1447 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht und Antrag
des Finanzausschusses
über den Entwurf
eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Haftungsübernahme
zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und
Österreichische Postsparkasse AG geschaffen, das Bundesfinanzgesetz 2006 und
das Nationalbankgesetz 1984 geändert sowie ein Bundesgesetz betreffend den
Erwerb von Aktien der Oesterreichischen Nationalbank geschaffen werden
Im Zuge seiner
Beratungen über die Regierungsvorlage (1391 der Beilagen) betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die
Finanzierung von Eisenbahnmaterial (EUROFIMA-Gesetz) geändert wird hat der
Finanzausschuss in seiner Sitzung am 4. Mai 2006 auf Antrag der
Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Fritz Neugebauer und Detlev Neudeck Kolleginnen
und Kollegen teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem
Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz den
gegenständlichen Gesetzesantrag vorzulegen.
Der erwähnte
Antrag war wie folgt begründet:
„Probleme:
Schwierigkeiten der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und
Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG (BAWAG P.S.K.) können die
Finanzmarktstabilität insgesamt und auch das Vertrauen der Anleger in das
österreichische Banksystem gefährden; negative Auswirkungen auch auf den Bund
sind dadurch nicht ausgeschlossen.
Ziele:
Beitrag für die Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K.
Problemlösung:
Mit der Übernahme einer Haftung des Bundes für Not
leidende und uneinbringliche Positionen der BAWAG PSK wird die
zukunftsorientierte Funktionsfähigkeit dieses Kreditinstituts weiter
aufrechterhalten und das Vertrauen der Anleger in den österreichischen
Finanzplatz insgesamt gestärkt.
Finanzielle Auswirkungen:
- Auswirkungen
auf den Bundeshaushalt: Bei Inanspruchnahme aus der Haftung sind Auswirkungen
auf den Bundeshaushalt in Höhe von max. 900 Mio. € möglich, eine Minderung
dieser Belastung durch Regressansprüche an das Kreditinstitut selbst und die Heranziehung
des Verkaufserlöses zur Abdeckung einer in Anspruch genommenen Haftung mindern
jedenfalls diesen Maximalbetrag. Nicht abschätzbar sind jene positiven Effekte,
die mit dieser Haftungsübernahme auf die Refinanzierungskosten am österr.
Finanzplatz für österr. Schuldner sowie für die Verpflichtungen des Bundes
gemäß § 1 Abs. 4 Postsparkassengesetz verbunden sind. Des Weiteren
sind entfallende mögliche Belastungen unter dem Blickwinkel des § 93a
Abs. 3 Bankwesengesetz zu berücksichtigen, die nicht in Zahlen gefasst
werden können.
- Auswirkungen
auf die Planstellen des Bundes: Keine.
- Auswirkungen
auf andere Gebietskörperschaften: Keine.
- Durch
die vorgesehenen Änderungen wird kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand
verursacht.
- EStG
1988: Keine messbaren Auswirkungen.
Auswirkungen auf die Beschäftigung und den
Wirtschaftsstandort Österreich:
Positiv
im Sinne der Stärkung des Vertrauens der Anleger in den Finanzplatz Österreich
und seine Unternehmen sowie im Lichte der Finanzmarktstabilität.
Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen
Union:
Mit diesem
Bundesgesetz trägt der Bund zur Sanierung des Kreditinstituts in Form einer
Haftungsübernahme bei und bewegt sich damit in einem von der Europäischen
Kommission abgesteckten Rahmen, wie er beispielsweise bei der Sanierung der
französischen Bank Credit Lyonnais gebilligt wurde.
Sanierungskonzepte
können folgende Maßnahmen umfassen:
• Direkte und/oder
indirekte Mittelzuführungen an das Kreditinstitut unter Beachtung des „private
reasonable investor´s test“,
• direkter und/oder indirekter Erwerb von
Beteiligungen am Kreditinstitut und/oder aus dem Unternehmen ausgegliederten
Unternehmen,
• Haftungsübernahmen.
Österreich wählt
mit der Haftungsübernahme die geringst mögliche Einflussnahme auf das Kreditinstitut,
um den Fortbestand zu gewährleisten und das Vertrauen der Anleger in den
Finanzplatz sowie die Finanzmarktstabilität weiter aufrecht zu erhalten.
Österreich wird diese Maßnahme auch gegenüber der Europäischen Kommission als
mögliche Beihilfe notifizieren. Sofern die Maßnahme als staatliche Beihilfe zu
beurteilen ist, kann die Europäische Kommission diese – so wie bei der
Sanierung der Bank Credit Lyonnais – nach Art. 87 Abs. 3 lit. b
EG-Vertrag als Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im
Wirtschaftsleben genehmigen.
Alternativen:
Keine.
Zu Art. 1
Bundesgesetz
betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank
für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG
Besonderheiten
des Normsetzungsverfahrens:
Betreffend die Erlassung dieses
Bundesgesetzes ist keine Mitwirkung des Bundesrates gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG
erforderlich.
Allgemeiner
Teil
Der Bund vertreten
durch den Bundesminister für Finanzen wird mit diesem Haftungsgesetz
ermächtigt, die Haftung für Not leidende und uneinbringliche Kredite des
Kreditinstituts zu übernehmen.
Die
wichtigsten Punkte des Gesetzesvorschlages sind:
-- Ermächtigung
für den Bundesminister für Finanzen, namens des Bundes die Haftung für Not
leidende und uneinbringliche Kredite bis zu einem Höchstbetrag von 900 Mio. €
zu übernehmen.
-- Die Haftung kann
nur zur Sanierung des Kreditinstituts übernommen werden.
-- Die bisherigen
Eigentümer des Kreditinstituts haben gegenüber dem Kreditinstitut eine Haftung
abzugeben und zur Feststellung der Werthaltigkeit dieser ihr Vermögen gegenüber
der Oesterreichischen Nationalbank offen zu legen.
-- Die Haftung ist
befristet bis 1. Juli 2007, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen
verlängert werden.
-- Die bisherigen
Eigentümer erklären rechtsverbindlich, die Anteile bis zum 1. Juli 2007 zu
veräußern.
Kompetenzgrundlage:
Die Zuständigkeit
des Bundes für die Gesetzgebung im Gegenstand gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z
4 B-VG.
Besonderer
Teil:
Zu § 1
Abs. 1:
Der Bundesminister
für Finanzen wird ermächtigt, bis zum 1. Juli 2007 namens des Bundes die
Haftung als Bürge (§§ 1346, 1357 allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, ABGB) für
das Kreditinstitut in Höhe bis zu 900 Mio. € zu übernehmen. Abgesichert sind Aktivposten,
außerbilanzmäßige Geschäfte gemäß Anlage 1 zu § 22 BWG und besondere
außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte des Kreditinstituts, die vom Bankprüfer in
der Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss als Not leidend oder
uneinbringlich klassifiziert wurden. Für den Fall, dass der aktuelle
Jahresabschluss noch nicht vom Aufsichtsrat des Kreditinstituts festgestellt
wurde, sind der Haftungsübernahme die aktuellen Einschätzungen des Bankprüfers
zu Grunde zu legen.
Mit Übernahme
dieser Haftung wird das Kreditinstitut in die Lage versetzt, die behafteten
Positionen mit ihren jeweiligen Wertansätzen fortzuführen und sonst notwendige
Risikovorsorgen nicht bilden zu müssen.
Zur Prüfung der
Werthaltigkeit der Haftungen der bisherigen direkten und indirekten Eigentümer
des Kreditinstituts legen diese ihre Vermögensverhältnisse der
Oesterreichischen Nationalbank offen. Die Oesterreichische Nationalbank ist
berechtigt, die Angaben vor Ort zu überprüfen.
