1515 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über den Antrag 510/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird
Die Abgeordneten
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen, haben den
gegenständlichen Initiativantrag am 26. Jänner 2005 im Nationalrat
eingebracht und wie folgt begründet:
„Mit dem vorliegenden Gesetzesantrag wird der „Konsumentenschutzrat“ durch eine Novellierung des Konsumentenschutzgesetzes geschaffen. Die Einrichtung dieses Beratungsgremiums ist aus verschiedenen Gründen notwendig geworden. Konsumentenschutz ist in Österreich eine klassische Querschnittsmaterie, Konsumentenschutzangelegenheiten werden in vielen Gesetzen geregelt. Daher wären Konsumentenschutzinteressen in den jeweiligen Gesetzgebungsverfahren ausreichend zu berücksichtigen. Da es keine institutionalisiete Einbindung von Vertretern von Konsumentenschutzorganisationen im Gesetzgebungsverfahren gibt, ist dies oft nicht der Fall. Auch der bereits in den 70iger Jahren eingerichtete „Konsumentenpolitische Beirat“ wurde seit 2000 kein einziges Mal einberufen; im Bundesministeriengesetz in der derzeit gültigen Fassung fehlt überhaupt jeder Hinweis auf die Existenz des Konsumentenpolitischen Beirates und auf die diesbezügliche Kompetenz des Bundesministers für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Er wurde im Zuge der Änderung des Bundesministeriengesetzes ersatzlos gestrichen. Während auf europäischer Ebene Konsumentenschutzorganisationen beratend in verschiedenen Ausschüssen und damit in europäische Gesetzgebungsverfahren sowie in die Vollziehung eingebunden sind, ist dies bislang in Österreich nicht der Fall. Auf EU-Ebene wurde beispielsweise bereits mit Beschluss der Kommissionen vom 4.Mai 2000 ein „Verbraucherausschuss“ eingerichtet (2000/323/EG). Dieser setzt sich aus Vertretern nationaler und europäischer Konsumentenorganisationen zusammen. Aufgrund des Querschnittcharakters wurden Konsumentenschutzangelegenheiten in Österreich in der Vergangenheit von mehreren und je nach Legislaturperiode unterschiedlichen Ressorts wahrgenommen. Eine sachlich nachvollziehbare und schlüssige Zuordnung gab es nicht. Oft kam die primäre Zuständigkeit für einzelne konsumentenpolitische Vorhaben anderen Bundesministerien zu, als dem nach dem Bundesministeriengesetz zuständigen Konsumentenschutzministerium. Kompetenzprobleme wurden nie gelöst und ein starkes Konsumentenschutzministerium nie geschaffen: Somit konnte auch ein Aktionsplan Konsumentenschutz nie realisiert werden. Wenn gleich Österreich eines der ersten europäischen Länder war, in dem ein Regierungsmitglied mit Konsumentenschutzangelegenheiten betraut wurde, kam es nie zu einem umfassenden strategischen konsumentenpolitischen Konzept und damit zu einer sachlich schlüssigen Kompetenzaufteilung in Konsumentenangelegenheiten zwischen den einzelnen Ressorts. Es fehlte somit ein starkes Konsumentenschutzministerium mit gebündelten Kompetenzen, in dem die – heute aufgeteilten – wesentlichen Konsumentenschutzangelegenheiten verantwortlich vollzogen werden und in dem auch Lebensmittel und Futtermittelsicherheit, Preisüberwachung, Preisauszeichnung, (Technische) Marktbeobachtung, Warenkennzeichnung zusammengefasst sind. Das Regierungsprogramm von 1999 (ÖVP/FPÖ I) sah im Kapitel VI (Konsumentenschutz) – mit Ausnahme der Umsetzung von EU-Richtlinien (z.B. Garantierichtlinie) – keine weiteren konkreten Maßnahmen vor; was man fand, waren oberflächlich gehaltene Erkkärungen zu einzelnen Konsumentenproblemen. Auch das Kapitel „Justiz“ enthielt keine besonderen konsumentenpolitisch orientierte Zielsetzungen. Das Konsumentenschutzprogramm war einerseits unvollständig, andererseits wurden dem Konsumentenschutzgedanken abträgliche Zielvorgaben festgelegt. Das war beispielweise der ausdrückliche Ausschluss der Umkehr der Beweislast und die Festlegung, dass der nationale Handlungsspielraum bei der