Vorblatt

Problem:

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Saudi Arabien werden gegenwärtig noch durch kein Abkommen vor dem Eintritt internationaler Doppelbesteuerungen geschützt. Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen macht jedoch den Abschluss eines solchen Abkommens erforderlich.

Ziel:

Durch das Abkommen soll die auf Grund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und Saudi Arabiens bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in einer den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens und der internationalen Steuervertragspraxis entsprechenden Weise beseitigt werden.

Inhalt:

Das Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich inhaltlich an Grundsätzen, die vom Fiskalausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet wurden und mittlerweile internationale Anerkennung gefunden haben.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Attraktivität Österreichs als Zielland für Investitionen wird erhöht, weil das Abkommen durch die verbindliche Regelung über die Aufteilung der Besteuerungsrechte und über die Methode der Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung jene Rechtssicherheit gewährleistet, die ein wesentliches Entscheidungskriterium für ein unternehmerisches Engagement darstellt.

Finanzielle Auswirkungen:

Negative finanzielle Auswirkungen des Abkommens auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art 50 Abs 1 zweiter Satz B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen  Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Mit Saudi Arabien besteht derzeit keine Regelung zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu diesem Staat erfordert die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerungen durch den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Es soll damit auch der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Staat gestärkt werden.

Die Verhandlungen mit Saudi Arabien wurden im Mai 2002 aufgenommen und konnten im März 2006 mit der Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfes erfolgreich abgeschlossen werden.

Das Abkommen folgt im größtmöglichen Umfang, d.h. soweit dies mit den wesentlichen außensteuerrechtlichen Positionen der beiden Staaten vereinbar ist, den Regeln des OECD-Musterabkommens aus dem Jahr 1992.

Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.

Besonderer Teil:

Zu Art. 1:

Das Abkommen ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einem der beiden Staaten gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Art. 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für alle in beiden Vertragsstaaten in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der saudischen Rohgasinvestitionssteuer.

Zu Art. 3:

Dieser Art. enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen OECD-konformen Begriffsumschreibungen.

Zu Art. 4:

Abs. 1 umschreibt den Begriff der Ansässigkeit. Nach Abs. 1 lit. a gelten Personen dann als in einem Vertragsstaat ansässig, wenn sie aufgrund ihres Wohnsitzes, Ort der Geschäftsleitung oder eines ähnlichen Merkmals in einem Vertragsstaat steuerpflichtig sind. Abs. 1 lit. b sieht in OECD-konformer Weise vor, dass auch die Vertragsstaaten als ansässige Personen gelten. Abs. 1 lit. c sieht ausdrücklich vor, dass unter bestimmten Bedingungen auch steuerbefreite Personen unter den Begriff der Ansässigkeit fallen.

Die Absätze 2 und 3 sehen die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen (Abs. 2) und bei juristischen Personen (Abs. 3) vor.

Zu Art. 5:

Dieser Art. beinhaltet die Definition des Begriffes der „Betriebstätte“. In OECD-konformer Weise versteht man unter dem Begriff „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung für die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit.

Gemäß Abs. 3 lit. a sollen Bauausführungen und Montagen nach sechsmonatiger Dauer als Betriebstätte gewertet werden. Darüber hinaus wird die Betriebstättendefinition für Bauausführungen und Montagen durch die Einbeziehung von Überwachungsleistungen erweitert.

Abs. 3 lit. b sieht eine zusätzliche Erweiterung der Betriebstättendefinition durch Einbeziehung von Dienstleistungen (einschließlich Beratungsleistungen) vor, die von Arbeitnehmern eines Unternehmens im anderen Staat über einen zwölf Monate übersteigenden Zeitraum erbracht werden.

Keine Betriebstätten sind Einrichtungen, die ausschließlich zur Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden (Abs. 4 lit. a), und Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Auslieferung unterhalten werden (Abs. 4 lit. b).