Zu § 1
Abs. 2:
Gemäß § 22 BWG ist
ein Kreditinstitut verpflichtet, über ausreichende Eigenmittel zur Abdeckung
der Kredit- und Ausfallsrisiken, der Marktrisiken im Wertpapier-Handelsbuch,
der offenen Devisenpositionen und ggf. der sog. großen Beteiligungen im
Nichtfinanzsektor (§ 29 BWG) zu verfügen. Die Haftungsübernahme nach
Abs. 1 kann erfolgen, wenn die Eigenmittel das gesetzliche Erfordernis
nicht nur kurzfristig unterschreiten und ein besonderes gesamtwirtschaftliches
Interesse an der Krisenbewältigung besteht.
Zu § 1
Abs. 3:
Von der
Haftungsübernahme ausgeschlossen sind jedenfalls Ansprüche aus
Schadenersatzforderungen gegen das Kreditinstitut, Forderungen, die gegen das
Kreditinstitut aus den Titeln Schadenersatz, Beraterhaftung oder
Prospekthaftung geltend gemacht werden, und jene Ansprüche, von einem
Gemeinschuldner gegen das Kreditinstitut erhoben werden.
Zu § 2
Abs. 1:
Die
Haftungserklärung des Bundes bedarf der Schriftform und hat insbesondere
folgende Inhalte zu umfassen: Gründe für die Haftungsübernahme, Haftungshöhe,
Anspruchnahme aus der Haftung, Fortbestand der Haftung bei Umgründung oder
Spaltung, Verwendung des Veräußerungserlöses bei Verkauf des Kreditinstituts
sowie Auskunfts-, Offenlegungs- und Berichtspflichten des begünstigten
Kreditinstituts.
Zu § 2
Abs. 2:
In der
Haftungserklärung ist auch zu regeln, ob Zinsen für behaftete Positionen in die
Haftung einbezogen sind. Des Weiteren sind in der Haftungserklärung die
Bedingungen einer allfälligen Besserungsverpflichtung festzulegen.
Zu § 3
Abs. 1:
Die bisherigen
Anteilseigner sind verpflichtet, sämtliche Anteilsrechte an Dritte zu
übertragen, wobei der erwerbende Dritte in keiner Verbindung mit dem Verkäufer
stehen darf.
Zu § 3
Abs. 2:
Die Haftung des
Bundesministers für Finanzen erlischt 60 Tage nach der Veräußerung des
Kreditinstituts durch die bisherigen Anteilseigner, spätestens aber am
1.7.2007. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung der
Bundesregierung die Haftung zu prolongieren, sofern die Bedingungen des
§ 1 Abs. 2 noch vorliegen.
Zu § 4
Abs. 1:
Das Haftungsentgelt
wird mit 0,2 vH jährlich, berechnet vom ausstehenden Kapitalbetrag und den
Zinsen, festgelegt.
Zu § 4
Abs. 2:
Hat am 1. Juli
2007 noch keine Veräußerung nach § 3 Abs. 1 stattgefunden, erhöht sich das
Haftungsentgelt um 1 vH auf insgesamt 1,2 vH und ist vom Bundesminister
für Finanzen ein Haftungstreuhänder zu bestellen.
Zu § 4
Abs. 3:
Geschäfte, die die
Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme des Bundesministers für Finanzen aus
der Haftung nach § 1 erhöhen, können vom Haftungstreuhänder untersagt werden.
Zu § 4
Abs. 4:
Der
Haftungstreuhänder ist bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben berechtigt, vom
Kreditinstitut, allen Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe und vom Bankprüfer
Auskünfte einzuholen, in Bücher, Schriftstücke und Datenträger Einsicht zu
nehmen und gegebenenfalls auch vom Bankprüfer oder anderen Wirtschaftsprüfern
und sachverständigen Dritten Prüfungen vornehmen zu lassen.
