VORBLATT

 

Problem:

Das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften samt Zusatzprotokoll ermöglicht den österreichischen Gebietskörperschaften zur Zeit nur eine Zusammenarbeit mit unmittelbar benachbarten Gebietskörperschaften anderer Staaten (grenzüberschreitende Zusammenarbeit),  Mittlerweile wurde im Rahmen des Europarates ein Zusatzprotokoll Nr. 2 ausgearbeitet, welches eine Zusammenarbeit auch von nichtbenachbarten ausländischen Gebietskörperschaften vorsieht

Ziel

Es soll interessierten österreichischen Gemeinden ermöglicht werden, im Rahmen des Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften auch mit nichtbenachbarten ausländischen Gebietskörperschaften zusammenzuarbeiten

Inhalt:

Das Zusatzprotokoll Nr. 2 ermöglicht die Zusammenarbeit mit nichtbenachbarten ausländischen Gebietskörperschaften, mit denen eine inländische Gebietskörperschaft gemeinsame Interessen hat (interterritoriale Zusammenarbeit). Und dies nicht nur im Rahmen von Einrichtungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und von Vereinigungen von Gebietskörperschaften, sondern auch auf zweiseitiger Ebene.

Alternative:

Keine

 

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Österreichischen Gebietskörperschaften mit nichtbenachbarten ausländischen Gebietskörperschaften könnte die Wirtschaftstätigkeit in grenznahen Regionen stimuliert werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen stehen in keinem Widerspruch zum Recht der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG


ERLÄUTERUNGEN

Das Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Das Protokoll ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch dieses Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Am 22 Dezember 1981 trat das Rahmenübereinkommen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften der Mitgliedsländer des Europarates in Kraft. Österreich hat das Übereinkommen  am 28. Mai 1980 unterzeichnet. Die Ratifikationsurkunde wurde am 18. Oktober 1982 beim Generalsekretariat hinterlegt. Es trat für Österreich mit 19. Jänner 1983 in Kraft (BGBl. Nr. 52/1983).

Das Zusatzprotokoll, das zur Lösung der rechtlichen Probleme bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beigetragen hat, trat am 1. Dezember 1998 objektiv in Kraft. Für Österreich, welches das Zusatzprotokoll am 17. März 2004 ratifiziert hat,  ist es am 18. Juni 2004 in Kraft getreten.

Wie die vorgenannten Instrumente wurde auch das Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit vom Lenkungsausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) ausgearbeitet. Es wurde am 5. Mai 1998 zur Zeichnung aufgelegt und trat am 1. Februar 2001 objektiv in Kraft.

Anlass war die Tatsache, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und interterritoriale Zusammenarbeit ähnliche Probleme aufwerfen und viele Mitgliedsstaaten das Rahmenübereinkommen noch nicht unterzeichnet oder ratifiziert hatten. Das Protokoll ist flexibel, denn nach seiner Auflegung zur Unterzeichnung ist es nur für diejenigen Staaten verbindlich, die es anschließend ratifizieren, aber auch dynamisch, weil es den Staaten, die es sofort ratifizieren, ermöglicht, eine Zusammenarbeit aufzunehmen und Erfahrungen zu sammeln, die für andere Staaten nützlich sein könnten.

Das Protokoll wurde von 20 Staaten unterzeichnet und von 13 ratifiziert (darunter Deutschland, Niederlande, Slowakei, Slowenien, Schweden und Schweiz)

Die Übersetzung in die deutsche Sprache wurde mit der Schweiz und Deutschland akkordiert.


Besonderer Teil

Allgemeine Erwägungen

Das Rahmenübereinkommen und das Zusatzprotokoll betreffen die Beziehungen zwischen benachbarten Gemeinden, d.h. Gemeinden, die geographisch entweder direkt (durch eine gemeinsame Grenze) oder indirekt (durch Mitgliedschaft einer Gruppe von Gebietskörperschaften, die eine Gruppe mit gemeinsamen Grenzen bilden) miteinander verbunden sind.

