1404 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 775/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 25. Jänner 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Begründung – Allgemeiner Teil

Durch Maßnahmen zum Schutz österreichischer Staatsbürger im Ausland, insbesondere durch sogenannte  ‚Kriseninterventionen’, können der Republik Österreich sehr hohe Kosten entstehen, die aufgrund der geltenden Rechtslage selbst dann nicht oder nur schwer zurückgefordert werden können, wenn sich jemand mit auffallender Sorglosigkeit in eine besondere Gefahrensituation begeben hat. Eine Rückforderung sollte aber möglich sein, wenn sich die betreffenden Personen grob schuldhaft in eine Situation begeben haben, die diese Maßnahmen erforderlich gemacht hat.

Nach § 1 Abs. 2 erster Satz des Bundesgesetzes über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten; Konsulargebührengesetz 1992 - KGG 1992; BGBl. Nr. 100/1992 idgF, sind ‚Auslagen, die den Vertretungsbehörden im Zusammenhang mit Amtshandlungen in konsularischen Angelegenheiten erwachsen, ... zu ersetzen, sofern sie über den allgemeinen Verwaltungsaufwand hinausgehen und nicht auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften von Amts wegen zu tragen sind.’ Allerdings gilt für solche Auslagen gemäß § 1 Abs. 2 zweiter Satz KGG ebenso wie für allenfalls anfallende Konsulargebühren die Befreiung von der Ersatzpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 KGG bei ‚Amtshandlungen, die den Schutz österreichischer Staatsbürger oder die Wahrung ihrer Interessen bei völkerrechtswidrigem Verhalten ausländischer Behörden betreffen; dasselbe gilt bei einem Ausnahme- oder Notzustand’. Da man bei Kriseninterventionen (z.B. bei einer Geiselnahme) vom Vorliegen eines Notzustands ausgehen muss, verbietet das KGG derzeit Regressansprüche nach Kriseninterventionen.

Nach dem Zivilrecht theoretisch mögliche Regressansprüche nach den §§ 1035 ff. ABGB (Geschäftsführung ohne Auftrag), § 1041 ABGB (Verwendungsanspruch), § 1042 (Aufwand für einen anderen) oder § 1043 ABGB (Anspruch aus Aufopferung) sind an gesetzliche Voraussetzungen geknüpft, die eine erfolgreiche Rückforderung zum Teil schon aus formalen Gründen zweifelhaft erscheinen lassen.

Im Lichte dieser Überlegungen soll im KGG eine gesetzliche Grundlage für Regressansprüche nach Kriseninterventionen geschaffen werden. Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG (äußere Angelegenheiten mit Einschluss der politischen und wirtschaftlichen Vertretung gegenüber dem Ausland).

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die Regelung betrifft den Ersatz bestimmter Auslagen der Republik Österreich. Eine Belastung des Bundeshaushaltes ist nicht zu erwarten.

Begründung – Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1 Abs. KGG):

Der an dieser Stelle entfallende Satz wird der erste Satz im neuen § 1 Abs. 4 KGG.

Zu Z 2 (§ 1 Abs. 3 und 4 KGG):

Zusätzlich zum bestehenden Abs. 2, der den Ersatz von Auslagen von Vertretungsbehörden betrifft, regelt Abs. 3 den Ersatz von Auslagen, die über die routinemäßige konsularische Unterstützung gemäß Abs. 2 (z.B. im Rahmen der Rechtshilfe) hinausgehen und die den Vertretungsbehörden oder sonstigen Dienststellen des Bundes im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Schutz österreichischer Staatsbürger (z.B. Reisekosten, Aufwendungen vor Ort, Sicherheitsmaßnahmen, Such- und Rettungsmaßnahmen) erwachsen, wenn sich diese grob schuldhaft in eine Gefahrensituation begeben haben.

Grob schuldhaftes Verhalten (Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) stellt beispielsweise die unzureichende Berücksichtigung von Reisehinweisen des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten dar. Bei der Beurteilung werden die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Gefahr, das Ausmaß der Gefahr und die möglichen bzw. zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen in flexibler Weise zu berücksichtigen sein. Bei der Feststellung der Höhe der ersatzfähigen Auslagen können, soweit das KGG nichts anderes bestimmt (vgl. die Anlage zu § 1) die Kriterien für eine Geschäftsführung im Notfall (§ 1036 ABGB) sinngemäß angewendet werden.

