Vorblatt
Inhalt:
Der Gesetzentwurf
setzt die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums mit
Beziehung auf Patente, Gebrauchsmuster, Ergänzende Schutzzertifikate,
Halbleiterschutzrechte, Muster, Marken und geographische Herkunftsangaben und
Ursprungsbezeichnungen um. Im Bereich des Markenschutzgesetzes dient er weiters
einiger Korrekturen aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Entwicklungen.
Alternativen:
Keine.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:
Der Entwurf soll
zur Rechtssicherheit im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes beitragen und
Unzulänglichkeiten, die sich bisher als Investitionshindernis ausgewirkt haben,
beseitigen. Dies liegt sowohl im Interesse der Beschäftigungssituation als auch
im Interesse des Wirtschaftsstandortes.
Finanzielle
Auswirkungen:
Eine finanzielle
Mehrbelastung des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften ist nicht zu
erwarten..
Die Haushalte der
Länder und Gemeinden werden durch die im Entwurf vorgesehenen Regelungen nicht
belastet.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Der Entwurf dient
der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Keine.
Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Hauptgesichtspunkte:
1) Die
Richtlinie
Der Gesetzentwurf
dient der Umsetzung der Richtlinie
2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004
zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. Nr. L 157 vom
30.4.2004, Seite 45, berichtigt
und wieder veröffentlicht im ABl. Nr. L 195 vom 2.6.2004, Seite 16
(in der Folge: Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie) (Celex Nr. 32004
L 0048).
Das Abkommen über
handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), dem alle
Mitgliedstaaten der EG und die EG selbst angehören, enthält im III. Teil
grundlegende Regelungen mit Beziehung auf die Rechtsdurchsetzung im Bereich des
geistigen Eigentums, darunter ua auch des Patentrechts, des Markenrechts und
des Musterrechts. Die einschlägigen Bestimmungen des TRIPS sind jedoch verhältnismäßig
allgemein gehalten und zum Teil nicht verbindlich.
Die
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie baut gewissermaßen auf dieser Grundlage auf,
indem sie die TRIPS-Regeln zum Teil konkretisiert und in bestimmten Bereichen
das Schutzniveau erhöht. In diesem Sinn enthält die Richtlinie ebenso wie das
TRIPS sowohl materiellrechtliche als auch verfahrensrechtliche Regelungen. Zum
materiellen Recht zählen Bestimmungen über die Ansprüche, die dem Rechtsinhaber
im Fall der Rechtsverletzung zustehen, wie auf Unterlassung, Beseitigung,
Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz; zum Verfahrensrecht zählen die
Regelungen über die Pflicht zur Vorlage von Beweisen, zur Beweissicherung, die
Pflicht zur Erteilung von Auskünften, über einstweilige Verfügungen sowie über
Prozesskostenersatz.
Die
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie bewirkt allerdings keine Harmonisierung des
gegenständlichen Rechtsgebiets: Zum einen sind die Regelungen zum Teil nicht
verbindlich und auch verbindliche Bestimmungen sind überwiegend verhältnismäßig
flexibel formuliert. Vor allem aber liegt dies daran, dass die
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie nur einen Mindestschutz vorsieht. Nach
Art. 2 Abs. 1 gilt die Richtlinie nämlich nur unbeschadet etwaiger
Instrumente in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die
Rechtsinhaber günstiger sind. Diese Klausel ist allgemein gefasst und bezieht
sich daher nicht nur auf Regelungen, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der
Richtlinie in einem Mitgliedstaat bereits in Kraft gestanden sind. Den
Mitgliedstaaten steht es daher frei, Regelungen aufrecht zu erhalten oder zu
erlassen, die für die Rechtsinhaber günstiger sind als die Regelungen in der
Richtlinie.
Die
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie ist bis zum 29.4.2006 umzusetzen.
2) Art und Umfang
der Umsetzung
Die Richtlinie
regelt eine „Querschnittsmaterie“: Einerseits sind nach Art. 2 Abs. 1
die in der Richtlinie für den Fall der Rechtsverletzung vorgesehenen Maßnahmen,
Verfahren und Rechtsbehelfe auf alle Rechte des geistigen Eigentums anzuwenden,
die im Gemeinschaftsrecht und/oder im innerstaatlichen Recht vorgesehen sind.
