sitzung in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Anton Gaál, Günter Kößl, Markus Fauland, Ing. Norbert Kapeller, Mag. Terezija Stoisits sowie die Bundesministerin für Inneres Liese Prokop und der Ausschussobmann Abgeordneter Rudolf Parnigoni.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten vertritt weiters mit Stimmenmehrheit die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1272 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2006 02 28

Jochen Pack Rudolf Parnigoni

       Berichterstatter                  Obmann