1381 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über
die Regierungsvorlage (1299 der Beilagen): Bundesgesetz über
Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz - PatVG)
Mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf soll dieses Rechtsgebiet eindeutig und transparent
geregelt werden. Es soll klargestellt werden, in welcher Form und mit welchem
Inhalt eine verbindliche Patientenverfügung errichtet werden kann und welche
Rechtswirkungen ihr und anderen Erklärungen des Patienten zukommen. Die
vorgeschlagenen Regelungen sollen einerseits dem Patienten zugute kommen und
ihm eindeutige Vorgaben für derartige Erklärungen bieten. Andererseits soll
auch für den behandelnden Arzt und andere an der Behandlung Beteiligte klar und
leicht erkennbar sein, welche Folgen eine Patientenverfügung für sie hat. Der
Entwurf berührt nicht die strafrechtlichen Verbote der Mitwirkung am Selbstmord
und der Tötung auf Verlangen. Die so genannte „aktive Sterbehilfe“ bleibt
weiterhin verboten. Ein in Form einer Patientenverfügung geäußerter Wunsch nach
„aktiver Sterbehilfe“ ist auch künftig nicht beachtlich.
Der
Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am
23. März 2006 in Verhandlung genommen. Bei der Sitzung wurden Dr. Alfred
Zupancic, Mag. Franz Mauthner, Mag. Hildegard Teuschl CS, Univ. Prof. DDr.
Christian Kopetzki, Dr. Gerald Bachinger, Dr. Gerhard Benn-Ibler, Dr. Bernhard
Frizberg, Univ. Prof. Dr. Heinz Barta und Dr. Elisabeth Medicus als ExpertInnen
gehört.
An der Debatte
beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Dr. Kurt Grünewald,
Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Terezija Stoisits,
Mag. Gisela Wurm, Mag. Karin Hakl, Dr.
Gertrude Brinek, Barbara Riener,
Mag. Walter Tancsits, Maria Grander, Dr.
Christian Puswald sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
Maria Rauch-Kallat, die Bundesministerin für Justiz
Mag. Karin Gastinger und die Ausschussobfrau Abgeordnete
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Ein von den
Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé
eingebrachter Entschließungsantrag wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen.
Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:
„Die Schaffung
rechtlicher Vorschriften für Patientenverfügungen betrifft einen sensiblen
Bereich, weshalb es notwendig erscheint, die Erfahrungen mit der Anwendung
dieses Gesetzes zu prüfen und einer parlamentarischen Erörterung zuzuführen. In
diesem Zusammenhang sollte auch die Frage der mit der Errichtung von
Patientenverfügungen verbundenen Kosten einer Erörterung unterzogen werden.
Schließlich werden
Maßnahmen gesetzt werden müssen, um die Auffindbarkeit einer Patientenverfügung
zu erleichtern.“
Ferner beschloss
der Justizausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:
„Die
Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit, also die „händische“ Verabreichung
von Nahrung und Flüssigkeit, ist Teil der Pflege des Patienten und kann daher
nicht nach dem Patientenverfügungs-Gesetz abgelehnt werden. Das Legen von
Magensonden sowie die Durchführung von Sondenernährung bei liegenden
Magensonden sind demgegenüber ärztliche Tätigkeiten, deren Vornahme durch
Angehörige der im GuKG geregelten Berufe daher auch einer ärztlichen Anordnung
bedarf (§ 15 Abs. 1 und 5 Z 7 sowie § 84 Abs. 4 Z 4 GuKG). Insoweit fällt
Sondenernährung daher nicht unter den Begriff der Pflege und kann daher als
Maßnahme der medizinischen Behandlung vom Patienten mittels Patientenverfügung
abgelehnt werden. Hat ein Patient nach Errichtung einer derartigen
Patientenverfügung aber der Setzung einer PEG-Sonde bei vollem Bewusstsein
zugestimmt, so hat er damit seine Patientenverfügung in diesem Punkt konkludent
widerrufen. Wenn eine in Unkenntnis einer Patientenverfügung gesetzte Notfallmaßnahme
dem Willen des Patienten widerspricht, ist die Patientenverfügung in weiterer
Folge maßgeblich und die – begonnene – Behandlung nicht mehr fortzusetzen. Die
Patientenverfügung kann zwar nicht auf die Vornahme einer aktiven medizinischen
Behandlung gerichtet sein, wohl aber auf deren Unterbleiben oder das
Unterbleiben ihrer Fortsetzung. Außerhalb
des Anwendungsbereichs des Patientenverfügungs-Gesetzes geht der
Justizausschuss davon aus, dass es im Rahmen der Pflege jedem freisteht, angebotene
Leistungen abzulehnen.
In den
Erläuterungen der Regierungsvorlage wird zu § 5 ausgeführt, dass der
aufklärende Arzt auch prüfen muss, ob der Patient die „Rechtsfolgen“ der
Patientenverfügung zutreffend einschätzt. Der Justizausschuss hält hiezu fest,
dass die Rechtsberatung dem an der Errichtung mitwirkenden Rechtsanwalt, Notar
oder rechtskundigen Patientenvertreter obliegt.
Zu behaupteten
finanziellen Mehrbelastungen der Länder aus der Mitwirkung der
Patientenvertreter in § 6 Abs. 1 hält der Ausschuss fest, dass mit der
Möglichkeit, solche rechtskundigen Patientenvertreter zu betrauen, keine
Verpflichtung zur Übernahme dieser Aufgabe verbunden ist, vielmehr an in
einzelnen Bundesländern bestehende Gegebenheiten angeknüpft wird. Auch steht es
den Patientenvertretern frei, für ihre Tätigkeit einen Kostenbeitrag zu
fordern, insbesondere unter Berücksichtigung der sozialen Bedürftigkeit des
Patienten.“
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle
1. dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige
Zustimmung erteilen;
2. die angeschlossene Entschließung annehmen.
Wien,
2006 03 23
Mag. Peter Michael Ikrath Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatter Obfrau