Abs. 4 erster Satz entspricht dem bisherigen Abs. 2 zweiter Satz. Mit Abs. 4 zweiter Satz werden die Verfahrensbestimmungen des KGG, die bisher nur für die Vertretungsbehörden galten, auch für sonstige Dienststellen des Bundes, die einen Aufwandsersatz geltend machen, anwendbar gemacht.

Zu Z 3 (§ 2 Abs. 1 Z 2 KGG):

Der Zusatz ‚diese Befreiung gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 erfüllt sind’ ermöglicht es, den in § 1 Abs. 3 vorgesehenen Auslagenersatz bei Maßnahmen zum Schutz österreichischer Staatsbürger, die sich grob schuldhaft in eine Gefahrensituation begeben haben, ungeachtet der bestehenden Befreiungsbestimmung für Auslagenersätze ‚bei einem Ausnahme- oder Notzustand’ geltend zu machen.

Zu Z 4 (§ 2 Abs. 1 Z 4 KGG):

Das Asylgesetz 2005 ist mit BGBl. I Nr. 100/2005 an die Stelle des Asylgesetzes 1991 getreten.

Zu Z 5 (§ 9 KGG):

Das im bisherigen § 9 (in Hinkunft: § 9 Abs. 1) bereits bestehende ‚Mäßigungsrecht’ wird gemäß Abs. 2 beim Schutz österreichischer Staatsbürger, die sich grob schuldhaft in eine Gefahrensituation begeben haben, auch dann vorgesehen, wenn der Auslagenersatz nach der Lage des Falles unbillig wäre. Diese sich an § 236 Abs. 1 BAO orientierende Formulierung zielt hier insbesondere auch auf besondere humanitäre Härtfälle ab, die etwa dann gegeben sein werden, wenn der Ersatzpflichtige einer selbst für die jeweilige Gefahrensituation außerordentlich schweren körperlichen oder psychischen Belastung ausgesetzt wurde.

Durch diese Formulierung wird ein breiter Ermessenspielraum hinsichtlich der Rückforderung  eingeräumt, weil gesetzlich nicht für eine unabsehbare Anzahl von Fallkonstellationen im Einzelnen Vorsorge getroffen werden kann.

Zu Z 6 (§ 17 KGG):

Redaktionelle Berichtigung.

Zu Z 7 (§ 17 KGG):

Klarstellung, dass die neuen Bestimmungen nur auf nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verwirklichte Sachverhalte und nicht rückwirkend angewendet werden.

Zu Z 8 (§ 18 KGG):

Gemäß dieser Bestimmung ist der jeweils zuständige Bundesminister mit der Vollziehung des § 1 Abs. 3 und 4 KGG betraut (vgl. § 1 Abs. 4 zweiter Satz).“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 06. April 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Herbert Scheibner, Dr. Michael Spindelegger und Mag. Terezija Stoisits sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Herbert Scheibner einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Durch den Abänderungsantrag sollen die Wortfolgen „bis zu einer Höhe von 20.000 € pro Person“ und „zu überwiegend touristischen Zwecken“ in den künftigen § 1 Abs. 3 KGG eingefügt werden. Mit beiden Einfügungen wird entsprechenden Wünschen humanitärer Organisationen Rechnung getragen.

Mit der Einführung einer Höchstgrenze für allenfalls gemäß § 1 Abs. 3 KGG rückzuerstattende Auslagen soll u.a. eine eventuelle private Versicherung gegen dieses Risiko erleichtert werden. Der Betrag von 20.000 € orientiert sich u. a. an den Betragsgrenzen in § 7 Abs. 1 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, BGBl. Nr. 651/1994 i.d.g.F..

Mit der ausdrücklichen Einschränkung „zu überwiegend touristischen Zwecken“ soll klargestellt werden, dass das grob schuldhafte Verhalten gemäß dem künftigen § 1 Abs. 3 KGG insbesondere Aufenthalte zu humanitären Zwecken oder aus beruflichen oder familiären Notwendigkeiten nicht umfasst.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Herbert Scheibner mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2006 04 06

                        Dr. Michael Spindelegger                                                  Dr. h.c. Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann