1380 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Verkehrsausschusses
über die Regierungsvorlage (1281 der Beilagen): Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17. Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Juni 2001
Mit der Revision
des EPÜ sollen
1) die Bestimmungen des EPÜ an die aktuellen
internationalen Entwicklungen (TRIPs-Abkommen, WIPO-Patentrechtsübereinkommen,
Rechtsvorschriften der EU) angepasst werden, wobei auch den Wünschen der
europäischen Wirtschaft Rechnung getragen wird und Vereinfachungen des
europäischen Patenterteilungsverfahrens ermöglicht werden,
2) einige Bestimmungen des EPÜ in dessen
Ausführungsordnung überführt und dem Verwaltungsrat der Europäischen
Patentorganisation mehr Kompetenzen zur Änderung des EPÜ eingeräumt werden, um
eine künftige Anpassung der einschlägigen Rechtsvorschriften an die
internationalen Entwicklungen zu erleichtern und
3) überholte Regelungen des EPÜ, insbesondere
gegenstandslos gewordene Übergangsbestimmungen, aufgehoben bzw. aktualisiert
werden.
Die Revisionsakte
ist das Ergebnis einer Diplomatische Konferenz der Mitgliedstaaten der
Europäischen Patentorganisation zur Revision des Europäischen
Patentübereinkommens (EPÜ; BGBl. Nr. 350/1979, zuletzt geändert durch
BGBl. III Nr. 63/1999), die von 20. bis 29. November 2000 in München
stattfand. Das EPÜ, dem Österreich bereits seit 1979 angehört, bildet die
Rechtsgrundlage der Europäischen Patentorganisation und ihres Exekutivorgans,
des Europäischen Patentamts (EPA).
Im Mittelpunkt der
Revisionskonferenz stand eine weitreichende Reform des europäischen Patentsystems,
die später als weitere Elemente die Senkung der Patentierungskosten, den Aufbau
eines europäischen Gerichtssystems und, auf Ebene der EU-Staaten, die
Einführung des Gemeinschaftspatents zum Ziel haben soll.
Der zentrale
Aspekt der Revision liegt in der flexiblen Anpassung des EPÜ an die rechtlichen
Rahmenbedingungen eines politisch wie wirtschaftlich integrierten Europa vor
dem Hintergrund des wachsenden Welthandels und des zunehmenden technologischen
Wettbewerbs, u.a. durch die Anpassung an internationale Patentverträge wie das
TRIPs-Abkommen (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights; Abkommen
über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, BGBl.
Nr. 1/1995) und das WIPO-Patentrechtsübereinkommen 2000 (Patent Law Treaty
– PLT; von Österreich unterzeichnet am 2. Juni 2000) sowie an
Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft.
Art. 1 der
Revisionsakte enthält Änderungen des EPÜ, die dieses in seiner ganzen Breite
erfassen: die institutionellen Vorschriften, das materielle Patentrecht, die
Verfahren vor dem Europäischen Patentamt einschließlich seiner
Beschwerdekammern und die Phase nach der Erteilung des europäischen Patents.
Auf
institutioneller Ebene hat die Konferenz eine stärkere Einbettung der
Europäischen Patentorganisation in die politische Verantwortung der
Mitgliedstaaten befürwortet und entschieden, die Institutionalisierung einer
regelmäßigen Ministerkonferenz im Übereinkommen zu verankern. Ferner hat die
Konferenz entschieden, dem Verwaltungsrat weitere Kompetenzen einzuräumen, und
zwar zur Anpassung des EPÜ an internationale Verträge und Rechtsvorschriften
der Europäischen Gemeinschaft.
Durch die
Änderungen des materiellen Patentrechts soll vor allem sichergestellt werden,
dass die Europäische Patentorganisation, nicht zuletzt im Hinblick auf ihre
Erweiterung auf nunmehr 28 Mitgliedstaaten, auch auf künftige Herausforderungen
flexibel reagieren kann. Darüber hinaus wurden Anregungen der Benutzer,
Vorschläge aus dem Kreis der Vertragsstaaten und eigene Bedürfnisse des EPA
aufgegriffen und, wo dies notwendig oder zweckmäßig erschien, durch Änderung
des Übereinkommens umgesetzt. Bestimmend war das Gesamtinteresse an einer
zügigen, effizienten und transparenten Durchführung aller Verfahren vor dem
EPA, ohne die bisherigen Qualitätsstandards zu gefährden. So wurden
Bestimmungen über verfahrenstechnische Einzelheiten (Formerfordernisse,
Fristen, Gebühren) aus dem Übereinkommen in die Ausführungsordnung überführt,
um das europäische Patentrecht auch in Zukunft rasch und wirksam an neue
Erfordernisse anpassen zu können. Weiters wurde ein zentrales
Beschränkungsverfahren vor dem EPA eingeführt und die Rechtsbehelfe der
Verfahrensbeteiligten verbessert und erweitert.