Andererseits handelt es sich bei den verfahrensrechtlichen Regelungen der
Richtlinie um eine Materie, die innerstaatlich in der Zivilprozessordnung und
der Exekutionsordnung, somit in allgemeinen Verfahrensgesetzen geregelt sind.
Was die Rechte des
geistigen Eigentums betrifft, ist die Erklärung der Kommission zum Art. 2
der Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie, ABl. Nr. L 94 vom 13.4.2005,
Seite 37, zu berücksichtigen, wonach nach Auffassung der Kommission mindestens
folgende Rechte des geistigen Eigentums unter die genannte Richtlinie fallen:
a) Urheberrecht;
b) dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte;
c) Schutzrechte
sui generis der Hersteller von Datenbanken;
d) Schutzrechte
der Schöpfer der Topographien von Halbleitererzeugnissen;
e) Markenrechte;
f) Schutzrechte
an Geschmacksmustern;
g) Patentrechte
einschließlich der aus ergänzenden Schutzzertifikaten abgeleiteten Rechte;
h) Geographische
Herkunftsangaben;
i) Gebrauchsmusterrechte;
j) Sortenschutzrechte;
k) Handelsnamen,
soweit es sich dabei nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaates um
ausschließliche Rechte handelt.
Mit Beziehung auf
die materiellrechtlichen Regelungen beinhaltet der Entwurf die zur Umsetzung
der Richtlinie notwendigen Änderungen im Patentgesetz 1970,
Halbleiterschutzgesetz und Markenschutzgesetz 1970. Im
Patentverträge-Einführungsgesetz, Gebrauchsmustergesetz,
Schutzzertifikatsgesetz 1996 und im Musterschutzgesetz 1990 sind
keine Änderungen erforderlich, da die Umsetzung in diesen Bereichen im Wege der
Rezipierung der maßgeblichen Bestimmungen des Patentgesetzes 1970
sichergestellt ist.
Mit Beziehung auf
die verfahrensrechtlichen Regelungen der Richtlinie sieht die Regierungsvorlage
1324 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert
wird, keinen Anlass zur Novellierung der Zivilprozessordnung oder der
Exekutionsordnung. Soweit die Regelungen in diesen Gesetzen den Vorgaben der
Richtlinie nicht entsprechen sollten, werden die erforderlichen Bestimmungen in
die jeweiligen Materiengesetze aufgenommen. Dies entspricht auch der bisherigen
Gesetzgebungspraxis. Eine solche Bestimmung findet sich zB bereits in § 147 Abs. 2 PatG.
3) Der
Umsetzungsbedarf
Wie auch im
Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte entspricht das
geltende Recht im Bereich der gewerblichen Schutzrechte bereits weitgehend den
Vorgaben der Richtlinie. Dies wird zu den einzelnen Bestimmungen der
Richtlinie, die die Mitgliedstaaten zu einer bestimmten Regelung der in den ho
Zuständigkeitsbereich fallenden Rechte verpflichten, wie folgt ausgeführt:
Art. 6:
Dieser Bestimmung
über die Anordnung an die gegnerische Partei, in ihrer Verfügung befindliche
Beweismittel vorzulegen, entspricht die Regelung der ZPO über die Vorlegung von
Urkunden in den §§ 303 bis 307. Da die Richtlinie nicht verlangt, dass die
Anordnung der Beweismittelvorlage erzwungen werden kann, ist die in § 307
Abs. 2 ZPO vorgesehene Sanktion, wonach die Verweigerung der Vorlage bei
der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist, mit der Richtlinie vereinbar. Die
entsprechende Bestimmung im TRIPS sieht im Übrigen ausdrücklich dieselbe
Sanktion wie die ZPO vor (Art. 43 Abs. 2 TRIPS).
Art. 7:
Die Rechtsprechung
hat zwar anerkannt, dass einstweilige Verfügungen auch zur Sicherung von
Beweisen erlassen werden können, womit den Anforderungen des Art. 7 der
Richtlinie Rechnung getragen wäre. Da diese Rechtsprechung jedoch nicht
unbestritten ist, wird eine entsprechende Klarstellung vorgesehen (§ 151b
PatG, § 21 HlSchG, §§ 56, 59 Abs. 2 und § 68g Abs. 1
MSchG).
Art. 8:
Während der Titel
dieser Bestimmung „Recht auf Auskunft“ eher auf eine materiellrechtliche
Regelung hindeutet, wie sie zB auch in Art. 47 TRIPS enthalten ist,
handelt es sich nach dem Inhalt des Art. 8 um eine solche des
Verfahrensrechts („im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines
Rechts des geistigen Eigentums auf einen….Antrag des Klägers“). Die in
Art. 8 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie enthaltenen Auskunftspflichten
finden sich in der ZPO in den Zeugenpflichten zum Erscheinen vor Gericht
(§ 333 ZPO), zur Ablegung der Aussage (§§ 325, 326 ZPO) und zur
Beeidigung der Aussage (§ 337 ZPO). Nach den Bestimmungen der §§ 384
ff ZPO zur Sicherung von Beweisen ist es möglich, Zeugen noch vor Beginn des
Rechtsstreites zu vernehmen, wodurch den Vorgaben des Art. 8 der
Richtlinie nach geltender österreichischer Rechtslage weitgehend Rechnung
getragen wird.
Die in § 321
ZPO enthaltenen Beweisverwertungsverbote und Gründe für die Verweigerung der
Aussage sind mit der Richtlinie vereinbar, da nach Art. 8 Abs. 3
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie diese Bestimmung eben nur unbeschadet solcher
gesetzlicher Regelungen über Beweisverwertungsverbote und über die
Aussageverweigerung gilt.
Darüber hinaus wird
aber auch der materiellrechtliche Auskunftsanspruch des § 151a PatG und
des § 55a MSchG entsprechend umgestaltet.
Art. 9:
Die Regelung der
einstweiligen Verfügungen in der Exekutionsordnung in Verbindung mit den
Sonderbestimmungen in den geltenden Materiengesetzen (§ 147 Abs. 2
PatG, §§ 56, 59 Abs. 2, § 68g Abs. 1 MSchG) genügt
grundsätzlich den Vorgaben des Art. 9 der Richtlinie. Es ist jedoch
zweckmäßig die Regelung über einstweilige Verfügungen zu verallgemeinern (vgl
insbesondere den neuen § 151b PatG); zu den Einzelheiten wird auf die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung verwiesen.
Aus Art. 9
Abs. 1 lit. a Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie ergibt sich, dass eine
einstweilige Maßnahme auch gegen eine Mittelsperson angeordnet werden kann,
deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen
Eigentums in Anspruch genommen werden. Eine gleichlautende Regelung findet sich
auch in Art. 11 der Richtlinie, der den Unterlassungsanspruch normiert.
Die Richtlinie trifft keine Anordnung darüber, unter welchen Voraussetzungen
die Inanspruchnahme von Mittelspersonen zu erfolgen hat. Der Erwägungsgrund 23
stellt dazu ausdrücklich fest, dass die Voraussetzungen und Verfahren für
derartige Anordnungen Gegenstand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten bleiben sollen.
Im Bereich der
Materiengesetze besteht - sofern nicht Sonderbestimmungen vorliegen - der aus
§ 1301 ABGB ableitbare Grundsatz, dass Mittäter, Anstifter und Gehilfen
ebenso haften wie der Täter selbst. Die Ansprüche ergeben sich daher nicht nur
gegen den Rechtsverletzer, also den unmittelbaren Täter (Störer), neben diesem
können auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen in Anspruch genommen werden. Im
Bereich des Patentrechts wurde durch die Patentrechts- und Gebührennovelle
2004, BGBl. I Nr. 149/2004, der Täterbegriff dahingehend erweitert,
dass die „mittelbare Patentverletzung“ ausdrücklich als Form der Teilnahme an
einer Patentverletzung vorgesehen wurde. Die bis dahin durch die Rechtsprechung
geforderte subjektive Komponente des (zumindest bedingten) Vorsatzes der
Beitragstäter wurde dadurch deutlich abgeschwächt und der Störerbegriff
erweitert.
Da die Richtlinie
– insbesondere auch im Hinblick auf den Erwägungsgrund 23 – keine Kriterien für
die Haftbarkeit der Mittelsperson festlegt, sondern den nationalen Bestimmungen
überlässt, werden die bisherigen Grundsätze beibehalten. Hiebei wird auch
berücksichtigt, dass es bei der Bewertung oft auf die Umstände des Einzelfalls
ankommt. Bei einer gesetzgeberischen Gleichschaltung in allen Materiengesetzen
bestünde darüber hinaus die Gefahr, dass der Entscheidungsspielraum für die
Gerichte zu eng wird, um sämtliche Fallkonstellationen angemessen erfassen zu
können.
Art. 10:
Dieser Bestimmung
(Abhilfemaßnahmen) entsprechen bereits § 148 PatG, § 52 und
§ 68f Abs. 1 MSchG. Bereits nach geltender Rechtslage ist vorgesehen,
dass der Verletzer zur Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustandes
verpflichtet ist. Damit ist – neben der Vernichtung – auch der Rückruf aus den
Vertriebswegen oder das endgültige Entfernen aus den Vertriebswegen umfasst, es
sei denn, dass dies unverhältnismäßig ist.
Art. 11:
Dieser Bestimmung
(gerichtliche Anordnungen) entsprechen bereits § 147 PatG, § 51 und
§ 68 Abs. 1 MSchG.
Art. 13:
Dieser Bestimmung
(Schadenersatz) entsprechen bereits § 150 PatG, § 53 und § 68f
Abs. 2 MSchG.
Art. 14:
Diese Bestimmung
über den Prozesskostenersatz stellt zwar einerseits umfassend auf das Obsiegen
ab, relativiert dies aber wieder durch die Kriterien der Zumutbarkeit, Angemessenheit
und Billigkeit. Damit ist die differenzierte Regelung über den
Prozesskostenersatz in den §§ 41 ff ZPO völlig kompatibel.
Art. 15:
Dieser Bestimmung
(Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen) entsprechen bereits § 149
PatG, § 55 und § 68g Abs. 2 MSchG).
4) Änderungen des
Markenschutzgesetzes
Die Novellierung
des § 69b MSchG betrifft die Streichung einer durch die Änderung der
Gemeinschaftsmarkenverordnung obsolet gewordenen Bestimmung des nationalen
Gesetzes.
Finanzielle
Auswirkungen:
Aus dem Entwurf
ergibt sich weder für den Bund noch für die übrigen Gebietskörperschaften eine
finanzielle Mehrbelastung.
Die Haushalte der
Länder und Gemeinden werden durch die im Entwurf vorgesehenen Regelungen nicht
belastet.
Kompetenzgrundlage:
Die Kompetenz des
Bundes zur Erlassung dieses Gesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1
Z 8 B-VG (Patentwesen sowie Schutz von Mustern und Marken).
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Für die im Entwurf
enthaltenen Regelungen gelten keine Besonderheiten des
Normerzeugungsverfahrens.
Besonderer
Teil
Zu Art. I (Änderung des
Patentgesetzes 1970):
Zu Z 1
(Entfall des § 147 Abs. 2):
§ 147
Abs. 2 wird durch eine allgemeine Bestimmung über einstweilige Verfügungen
(§ 151b) ersetzt. Zu den Gründen dieser Maßnahme wird auf die
Erläuterungen zu der angeführten Bestimmung verwiesen. Die bisherige Regelung,
wonach das Gericht bei Vorliegen rücksichtswürdiger Gründe eine von ihm
erlassene einstweilige Verfügung aufheben kann, wenn der Gegner angemessene
Sicherheit leistet, konnte entfallen, da § 399 Abs. 1 Z 3 EO die
Möglichkeit der späteren Aufhebung einer bereits erlassenen einstweiligen
Verfügung vorsieht. Eine Aufhebung kann selbstverständlich nur bei Vorliegen
rücksichtswürdiger Gründe erfolgen.
Zu Z 2
(§ 151a):
Art. 47 TRIPS
sieht – wenn auch nur fakultativ – ein Recht auf Auskunft vor. Mit der
Patentrechts- und Gebührennovelle 2004 (BGBl. I Nr. 149/2004) wurde
ein Auskunftsanspruch erstmals vorgesehen.
Die
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie sieht in Art. 8 ein Recht auf Auskunft vor.
Während aber sowohl Art. 47 TRIPS als auch § 151a PatG
materiellrechtliche Regelungen sind, die dem Verletzten einen einklagbaren
Auskunftsanspruch geben, handelt es sich bei Art. 8
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie um eine Regelung des Verfahrensrechts, der die
einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung bereits weitgehend Rechnung
tragen.
Der
materiellrechtliche Auskunftsanspruch ist jedoch das zweckmäßigere Mittel der
Rechtsdurchsetzung, sodass es sinnvoll ist, § 151a an die Vorgaben der
Richtlinie anzupassen, wobei die neue Regelung auf zwei Absätze aufgeteilt
wird. Abgesehen von den nötigsten systematischen und terminologischen
Anpassungen an das Patentgesetz hält sich die neue Bestimmung möglichst nahe an
die Formulierungen der Richtlinie. Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu bemerken:
1. Art. 8
Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie stellt allgemein auf einen „die
Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers“ ab. Im Rahmen einer
materiellrechtlichen Regelung kommt es hingegen nicht auf die
Verhältnismäßigkeit eines Antrags an, sondern darauf, dass der
Auskunftsanspruch selbst diesem Erfordernis genügt. Die
Verhältnismäßigkeitsschranke wird wie im UrhG formuliert.
2. Die Neuregelung
übernimmt aus Art. 8 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie die Begriffe „Waren“
und „Dienstleistungen“.
3. Das Kriterium
des „gewerblichen Ausmaßes“ („commercial scale“), das in der Richtlinie an
mehreren Stellen verwendet wird, ist bisher in den Materiengesetzen nicht
vorgekommen. Es stammt offensichtlich aus dem TRIPS, wo es allerdings nur in
der strafrechtlichen Bestimmung des Art. 61 verwendet wird. In der
deutschen Fassung des TRIPS wird das Kriterium mit dem im Patentrecht
geläufigen Begriff „gewerbsmäßig“ übersetzt, der Entwurf folgt diesem Beispiel.
4. Die Aufzählung
der zur Auskunft verpflichteten Personen in § 151a Abs. 1 Z 1
bis 3 PatG entspricht Art. 8 Abs. 1 lit. a bis c der Richtlinie. Der
Entwurf verzichtet im Unterschied zur Richtlinie jedoch darauf, ausdrücklich zu
sagen, dass die jeweiligen Kriterien nachweislich erfüllt sein müssen, da die
im Gesetz geforderten Anspruchsvoraussetzungen im Fall der gerichtlichen
Durchsetzung immer nachgewiesen werden müssen.
5. Nicht
übernommen wurde Art. 8 Abs. 1 lit. d der Richtlinie; nach dieser
Bestimmung kann das Gericht anordnen, dass Personen Auskünfte erteilen, die
nach den Angaben bestimmter anderer Personen an der Herstellung oder am
Vertrieb rechtsverletzender Waren bzw. an der Erbringung rechtsverletzender
Dienstleistungen beteiligt waren. Dass diese Personen tatsächlich oder, wie
dies lit. a bis c der Richtlinienbestimmung sagen, nachweislich an den
rechtsverletzenden Tätigkeiten beteiligt waren, ist hingegen nicht
Voraussetzung für die Begründung der Auskunftspflicht; es genügt die bloße
Angabe einer bestimmten Person. Das mag im Rahmen einer verfahrensrechtlichen
Regelung, wie es Art. 8 der Richtlinie ist, ein geeignetes Kriterium sein,
nicht jedoch als Voraussetzung eines materiellen Auskunftsanspruchs. Beschränkt
man die Bestimmung auf Personen, die an den rechtsverletzenden Tätigkeiten
tatsächlich beteiligt gewesen sind, dann wird eine explizite Bestimmung
entbehrlich, dass diese Personen bereits durch den allgemeinen Begriff des
Verletzers erfasst werden.
6. Die Richtlinie
verwendet in der deutschen Fassung nebeneinander die Begriffe des Herstellers
und Erzeugers bzw. des Herstellens und des Erzeugens; da sie in der deutschen
Sprache keine unterschiedliche Bedeutung haben, beschränkt sich der Entwurf auf
die Verwendung des Begriffs Hersteller bzw. herstellen; eine Einschränkung der
Auskunftspflicht gegenüber der Richtlinie ist damit nicht verbunden.
7. Der
Auskunftsanspruch nach der Neuregelung kann sich zum Teil mit bestehenden
Ansprüchen überschneiden, nämlich dem Rechnungslegungsanspruch. Dies schadet
aber nicht und ist im Interesse einer lückenlosen Richtlinienumsetzung in Kauf
zu nehmen.
Zu Z 3
(§ 151b samt Überschrift):
1. Der bisherige
§ 147 Abs. 2 PatG enthält mit Beziehung auf den Unterlassungsanspruch
eine Sonderregelung über die Erlassung einstweiliger Verfügungen. Da
Art. 7 und 9 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie Klarstellungen zur Erlassung
von einstweiligen Verfügungen erfordern, die nicht auf den
Unterlassungsanspruch beschränkt sind, wird § 147 Abs. 2 PatG durch
die allgemeine Bestimmung des § 151b PatG über einstweilige Verfügungen
ersetzt.
2. Nach
Art. 7 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die
zuständigen Gerichte selbst vor Einleitung eines Verfahrens in der Sache auf
Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur
Begründung ihrer Ansprüche, dass ihre Rechte an geistigem Eigentum verletzt
worden sind oder verletzt zu werden drohen, vorgelegt hat, schnelle und
wirksame einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der rechtserheblichen Beweismittel
hinsichtlich der behaupteten Rechtsverletzung anordnen können.
Die von der
Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen wie die Einbehaltung von Mustern oder die
Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen, Eingriffsmitteln und der zugehörigen
Unterlagen sind mit den Mitteln der Beweissicherung der Zivilprozessordnung
nicht erzielbar. Einstweilige Verfügungen nach der Exekutionsordnung wären
hingegen grundsätzlich ein geeignetes Instrument. Ob sie schon auf Grund der
geltenden Rechtslage hiefür zur Verfügung stehen, ist jedoch nicht gesichert.
Grundsätzlich
dienen einstweilige Verfügungen der Sicherung des Hauptanspruchs und müssen
sich demnach im Rahmen des erhobenen oder zu erhebenden Anspruchs halten.
Demnach wäre im Wege einer einstweiligen Verfügung die Beschlagnahme von
Eingriffsgegenständen nur dann zu erreichen, wenn auch ein gleichgerichteter
Anspruch in einem Titelverfahren geltend gemacht werden könnte. Ob tatsächlich
für alle in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie genannten Möglichkeiten der
Beweissicherung ein entsprechender Hauptanspruch besteht, ist – etwa
hinsichtlich der Beschlagnahme von Unterlagen – zweifelhaft.
Nach dem
In-Kraft-Treten des TRIPS, das eine vergleichbare Regelung zur Sicherung von
Beweisen wie die Richtlinie enthält, hat die Rechtsprechung einstweilige
Verfügungen zur Sicherung von Beweisen für zulässig erachtet. Der Entwurf sieht
daher eine entsprechende Klarstellung im § 151b PatG vor.
3. Art. 9
Abs. 2 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie sieht im Fall von Rechtsverletzungen
in gewerblichem Ausmaß einstweilige Verfügungen vor, wenn die geschädigte
Person glaubhaft macht, dass die Erfüllung ihrer Schadenersatzforderung
fraglich ist; weitere Voraussetzungen werden nicht gefordert. § 379
Abs. 2 EO enthält zwar eine vergleichbare Regelung, die Voraussetzungen
einer einstweiligen Verfügung nach dieser Bestimmung sind aber strenger als in
Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie. Dem trägt § 151b Abs. 2 Rechnung.
Dass § 151b
Abs. 2 sich nicht nur auf Schadenersatzansprüche, sondern auch auf
Ansprüche auf angemessenes Entgelt und Herausgabe des Gewinns bezieht, bedeutet
nicht, dass die Regelung über die Richtlinie hinausgeht; diese verwendet
nämlich den Begriff der Schadenersatzforderung in einem entsprechend weiteren
Sinn.
Art. 9
Abs. 2 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie regelt auch Maßnahmen, die durch
einstweilige Verfügungen getroffen werden können; § 379 EO entspricht
dieser Regelung in der Richtlinie bereits, sodass in dieser Beziehung eine
Anpassung nicht notwendig ist.
4. Die bisher im
§ 147 Abs. 2 PatG enthaltene Regelung wird im Abs. 3 der neuen
Bestimmung übernommen und konsequenterweise ausdrücklich auf den
Beseitigungsanspruch ausgedehnt.
5. Nach
Art. 7 Abs. 1 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie werden Maßnahmen zur
Beweissicherung gegebenenfalls ohne Anhörung der anderen Partei getroffen,
insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Rechtsinhaber wahrscheinlich
ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstünde oder wenn nachweislich die
Gefahr besteht, dass Beweise vernichtet werden. Nach Art. 9 Abs. 4
der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die in der Richtlinie
vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen in geeigneten Fällen ohne Anhörung der
anderen Partei angeordnet werden können, insbesondere dann, wenn durch eine
Verzögerung dem Rechtsinhaber ein nicht wieder gut zu machender Schaden
entstehen würde. Dem entspricht die allgemeine Regelung für einstweilige
Verfügungen in der Exekutionsordnung insofern, als nicht angeordnet wird, dass
der Gegner vor Erlassung der einstweiligen Verfügung anzuhören ist. Deshalb
geht die Rechtsprechung davon aus, dass dem Gegner der gefährdeten Partei nicht
Gelegenheit gegeben werden muss, sich zur beantragten einstweiligen Verfügung
zu äußern. Vielmehr wird in der Regel über einen Anspruch auf Erlassung einer
solchen Verfügung nur auf Grund der von der gefährdeten Partei beigebrachten
Bescheinigungsmittel entschieden. Die Exekutionsordnung regelt aber – abgesehen
von hier nicht maßgeblichen Sonderbestimmungen - nicht die Voraussetzungen,
unter denen das Gericht verpflichtet ist, von der Anhörung des Gegners
abzusehen. Um eine korrekte Umsetzung der Richtlinie zu gewährleisten, wird
daher im § 151b Abs. 4 eine entsprechende Bestimmung aufgenommen.
6. Art. 9
Abs. 2 Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie sieht im Fall von Rechtsverletzung
im gewerblichen Ausmaß die vorsorgliche Beschlagnahme beweglichen und
unbeweglichen Vermögens einschließlich der Sperrung von Bankkonten und der
Beschlagnahme sonstiger Vermögenswerte vor, wenn die geschädigte Partei
glaubhaft macht, dass die Erfüllung ihrer Schadenersatzforderung fraglich ist.
Dies entspricht der Regelung über einstweilige Verfügungen zur Sicherung von
Geldforderungen in § 379 EO, und zwar ohne Beschränkung auf gewerbsmäßige
Rechtsverletzungen.
Zu Z 4
(§ 180a Abs. 4):
Diese Bestimmung
enthält die In-Kraft-Tretens-Regelung.
Zu Z 5
(§ 183):
Aus § 183
geht hervor, welche Richtlinie durch dieses Gesetz umgesetzt wird.
Zu Art. II (Änderung des
Halbleiterschutzgesetzes):
Zu Z 1
(§ 21):
Die im bisherigen
Abs. 2 enthaltene Bestimmung über einstweilige Verfügungen ist im Hinblick
auf die Rezipierung des § 151b PatG entbehrlich und entfällt daher.
Zu Z 2
(§ 27 Abs. 7):
Diese Bestimmung
enthält die In-Kraft-Tretens-Regelung.
Zu Z 3
(§ 29):
Aus § 29 geht
hervor, welche Richtlinie durch dieses Gesetz umgesetzt wird.
Zu Art. III (Änderung des
Markenschutzgesetzes 1970):
Zu Z 1
(§ 55a):
Vgl. die
Erläuterungen zu Art. I Z 2.
Zu Z 2
(§ 56):
Vgl. die
Erläuterungen zu Art. I Z 3.
Zu Z 3
(§ 59 Abs. 2):
In dieser
Bestimmung wird lediglich eine Bezugnahme angepasst.
Zu Z 4
(§ 68g Abs. 1):
Mit der Änderung
dieser Bestimmung werden die Vorgaben der Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie auch
im Bereich der geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen umgesetzt.
Zu Z 5
(§ 69b):
Mit Verordnung
(EG) Nr. 422/2004 des Rates vom 19. Februar 2004 zur Änderung der
Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke wurde durch die
Änderung des Artikels 109 Abs. 3 und
des Artikels 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 den
nationalen Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz das Recht zur
Prüfung der Zulässigkeit eines an sie weitergeleiteten Umwandlungsantrages
entzogen und zur Gänze auf das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken,
Muster und Modelle) übertragen. § 69b Abs. 1 und 3 in der bisherigen
Fassung war dadurch nicht länger anzuwenden und musste entfallen bzw.
umformuliert und umnummeriert werden.
Z 6
(§ 81a):
Diese Bestimmung
enthält im Abs. 2 die In-Kraft-Tretens-Regelung dieser Novelle.
Zu Z 7
(§ 83):
Aus § 83 geht
hervor, welche Richtlinie durch dieses Gesetz umgesetzt wird.