1491 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Familienausschusses
über den Antrag
324/A(E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldes
Die Abgeordneten
Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag
am 28. Jänner 2004 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„“Das angepatzte
Lieblingsbaby“ wie es Eva Linsinger im Standard vom 21.1.2004 so treffend
bezeichnet, das Kinderbetreuungsgeld, macht wieder einmal Schlagzeilen.
Rückforderung „Ja oder Nein“, Einhaltung des Gesetzes „Ja oder Nein“, „gleich
oder erst später“, keiner kennt sich mehr aus und die Betroffenen sind mehr als
verunsichert. Bundesminister Haupt erteilt eine Weisung das Gesetz zur Zeit
nicht zu vollziehen – und prompt ist dann die NÖGKK schuld daran, weil sie tat
was schwarz-blau ihr aufgetragen. Staatssekretärin Haubner sagt, dass niemand
etwas zurückzahlen muss, Bundeskanzler Schüssel sagt, dass Gesetze einzuhalten
sind.
Die
FPÖ-Regierungsmitglieder, Bundesminister Haupt und Staatssekretärin Haubner
wollen jetzt eine Evaluierung des Gesetzes abwarten, ABER: In einer Studie des
Wirtschaftsforschungsinstitutes über die „Auswirkungen der Kindergeldregelung
auf die Beschäftigung von Frauen mit Kleinkindern“ liegt bereits seit März 2003
eine erste Evaluierung des geltenden Kinderbetreuungsgeldgesetzes vor.
Diese hat man
anscheinend übersehen, oder nicht beachten wollen, weil sie eben nicht den
gewünschten Erfolg bringt: Die Studie zeigt nämlich auf, dass die Einführung
unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Verlängerung des Rückzugs von
Frauen aus dem Erwerbsleben zur Folge hat, ohne eine verstärkte Beteiligung der
Väter an der Karenz zur Betreuung von Kleinkindern zu bewirken, sodass das Ziel
des Kindergeldes, nämlich die Wahlfreiheit der Eltern über die Betreuung der
Kinder und ihre Erwerbsbeteiligung zu erhöhen, völlig verfehlt wurde.
Weiters kommt die
Untersuchung zu dem Schluss, dass die Neuregelung zu den Zuverdienstgrenzen nur
eine kleine Gruppe von Frauen zu einer rascheren Wiederaufnahme der
Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes veranlasst. Wesentlich stärker
wirkt der beschäftigungshemmende Effekt aus der Verlängerung der möglichen
Dauer des Leistungsbezuges. Insbesondere Frauen, die jung ein Kind zur Welt bringen
und Frauen mit mehreren Kindern ziehen sich nun längere Zeit aus dem
Erwerbsleben zurück. Im Gegenzug zur längeren Inanspruchnahme von Karenz- bzw.
Kinderbetreuungsgeld durch Mütter sinkt die Inanspruchnahme durch die Väter.
Damit wurde bisher weder das Ziel einer Ausweitung der Beschäftigung von Frauen
mit kleineren Kindern erreicht, noch das einer faireren Aufteilung der
Betreuungsarbeit zwischen den Eltern. Damit wird erstmals die Kritik der SPÖ,
dass das Kinderbetreuungsgeldgesetz nicht dazu beiträgt, Beruf und Familie
besser zu vereinbaren, die Wahlfreiheit zu erhöhen und die Erwerbsbeteiligungen
der Frauen zu steigern, wissenschaftlich bestätigt.
In der im Herbst
2003 veröffentlichten OECD-Studie „Babies and Bosses. Reconciling work and
family life“ wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich, Irland
und Japan unter die Lupe genommen. Untersucht wurde, wie sich Steuersysteme,
Sozialleistungen, Kinderbetreuungs- und Beschäftigungspolitiken in diesen
Ländern auf das Berufsleben der Eltern auswirken und die Gründung von Familien
beeinflusst.
Für Österreich
kommt die Studie zum Befund, dass zwar schon viel getan wurde, die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie dennoch schwierig sei. Neben den Mängeln in
den Kinderbetreuungsmöglichkeiten kritisiert die OECD unter anderem die
erwerbshemmende Wirkung der Kinderbetreuungsgeldregelung, da diese Regelung
Frauen größere Anreize bietet länger aus dem Beruf auszusteigen und durch die
längere Abwesenheit vom Arbeitsmarkt die beruflichen Chancen von Frauen
gemindert werden.
Die
Politikempfehlungen an Österreich, die die OECD in dieser Studie formuliert,
betonen besonders stark die Notwendigkeit einer Reform des
Kinderbetreuungsgeldes, um berufstätige Eltern ähnlich zu unterstützen, wie
Familien, wo sich ein Elternteil zu einer ganztägigen Kinderbetreuung
entschließt.
Unter anderem wird
genannt:
· Einführung
eines höheren Kinderbetreuungsgeldes für jene, die zu einem früheren Zeitpunkt
ins Berufsleben zurückkehren
· Ein
Überdenken der bestehenden Zuverdienstregelung
· Die
Verknüpfung eines Teils des Kinderbetreuungsgeldes mit der Nutzung anerkannter,
formeller außerfamiliärer Kinderbetreuung, wie z.B. Kinderkrippen und
Tageseltern und die
· Gewährleistung
einer ausreichenden Information über den Verlust des Kündigungsschutzes nach
Ablauf der Karenz zum 2. Geburtstag, damit sie durch die längere Geldleistung
nicht dazu verleitet werden, ihren Arbeitsplatz aufzugeben.
Weiters wird als
dringend notwendig erachtet, die Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Kinder aller
Altersstufen – insbesondere auch der 0-3-jährigen – auszuweiten. Dafür sollen
Initiativen auf verschiedenen Regierungsebenen gestartet werden, da in der
Studie die Gefahr gesehen wird, dass die zuständigen Länder die Einführung des
Kinderbetreuungsgeldes als Signal betrachten, weniger oder jedenfalls nicht
vermehrt in Kinderbetreuung zu investieren.
Eva Linsinger
schreibt in ihrem Artikel treffend: „....Auf jeden Fall hat die Regierung mit dem Kindergeld bisher
ihr laut propagiertes Hauptziel weit verfehlt: jenes, die Geburtenrate zu heben
– die ist nämlich im Vorjahr gesunken.
Außer der schwarz-blauen Regierung kann das eigentlich
niemand überraschen. Länder wie Frankreich oder Schweden exerzieren es seit
Jahren vor, alle Experten predigen es landauf, landab: Nur wenn Beruf und
Familie miteinander vereinbar sind, entscheiden sich Frauen und Männer für ein
Kind – oder für mehr als ein Kind. In Frankreich oder Schweden gibt es dichte
Netze von Babykrippen, Kindergärten und Ganztagsschulen – und einen
Geburtenboom. In Österreich fehlen 90.000 Kinderbetreuungsplätze,
Kindergartenplätze für Kinder unter drei gibt es außerhalb Wiens kaum, von
Ganztagsschulen ganz zu schweigen – und die Geburtenraten sinken, jede dritte
gut ausgebildete Frau bleibt überhaupt kinderlos.....““
Der
Familienausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen
Sitzungen am 18. März 2004, 29. Juni 2004, 31. Mai 2005 und 17. Mai 2006 in
Verhandlung genommen.
Berichterstatterin
im Ausschuss war die Abgeordnete Gabriele Binder.
An der Debatte
beteiligten sich neben der Berichterstatterin die Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Barbara Rosenkranz,,
Christine Marek, Sabine Mandak,
Mag. Barbara
Prammer, Anna Höllerer,
Renate Csörgits, Barbara Riener, Astrid Stadler, Franz Riepl, Marialuise Mittermüller, Dipl.-Ing. Elke
Achleitner sowie die Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner
und die Ausschussobfrau Abgeordnete Ridi Steibl.
Bei der Abstimmung
fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Familienausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien,
2006 05 17
Dipl.-Ing. Elke Achleitner Ridi
Steibl
Berichterstatterin Obfrau