Nach Abs. 5 wird bei Versicherungsunternehmen das Bestehen einer Betriebstätte im anderen Staat fingiert, wenn diese dort Prämien einheben oder dort belegene Risiken versichern.

Zu Art. 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in dem Staat besteuert, in dem sich das betreffende Vermögen befindet.

Zu Art. 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen gilt die allgemein anerkannte OECD-Regel, derzufolge Gewinne, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dort nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer in diesem Staat gelegenen Betriebstätte zurechenbar sind (Abs. 1). Gemäß Abs. 2 sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdverhaltensgrundsatz).

Abs. 3 regelt in OECD-konformer Weise klarstellend das Verbot der Liefergewinnbesteuerung im Betriebstättenstaat.

Abs. 5 regelt den Abzug von Aufwendungen bei der Ermittlung des Unternehmensgewinnes von im anderen Staat belegenen Betriebstätten. Es wird dabei klargestellt, dass Zahlungen für Lizenzgebühren, Dienstleistungen und Zinsen zwischen Betriebstätte und Stammhaus bzw. zwischen verschiedenen Betriebstätten den Betriebstättengewinn nicht beeinflussen, wobei die Einschränkung der Abzugsfähigkeit von internen Zinsenzahlungen nicht für Bank­unternehmen gilt.

Zu Art. 8:

Diese Bestimmungen sehen in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur in dem Staat besteuert werden dürfen, in dem sich die Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Zu Art. 9:

Dieser Art. befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden eines Vertragsstaats Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden.

Zu Art. 10:

Dem Quellenstaat wird ein begrenztes Steuerrecht iHv 5 % zugewiesen (Absätze 1 und 2).

Abs. 3 sieht vor, dass Dividenden, die an einen Vertragsstaat oder eine Agentur oder Vermittlungseinrichtung, die zur Gänze im Besitz eines Vertragsstaats steht, gezahlt werden, keiner Quellenbesteuerung unterliegen.

Die in Abs. 4 vorgesehene Definition des Begriffes „Dividenden“ ist OECD-konform.

Auch der in Abs. 5 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Abs. 6 schließt die so genannte „exterritoriale Dividendenbesteuerung“ aus.

Zu Art. 11:

Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus Forderungen (Zinsen) wird OECD-konform dem Wohnsitzstaat des Zinsenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Daneben wird gemäß Abs. 2 auch dem Quellenstaat der Zinsen ein mit 5% begrenztes Besteuerungsrecht eingeräumt.

Die in Abs. 3 erwähnten Zinsströme im öffentlich-rechtlichen Bereich und im Bereich staatlicher Exportförderung dürfen jedoch im Quellenstaat nicht besteuert werden.

Die in Abs. 4 vorgesehene Definition des Zinsenbegriffes (Einkünfte aus Forderungen) ist OECD-konform.

Auch der in Abs. 5 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Zu Art. 12:

Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren wird dem Wohnsitzstaat des Lizenzgebührenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Daneben wird gemäß Abs. 2 auch dem Quellenstaat der Lizenzgebühren ein mit 10% begrenztes Besteuerungsrecht eingeräumt. Der Lizenzgebührenbegriff in Abs. 3 ist weiter gefasst als im OECD-Musterabkommen und umfasst Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen.

Auch der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Zu Art. 13:

Dieser Art. enthält in Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen die üblichen Regelungen für die Besteuerung der Gewinne aus Vermögensveräußerungen. Auch die Veräußerung von Anteilen an so genannten Grundstücksgesellschaften wird der Besteuerungskompetenz des Quellenstaates unterstellt.

Abs. 4 sieht abweichend vom OECD-Musterabkommen ein generelles Quellenbesteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen ab einem Beteiligungsverhältnis von 25% vor.

