1466 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über den Antrag
829/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Einkommensteuergesetz 1988 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert
werden – KMU-Förderungsgesetz 2006 (KMU-FG 2006)
Die Abgeordneten
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen
Initiativantrag am 27. April 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt
begründet:
„Erläuterung
Zu
Artikel 1
Änderung des
Einkommensteuergesetzes 1988
Zu
Art. 1 Z 1 und 4 (§§ 10 und 124b Z 135
EStG 1988):
Zielsetzung
der Neuregelung
Zur Stärkung der
über 300.000 Einnahmen-/Ausgabenrechner in Österreich, also jener Unternehmen,
die in Österreich großteils zu den Klein- und Mittelunternehmen gehören, soll
ein Freibetrag für investierte Gewinne gewährt werden. Nachdem bei
Einnahmen-Ausgabenrechnern das Eigenkapital idR nicht bestimmbar ist, soll ein
Gewinnanteil von maximal 10 % dann steuerbefreit sein, wenn dieser Betrag
in begünstigtes Anlagevermögen investiert wird. Damit werden
Einnahmen-/Ausgaberechner in doppelter Hinsicht gefördert:
- Es bleibt
ein Gewinnanteil steuerfrei, wodurch das Unternehmen mehr Geld zur Verfügung
hat.
- Es besteht
ein Anreiz zur Investition in begünstigte Wirtschaftsgüter, wodurch die
Investitionstätigkeit angekurbelt wird.
Wahlweise
Inanspruchnahme
Die Begünstigung
soll im Rahmen eines Wahlrechts in Anspruch genommen werden können. Das Wahlrecht
kann jährlich unabhängig von der Vorgangsweise in früheren oder späteren
Zeiträumen immer wieder „neu“ ausgeübt werden.
Auch dann, wenn
sich der Steuerpflichtige nicht schon ab Beginn des Betriebes oder der
Mitunternehmerstellung für den Freibetrag für investierte Gewinne entscheidet,
kann die Begünstigung grundsätzlich in Anspruch genommen werden.
Ermittlung
der Höhe der Begünstigung
Die steuerliche
Begünstigung beträgt maximal 10 % des Gewinnes, wenn und insoweit diesem
Betrag Investitionen von begünstigten Wirtschaftsgütern im gleichen
Kalenderjahr gegenüberstehen. Sind die Investitionen geringer als die
10 %-Grenze, so ist die Begünstigung mit der Höhe der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten begrenzt. Insgesamt ist die Begünstigung je
Steuerpflichtigen mit 100.000 Euro pro Jahr begrenzt.
Beispiele:
Im
Kalenderjahr 2007 wurden folgende Investitionen in begünstigte Wirtschaftsgüter
getätigt bzw. folgender Gewinn erzielt:
|
a) |
b) |
c) |
d) |
Gewinn |
40.000 |
-30.000 |
350.000 |
1.200.000 |
davon
10 % |
4.000 |
0 |
35.000 |
120.000 |
Investitionen
begünst. WG |
6.000 |
20.000 |
20.000 |
135.000 |
Freibetrag
für investierte Gewinne (FBiG) |
4.000 |
0 |
20.000 |
100.000 |
Bemessungsgrundlage
für weitere Steuerberechnung |
36.000 |
-30.000 |
330.000 |
1.100.000 |
Dass die absolute
Förderungsgrenze mit 100.000 Euro festgelegt wird, hat zur Folge, dass die
Förderung in besonderem Maße bei kleineren und mittleren Unternehmen wirkt. Der so ermittelte Freibetrag für investierte Gewinne mindert
die Steuerbemessungsgrundlage.
Nicht
in die Berechnung mit einzubeziehen sind Übergangsgewinne gemäß § 4
Abs. 10 oder Veräußerungsgewinne gemäß § 24. Wenn daher
beispielsweise ein Übergang der Gewinnermittlungsart von § 5 auf § 4
Abs. 3 auf Grund der Änderungen durch das Unternehmensgesetzbuch erfolgt,
so sind dabei entstehende Übergangsgewinne bei Berechnung der 10 %-Grenze
nicht zu berücksichtigen und auszuscheiden.