Auch der
internationalen Rechtsentwicklung wurde durch Anpassungen des EPÜ in Bezug auf
das TRIPs-Abkommen, das künftige Gemeinschaftspatent und die Bestimmungen des
WIPO-Patentrechtsübereinkommens (z. B. im Hinblick auf die Erfordernisse
für einen Anmeldetag, die elektronische Einreichung von Anmeldungen oder die
Wiedereinsetzung in die Prioritätsfrist) Rechnung getragen.
Mit Art. 1
Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 70 der Revisionsakte werden Bestimmungen des EPÜ
geändert bzw. aufgehoben, die in Österreich seit der Ratifikation des EPÜ im
Jahr 1979 in Verfassungsrang stehen (Art. 16 bis 18, Art. 21 und 22,
Art. 33, Art. 134 Abs. 8 EPÜ); Art. 1 Nr. 4, 5, 6, 7,
8, 10 und 70 der Revisionsakte sind daher verfassungsändernd. Die mit diesen
neu gefassten oder eingefügten Bestimmungen sind im Hinblick auf den seit 1981
bestehenden Art. 9 Abs. 2 B-VG nicht verfassungsändernd.
Neben der Revision
des EPÜ betrifft die Revisionsakte in ihrem Art. 2 auch Änderungen des
Protokolls zur Auslegung des Art. 69 EPÜ und des Protokolls über die
Zentralisierung des europäischen Patentsystems und seine Einführung
(Zentralisierungsprotokoll) sowie die Einführung eines Protokolls über den
Personalbestand des Europäischen Patentamts in Den Haag
(Personalstandsprotokoll).
Der Verwaltungsrat
der Europäischen Patentorganisation wurde mit Art. 3 der Revisionsakte
ermächtigt, auf Vorschlag des Präsidenten des Europäischen Patentamts eine
Neufassung des Europäischen Patentübereinkommens zu erstellen. Mit der
Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat vom 28. Juni 2001 wurde die
Neufassung des Übereinkommens Bestandteil der Revisionsakte.
Mit Art. 7
Abs. 1 der Revisionsakte wurde der Verwaltungsrat ebenfalls ermächtigt,
bis 30. Juni 2001 Übergangsbestimmungen zu beschließen, die den
Anwendungsbereich der im Beschluss genannten revidierten Vorschriften des EPÜ
auf europäische Patentanmeldungen und Patente erstrecken, die bei Inkrafttreten
der revidierten Fassung bereits anhängig bzw. erteilt sind. Der entsprechende
Beschluss des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 wurde gemäß Art. 7
Abs. 2 Bestandteil der Revisionsakte.
Die Revisionsakte
hat keine weiteren finanziellen Auswirkungen. Die Haushalte der Länder und
Gemeinden werden somit durch die im Entwurf vorgesehenen Regelungen nicht
belastet.
Die revidierte
Fassung des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) tritt zwei Jahre nach
Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde von fünfzehn
Vertragsstaaten oder am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der
Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch den Vertragsstaat in Kraft, der diese
Förmlichkeit als letzter aller Vertragsstaaten der europäischen
Patentorganisation (EPO) vornimmt, wenn dieser Zeitpunkt der frühere ist, in
Kraft.
Die Ratifikation
der Revisionsakte durch Österreich ist im Hinblick auf den bestehenden
(verfassungsändernden) Art. 172 Abs. 4 EPÜ geboten, wonach Staaten,
die die revidierte Fassung des Übereinkommens im Zeitpunkt ihres
In-Kraft-Tretens nicht ratifiziert haben, von diesem Zeitpunkt an dem
Übereinkommen nicht mehr angehören. Bisher haben 14 Staaten die Revisionsakte
ratifiziert oder sind ihr beigetreten; die Hinterlegung der Beitrittsurkunde
durch Malta wird für Herbst 2005 erwartet. Gemäß Art. 8 der Revisionsakte
tritt die revidierte Fassung des EPÜ zwei Jahre nach Hinterlegung der 15.
Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft; die Revisionsakte wird somit
voraussichtlich im Herbst 2007 in Kraft treten.
Die Revisionsakte
wurde am 29. November 2000 von Österreich unterzeichnet.
Die Akte zur
Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches
Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17.
Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni
2001 hat gesetzesändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher
gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.
Art. 1 Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 70 der Revisionsakte sind
verfassungsändernd, jedoch nicht die mit diesen neu gefassten oder eingefügten
Bestimmungen. Die Revisionsakte hat keinen politischen Charakter und ist der
unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass
eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht
erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50
Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten
des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden.
Die Revisionsakte
ist in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefasst, wobei jeder
Text gleichermaßen authentisch ist.
Der
Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 23. März 2006 in
Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die
Ausführungen der Berichterstatterin die Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer
und Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler.
Bei der Abstimmung
wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses
dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der
Verkehrsausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die
Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im
innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine
Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur
Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als
Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner
gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17. Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 (1281 der Beilagen) – dessen Art. 1 Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 70 der Revisionsakte verfassungsändernd sind – wird genehmigt.
Wien, 2006 03 23
Dipl.-Ing. Elke Achleitner Kurt Eder
Berichterstatterin Obmann