1451 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über die Regierungsvorlage (1367 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Mineralrohstoffgesetz und das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert werden (Anlagenrechtsnovelle 2006)

Mit den vorgeschlagenen Novellen zur Gewerbeordnung 1994, zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und zum Mineralrohstoffgesetz sollen einerseits die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (in der Folge kurz: „Umgebungslärmrichtlinie“) umgesetzt und soll andererseits den aktuellen Entwicklungen im Bereich des Immissionsschutzgesetzes - Luft – IG-L Rechnung getragen werden. Weiters wird die Novelle zum Anlass genommen, in § 222 MinroG eine Klarstellung im Zusammenhang mit gemeinschaftsrechtlichen Berichtspflichten einzufügen.

Zum Bereich „Umgebungslärmrichtlinie“:

Die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm ist die Basis eines gemeinsamen Europäischen Konzeptes zur Verringerung der Auswirkungen von Umgebungslärm.

Das Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz – Bundes-LärmG, BGBl. I Nr. 60/2005, setzt für den Bereich des Bundes die wesentlichen Eckpunkte und Instrumente der Umgebungslärmrichtlinie um. Die Erstellung der strategischen Teil-Umgebungslärmkarten sowie die Ausarbeitung von entsprechenden Teil-Aktionsplänen für dem IPPC-Regime unterliegende gewerbliche Betriebsanlagen, Anlagen gemäß EG-K bzw. MinroG-Aufbereitungsanlagen fallen in den Aufgabenbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

Für die Erfüllung dieser Aufgaben bedarf es der diesbezüglichen Informationen über Lärmemissionen, die von den jeweiligen dem IPPC-Regime unterliegenden Anlagen ausgehen. Diese Informationen sollen von den Anlageninhabern bzw. von den Betreibern zur Verfügung zu stellen sein.

Zum Bereich „Anpassung an das IG-L“:

Das Immissionsschutzgesetz - Luft wird im Rahmen des geplanten Umweltrechtsanpassungsgesetzes 2005, (siehe die Regierungsvorlage 1147 BlgNR XXII.GP) einer umfassenden Überarbeitung unterzogen werden. Durch die vorgesehenen Änderungen des IG-L wird auch die Änderung jener Bestimmungen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts, des EG-K und des MinroG erforderlich, die auf das IG-L abstellen; diese Anpassung soll mit der vorgeschlagenen Novelle erfolgen.

 

Der Wirtschaftsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. Mai 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Michaela Sburny sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1:

Die vorgeschlagene Ergänzung dient der Klarstellung, dass die behördlich angeordneten Anpassungsmaßnahmen keine anzeige- bzw. genehmigungspflichtigen Änderungen im Sinne des § 81a darstellen.

Zu Z 2, 5 und 7:

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll den Betreibern eine hinreichende Frist zur Meldung der erforderlichen Daten eingeräumt werden.

Zu Z 3:

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll das so genannte „Forschungsprivileg“ bei IPPC-Anlagen optimal mit den EU-rechtlichen Vorgaben abgestimmt werden.

Zu Z 4 und 6:

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll klargestellt werden, dass eine nach § 121b Abs. 1 MinroG gesetzlich oder bescheidmäßig angeordnete Maßnahme zur Anpassung an den Stand der Technik – so wie es derzeit in § 119 Abs. 9 MinroG bereits für Sanierungsmaßnahmen nach § 119 Abs. 11 MinroG vorgesehen ist – keiner Bewilligung bedarf; diese Änderung ist auch in der In-Kraft-Tretens-Bestimmung zu berücksichtigen.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ferner beschloss der Wirtschaftsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

„Zu § 77 Abs. 3 GewO 1994:

Wenn die im § 77 Abs. 3 festgelegten (dem IG-L nachgebildeten) Voraussetzungen vorliegen, sind die Anforderungen des § 77a Abs. 4 bereits erfüllt (da davon ausgegangen werden muss, dass bereits mit der dem IG-L nachgebildeten Regelung die Einhaltung der EU-Luftschadstoffimissionsgrenzwerte sichergestellt wird, können darüber hinausgehende Maßnahmen nicht „erforderlich“ im Sinne des § 77a Abs. 4 sein).

Zu § 77 Abs. 3 Z 1 GewO 1994, zu § 116 Abs. 2 Z 2 lit. a und § 119 Abs. 3 Z 6 lit. a MinroG sowie zu § 5 Abs. 2 Z 3 lit a EG-K:

Die Feststellung von Grenzwertüberschreitungen erfolgt auf Basis des gemäß IG-L betriebenen Luftgüte-Messnetzes. Die Messergebnisse der im Gebiet verteilten einzelnen Messstationen sind die Indikatoren für etwaige Grenzwertüberschreitungen im betrachteten Gebiet. Anhand derselben Luftgütemessungen bzw. Lüftgütemessstellen wird auch zu beurteilen sein, inwieweit die neue (geänderte) Anlage eine Veränderung der Luftqualität im betrachteten Gebiet verursacht.