Zu Art. 14:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dürfen dort insoweit besteuert werden, als sie einer in diesem Staat gelegenen festen Einrichtung zuzurechnen sind. (Abs. 1 lit. a) Die Zuteilungsregel folgt damit den OECD-Grundsätzen. Darüber hinaus sieht Abs. 1 die Ausweitung der Besteuerungskompetenz des Quellenstaates auf jene Fälle vor, in denen in Ermangelung einer festen Einrichtung Einkünfte aus einer in diesem Staat ausgeübten selbständigen Arbeit dort auch dann besteuert werden dürfen, wenn sich die Person in diesem Staat länger als 183 Tage aufhält (Abs. 1 lit. b) oder die Einkünfte den Betrag von 125.000 Euro im Steuerjahr übersteigen (Abs. 1 lit. c).

Zu den Art. 15, 18 und 19:

In diesen Art. ist die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geregelt. Nach Art. 15 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 19 fallen, im Allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 15 Abs. 2 enthält hiebei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeit (183 Tage).

In Anwendung der OECD-Grundsätze ist gemäß Art. 18 das Besteuerungsrecht für private Ruhebezüge (das sind solche die nicht unter Art. 19 fallen) und für Sozialversicherungspensionen dem Wohnsitzstaat zugewiesen.

Aktiv- und Ruhebezüge, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 19 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jenem Staat besteuert werden, in dem sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet.

Zu Art. 16:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge wird entsprechend dem OECD-Musterabkommen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ihren Sitz hat.

Zu Art. 17:

Für die Besteuerung der Künstler und Sportler werden die OECD-Grundsätze übernommen. Darnach steht jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem der Künstler oder Sportler persönlich auftritt (Abs. 1). Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem Künstler oder Sportler sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen (Abs. 2).

Zu Art. 20:

Durch Abs. 1 werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten aus dem Ausland zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt. Gemäß Abs. 2 gilt diese Steuerfreiheit auch für Einkünfte aus einer Ferialpraktikantentätigkeit.

Zu Art. 21:

Diese Bestimmung sieht vor, dass Lehrer und Forscher, die sich auf Grund einer Einladung im Gaststaat aufhalten, dort zwei Jahre lang von der Besteuerung ausgenommen sind.

Zu Art. 22:

Abs. 1 sieht in OECD-konformer Weise vor, dass dem Wohnsitzstaat des Einkünfteempfängers das Besteuerungsrecht an allen Einkünften zugewiesen wird, für die im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist.

Zu Art. 23:

Abs. 1 sieht vor, dass unbewegliches Vermögen einer Person in dem Vertragsstaat besteuert werden darf, in dem diese Person ansässig ist.

Bewegliches Betriebsvermögen darf in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich die Betriebstätte oder feste Einrichtung befindet, der das Vermögen zugehört (Abs. 2).

Abs. 3 stellt eine korrespondierende Bestimmung zu Art. 8 dar, derzufolge Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr eingesetzt sind, sowie zugehörige bewegliche Vermögenswerte nur in jenem Staat besteuert werden dürfen, in dem sich die Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Alle übrigen Vermögensteile (Abs. 4) einer Person sind ausschließlich im dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem diese Person ansässig ist.

Zu Art. 24:

In diesem Art. werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird. Beide Staaten wenden hiebei auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode an (Abs. 1). Nur im Falle von Quellenbesteuerungsrechten für Zinsen, Lizenzgebühren und für Einkünfte, die unter Art. 13 Abs. 3 und 4 und Art. 22 Abs. 3 fallen, wird die Doppelbesteuerung nach der Anrechnungsmethode vermieden (Abs. 2). Abs. 3 sieht in OECD-konformer Weise die Anwendung des so genannten Progressionsvorbehaltes vor.

Zu Art. 25:

Die Vorschriften dieses Art. enthalten die international üblichen Grundsätze über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren.

Zu Art. 26:

Dieser Art. sieht vor, dass sich die beiden Vertragsstaaten auf OECD-Grundlage verpflichten, alle Auskünfte auszutauschen, die für die richtige Durchführung des Abkommens oder des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten betreffend die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind („großer“ Informationsaustausch).

Zu Art. 27:

Dieser Art. regelt in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungs­abkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Art. 28 und 29:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens.