VORBLATT

Problem:

Einem Beitritt Österreichs zum Übereinkommen ist bislang ausschließlich entgegen­gestanden, dass das Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idF vor Inkrafttreten des Versorgungsrechts-ÄnderungsG 2005, nur die Entschädigung von EWR- bzw. EU-Staatsbürgern ermöglichte und somit Artikel 3 des Übereinkommens nicht vollständig erfüllt war, da in Österreich geschädigte Drittstaatsangehörige bislang vom VOG nicht umfasst wa­ren.

Mit dem Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 (VRÄG 2005), BGBl. I Nr. 48/2005, wurde das Verbrechensopfergesetz novelliert und die Richtlinie 2004/80/EG des Rates zur Entschädigung der Opfer von Straftaten, welche zur Etablierung eines gerechten und angemessenen innerstaatlichen Entschädigungssystems verpflichtet und den Zugang zur Entschädigung in grenzüberschreitenden Fällen erleichtert, um­gesetzt. Zudem normiert der mit 1. Juli 2005 in Kraft getretene § 1 Abs. 7 VOG, dass (allen) Drittstaatsangehörigen Hilfe zu leisten ist, wenn die strafbare Handlung nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und sie sich zum Zeit­punkt der Handlung dort rechtmäßig aufgehalten haben.

Auf Grund der Aufnahme dieser Regelung in das VOG erfüllt Österreich nunmehr auch die Vorgaben des Übereinkommens hinsichtlich des anspruchsberechtigten Personenkreises, sodass ein Beitritt Österreichs zum Übereinkommen rechtlich mög­lich ist.

Ziel:

Beitritt Österreichs zum Europäischen Übereinkommen über die  Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 24. November 1983, ETS Nr. 116.

Inhalt:

Gegenseitige Entschädigung  von Verbrechensopfern durch den Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde, sowie Förderung der Anwendung des Übereinkommens.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch den Beitritt Österreichs zum gegenständlichen Übereinkommen werden keine finanziellen Mehrkosten erwachsen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Durch die Novelle zum Verbrechensopfergesetz (BGBl. I Nr.48/2005), welche auch die Unterzeichnung und Ratifikation des gegenständlichen Übereinkommens durch Österreich ermöglichte, wird die Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (ABl. Nr. L 261 vom 6.8.2004, S. 15) umgesetzt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Erfüllungsvorbehalt gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Europäische Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen  Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG erforderlich ist. Das Übereinkommen wurde bereits durch das Verbrechensopfergesetz (BGBl. Nr. 288/1972 idgF) umgesetzt. Da durch das Übereinkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Das Übereinkommen sieht Regelungen für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten sowie für die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen der infolge solcher Straftaten verstorbenen Opfer vor.

Das Übereinkommen normiert, dass diese Opfer durch den Staat zu entschädigen sind, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde, soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist. Die Entschädigung ist an Staatsangehörige von Vertragsstaaten dieses Überein­kommens und an Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten des Europarates, die ihren ständigen Aufenthalt in dem Staat haben, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat be­gangen worden ist, zu leisten. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, näher bezeichnete Mindestentschädigungs­leistungen zu erbringen.

Das Übereinkommen ist am 1. Februar 1988 objektiv in Kraft getreten und wurde bereits von 20 Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert.

Das Bundesgesetz vom 9. Juli 1972 über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen (Verbrechensopfergesetz - VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF,  erfüllt zahlreiche wesentliche Grundsätze des Übereinkommens bereits seit Jahrzehnten, wobei die im Übereinkommen angeführten Entschädigungsleistun­gen schon in der Stammfassung des VOG vorgesehen waren.

Einer Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich ist bislang ausschließlich entgegen­gestanden, dass das VOG nur die Entschädigung von EU- bzw. EWR-Staatsangehörigen ermöglichte und somit Art. 3 des Übereinkommens nicht vollständig erfüllt war, da in Österreich geschädigte Drittstaatsangehörige bislang vom VOG nicht umfasst wa­ren.

Mit dem Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 (VRÄG 2005), BGBl. I Nr. 48/2005, wurde das Verbrechensopfergesetz novelliert und die Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (ABl. Nr. L 261 vom 6.August 2004, S. 15), welche zur Etablierung eines gerechten und angemessenen innerstaatlichen Entschädigungssystems verpflichtet und den Zugang zur Entschädigung in grenzüberschreitenden Fällen erleichtert, um­gesetzt. Zudem normiert der mit 1. Juli 2005 in Kraft getretene § 1 Abs. 7 VOG, dass allen Drittstaatsangehörigen Hilfe zu leisten ist, wenn die strafbare Handlung nach dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und sie sich zum Zeit­punkt der Handlung dort rechtmäßig aufgehalten haben.

Auf Grund der Aufnahme dieser Regelung in das VOG erfüllt Österreich nunmehr auch die Vorgaben des Übereinkommens hinsichtlich des anspruchsberechtigten Personenkreises, sodass einer Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich nichts mehr entgegensteht.

In Anlehnung an die innerstaatliche Regelung muss Österreich allerdings anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens einen Vorbehalt zu Art. 3 abgeben, dass das Übereinkommen für Personen, die nicht Unionsbürger oder Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, nur dann Anwendung findet, wenn die Straftat gegen sie nach dem 30. Juni 2005 in Österreich oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und wenn sie sich dort zum Tatzeitpunkt rechtmäßig aufgehalten haben.

Als zentrale Behörde im Sinne des Art. 12 soll das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozial­amt) bestimmt werden, das bereits für die Durchführung des VOG zuständig ist. Anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens wird Österreich eine diesbezügliche Erklärung abgeben.

Durch die Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich werden keine finanziellen Mehrkosten erwachsen.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Die Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten zur Umsetzung der Grundsätze des Übereinkommens.

Zu Art. 2 und 3:

Diese Regelungen bestimmen eine subsidiäre Entschädigungspflicht des Staates für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, sowie für die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen der infolge solcher Straftaten verstorbenen Opfer. Anspruchsberechtigt sind Staatsangehörige von Vertragsstaaten die­ses Übereinkommens und Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten des Europarates, die ihren ständigen Aufenthalt in dem Staat haben, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen worden ist. Die Entschädigung ist auch zu gewähren, wenn der Täter nicht verfolgt oder bestraft werden kann.

Das VOG entspricht diesen Kriterien und geht insoweit darüber hinaus, als Dritt­staatsangehörige aller Nationen, sofern sie sich zum Zeitpunkt der Tatbegehung nach dem 30. Juni 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten, anspruchsberechtigt sind.

Die relevante Bestimmung des VOG in diesem Zusammenhang ist § 1 Abs. 1 bis 7.

In Anlehnung an die innerstaatliche Regelung muss Österreich allerdings anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens einen Vorbehalt zu Art. 3 abgeben, dass das Übereinkommen für Personen, die nicht Unionsbürger oder Staatsangehörige von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, nur dann Anwendung findet, wenn die Straftat gegen sie nach dem 30. Juni 2005 in Österreich oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug, unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und wenn sie sich dort zum Tatzeitpunkt rechtmäßig aufgehalten haben.

Zu Art. 4:

Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten, je nach der Lage des Falles zu­mindest Verdienstausfall, Heilbehandlungs- und Krankenhauskosten, Bestattungs­kosten und den Ausfall von Unterhalt abzudecken.

Der Leistungskatalog des VOG sieht diese und weitere Hilfeleistungen vor.

Relevante Bestimmungen des VOG: §§ 1 Abs. 8, 2

Zu Art. 5 bis 10:

Diese Bestimmungen enthalten Regelungen, die es ermöglichen,

·                Entschädigungsobergrenzen und Entschädigungsuntergrenzen festzusetzen,

·                Antragsfristen zu normieren,

·              bei der Bemessung der Entschädigung die wirtschaftlichen Verhältnisse des An­tragstellers zu berücksichtigen,

·                Kürzungs- und Ausschlussgründe vorzusehen,

·              andere Entschädigungsleistungen anzurechnen,

·              beim Täter Regress zu nehmen.

Das VOG sieht entsprechende Regelungen in folgenden Bestimmungen vor: §§ 3 Abs. 1, 7, 8, 10 Abs. 1 und 12; die Anrechnung von anderen Entschädigungsleistun­gen ergibt sich aus den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regelungen iSd §§ 1293 ff. ABGB.

Zu Art. 11:

Diese Bestimmung legt den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, die potentiell An­spruchsberechtigten über die innerstaatliche Entschädigungsregelung zu informie­ren.

Nach der österreichischen Rechtslage sind Verbrechensopfer von den Sicherheits­behörden, dem Strafgericht bzw. der Staatsanwaltschaft über die Ansprüche nach dem VOG zu belehren.

Relevante Bestimmung des VOG: § 14

Zu Art. 12 und 13:

Diese Bestimmungen betreffen die internationale Zusammenarbeit, wobei von jedem Vertragsstaat eine zentrale Behörde zu bestimmen ist, die Rechtshilfeersuchen ent­gegennimmt und bearbeitet. In Österreich soll diese Aufgabe vom Bundessozialamt wahrgenommen werden. Dazu wird Österreich eine Erklärung anlässlich der Ratifikation abgeben.

Weiters ist festgehalten, dass Informationen über die innerstaatlichen Vorschriften dem Generalsekretär des Europarats zu übermitteln sind.

Zu Art. 14 und 15:

Diese Artikel enthalten die Inkrafttretensbestimmungen. Das Übereinkommen ist am 1. Februar 1988 objektiv in Kraft getreten.

Zu Art. 16:

Das Ministerkomitee kann jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats einladen, dem Übereinkommen beizutreten.

Zu Art. 17:

Eine Vertragspartei kann erklären, auf welche einzelne oder mehrere Gebietseinheiten das Übereinkommen Anwendung finden soll.

Zu Art. 18:

Dieser Artikel regelt das Anbringen und die Rücknahme von Vorbehalten.

Zu Art. 19 und 20:

Diese Artikel enthalten Bestimmungen über die Kündigung und die Aufgaben des Depositärs.