Bei
Mitunternehmerschaften wird der sich ergebende Freibetrag bzw. der Höchstbetrag
von 100.000 Euro den Gesellschaftern anteilig ihrer Gewinnbeteilungsquoten
zugeordnet und es können nur die
einzelnen Mitunternehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die
Begünstigung in Anspruch nehmen. Gehört der Mitunternehmeranteil zum
Betriebsvermögen eines Betriebes, dann soll
- der
Freibetrag für investierte Gewinne nicht geltend gemacht werden können, wenn
die Voraussetzungen zur Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne
im Betriebsvermögen des Betriebes vorliegen bzw.
- jener
Mitunternehmeranteil aus der Bemessungsgrundlage für den Freibetrag für
investierte Gewinne ausgeschlossen sein, der durch Betriebsvermögensvergleich
ermittelt wurde.
Bei
Mitunternehmerschaften wird der Höchstbetrag von 100.000 Euro den
Gesellschaftern anteilig entsprechend ihrer Gewinnbeteilung zugeordnet (siehe
dazu unten). Im Fall der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft ist dieser
ebenfalls ein anteiliger Höchstbetrag zuzuordnen, der allerdings mangels
Wirksamkeit des § 10 EStG 1988 bei dieser nicht wirksam wird.
Beispiel:
1.
A ist mit 50 %, B und C jeweils mit 25 % an der ABC GesBR beteiligt,
die einen handelsrechtlichen Gewinn von 160.000 Euro erzielt. Insgesamt
wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 8.000 Euro angeschafft.
2.
A hat zudem Einzelunternehmen (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3
EStG 1988) und erzielt dort einen Gewinn von 250.000 Euro. Insgesamt
wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 30.000 Euro angeschafft.
3.
B hält den Mitunternehmeranteil an der ABCGesBR im Betriebsvermögen seines
Einzelunternehmens (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988)
und erzielt ausschließlich für den Eigenbetrieb einen Gewinn von
175.000 Euro, insgesamt von 200.000 Euro. Insgesamt wurden
begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 18.000 Euro angeschafft.
4.
C hat nicht selbständige Einkünfte in Höhe von 40.000 €.
|
A |
B |
C |
Mitunternehmerschaft:
Gewinn |
80.000 |
40.000 |
40.000 |
davon
10 % |
8.000 |
4.000 |
4.000 |
begünstigte
Wirtschaftsgüter |
4.000 |
2.000 |
2.000 |
Mitunternehmeranteil
im BV des Betriebes |
nein |
ja |
- |
Höhe
des Freibetrages für investierte Gewinne (FBiG) |
4.000 |
- |
2.000 |
Einzelunternehmen:
Gewinn |
250.000 |
215.000 |
- |
Bemessungsgrundlage
für FBiG |
250.000 |
215.000 |
- |
davon
10 % |
25.000 |
21.500 |
- |
begünstigte
Wirtschaftsgüter |
30.000 |
18.000 |
- |
Höhe
des FBiG |
25.000 |
18.000 |
- |
Höhe
des FBiG insgesamt |
29.000 |
18.000 |
2.000 |
Begünstigte
bzw. nicht begünstigte Wirtschaftsgüter
Zu den
begünstigten Wirtschaftsgütern zählen solche des Anlagevermögens, soweit sie
abnutzbar und körperlich sind oder soweit es sich um Wertpapiere gemäß
§ 14 Abs. 5 Z 4 handelt. In beiden Fällen gilt eine vierjährige
Behaltedauer (Nutzungsdauer, Widmungsdauer). Dass die Wirtschaftsgüter in einer
Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden müssen,
ist aus EU-rechtlicher Sicht geboten. Die Einschränkung, dass der Freibetrag
für investierte Gewinne nicht zusteht, insoweit Wirtschaftsgüter von einem
Unternehmen erworben wurden, das unter beherrschendem Einfluss des
Steuerpflichtigen steht, stellt eine Missbrauchsbremse dar. Hervorzuheben ist
auch, dass es nicht zu steuerlichen Doppelförderungen bei ein und denselben
Wirtschaftsgütern kommen soll, weshalb Wirtschaftsgüter, für die der
Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4
(„Frascati-Freibetrag“) oder gemäß § 4 Abs. 4 Z 4b
(Auftragsforschung) in Anspruch genommen wurde, ebenfalls nicht die
Begünstigung vermitteln.