Die Beziehungen zwischen Gebietskörperschaften über nationale Grenzen hinweg sind jedoch so dynamisch, dass auch Vereinbarungen zwischen geographisch weit auseinander liegenden Gebietskörperschaften geschlossen wurden. Solche interregionalen Vereinbarungen wurden beispielsweise zwischen Spanien, Frankreich, Italien und Belgien im Zusammenhang mit High-Tech-Entwicklungsgebieten geschlossen. Viele Partnerschaftsvereinbarungen zwischen Städten oder Regionen sind in der Tat hoch entwickelte Kooperationsvereinbarungen, die sich auf Gebiete erstrecken, die bisher von den herkömmlichen Partnerschaftsverträgen ausgeschlossen wurden. Solche Kontakte zwischen Gebietskörperschaften werden in Zukunft einen erheblichen Aufschwung erfahren.

Deshalb stellt sich die Frage, ob solche Muster auf internationaler Ebene ohne rechtlichen Rahmen bleiben sollten, oder ob sie von Anfang an in einen bekannten, erprobten und bewährten Rahmen gelenkt werden sollten.

Der juristische Ansatz  für die Erarbeitung des Protokolls Nr. 2 besteht darin, durch Verweis auf die beiden vorhandenen Übereinkünfte über grenzüberschreitende Zusammenarbeit, d.h. das Rahmenübereinkommen und das Zusatzprotokoll, an das Thema interterritoriale Zusammenarbeit heranzugehen.

Zu Artikel 1

Dieser Artikel definiert „interterritoriale Zusammenarbeit“ sozusagen auf der Grundlage eines „negativen Kriteriums“: Interterritoriale Zusammenarbeit bezeichnet jede Abstimmung zwischen Gebietskörperschaften, die nicht als grenzüberschreitend im Sinne des Rahmenübereinkommens und des Zusatzprotokolls anzusehen ist.

Diese Definition könnte in gewissen Grenzfällen zu Auslegungsproblemen führen, aber solche Probleme sind sicher lösbar, weil das Hauptmerkmal der interterritorialen Zusammenarbeit das Fehlen eines räumlichen Zusammenhangs zwischen Gemeinden oder Gruppen von Gemeinden ist.

 

Zu Artikel 2

Dieser Artikel schreibt den Grundsatz des Rechts der Gebietskörperschaften auf Abschluss von gegenseitigen Vereinbarungen im Rahmen der interterritorialen Zusammenarbeit fest. Dieses Recht sollte von den Staaten anerkannt und geachtet werden und unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen wahrgenommen werden, die im Rahmenübereinkommen, dem Zusatzprotokoll  und dem vorliegenden Protokoll definiert werden.

Beispielsweise soll daran erinnert werden, dass nach diesem Artikel Vereinbarungen über interterritoriale Zusammenarbeit geschlossen werden sollen

                a) im Rahmen der Zuständigkeiten der durch sie gebundenen    Gebietskörperschaften;

               b)           entsprechend den in den Satzungen der Gebietskörperschaften festgelegten Verfahren;

                c)           entsprechend den internationalen Verpflichtungen der Staaten, denen die  Gebietskörperschaften angehören;

               d) in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht des einzelnen Staates  betreffend den Status der Einrichtungen für die internationale Zusammenarbeit.

Eine wichtige Vorschrift steckt in der Formulierung „gemeinsame Zuständigkeitsbereiche“. Sie zeigt an, dass zum Abschluss einer Vereinbarung alle Gebietskörperschaften für den jeweiligen Bereich zuständig sein müssen. Dies bedeutet dann, wenn die Zuständigkeit übertragen oder geteilt und nicht ausschließlich ist, dass die betreffende Gebietskörperschaft alle Vorschriften des innerstaatlichen Rechts hinsichtlich dieses Bereichs erfüllen muss.

Die Formulierung „in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht“ zeigt an, dass die Gebietskörperschaften beim Abschluss und der Durchführung ihrer Vereinbarungen die Verfahren und sonstigen Regelungen beachten müssen, die im nationalen Recht des Staates, dem sie angehören, festgelegt sind. Die Verbindung mit dem Ausdruck „gemeinsame Zuständigkeitsbereiche“ bedeutet, dass die Gebietskörperschaften beim Abschluss einer Vereinbarung über die interterritoriale Zusammenarbeit weder Zuständigkeiten erwerben können, die sie nach dem innerstaatlichen Recht nicht haben dürfen, noch eine neue Kategorie örtlicher Gebietskörperschaften schaffen können.