Zu § 5:
Das Kreditinstitut
und alle anderen natürlichen und juristischen Personen, die unmittelbare Maßnahmen
zur Problembewältigung setzen, sind zur Erleichterung dieser Maßnahmen von den
hiebei anfallenden Stempel- und Rechtsgebühren, den Bundesverwaltungsabgaben,
den Gerichts- und Justizgebühren sowie den Kapitalverkehrsteuern befreit.
Zu § 6:
Vollzugsklausel.
Zu
Art. 2
Änderung des
Bundesfinanzgesetzes 2006
Für den Ankauf von
Aktien der Oesterreichischen Nationalbank durch den Bund auf Grund des
Bundesgesetzes betreffend den Erwerb von Aktien der Oesterreichischen
Nationalbank werden Budgetmittel in Höhe bis zu 33 Millionen Euro
bereitgestellt.
Weiters wird für
den Fall der Inanspruchnahme im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz betreffend
die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit
und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG im Wege einer
bundesfinanzgesetzlichen Überschreitungsermächtigung finanziell vorgesorgt.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Hinsichtlich der
Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2006 steht dem Bundesrat gemäß Art. 42
Abs. 5 B-VG keine Mitwirkung zu.
Zu Art. 3
Bundesgesetz,
mit dem das Nationalbankgesetz 1984 geändert wird
Der Bund,
vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, ist am Grundkapital der
Oesterreichischen Nationalbank iHv 12 Mio. € mit Aktien im Nominale von
6 Mio. €, somit mit 50 %, beteiligt. Der mit dieser Novelle entfallende
§ 9 Abs. 2 des NBG bestimmt, dass die Hälfte des Grundkapitals vom Bund
gehalten wird.
Zur
Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und
Österreichische Postsparkasse AG wurde vereinbart, dass das Kreditinstitut
sowie der Österreichische Gewerkschaftsbund ihre Anteile an der
Oesterreichischen Nationalbank an den Bund veräußern. Um dies zu ermöglichen,
wird ein eigenes Ermächtigungsgesetz erlassen, das den Bundesminister für Finanzen
ermächtigt, diese Aktien für den Bund zu einem im Kaufvertrag festzulegenden
Preis zu erwerben. Die Beschränkung des § 9 Abs. 2 NBG wäre, um dies
zu ermöglichen, aufzuheben.
Die Änderung des
NBG tritt mit der Verlautbarung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Zu Art. 4
Bundesgesetz
betreffend den Erwerb von Aktien der Oesterreichischen Nationalbank
Der Bund,
vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, ist am Grundkapital der
Oesterreichischen Nationalbank iHv 12 Mio. € mit Aktien im Nominale von 6 Mio. €,
somit mit 50 %, beteiligt.
Zur
Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und
Österreichische Postsparkasse AG wurde vereinbart, dass diese Bank und der
Österreichische Gewerkschaftsbund ihre Anteile an der Oesterreichischen Nationalbank
an den Bund veräußern. § 1 dieses Bundesgesetzes ermächtigt gemäß § 59
Abs. 3 Z 2 Bundeshaushaltsgesetz - BHG, BGBl. Nr. 213/1986, idgF, den Bund,
diese Aktien nach einem zwischen Käufer Bund und Verkäufer zu vereinbarenden
Kaufpreis zu erwerben.“
In der Debatte
ergriffen die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter,
Dr. Werner Fasslabend, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Mag. Werner Kogler, Mag.
Walter Tancsits, Dr. Reinhold Mitterlehner,
Ing. Hermann Schultes, Mag. Johann Moser, Jakob
Auer, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn,
Dr. Gertrude Brinek, Wolfgang Katzian und
Detlev Neudeck sowie der Ausschussobmann Abgeordneter
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und der Staatsekretär im Bundesministerium
für Finanzen Dr. Alfred Finz das Wort.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 05 04
Franz Glaser Dkfm. Dr. Günter
Stummvoll
Berichterstatter Obmann