1384 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die Regierungsvorlage (1301 der Beilagen): Zweites Protokoll aufgrund von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen
Das Zweite Protokoll versteht sich als
Ergänzung des Übereinkommens vom 26. 7.1995 über den Schutz der
finanziellen Interessen der Gemeinschaften und des dazu ergangenen Protokolls
vom 27. 9.1996. Das
Übereinkommen vom 26. 7.1995 verpflichtet die Mitgliedstaaten im
wesentlichen zur Angleichung von bestimmten Straftatbeständen, soweit sie zum
Nachteil der Europäischen Gemeinschaften begangen werden
(Subventionsmissbrauch, Hinterziehung von Einnahmen der Gemeinschaft). Das
Protokoll vom 27. 9.1996 sieht die Angleichung von Straftatbeständen gegen
Beamtenbestechung und verwandten Delikten vor.
Ergänzend dazu verpflichtet das nun zur Annahme vorgeschlagene Zweite Protokoll die Mitgliedstaaten, Geldwäsche insoweit unter Strafe zu stellen, als es sich um das Waschen von Erträgen aus den erwähnten Straftaten handelt. Weiters sind solche Erträge einzuziehen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, nicht nur gegen natürliche Personen, sondern auch gegen juristische Personen Sanktionen wegen solcher Straftaten vorzusehen. Schließlich ist eine besondere Zusammenarbeit der Behörden der Mitgliedstaaten mit der Kommission zur Aufklärung und Bekämpfung solcher Straftaten vorgesehen.
Das Zweite Protokoll sieht eine
Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Streitigkeiten zwischen
Mitgliedstaaten (analog zu Art. 227 EGV) und für Streitigkeiten zwischen
einem Mitgliedstaat und der Kommission (analog zu Art. 226 EGV) vor; auch
eine Zuständigkeit für Auslegungsfragen, die von nationalen Gerichten im Wege
von Vorabentscheidungsersuchen an ihn herangetragen werden (analog zu
Art. 234 EGV), ist vorgesehen, indem auf das Protokoll vom
29. 11.1996 verwiesen wird.
Es wird vorgeschlagen, dass Österreich eine Erklärung nach Art. 13 Abs. 3 (betreffend Vorabentscheidungsersuchen) abgibt. Sowohl das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften als auch das Protokoll vom 27.9.1996 (betreffend Beamtenbestechung) hatten lediglich eine Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten (analog zu Art. 227 EGV) und für Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und der Kommission (analog zu Art. 226 EGV) vorgesehen. Eine Zuständigkeit des EuGH auch für Auslegungsfragen, die von nationalen Gerichten im Wege von Vorabentscheidungsersuchen an ihn herangetragen werden (analog zu Art. 234 EGV), konnte für beide Rechtsakte erst mit dem Protokoll vom 29.11.1996 betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung nachgetragen werden (näher RV 1553 BlgNR XX. GP, 21). In dem hier zur Annahme vorgeschlagenen Zweiten Protokoll werden dem Europäischen Gerichtshof nun alle drei erwähnten Kompetenzen eingeräumt. Wie bereits in der Regierungsvorlage zum Vorabentscheidungsprotokoll ausgeführt (1553 BlgNR XX. GP, 21), steht es jedem Mitgliedstaat frei, nicht nur ein Recht seiner nationalen Gerichte, sondern auch eine Pflicht zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (insbesondere für in letzter Instanz entscheidende Gerichte) vorzusehen. Auf diesen Umstand haben Deutschland, Griechenland, die Niederlande und Österreich in einer bei Unterzeichnung des Vorabentscheidungsprotokolls abgegebenen Erklärung hingewiesen (ABl. Nr. C 151 vom 20.5.1997, S. 14) .
Anlässlich der Unterzeichnung des hier vorliegenden Zweiten Protokolls am 19.6.1997 wurde eine solche Erklärung von keinem Mitgliedstaat, auch nicht von Österreich, abgegeben. Es empfiehlt sich aber, dass Österreich nun eine solche Erklärung anlässlich der Annahme abgibt; die Erklärung könnte gleich lauten wie jene, die zum Protokoll vom 29.11.1996 abgegeben wurde. Eine gleichlautende Erklärung wurde von Österreich auch anlässlich der Ratifikation des Bestechungsübereinkommens abge#geben (RV 1763 BlgNR XX. GP, 6: Erklärung 3.b). Neben der Signalwirkung auf Ebene der Union kommt einer solchen Erklärung vor allem nach innerstaatlichem Recht Bedeutung zu, weil die Pflicht zur Vorlage für in letzter Instanz entscheidende Gerichte nunmehr an eine solche Erklärung geknüpft ist (siehe das Bundesgesetz über die Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit und der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen, BGBl. I Nr. 89/1999).
Der
gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden
Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung
durch den Nationalrat. Er enthält keine verfassungsändernden oder
verfassungsergänzenden Bestimmungen. Der Staatsvertrag hat nicht politischen
Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich
nicht zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50
Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Eine Zustimmung
des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht
erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich
der Länder betreffen, geregelt werden.
Hinsichtlich der Kundmachung hat die Bundesregierung beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass dessen dänische, englische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, niederländische, portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Der
Justizausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 23. März 2006 in
Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer dem Berichterstatter
der Abgeordnete Mag. Johann Maier.
Bei der Abstimmung
wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses
dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der
Justizausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass der
gegenständliche Staatsvertrag der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen
Bereich nicht zugänglich ist und daher eine Beschlussfassung des Nationalrates
im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Ebenso wurde
einstimmig beschlossen, dass die dänische, englische,
finnische, französische, griechische, irische, italienische, niederländische,
portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassung dadurch kundgemacht werden soll/sollen,
dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten aufliegen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
1. Der
Abschluss des Staatsvertrages: Zweites
Protokoll aufgrund von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union
zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen
Gemeinschaften samt Erklärungen (1301 der Beilagen) wird genehmigt.
2. Dieser
Staatsvertrag ist im Sinne des
Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
3. Die dänische, englische, finnische, französische, griechische, irische,
italienische, niederländische, portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassung/en dieses Staatsvertrages ist/sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen,
dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
aufliegen
Wien, 2006 03 23
Mag. Walter Tancsits Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatter Obfrau