Dieser Artikel befasst sich nicht mit den Beziehungen zwischen bestehenden Vereinbarungen über interterritoriale Zusammenarbeit und den internationalen Verpflichtungen, welche die Vertragsparteien später eingegangen sind.

Absatz 2 stellt deutlich heraus, dass der Abschluss oder die Durchführung einer Vereinbarung über interterritoriale Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften nicht die Zuständigkeit des Staates oder einer anderen Gebietskörperschaft nach sich ziehen kann, die diese Vereinbarung nicht unterzeichnet hat.

 

Zu Artikel 3 und 4

Diese Artikel betreffen die materiellen Bestimmungen über die interterritoriale Zusammenarbeit. Die anwendbaren Bestimmungen werden durch Hinweis auf den materiellen Teil anderer einschlägiger internationaler Übereinkünfte, z.B. des Rahmenübereinkommens und des Zusatzprotokolls, festgelegt.

Da interterritoriale Zusammenarbeit und grenzüberschreitende Zusammenarbeit jedoch in gewisser Hinsicht unterschiedlich sein können, wird in den Artikeln 3 und 4 bei der Bezugnahme auf das Rahmenübereinkommen und das Zusatzprotokoll betont, dass diese Übereinkünfte „sinngemäß“ anzuwenden sind.

Hieraus folgt, dass die Klarstellungen zur Auslegung des Rahmenübereinkommens und des Zusatzprotokolls durch die Erläuternden Berichte insoweit auch für dieses Protokoll gelten, wie die Bestimmungen dieser beiden Übereinkünfte auf die interterritoriale Zusammenarbeit anwendbar sind.

Zu Artikel 5

Da der Begriff „sinngemäß“ weithin bekannt ist und in internationalen Übereinkünften häufig verwendet wird, wurde es zur Vermeidung von Missverständnissen für erforderlich gehalten, ihn für die Zwecke der Durchführung dieses Protokolls zu definieren.

Nach dieser Definition werden das Rahmenübereinkommen und sein Zusatzprotokoll auf die interterritoriale Zusammenarbeit angewendet, indem der Begriff „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ durch „interterritoriale Zusammenarbeit“ ersetzt wird.

Zu Artikel 6

Die Begründung für diesen Artikel liegt darin, dass nach Artikel 3 des Zusatzprotokolls zum Rahmenübereinkommen durch eine Vereinbarung zwischen Gebietskörperschaften eine Einrichtung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingesetzt werden kann, die eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Stelle sein kann. Artikel 8 des Zusatzprotokolls sieht vor, dass jede Vertragspartei angibt, ob sie die Artikel 4 und 5 oder nur einen davon anwendet. Artikel 4 des Zusatzprotokolls sieht den Fall vor, dass eine  Einrichtung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit Rechtspersönlichkeit besitzt. Artikel 5 befasst sich ausdrücklich mit den Maßnahmen, die eine Einrichtung für die Zusammenarbeit, die von den Vertragsparteien als öffentlich-rechtliche Stelle betrachtet wird, ergreift.

Da die Vertragsparteien zur Durchführung dieses Protokolls eine andere Lösung als zur Durchführung des Zusatzprotokolls wählen können, indem sie beispielsweise auf eine  Einrichtung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit öffentliches Recht und auf eine Einrichtung für die interterritoriale Zusammenarbeit Privatrecht anwenden, müssen sie folglich erklären, ob sie die Artikel 4 und 5 des Zusatzprotokolls oder nur einen davon anwenden werden.

 

Zu Artikel 7

Artikel 7 erklärt Vorbehalte zu dem Protokoll für unzulässig

Zu Artikel 8

Artikel 8 regelt die Form des Beitrittes zu dem Protokoll.

Zu Artikel 9 – 12

Die Schlussbestimmungen in den Artikeln 9 bis 12 entsprechen den Muster-Schlussklauseln für im Rahmen des Europarats geschlossene Verträge.