Nachversteuerung
Der Förderung des
Gewinnes, soweit in begünstigte Wirtschaftsgüter investiert wird, soll eine
„Entförderung“ bei späterem Ausscheiden zur Seite gestellt werden. Der
Freibetrag für investierte Gewinne ist insoweit gewinnerhöhend anzusetzen und
zwar im Jahr des Ausscheidens oder Verbringens in einen Staat außerhalb des
EU/EWR-Raumes. Bei Wertpapieren jedoch soll eine Nachversteuerung dann
unterbleiben, wenn die Veräußerung nur in einer Wertpapierumschichtung besteht,
wobei es sich auch wieder um begünstigte Wertpapiere gemäß § 14
Abs. 5 Z 4 handeln muss. Es wäre jedoch auch zulässig, dass anstelle
der Wertpapiere abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter angeschafft werden. In
beiden Fällen jedoch soll die vierjährige Behaltefrist nicht von neuem zu
laufen beginnen.
Eine
Nachversteuerung greift auch dann nicht automatisch Platz, wenn der Betrieb
übertragen wird oder die Gewinnermittlungsart gewechselt wird. Es soll dann
erst zur Nachversteuerung kommen, wenn die Wirtschaftsgüter ausscheiden oder
verbracht werden.
Dadurch dass die
Nachversteuerung im Jahr des Ausscheidens oder Verbringens erfolgen soll,
werden jene geschont, die einen Zwangsverkauf tätigen, weil es dem Betrieb
nicht gut geht. Eine Aufrollung der Jahre davor scheint nicht zweckmäßig, da
für die Verwaltung und für die Unternehmen erhöhten Aufwand verursacht werden würde.
Geltendmachung
Um eine
Evaluierung betreffend die tatsächliche Anreizwirkung einerseits und die
budgetären Kosten andererseits vornehmen zu können, soll es Voraussetzung für
die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sein, dass die Geltendmachung
an der in der Steuererklärung vorzusehenden Stelle kundgetan wird. Zudem ist
ein Verzeichnis über jene Wirtschaftsgüter beizulegen, für die der Freibetrag
für investierte Gewinne in Anspruch genommen wurde.
Die Berichtigung
soll bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides (Einkommensteuerbescheides
oder Feststellungsbescheides nach § 188 BAO) möglich sein.
Wirksamkeit
Der Freibetrag für
investierte Gewinne soll erstmals bei der Veranlagung des Kalenderjahres 2007
geltend gemacht werden können.
Zu Z 2
und 4 (§ 11a und 124b Z 135 EStG 1988:
Die Ergänzung
dient dem Ausschluss einer möglichen Doppelbegünstigung analog zu § 10
Abs. 2.
Zu Z 3
und 4 (§ 18 Abs. 7 und 124b Z 135
EStG 1988:
Einnahmen-/Ausgabenrechner
sollen in Hinkunft die Möglichkeit haben, die in den ersten sieben Jahren
entstandenen Anlaufverluste geltend machen zu können.
Zu
Artikel 2
Änderung des
Umsatzsteuergesetzes 1994
Zu Z 1
und 2 (§ 6 Abs. 1 Z 27 und
§ 28 Abs. 28 Z 1 UStG 1994):
Es wird die
Anregung des Österreichischen Rechnungshofes aufgegriffen, die für die
Steuerbefreiung von Kleinunternehmern geltende Umsatzgrenze anzuheben.
Nach dem
Beitrittsvertrag darf Österreich für Unternehmer, deren Jahresumsatz geringer
ist als 35.000 Euro, von der Umsatzsteuer befreien. Unter Bedachtnahme auf
die Toleranzgrenze von 15 % wird die Kleinunternehmergrenze auf
30.000 Euro angehoben.“
Der
Finanzausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am
10. Mai 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich
außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Dr. Reinhold Mitterlehner,
Mag. Werner Kogler, Marianne Hagenhofer,
Josef Bucher, Gabriele Tamandl,
Heinz Gradwohl und Mag. Kurt Gaßner sowie
der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll
und der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll
und Josef Bucher einen Abänderungsantrag eingebracht, der
wie folgt begründet war:
„E/A-Rechner sollen in Hinkunft die Möglichkeit haben (wie § 4 (1)
und § 5-Ermittler), Verluste vorzutragen; dies mit der Maßgabe, dass lediglich
Verluste, die in den vorangegangenen drei Jahren entstanden sind, unter die
Abzugsfähigkeit fallen.“
Bei der Abstimmung
wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten
Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Josef Bucher teils
einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 05 10
Jakob Auer Dkfm. Dr. Günter
Stummvoll
Berichterstatter Obmann