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens in einem Gebiet, in dem eine Überschreitung bereits ausgewiesen bzw. zu erwarten ist, wird die Behörde von Amts wegen zu prüfen haben, ob eine etwaige Zusatzimmission im Sinne des § 77 Abs. 3 Z 1 GewO 1994 bzw. § 116 Abs. 2 Z 2 lit. a oder § 119 Abs. 3 Z 6 lit. a MinroG bzw. § 5 Abs. 2 Z 3 lit a EG-K einen relevanten Beitrag zur gegebenen Immissionsbelastung liefert.

Mit Hilfe eines geeigneten Ausbreitungsmodells für Luftschadstoffe (Ausbreitungsrechnung) ist die an relevanten Messpunkten des IG-L Luftgüte-Messnetzes des in Rede stehenden Gebietes zu erwartende Zusatzimmission zu errechnen. Als relevant anzusehende Messpunkte gelten jene, bei denen insbesondere Auswirkungen der (neuen) Zusatzimmission zu erwarten sind (zB in Hauptwindrichtung).

Sofern auf Grund der Art und Größe der Anlage im Verhältnis zu den dominierenden Emissionsquellen des Gebietes offenkundig ist, dass kein relevanter Beitrag zur Immissionssituation im betrachteten Gebiet erreicht werden kann, ist auf § 45 Abs. 1 AVG hinzuweisen, wonach Tatsachen, die offenkundig sind, keines Beweises bedürfen. Nach herrschender Fachmeinung ist in solchen Fällen insbesondere eine Ausbreitungsrechnung entbehrlich.

Relevanz bedeutet qualifizierter Beitrag an Schadstoffen zur Gesamtsituation der Luftgüte. Konkret ist diese Frage unter Betrachtung der Auswirkungen auf die von den Emissionen der Anlage betroffenen IG-L Messstellen zu beantworten. Die auf diese Weise festgestellten Einflüsse sind nach Maßgabe der technischen Regelwerke – zB TA-Luft oder Leitfaden des UBA – zu qualifizieren.

Eine Zusatzimmission gilt jedenfalls nicht als relevant, wenn sie im Bereich der Messtoleranz des Messsystems liegt; siehe dazu die in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage beispielhaft genannten Schwellenwerte sowie die dazu zitierten Quellenhinweise.

Zu § 77 Abs. 3 Z 2 GewO 1994, zu § 116 Abs. 2 Z 2 lit. b und § 119 Abs. 3 Z 6 lit. b MinroG sowie zu § 5 Abs. 2 Z 3 lit b EG-K:

Die Genehmigungsvoraussetzungen sind im Gesamtzusammenhang der Kompensation von zusätzlichen Emissionsbeiträgen von neuen Anlagen bzw. von Anlagenänderungen durch emissionsmindernde Maßnahmen auch bei anderen Emittenten in den jeweils betroffenen Gebieten zu sehen.

Hiebei ist gegebenenfalls in Abhängigkeit von Programmen bzw. Maßnahmenkatalogen auf der Grundlage des IG-L von einem langfristigen realistischen Szenario auszugehen. In diesem Sinn sind emissionsbegrenzende Auflagen in technisch möglichem und wirtschaftlich zumutbarem Ausmaß vorzuschreiben. Solche im Regelfall über den Stand der Technik hinausgehende Auflagen müssen jedoch für den Anlagenbetreiber wirtschaftlich zumutbar sein; die Verhältnismäßigkeit ist zu wahren.

Die diesbezüglich erforderlichen Genehmigungsauflagen hängen hinsichtlich der technischen Lösungen de facto von den vorhandenen Kompensationspotenzialen ab, die insbesondere in Programmen bzw. Maßnahmenplänen gemäß IG-L zu finden sein werden. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Projektwerbers, für ein ausreichendes Kompensationspotential zu sorgen.

Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit durch die Behörde wird den Anlageninhaber eine Mitwirkungspflicht treffen, da sich die wirtschaftliche Zumutbarkeit aus den in der Regel nur dem Betriebsinhaber bekannten und daher von diesem der Behörde bekannt zu gebenden betriebswirtschaftlichen Umständen ergibt Die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Maßnahme wird schon deshalb nur unter Mitwirkung des Genehmigungswerbers bzw. Anlageninhabers zu beurteilen sein, weil nur er die Kosten einer Maßnahme den wirtschaftlichen Gegebenheiten bzw. Erwartungen seines Unternehmens gegenüberstellen kann. In der Praxis wird daher der Antragsteller darzustellen haben, welche technischen Abhilfemaßnahmen „er sich noch leisten kann“; die nach Berücksichtigung dieser Maßnahmen (noch) verbleibenden Emissionen/Immissionen sind den im belasteten Gebiet vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen gegenüberzustellen. Führt diese Bilanz zu einem zumindest ausgeglichenen Saldo, so kann die Anlage genehmigt werden.“

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Johann Ledolter gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2006-05-09

Johann Ledolter Dr. Reinhold Mitterlehner

       Berichterstatter                  Obmann