Umsetzung von EU-Richtlinien nicht ausgenützt werden soll. Die Novelle zum Bundesministeriengesetz 1986 im Jahr 2000 war typisch für die Aufteilung der Kompetenzen: Konsumentenschutzmaterien, die vorerst beim Bundeskanzleramt angesiedelt waren, wurden auf verschiedene Ministerien aufgeteilt. Es wurden die „Produktsicherheitsangelegenheiten“ dem Justizminister – als Konsumentenschutzminister – zugeteilt, die frühere Sektion VI des Bundeskanzleramtes (dann Sektion IX des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen) zuständig für Lebensmittelkontrolle, Gentechnik, Veterinärverwaltung und Strahlenschutz dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen zugeordnet. Vom Bundeskanzleramt wurden weiters die Angelegenheiten des Giftverkehrs sowie allgemeine Angelegenheiten des Schutzes vor ionisierenden Strahlungen an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, abgegeben. Datenschutz wiederum verblieb im Bundeskanzleramt. Über mögliche Kompetenzkonflikte wurde nie gesprochen. Diese Zuständigkeiten einzelner Ministerien (mit nicht unwesentlichen Konsumentenschutzkompetenzen) blieben allerdings weiterhin unter anderem von der (technischen) Marktüberwachung sowie den Angelegenheiten der Preisauszeichnung und des EWAG getrennt. Zahlreiche konsumentenrelevante Angelegenheiten blieben nämlich weiterhin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt (z.B. Preisauszeichnung, technische Marktüberwachung, Maß- und Eichwesen). Die Änderungen des Bundesministeriengesetzes 1986 im Jahr 2003 brachten wiederum Änderungen: Das Justizministerium verlor mit Ausnahme des zivilrechtlichen Konsumentenschutzes die Konsumentenschutzagenden. Für Konsumentenschutz zuständig wurde das Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Letzteres verlor allerdings die Kompetenzen in Lebensmittelangelegenheiten sowie Veterinär- und Gentechnikbereich. Diese Kompetenzen wanderten zum neugeschaffenen Bundesministerium für Gesundheit und Frauen. Das nun bestehende Konsumentenschutzministerium ist ein Ministerium ohne wirkliche Kompetenzen. Das Produktsicherheitsgesetz ist das einzige Gesetz, welches in Konsumentenangelegenheiten dem Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zur Vollziehung zugeordnet wurde. Damit werden die wichtigsten Konsumentenschutzgesetze bzw. –bestimmungen weiterhin in anderen Ministerien im Gesetzgebungsverfahren vorbereitet und die Gesetze vollzogen. Das Hauptproblem blieb daher: Seit 2000 kein starkes Ministerium, keine sachlich schlüssige Abgrenzung zu anderen Bundesministerien und keine gebündelten Kompetenzen für das Bundesministerium für Justiz bzw. für das Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz als Konsumentenschutzministerium. Die Folgen waren auch klar: Die verschiedensten MinisterInnen waren in den letzten Jahren in unterschiedlichsten Räten und Gremien in Konsumentenschutzangelegenheiten auf europäischer Ebene (EU) tätig. Auf EU Ebene werden die Konsumentenschutzkompetenzen nämlich nicht gemäß der innerstaatlichen Kompetenzverteilung wahrgenommen. Konsumententhemen sind auf verschiedene Ministerräte verteilt. Sie werden oft „unter ferner liefen“ abgehandelt. Im Regelfall ist von einer sogenannten Mitvertretung von Konsumentenschutzanliegen gemäß den Schwerpunkten der einzelnen Ministerräte auszugehen. Allerdings wurden auf europäischer Ebene notwendige Kompetenzänderungen zu Gunsten der „Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz“ bereits vorgenommen. Diese waren u.a. auf die Erkenntnisse des nicht ständigen BSE-Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments zurückzuführen. So hat die Europäische Kommission bereits am 12. Februar 1997 beschlossen, ihre Dienststellen neu zu ordnen, um auf diese Weise in deren Tätigkeit im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheitsschutz den EU Bürgern zu mehr Effizienz und Transparenz zu verhelfen. Die Umstrukturierung lagen grundsätzliche Überlegungen zu Grunde. Zum einen erwies sich eine Trennung bestimmter Funktionen geboten, um zu vermeiden, dass bestimmte Dienststellen gleichzeitig als „Richter“ und „Kläger“ fungieren. (Konkret: Es soll nicht ein und dieselbe Person Dienstvorschriften ausarbeiten, die beratende Wissenschaftergremien konsultieren, und die Anwendung der Rechtsvorschriften kontrollieren dürfen). Zum anderen soll die Verbreitung der Information über gefasste Beschlüsse und über die Ergebnisse der Kontrolle ihrer Anwendung verbessert werden. In Anbetracht der unübersichtlichen kompetenzrechtlichen Situation des Konsumentenschutzes in Österreich sind daher grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich einer Neuordnung der Konsumentenschutzkompetenzen anzustellen. Dies gilt insbesondere für den Lebensmittel-, Veterinär- und den agrarischen Betriebsmittelbereich und zwar sowohl auf Bundesebene, wie auch auf Länderebene. Die Regierungsparteien waren aber bislang in keiner Weise bereit diese notwendigen Kompetenzänderungen vorzunehmen. So blieb einerseits die Kompetenz für das agrarische Betriebsmittelrecht – insbesondere des Futtermittelrechts – beim BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wassertechnik, andererseits verschaffte sich im Jahr 2002 dieses Bundesministerium als Hälfteeigentümer der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GesmbH (AGES) einen unmittelbaren Zugriff auf die Lebensmittelsicherheit. Da aus verschiedenen Gründen nicht damit gerechnet werden konnte, dass die derzeitige österreichische Bundesregierung die zentralen konsumentenrelevanten Angelegenheiten bündelt und einem Konsumentenschutzministerium zuordnet ( Konzentration der wichtigsten Konsumentenschutzmaterien), ist eine bessere Koordinierung der konsumentenpolitischen Anliegen und Gesetzesvorhaben unumgänglich und anzustreben. Aufgrund dieser realen Gegebenheiten muss eine Lösung gefunden werden, um zu einer koordinierten Konsumentenpolitik – und damit zu deren Aufwertung - in Österreich zu gelangen:
Der „Konsumentenschutzrat“ auf
gesetzlicher Basis eingerichtet, soll diese Aufgaben erfüllen. Dieser ist dem – auch national anerkannten – Datenschutzrat (DSR)
nachgebildet. Mit dem Konsumentenschutzrat wird erstmals die Beteiligung von
KonsumentenvertreterInnen im Gesetzgebungsverfahren sowie bei der Vollziehung
gesichert und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Als Vorbild dafür dient
der Datenschutzrat, dessen einstimmig oder mehrheitlich beschlossenen
Stellungnahmen oft zu Änderungen in Ministerialvorlagen bzw. sogar zu
Abänderungsanträgen im Nationalrat geführt haben. Hauptaufgabe des
Konsumentschutzrates ist es, Mitglieder der Bundesregierung aber auch andere
Gebietskörperschaften in Angelegenheiten des Konsumentenschutzes durch
Gutachten und Stellungnahmen zu beraten. Damit sollte Konsumentenpolitik in Österreich sinnvoll koordiniert werden, Konsumentenschutz und Konsumentenarbeit aufgewertet und
damit einen neuen Stellenwert in der Gesellschaft erhalten.“
Der
Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am
19. Mai 2006 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatter im Ausschuss
fungierte Abgeordneter Mag. Johann Maier. An der anschließenden Debatte beteiligten
sich die Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Mag. Walter Tancsits,
Dr. Johannes Jarolim, Dr. Helene Partik-Pablé,
Mag. Terezija Stoisits, Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Gabriela Moser sowie
die Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger
und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.
Bei der Abstimmung
fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der
Ausschussmehrheit.
Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Anton Doppler gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2006 05 19
Anton Doppler Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatter Obfrau