1544 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Rechnungshofausschusses
über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e
Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der
Gebarung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der
Wahrnehmung ihrer Aufsichtsrechte und
-pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer
Berücksichtigung von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von
sogenannten "Naturalrabatten", der Zurverfügungstellung von neuesten,
hoch innovativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie
des Vollzuges des Arzneimittelgesetzes
Der Ständige
Unterausschuss des Rechnungshofausschusses hat den im Titel erwähnten Bericht
gemäß § 32e Abs. 4 erster Satz GOG vorgelegt.
Der
Rechnungshofausschuss hat den gegenständlichen Bericht am 7. Juni 2006 in
Verhandlung genommen.
Berichterstatter
im Ausschuss war der Abgeordnete Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler.
An der Debatte
beteiligte sich die Abgeordnete Mag. Christine Lapp.
Der
Rechnungshofausschuss hat gemäß § 32e Abs. 4 erster Satz GOG
einstimmig beschlossen, den Bericht des Ständigen Unterausschusses als
Verhandlungsgegenstand dem Nationalrat vorzulegen. Weiters beschloss der
Rechnungshofausschuss mit Stimmenmehrheit, dem Hohen Hause die Kenntnisnahme
dieses Berichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. den
angeschlossenen Bericht des Ständigen Unterausschusses des
Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend „Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen
und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsrechte und -pflichten in
Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer Berücksichtigung
von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von sogenannten
"Naturalrabatten", der Zurverfügungstellung von neuesten, hoch innovativen
Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie des Vollzuges des
Arzneimittelgesetzes“ zur
Kenntnis nehmen,
2. diesen Bericht
zur Kenntnis nehmen.
Wien,
2006 06 07
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler Mag.
Werner Kogler
Berichterstatter Obmann
Anlage
Bericht
des Ständigen
Unterausschusses
des Rechnungshofausschusses
gemäß § 32e
Abs. 4 GOG
betreffend
Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen auf Prüfung der Gebarung der Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsrechte und -pflichten in
Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer Berücksichtigung
von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von sogenannten
"Naturalrabatten", der Zurverfügungstellung von neuesten, hoch
innovativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie des
Vollzuges des Arzneimittelgesetzes
1.
Allgemeine Einleitung
Am 19. September
2005 haben ein Viertel der Abgeordneten gemäß § 32e Abs. 2 GOG des
Nationalrates einen Antrag auf Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr.
Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer
Aufsichtsrechte und -pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln
unter besonderer Berücksichtigung von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der
Gewährung von sogenannten "Naturalrabatten", der Zurverfügungstellung
von neuesten, hoch innovativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte
Bevölkerung, sowie des Vollzuges des Arzneimittelgesetzes, gestellt.
Das
Verlangen wurde wie folgt begründet:
„Die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen hat angesichts der jüngsten Erkenntnisse rund um gewährte
‚Naturalrabatte’ ihre Aufsichtsrechte und Aufsichtspflichten in keiner Weise
wahrgenommen.
Erste Meldungen
über Naturalrabatte im April d.J. wurden von Ministerin Rauch-Kallat ignoriert,
obwohl ein Sprecher ihres Büros am 21.7.2005 gegenüber der Tageszeitung ‚Der
Standard’ bestätigte, dass man ‚immer wieder von verschiedenen Seiten von
dieser Praxis gehört habe, allerdings die Vorwürfe bisher stets sehr diffus
gewesen seien’.
Während der
Hauptverband der Sozialversicherungsträger schätzt, dass es bei den
Naturalrabatten um einen Betrag von rund 240 Millionen Euro geht, ist die
Gesundheitsministerin merkwürdigerweise stolz darauf, von den Pharmafirmen
einen Sonderrabatt für den Hauptverband in Höhe von 23 Millionen Euro erreicht
zu haben.
Die
Bundesministerin ging mehrfach davon aus, dass Naturalrabatte grundsätzlich
erlaubt sind: ‚Naturalrabatte sind ja als solches nicht verboten und sind nicht
nur in der Pharmazie üblich. Auch der Weiterverkauf ist legitim (Die Presse,
9.8.2005)’.
Ärztekammer und
Pharmaindustrie erachten die gewährten Naturalrabatte naturgemäß für zulässig,
dem steht eine Verordnung des Gesundheitsministeriums zur Regelung von
Arzneitaxen sowie grundsätzliche Regelungen des Arzneimittelgesetzes entgegen.
Demnach dürfen Ärzte mit Hausapotheke nur einen – nach Medikamentenpreis
gestaffelten – Aufschlag von 3,9 bis 37 % auf den Grundpreis verrechnen. Die
volle Weiterverrechnung des Preises eines Gratismedikamentes werde damit aber
ausgeschlossen, diesem Umstand trägt auch die Regelung für Ärztemuster sowie
für Fachwerbung Rechnung.
Am 5.8.2005
stellte die Gesundheitsministerin fest: ‚Wir haben einen Code of Conduct
beschlossen, der Ende des Jahres in Kraft treten soll. Darin verankert ist,
dass Ärztinnen und Ärzte keine Geschenke annehmen dürfen (FORMAT)’. Am 9.8.2005
wurde diese Aussage von der Ministerin in der Tageszeitung ‚Die Presse’
relativiert: ‚Wir werden bis Jahresende eine Art Ehrenkodex entwickeln.’
Die geplante
Novelle des Arzneimittelgesetzes und der Einziehung einer Strafrechtsgrenze ab
7.500 Euro führte zu Kontroversen zwischen der Gesundheitsministerin und der
Justizministerin, die diese Grenze grundsätzlich in Frage stellte und über ihr
Büro mitteilen ließ, dass ‚diese Regelung so sicher nicht komme’ (ORF,
12.8.2005).
Die obig näher
beschriebenen Vorgänge und Äußerungen zeigen klar auf, dass durch Ministerin
Rauch-Kallat keine Maßnahmen zur Behebung dieses bekannten Problemes getroffen
und Aufsichtsrechte und ‑pflichten nicht ausgeübt wurden. Gleichzeitig ist das
Abschieben ihrer Verantwortung evident - mehrmals erklärte die Ministerin, dass
nicht das Ministerium, sondern andere sich um eine Problemlösung kümmern
müssen:
Am 21.7.2005 hielt
Rauch-Kallat fest, dass Naturalrabatte strafrechtlich nicht relevant seien,
aber ‚wenn es in einem Bereich geht, der nicht mehr vertretbar ist, dann müssen
das die Krankenkassen auch entsprechend verfolgen, denn das wäre ja eine
Beschädigung der Sozialversicherung’. Am 12.8.2005 erklärte Rauch-Kallat, dass
es nunmehr Aufgabe der Ärztekammer sei, das Vertrauen wieder zu rechtfertigen,
da nach der Debatte um Naturalrabatte bei Medikamentenverkäufen durch Mediziner
das Vertrauen der Bevölkerung ‚in manche Ärzte erschüttert’ sei.
Auch wird die
Tatsache, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit von den Gewinnen
der Pharmaindustrie indirekt profitiert, von Beobachtern als Ursache für die
Zurückhaltung der Bundesregierung beim Kampf um niedrigere Medikamentenpreise
gesehen. So verweigerte Ministerin Rauch-Kallat die Antwort auf eine Anfrage
der SPÖ betreffend Generika-Umsätze mit dem Hinweis, dies betreffe keinen
Gegenstand der Vollziehung (1097/AB).
Die bekannten
Finanzierungsproblemstellungen im Bereich der Medikamentenversorgung und die
Untätigkeit der zuständigen Bundesministerin bei klar erkennbaren
Übervorteilungen zu Lasten großer Bevölkerungsteile erfordern die Befassung des
Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses mit der Prüfung dieses
Vorganges.“
2.
Ausschusssitzungen - Ablauf
Dem Ständigen
Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gehören
von
der Österreichischen Volkspartei
die Abgeordneten
Mag. Heribert Donnerbauer, Erwin Hornek, Dipl.-Ing. Günther Hütl,
Edeltraud Lentsch, Werner Miedl,
Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Nikolaus Prinz, Alfred Schöls, Astrid Stadler und Ing. Josef Winkler,
von
der Sozialdemokratischen Partei Österreichs
die Abgeordneten
Mag. Ruth Becher, Doris Bures,
Renate Csörgits, Christian Faul,
Mag. Kurt Gaßner, Dr. Günther Kräuter, Manfred Lackner und
Mag. Christine Lapp
vom
Freiheitlichen Parlamentsklub
die Abgeordneten
Mag. Dr. Magda Bleckmann und Detlev Neudeck
und
von den Grünen
die Abgeordneten
Mag. Werner Kogler und Dr. Gabriela Moser an.
Obmann dieses
Ständigen Unterausschusses ist der Abgeordnete Erwin Hornek,
Stellvertreter sind die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Edeltraud Lentsch und Astrid Stadler,
Schriftführer sind die Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner,
Nikolaus Prinz und Alfred Schöls.
Zur Durchführung
der gegenständlichen Prüfung bestand im Ständigen Unterausschuss Einvernehmen,
den Präsidenten des Nationalrates gemäß § 39 Abs. 2 GOG zu ersuchen, durch den
Stenographendienst eine auszugsweise Darstellung der Verhandlungen abfassen zu
lassen.
Anlässlich der 23. Sitzung des Ständigen Unterausschusses in der
XXII. GP am 11. Oktober 2005 befasste sich dieser erstmalig mit dem
gegenständlichen Prüfverlangen und beschloss mit Stimmenmehrheit, die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen gemäß § 40 Abs. 1 GOG um die
Einleitung von Erhebungen und um schriftliche Äußerung in Berichtsform im Sinne
des gegenständlichen Prüfverlangens – gemäß § 32e Abs. 3 GOG jene Teilbereiche
ausgenommen, die Gegenstände betreffen, zu denen bereits ein Prüfungsverfahren
beim Rechnungshof anhängig ist – bis 11. November 2005 zu ersuchen.
In der 23. Sitzung am 11. Oktober 2005 waren die Abgeordneten
Franz Xaver Böhm
Mag. Heribert Donnerbauer
Silvia Fuhrmann
Erwin Hornek
Dipl.-Ing. Günther
Hütl
Edeltraud Lentsch
Dipl.-Ing. Hannes Missethon
Nikolaus Prinz
Dr. Erwin Rasinger
Mag. Walter Tancsits
August Wöginger
Mag. Ruth Becher
Doris Bures
Renate Csörgits
Christian Faul
Dr. Günther Kräuter
Manfred Lackner
Mag. Christine Lapp
Dr. Christian Puswald
Mag. Herbert Haupt
Barbara Rosenkranz
Mag. Werner Kogler
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Mag. Heribert Donnerbauer, Mag. Werner Kogler, Mag. Herbert Haupt und
Doris Bures.
Am 10. November
2005 wurden von der ÖVP als Mitglieder die Abgeordneten
Dr. Erwin Rasinger (anstelle von Ing. Josef Winkler)
Mag. Walter Tancsits (anstelle von Dipl.-Ing. Günther Hütl) und
August Wöginger (anstelle von Werner Miedl)
nominiert.
Am 17. November
2005 wurde von der ÖVP als Mitglied der Abgeordnete
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA (anstelle von
Dipl.-Ing. Hannes Missethon)
nominiert.
In der 24. Sitzung am 22. November 2005 waren die Abgeordneten
Karl Freund
Erwin Hornek
Christoph Kainz
Dipl.-Ing. Hannes Missethon
Barbara Riener
Dr. Erwin Rasinger
Alfred Schöls
Astrid Stadler
Mag. Walter
Tancsits
Ing. Josef
Winkler
Mag. Ruth Becher
Doris Bures
Renate Csörgits
Mag. Kurt Gaßner
Dr. Günther Kräuter
Mag. Christine Lapp
Mag. Herbert Haupt
Barbara Rosenkranz
Mag. Werner Kogler
anwesend.
In dieser Sitzung
wurde die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat
als Auskunftsperson für die 24. Sitzung geladen.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Dr. Erwin Rasinger, Doris Bures,
Erwin Hornek, Mag. Herbert Haupt,
Mag. Kurt Gaßner, Renate Csörgits,
Mag. Christine Lapp, Ing. Josef Winkler
sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat.
Diese Sitzung
diente auch zur Beschlussfassung der Ladungen von Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller, Landesrat Mag. Wolfgang Sobotka und
Stadträtin Mag. Renate Brauner für die nächste Sitzung und für
die 26. Sitzung von Generaldirektor Dr. Josef Kandlhofer, Generaldirektor-Stellvertreterin
Mag. Beate Hartinger, Präsident Dr. Hubert Dreßler sowie Abteilungsleiter Dr. Martin Gleitsmann als Auskunftspersonen.
Die Beratungen
wurden in der 25. Sitzung am 15. Februar 2006
fortgesetzt. Anwesend waren die Abgeordneten
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg,
MBA
Karl Donabauer
Mag. Dr. Maria
Theresia Fekter
Anna Franz
Mag. Karin Hakl
Erwin Hornek
Christoph Kainz
Johann Kurzbauer
Johann Ledolter
Edeltraud Lentsch
Dr. Vincenz Liechtenstein
Jochen Pack
Nikolaus Prinz
Alfred Schöls
August Wöginger
Mag. Ruth Becher
Renate Csörgits
Christian Faul
Mag. Kurt Gaßner
Dr. Günther Kräuter
Manfred Lackner
Mag. Christine Lapp
Detlev Neudeck
Dr. Kurt Grünewald
Mag. Werner Kogler
von denen die
Abgeordneten Manfred Lackner, Renate Csörgits, Dr. Karl-Heinz Dernoscheg,
MBA, Karl Donabauer, Dr. Kurt Grünewald, Mag. Kurt Gaßner,
Mag. Ruth Becher, Mag. Christine Lapp, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter,
Christian Faul und Dr. Günther Kräuter das Wort ergriffen.
Als
Auskunftpersonen waren Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller,
Landesrat Mag. Wolfgang Sobotka und Stadträtin Mag.
Renate Brauner anwesend.
Im Zuge der
weiteren Prüfung waren in der 26. Sitzung am 22. März 2006
die Abgeordneten
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA
Karl Donabauer
Mag. Heribert Donnerbauer
Erwin Hornek
Edeltraud Lentsch
Christine Marek
Alfred Schöls
Astrid Stadler
Mag. Walter Tancsits
August Wöginger
Mag. Ruth Becher
Doris Bures
Christian Faul
Mag. Kurt Gaßner
Dr. Günther Kräuter
Manfred Lackner
Mag. Christine Lapp
Detlev Neudeck
Barbara Rosenkranz
Dr. Kurt Grünewald
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Mag. Heribert Donnerbauer,
Detlev Neudeck, Mag. Kurt Gaßner, Erwin Hornek, Karl Donabauer,
Doris Bures, Mag. Christine Lapp, Dr. Kurt Grünewald,
Alfred Schöls, Dr. Karl-Heinz Dernoscheg,
MBA, Mag. Walter
Tancsits, Manfred Lackner, Christian Faul,
August Wöginger und Mag. Ruth Becher.
Die geladenen
Auskunftspersonen Generaldirektor Dr. Josef Kandlhofer, Generaldirektor-Stellvertreterin
Mag. Beate Hartinger, Präsident Dr. Hubert Dreßler sowie Abteilungsleiter Dr. Martin Gleitsmann waren in dieser Sitzung anwesend.
In der 27. Sitzung am 5. April 2006 waren die Abgeordneten
Franz Xaver Böhm
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA
Hermann Gahr
Erwin Hornek
Johann Ledolter
Nikolaus Prinz
Dipl.-Ing. Mag.
Roderich Regler
Alfred Schöls
Norbert Sieber
Konrad Steindl
Mag. Ruth Becher
Doris Bures
Renate Csörgits
Christian Faul
Mag. Kurt Gaßner
Dr. Günther Kräuter
Manfred Lackner
Mag. Christine Lapp
Markus Fauland
Detlev Neudeck
anwesend.
An der Debatte
beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler,
Dr. Günther Kräuter und Detlev Neudeck.
In dieser Sitzung
erfolgte die Beschlussfassung über diesen Bericht des Unterausschusses.
3.
Erhebungsbericht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen
gemäß § 40 Abs. 1 GOG
Vorbemerkung:
Die Entwicklung
der Gesundheitsausgaben steht in allen europäischen Ländern unter besonderer
Beobachtung. Die bisherigen jährlichen Steigerungsraten in Verbindung mit der
weiteren demographischen und medizinisch-technischen Entwicklung führen zu
Prognosen, die die mittel- und langfristige Finanzierbarkeit der Systeme in
Frage stellen. Die Pharmaquote – der Anteil der Heilmittelausgaben an den
Gesundheitsausgaben - bewegt sich dabei regelmäßig zwischen
10 und 20%.
In Österreich
wurde es leider über viele Jahre hindurch verabsäumt, die notwendigen Strukturänderungen
vorzunehmen, um die Entwicklung der Arzneimittelkosten auf das Niveau der
Einnahmensteigerungen der gesetzlichen Krankenversicherungsträger zu senken.
Nur mit einer solchen Anbindung kann langfristig die solidarische Finanzierung
der Arzneimittel als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
gewährleistet werden. Das bisherige „Mittel der Wahl“ waren 1995, 1997 und 2000
lediglich Preis- und Spannensenkungen. Darauf zurückgeführte Einsparungen sind
- angesichts fehlender Strukturverbesserungen - im jeweils nachfolgenden
Zeitraum mehr als kompensiert worden. Besonders schmerzlich sind hier die
jeweils zweistelligen Zuwachsraten der Jahre 1998 und 1999 hervorzuheben, die
das Niveau auch für alle Folgejahre empfindlich und nachhaltig angehoben haben.
Als
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen ist mir die langfristige und
nachhaltige Sicherung der solidarisch finanzierten Versorgung der Bevölkerung
mit Arzneimitteln, die rasche Verfügbarkeit wichtiger innovativer
Arzneispezialitäten sowie deren Aufnahme in den Leistungsbereich der
gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne aller Patientinnen und Patienten ein
besonderes Anliegen. Ich habe daher unverzüglich die Arbeiten in diesem Bereich
begonnen und bereits im Herbst 2003 – im Großen und Ganzen im Konsens mit den
Gesundheitspartnern und –partnerinnen – wesentliche und nachhaltige
Strukturveränderungen eingeleitet, sodass sich ohne jegliche
Leistungseinschränkungen bereits in den letzten beiden Jahren die
Kostensteigerungen der Arzneimittel im Kostenersatz der sozialen
Krankenversicherung auf ein Plus von durchschnittlich drei Prozent einpendeln
werden. Bedauerlicherweise kann ich aufgrund des – offenbar in Unabsicht –
allzu eng gefassten Prüfverlangens diese Entwicklung nicht im Ausmaß der ihr
eigentlich zukommenden Bedeutung darstellen. Ich werde daher aus gegebenem
Anlass jeweils auch einen Blick über die Grenzen des Gebietes der
Staatsaufsicht über die Selbstverwaltung werfen, um damit eine bessere
Verständlichkeit für die verlangenden Abgeordneten in dem wichtigen Bereich der
Arzneimittelversorgung in Österreich sicherzustellen.
Prüfungsauftrag:
Das
gegenständliche Verlangen der Abgeordneten Dr. Cap, Doris Bures,
Dr. Kräuter und GenossInnen ist gerichtet auf die Prüfung der Gebarung der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung der Aufsichtsrechte und -pflichten in Bezug
auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer Berücksichtigung
- von
Arzneimittelkosten,
- des Umgangs
mit der Gewährung von sogenannten „Naturalrabatten“,
- der
Zurverfügungstellung von neuesten, hoch innovativen Arzneispezialitäten für die
gesamte Bevölkerung,
- sowie des
Vollzuges des Arzneimittelgesetzes.
Der
Prüfungsauftrag lautet somit ausdrücklich auf die Gebarung hinsichtlich der
Wahrnehmung von Aufsichtsrechten und -pflichten der Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen, thematisch eingegrenzt auf die Versorgung mit
Arzneimitteln.
In den
Ausführungen muss daher entsprechend dieses Auftrags der Schwerpunkt bei der
rechtlichen Ausgestaltung und der Ausübung der Aufsicht der Bundesministerin
für Gesundheit und Frauen über die gesetzlich vorgesehenen
Selbstverwaltungskörper gesetzt werden, wenngleich damit leider der wichtige
Bereich der Entwicklung der Arzneimittelversorgung nur erheblich eingeschränkt
dargestellt werden kann.
Die Aufsicht ist
eines der besonderen Merkmale des Instituts der Selbstverwaltung, welches es
zunächst darzustellen gilt, um anschließend die einzelnen Rechte und Pflichten
der Staatsaufsicht über die Selbstverwaltung im Besonderen und ihre Wahrnehmung
durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu untersuchen.
A.) Die
Selbstverwaltung
Die Einrichtung
von Selbstverwaltungskörpern ist durch einfaches Gesetz zulässig, da die
Selbstverwaltung im Rahmen des Organisationsplanes der Bundesverfassung gelegen
ist. Schranken für den Gesetzgeber ergeben sich aus dem Gleichheitssatz, dem
Erfordernis der Staatsaufsicht und durch das Gebot, dass einem
Selbstverwaltungskörper zur eigenverantwortlichen und weisungsfreien Besorgung
nur Angelegenheiten überlassen werden dürfen, die im ausschließlichen oder
überwiegenden Interesse der zur Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefassten
Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Gemeinschaft besorgt zu werden.
Des weiteren liegt dem verfassungsrechtlichen Begriff der Selbstverwaltung
zugrunde, dass die Organe des eigenen Wirkungsbereiches demokratisch und
autonom zu bestellen sind und auch die Mitgliedschaft objektiv und sachlich
bestimmt sein muss. Bleibt die Schaffung eines Selbstverwaltungskörpers und die
Begründung der Pflichtmitgliedschaft zu diesem in diesem abgesteckten
verfassungsrechtlichen Rahmen, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen
Bedenken.
Zu
verfassungsrechtlichen Elementen der Institution „Selbstverwaltung“ zählen
1. Die Einrichtung
als Körperschaft öffentlichen Rechts, dh als rechtsfähiger Personenverband
mit gesetzlich festgelegter Mitgliedschaft;
2. die obligatorische
Pflichtmitgliedschaft, dh dass alle Angehörigen eines
Selbstverwaltungskörpers diesem kraft Gesetzes angehören und durch Willensakt
weder beitreten noch austreten können;
3. Weisungsfreiheit
und Autonomie im eigenen Wirkungsbereich;
Art. 20 B-VG
lässt eine Unterbrechung des Weisungszusammenhanges im Bereich der Verwaltung
nur durch Verfassungsgesetz zu. Daher bedarf die Einrichtung eines
Selbstverwaltungskörpers einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Für die
Gemeinden (territoriale Selbstverwaltung) ist diese im B-VG ausdrücklich
vorgesehen (Art. 115f B-VG), für die Sozialversicherung und bestimmte
gesetzliche berufliche Vertretungen (Kammern) wird die Zulässigkeit der
Einrichtung in Form der Selbstverwaltung von der Lehre und Rechtsprechung unter
Anwendung der Versteinerungstheorie aus Kompetenzbestimmungen des B-VG
abgeleitet (etwa Art. 10 Abs. 1 Z 8 und 11; Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG).
4. Maßgeblicher
Einfluss der Mitglieder auf die Organisation und Funktion der Selbstverwaltung
(demokratische Binnenstruktur);
5. Sachgerechte
Abgrenzung des eigenen Wirkungsbereiches auf die eigenen Angelegenheiten der
Mitglieder (Gruppenbezogenheit der Funktionen)
6. Finanzautonomie;
das ist die Fähigkeit, aufgrund des Gesetzes eigene Einnahmen in Form von
öffentlich-rechtlichen Beiträgen, Umlagen uä zu erheben und über die Verwendung
eigener Finanzmittel selbständig zu entscheiden (Budgethoheit). Die
Pflichtmitgliedschaft gewährleistet vor allem die Einnahmenhoheit und damit die
selbständige Aufgabenerfüllung im autonomen Wirkungsbereich.
7. Staatsaufsicht:
dieses Merkmal soll die durch Autonomie, Weisungsfreiheit, Selbstverantwortung,
reduzierten Instanzenzug ua herbeigeführte Unterbrechung des
staatsdemokratischen Repräsentations- und Verantwortungssystems der
parlamentarischen Demokratie ausgleichen und vor allem die Gesetzmäßigkeit der
Selbstverwaltung sichern. Einer entsprechenden Ausgestaltung des
Aufsichtsrechtes kommt besondere Bedeutung zu; der Verfassungsgerichtshof hat
die staatliche Rechtmäßigkeitsaufsicht über die Selbstverwaltung als
verfassungsrechtlich geboten qualifiziert. Bei der Ausgestaltung der Aufsicht
muss beachtet werden, dass die Grenze zur weisungsmäßigen Einbindung nicht
überschritten wird. Diese Grenze liegt bei der Möglichkeit zur materiellen
Einflussnahme auf die Akte der Selbstverwaltung. Mit dem Instrument der
Aufsicht kann ein Staatsorgan beanstanden und aufheben, nicht aber verbindliche
Anordnungen treffen.
Der durch die
Merkmale gebildete typologische Begriff der Selbstverwaltung hat einen festen
Kern, aber keine festen Grenzen; sodass von den für einen Typus
charakteristischen Zügen auch der eine oder andere fehlen kann, ohne dass damit
die Typizität eines bestimmten Sachverhaltes in Frage gestellt sein braucht.
Die Merkmale müssen nur insoweit vorliegen, als sie für die konkrete
Organisation und ihre Aufgaben von Bedeutung sind; sie müssen auch nicht alle
vorliegen, doch müssen sie gegenüber den für eine andere Organisationsstruktur
sprechenden Merkmalen überwiegen.
B.) Die
Ausgestaltung der Aufsicht über die Selbstverwaltungskörper
Für die weitere
Auseinandersetzung mit der Gebarung der Wahrnehmung von Aufsichtsrechten und
–pflichten müssen diese – soweit sich ein Zusammenhang mit der Thematik der
Arzneimittelversorgung zumindest ergeben könnte – zunächst näher dargestellt
werden.
B.1.)
Sozialversicherung
B.1.1.)
Grundlagen der Aufsicht nach dem ASVG
Nach § 448 ASVG
unterliegen die Versicherungsträger nach dem ASVG und der Hauptverband samt
ihren Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht über
den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die Pensionsinstitute
ist von der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz, die Aufsicht über die sonstigen Versicherungsträger ist von
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen als oberste Aufsichtsbehörde
auszuüben. In Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich beider
Bundesministerinnen oder ausschließlich in den Wirkungsbereich der jeweils
anderen Bundesministerin fallen, ist von der Bundesministerin, die die oberste
Aufsicht ausübt, das Einvernehmen mit der anderen Bundesministerin
herzustellen.
Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 81 Abs. 2 ASVG errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen der Hauptverband oder mindestens ein Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist.
Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz kann bestimmte Bedienstete ihres Bundesministeriums mit der Aufsicht über den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die Pensionsinstitute betrauen, die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen kann bestimmte Bedienstete ihres Bundesministeriums mit der Aufsicht über alle sonstigen Versicherungsträger, die ihrer unmittelbaren Aufsicht unterstehen, betrauen.
Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes einen Vertreter/eine Vertreterin zur Wahrung der Interessen in Angelegenheiten, die in ihren Wirkungsbereich fallen, entsenden. Der Bundesminister für Finanzen kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper der Pensionsversicherungsanstalt, der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und des Hauptverbandes einen Vertreter/eine Vertreterin zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes entsenden.
B.1.2.)
Aufgaben der Aufsicht
Der Vertreter/die
Vertreterin der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz sowie der Vertreter/die Vertreterin der Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen können gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers, die
gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen, der Vertreter/die Vertreterin des
Bundesministers für Finanzen gegen Beschlüsse, welche die finanziellen
Interessen des Bundes berühren, Einspruch mit aufschiebender Wirkung erheben.
Der/die Vorsitzende hat die Durchführung des Beschlusses, gegen den Einspruch
erhoben wurde, vorläufig aufzuschieben und die Entscheidung der
Aufsichtsbehörde einzuholen.
Die
Aufsichtsbehörde hat die Entscheidung bei einem Einspruch in Angelegenheiten,
die in den Wirkungsbereich beider Bundesministerinnen oder ausschließlich in
den Wirkungsbereich der jeweils anderen Bundesministerin fallen, im
Einvernehmen mit der anderen Bundesministerin zu treffen. Entsprechendes gilt
bei einem Einspruch des Vertreters/der Vertreterin des Bundesministers für Finanzen.
Nach § 449 ASVG
haben die Aufsichtsbehörden die Gebarung der Versicherungsträger (des
Hauptverbandes) zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass im Zuge dieser
Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie können ihre Aufsicht
auf Fragen der Zweckmäßigkeit erstrecken; sie sollen sich in diesem Falle auf
wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung
der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) nicht unnötig eingreifen. Die
Aufsichtsbehörden können in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der
Verwaltungskörper aufheben.
Der
Aufsichtsbehörde sind auf Verlangen alle Bücher, Rechnungen, Belege, Urkunden,
Wertpapiere, Schriften und sonstige Bestände vorzulegen und alle zur Ausübung
des Aufsichtsrechtes geforderten Mitteilungen zu machen; alle Verlautbarungen
sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.
Die oberste
Aufsichtsbehörde kann die Satzungen und Krankenordnungen jederzeit überprüfen
und Änderungen solcher Bestimmungen verlangen, die mit dem Gesetz in
Widerspruch stehen oder dem Zwecke der Versicherung zuwiderlaufen. Dies gilt
bezüglich der Satzung des Hauptverbandes auch für die Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen. Wird diesem Verlangen nicht binnen drei Monaten entsprochen,
so kann sie die erforderlichen Verfügungen von Amts wegen treffen.
Die
Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass die Verwaltungskörper mit einer
bestimmten Tagesordnung zu Sitzungen einberufen werden. Wird dem nicht
entsprochen, so kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen
leiten. Sie kann zu allen Sitzungen Vertreter/Vertreterinnen entsenden, denen
beratende Stimme zukommt. Die Aufsichtsbehörde und der/die mit der Aufsicht
betraute Bedienstete sind von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in
Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihnen
auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise,
Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln. Die oberste Aufsichtsbehörde ist berechtigt,
die Versicherungsträger (den Hauptverband) amtlichen Untersuchungen zu
unterziehen, wobei sie sich bei
Untersuchungen der Versicherungsträger der Mitwirkung des Hauptverbandes
sowie geeigneter Sachverständiger bedienen kann. Dies gilt beim Hauptverband
auch bezüglich der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bzw. ihrer
Vertreter/Vertreterinnen.
Nach § 450 ASVG
hat die oberste Aufsichtsbehörde vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmungen
über die Zuständigkeit anderer Stellen und unbeschadet der Rechte Dritter bei
Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder
sowie über die Auslegung der Satzung zu entscheiden. In Angelegenheiten, die in
den Wirkungsbereich beider Bundesministerinnen oder ausschließlich in den Wirkungsbereich
der jeweils anderen Bundesministerin fallen, entscheidet jene Bundesministerin,
die die oberste Aufsicht ausübt,
im Einvernehmen
mit der anderen Bundesministerin.
Nach § 451 ASVG
ist die oberste Aufsichtsbehörde berechtigt, die Verwaltungskörper, wenn sie
ungeachtet zweimaliger schriftlicher Verwarnung gesetzliche oder satzungsmäßige
Bestimmungen außer acht lassen, aufzulösen und die vorläufige Geschäftsführung
und Vertretung vorübergehend einem vorläufigen Verwalter zu übertragen. Diesem
ist ein Beirat zur Seite zu stellen, der im gleichen Verhältnis wie der
aufgelöste Verwaltungskörper aus Vertretern/Vertreterinnen der
Dienstgeber/innen und der Dienstnehmer/innen bestehen soll und dessen Aufgaben
und Befugnisse von der Aufsichtsbehörde bestimmt werden.
Darüber hinaus
erwächst aus der Aufsicht eine Reihe von Genehmigungsbefugnissen wie etwa die
Genehmigung von Bauführungen und Liegenschaftstransaktionen gemäß § 447 ASVG
oder die Genehmigung von Satzungen (§ 355 ASVG) und Krankenordnungen (§ 456
ASVG).
B.1.3.)
Kosten der Aufsicht:
Den mit der
Ausübung der Aufsicht bzw. mit der Wahrung der finanziellen Interessen des
Bundes betrauten Bediensteten (deren Stellvertretern/Stellvertreterinnen) sind
nach § 448 Abs. 3 ASVG Aufwandsentschädigungen zu gewähren, deren Höhe 60% der
niedrigsten Funktionsgebühr (§ 420 Abs. 5 ASVG) des Vorsitzenden/der
Vorsitzenden (des/der Stellvertreters/Stellvertreterin des/der Vorsitzenden)
der Kontrollversammlung des beaufsichtigten Versicherungsträgers (100% bzw. 50%
der niedrigsten Funktionsgebühr eines Mitgliedes des Verbandsvorstandes des
Hauptverbandes) entspricht. Bei mehrfacher Aufsichtstätigkeit gebührt nur eine,
und zwar die jeweils höhere Aufwandsentschädigung.
Nach § 452 ASVG
belasten die Kosten der von der Aufsichtsbehörde angeordneten Maßnahmen den
Versicherungsträger (Hauptverband). Zur Deckung der durch die Aufsicht
erwachsenden sonstigen Kosten haben die Versicherungsträger (der Hauptverband)
durch Entrichtung einer Aufsichtsgebühr beizutragen. Deren Höhe hat die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz im
Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen nach Anhörung
des betreffenden Versicherungsträgers (des Hauptverbandes) zu bestimmen.
B.1.4.) Die
Ausübung der Aufsicht über den Hauptverband
In Entsprechung
der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle Beschlüsse in den
Verwaltungskörpern des Hauptverbandes sowie den in § 448 Abs. 1a ASVG
genannten Vereine, Fonds oder Gesellschaften mbH auf die Einhaltung der
Rechtsvorschriften hin überprüft. Dafür ist in den Sitzungen des
Verbandsvorstandes, der Trägerkonferenz und der Organe der in § 448
Abs. 1a ASVG genannten Vereine, Fonds oder Gesellschaften mbH
Verwaltungskörper die Bundesministerin in der Regel durch einen Vertreter/eine
Vertreterin zur Wahrung der Interessen, die in ihren Wirkungsbereich fallen,
vertreten. Die Aufsicht erstreckt sich dabei auch auf alle Ausschüsse und
sonstigen – aus dem Kreise der Mitglieder der Verwaltungskörper zusammengesetzte
Gremien. Die Vertreter/Vertreterinnen nehmen weiters regelmäßig in beratender
Funktion und zur Wahrung der Interessen der Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen an den Sitzungen des Sozial- und Gesundheitsforums Österreich teil.
Eine chronologisch
nach Datum geordnete Übersicht der Ausübung der Aufsicht durch Teilnahme an den
Sitzungen der Verwaltungskörper wird im Bundesministerium für Gesundheit und
Frauen bislang nicht geführt. Aus gegebenem Anlass wurde die nachstehende
demonstrative Aufstellung betreffend den Hauptverband erhoben:
2003
Hauptversammlung
19.11. |
|
|
Verwaltungsrat
1.4. |
24.4. |
26.5. |
9.7. |
18.12. |
|
Geschäftsführung
10.3. |
17.3. |
7.4. |
23.4. |
12.5. |
16.6. |
1.8. |
1.9. |
15.9. |
30.9. |
13.10 |
11.11. |
18.12. |
|
|
Controllinggruppe
28.2. |
19.9. |
19.12. |
Sozial- und
Gesundheitsforum Österreich
17.3. |
12.5. |
30.9. |
9.12. |
|
|
2004
Hauptversammlung,
14.1. |
11.3. |
16.4. |
25.11. |
Verwaltungsrat
19.2. |
31.3. |
14.4. |
30.4. |
24.6. |
15.7. |
23.9. |
18.11. |
16.12. |
Geschäftsführung
21.1. |
9.2. |
15.3. |
16.3. |
23.3. |
13.4. |
14.4. |
10.5. |
18.5. |
7.6. |
17.6. |
21.6. |
13.7. |
13.9. |
23.9. |
30.9. |
11.10. |
8.11. |
6.12. |
14.12. |
16.12. |
Controllinggruppe
11.2. |
21.4. |
27.5. |
21.7. |
21.9. |
15.12. |
2005
Trägerkonferenz
10.1. |
4.2. |
23.2. |
14.4. |
29.6. |
30.9. |
Verbandsvorstand
27.1. (4.2.) |
16.2. |
18.3. |
31.3. |
18.5. |
15.6. |
13.7. |
14.9. |
19.10. |
|
|
|
Allein im Jahr 2005 wurden bis zum 24. Oktober 2005 in den Sitzungen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes mehr als 335 Berichte behandelt; davon standen mit Arzneimitteln im weitesten Sinn rund 30 in Zusammenhang.
Für die laufende
Prüfung der Gebarungsunterlagen der Kranken- und Unfallversicherung sowie die
Untersuchungen der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes im Hinblick
auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften sowie der Grundsätze der
Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist eine eigene Abteilung im
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eingerichtet.
Im 2. Halbjahr
2003 wurden Teileinschauen bei den Gebietskrankenkassen in Niederösterreich,
Oberösterreich, Tirol, Burgenland sowie im Hauptverband durchgeführt.
Im Jahr 2004
erfolgten eine Prüfung beim Hauptverband bezüglich des Standes der
Implementierung des Chip-Card-Systems in der Sozialversicherung sowie Querschnittprüfungen
zur finanziellen Lage der Gebietskrankenkassen in Wien, Burgenland, Niederösterreich,
Steiermark, Kärnten, Tirol sowie der Sozialversicherungsanstalt der Bauern.
Im Jahr 2005
erfolgen Querschnittprüfungen zur trägerübergreifenden bzw.
trägervergleichenden Erhebung der aktuellen Heilmittelaufwandsentwicklung und
die Untersuchung der Praxis der Krankenversicherungsträger bei der Umsetzung
der mit 1. Jänner 2005 eingetretenen Änderungen in der Administration der
Einholung der Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes bei allen
Gebietskrankenkassen, Sonderversicherungsträgern und dem Hauptverband.
B.1.5.) Die
Ausübung der Aufsicht über Gebietskrankenkassen und Betriebskrankenkassen
Die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen übt die oberste Aufsicht über alle
Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie die unmittelbare Aufsicht über
- die Wiener
Gebietskrankenkasse
- die
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse
- die
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse
- die
Steiermärkische Gebietskrankenkasse
- die
Betriebskrankenkasse Austria Tabak
- die
Betriebskrankenkasse Mondi Business Paper
- die
Betriebskrankenkasse Semperit
aus.
In
den Sitzungen der Verwaltungskörper dieser Träger ist die Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen regelmäßig durch einen Vertreter/eine Vertreterin zur
Prüfung der Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse sowie zur Wahrung der
Interessen, die in ihren Wirkungsbereich fallen, vertreten. In Entsprechung der
gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle Beschlüsse in den
Verwaltungskörpern auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften hin überprüft.
B.1.6.)
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau
Die
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau unterliegt nach § 448 ASVG der
Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der Bundesministerin für Gesundheit
und Frauen auszuüben. Im Übrigen gelten die Ausführungen unter B.1.1. bis
B.1.4..
B.1.7.)
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft
Nach § 220 GSVG
unterliegt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft samt
Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auszuüben. In Angelegenheiten, die
in den Wirkungsbereich der Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz fallen, ist von der Bundesministerin für Gesundheit
und Frauen das Einvernehmen mit der Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz herzustellen.
Im Übrigen ist die
Aufsicht über die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft der
Aufsicht nach dem ASVG nachgebildet. Von der weiteren Darstellung im Detail
wird aufgrund der bereits unter B.1.1. ff getätigten Ausführungen daher
abgesehen.
In den Sitzungen
der Verwaltungskörper der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen
Wirtschaft ist die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen regelmäßig durch
einen Vertreter/eine Vertreterin zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der gefassten
Beschlüsse und zur Wahrung der Interessen, die in ihren Wirkungsbereich fallen,
vertreten. In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle
Beschlüsse in den Verwaltungskörpern auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften
hin überprüft.
B.1.8.)
Sozialversicherungsanstalt der Bauern
Nach § 208 BSVG
unterliegt die Sozialversicherungsanstalt der Bauern samt ihren Anstalten und
Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auszuüben. In Angelegenheiten, die
in den Wirkungsbereich der Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz fallen, ist von der Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen das Einvernehmen mit der Bundesministerin für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz herzustellen.
Im Übrigen ist die
Aufsicht über die Sozialversicherungsanstalt der Bauern der Aufsicht nach dem
ASVG nachgebildet. Von der weiteren Darstellung im Detail wird aufgrund der
bereits unter B.1.1. ff getätigten Ausführungen daher abgesehen.
In den Sitzungen
der Verwaltungskörper der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ist die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen regelmäßig durch einen
Vertreter/eine Vertreterin zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der gefassten
Beschlüsse und zur Wahrung der Interessen, die in ihren Wirkungsbereich fallen,
vertreten. In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle
Beschlüsse in den Verwaltungskörpern auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften
hin überprüft.
B.1.9.)
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter
Nach § 154 B-KUVG
unterliegt die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter
samt ihren
Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auszuüben. In Angelegenheiten, die
in den Wirkungsbereich der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz fallen, ist von der Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen das Einvernehmen mit der Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz herzustellen.
Im Übrigen ist die
Aufsicht über die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter
der Aufsicht nach
dem ASVG nachgebildet. Von der weiteren Darstellung im Detail wird aufgrund der
bereits unter B.1.1. ff getätigten Ausführungen daher abgesehen.
In den Sitzungen
der Verwaltungskörper der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ist die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen regelmäßig durch einen
Vertreter/eine Vertreterin zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der gefassten
Beschlüsse und zur Wahrung der Interessen, die in ihren Wirkungsbereich fallen,
vertreten. In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle
Beschlüsse in den Verwaltungskörpern auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften
hin überprüft.
B.2.)
Ärztekammern
B.2.1.)
Gesetzliche Grundlagen
Die Angehörigen
des ärztlichen Berufes verfügen über eine eigene berufliche Selbstverwaltung,
die im Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geregelt ist. Diese gesetzliche
Standesvertretung wird durch die neun Ärztekammern in den Bundesländern sowie
durch die Österreichische Ärztekammer wahrgenommen. Die derzeit in
parlamentarischer Behandlung befindlichen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates
vom 19. Oktober 2005 (7. Ärztegesetz-Novelle, Zahnärztegesetz,
Zahnärztekammergesetz, Zahnärztereform-Begleitgesetz) werden durch die Herauslösung
der Zahnärzte aus der ärztlichen Standesvertretung maßgebliche Änderungen in
der internen Organstruktur der Ärztekammern in den Bundesländern und der
Österreichischen Ärztekammer herbeiführen, wobei das Kuriensystem hinkünftig
aus der Kurie der angestellten Ärzte und der Kurie der niedergelassenen Ärzte
bestehen wird.
Das Aufsichtsrecht
über die Ärztekammern in den Bundesländern sowie die Österreichische
Ärztekammer wird im vierten Hauptstück des Ärztegesetzes 1998 (§ 195)
normiert. Demnach unterstehen die Ärztekammern in den Bundesländern der
Aufsicht der örtlich zuständigen Landesregierung (§ 195 Abs. 1 erster
Satz leg.cit.), wohingegen die Österreichische Ärztekammer der Aufsicht der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen unterliegt (§ 195 Abs. 1
zweiter Satz Ärztegesetz 1998).
Das Aufsichtsrecht
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen erstreckt sich daher
ausschließlich auf die Österreichische Ärztekammer und nicht auf die
Ärztekammern in den Bundesländern (siehe dazu auch Art. 11 Abs. 1
Z 2 B-VG).
Im Übrigen sieht
das Ärztegesetz 1998 keine besonderen Aufwandsentschädigungen für die Ausübung
des Aufsichtsrechts vor.
B.2.2.)
Ausübung der Aufsicht über die Österreichische Ärztekammer
Das Aufsichtsrecht
umfasst mehrere Instrumente, die von Genehmigungsrechten für verschiedene
Verordnungen (vgl. § 195 Abs. 2 bis 7 leg.cit.) über das Aufhebungsrecht
von Beschlüssen der Organe der Österreichischen Ärztekammer, die gegen
bestehende Vorschriften verstoßen (§ 195 Abs. 8 leg.cit.), bis hin
zum Amtsenthebungsrecht (§ 195 Abs. 9 leg.cit.) reichen.
Als Beispiel für
das aufsichtsbehördliche Wirken der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
in der jüngsten Vergangenheit kann das nach einer ressortinternen rechtlichen
Prüfung eingeleitete Aufhebungsverfahren zum „Code of Conduct“ der
Österreichischen Ärztekammer genannt werden, welches schließlich zu einer
Überarbeitung im Sinne der Beseitigung von Widersprüchen zu bestehenden
Rechtsvorschriften und einer dementsprechenden Beschlussfassung der Verordnung
„Ärztlicher Verhaltenskodex bei der Zusammenarbeit mit der Pharma- und
Medizinprodukte“ durch die Vollversammlung am 111. Österreichischen
Ärztekammertag am 24. Juni 2005 geführt hat.
Von besonderer
Bedeutung im Zusammenhang mit der Ausübung des Aufsichtsrechts ist die
Tatsache, dass das Ärztegesetz 1998 im Zuge der Regelung des Wirkungskreises
der Österreichischen Ärztekammer und den Ärztekammern in den Bundesländern
(vgl. die §§ 66 und 118 leg.cit.) keine explizite Unterscheidung zwischen
eigenem und übertragenem Wirkungsbereich trifft, sodass es nicht unumstritten
ist, ob und welche Aufgaben im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches zu
besorgen sind.
Bei genauer
Betrachtung der einschlägigen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 fällt
allerdings auf, dass jene Aufgaben, die offenkundig im ausschließlichen
Interesse der Angehörigen des Selbstverwaltungskörpers gelegen sind, mit einem
für Selbstverwaltungskörper typischen Instanzenzug innerhalb des
Selbstverwaltungskörpers
versehen sind (vgl. z.B. § 91 Abs. 7 leg.cit. betreffend das Verfahren über die
Kammerumlage mit einem Instanzenzug vom Präsidenten zum Vorstand) und somit dem
eigenen Wirkungsbereich zuzuordnen sind.
Im Gegensatz dazu
gibt es jedoch zahlreiche Angelegenheiten, in denen sehr wohl ein Instanzenzug
an staatliche Behörden vorgesehen ist (vgl. die Möglichkeit der Berufung an den
Landeshauptmann gemäß §§ 14, 14a, 15, 22, 28, 59 und 197 leg.cit. sowie an die
UVS der Länder gemäß § 13a leg.cit. in den Angelegenheiten der §§ 9, 10, 11,
12, 12a und 13 leg.cit. sowie gemäß § 35a leg.cit. in den Angelegenheiten der
§§ 32, 33 und 35 leg.cit.). Daraus lässt sich nach Ansicht des
Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen ableiten, dass der Gesetzgeber bei
diesen Angelegenheiten von einer Besorgung im Rahmen des übertragenen
Wirkungsbereiches ausgegangen ist, wenngleich das Ärztegesetz 1998 kein
Weisungsrecht staatlicher Organe statuiert und sich die das Aufsichtsrecht
regelnde Bestimmung des § 195 leg.cit. auf den gesamten Wirkungskreis
der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern in den Bundesländern
bezieht.
Allerdings ist
Regelungsbedarf darin zu sehen, dass die Ärztekammern bislang auch
einfachgesetzlich nicht in das System der gegenseitigen Amtshilfe (vergleiche
Art. 22 B-VG) eingebunden sind.
Im Hinblick auf
den diesbezüglichen Klarstellungsbedarf soll insbesondere die im
Gesetzwerdungsprozess für das Zahnärztekammergesetz entwickelte Regelung eines
Weisungsrechts der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen für
Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich auch im Bereich der ärztlichen
Standesvertretung im Zuge der geplanten Neuerlassung des Ärztegesetzes 1998
Einzug finden.
C.)
Versorgung mit Arzneimitteln
C.1.) Zulassung
von Arzneimitteln
Ein
Arzneimittel darf in der Europäischen Gemeinschaft grundsätzlich nur dann in
Verkehr gebracht werden, wenn zuvor eine Genehmigung für das Inverkehr-bringen
erteilt wurde. Eine solche Genehmigung (Zulassung) von Arzneimittel kann auf
drei Arten erteilt werden:
- zentral
durch die EMEA (Europäische Agentur für Arzneimittel);
- im
gegenseitigen Anerkennungsverfahren;
- als
nationale Zulassung.
Das zentrale
Zulassungsverfahren wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2309/93 geschaffen
(mittlerweile durch die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 abgelöst). Durch diese
Verordnung wurde auch die European Agency for the Evaluation of Medical
Products (EMEA) und innerhalb der EMEA das - für die wissenschaftliche
Bewertung zuständige - CPMP errichtet. Das Committee for Proprietary Medicinal
Products ist der europäische wissenschaftliche Arzneimittelausschuß der EMEA in
London und setzt sich aus Mitgliedern der nationalen Arzneimittelbehörden
zusammen und kooperiert mit externen Gutachtern. Das CPMP tagt einmal im Monat
und erarbeitet wissenschaftliche Beurteilungen für sämtliche humanmedizinischen
Produkte, darunter auch für alle Produkte, die auf gentechnologischem Wege
produziert werden.
Eine zentrale
Zulassung gilt für den gesamten Gemeinschaftsmarkt, das heißt, das Arzneimittel
kann in jedem Mitgliedstaat in Verkehr gebracht werden. Die Entscheidung über
einen Zulassungsantrag wird dabei von der Europäischen Kommission nach der
Einholung einer Stellungnahme des Komitees getroffen. Die Kategorien von
Arzneimitteln, für die das zentrale Zulassungsverfahren Anwendung findet, sind
im Annex der Verordnung festgelegt. Für Arzneimittel, die in den Teil A des
Annex fallen, ist das zentrale Zulassungsverfahren verpflichtend, jene im Teil
B können das zentrale Verfahren nutzen.
Soll ein
Arzneimittel in mehr als einem Mitgliedstaat zugelassen werden, so findet,
sofern nicht das zentrale Zulassungsverfahren anzuwenden ist, das gegenseitige
Anerkennungsverfahren (Art. 28 der Richtlinie 2001/83/EG) Anwendung. Die
Bewertung des Zulassungsantrags erfolgt dabei durch einen Mitgliedstaat
(Referenz-Mitgliedstaat), die weiteren betroffenen Mitgliedstaaten anerkennen
dessen Bewertung und erteilen eine nationale Zulassung, sofern nicht mit der
Zulassung dieses Produkts eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit verbunden
ist. Gibt es bei der Bewertung eines Arzneimittels unterschiedliche
Auffassungen zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Qualität, Sicherheit
oder Wirksamkeit des Arzneimittels, so ist das Arzneimittel einer
wissenschaftlichen Bewertung durch das CPMP zu unterziehen, die letztendlich zu
einer Entscheidung der Kommission führt, an die alle Mitgliedstaaten gebunden
sind.
Wird ein Produkt
nur in einem einzigen Mitgliedstaat zugelassen, so handelt es sich um ein rein
nationales Zulassungsverfahren.
Derzeit gibt es
300 zentral, 2264 im gegenseitigen Anerkennungsverfahren und 7775 rein national
zugelassene Arzneimittel. Zusätzlich gibt es auf nationaler Ebene 2200
zugelassene apothekeneigene Arzneispezialitäten, sowie 3566 registrierte
homöopathische Arzneimittel.
C.2.)
Vertrieb von Arzneimitteln
Die Versorgung der
Bevölkerung mit Arzneimitteln erfolgt im Wesentlichen über die öffentlichen
Apotheken und hausapothekenführenden Ärzte.
Mit Stand
31.12.2004 gab es
- öffentliche Apotheken 1.172
- Filialapotheken 19
- Krankenhausapotheken 49
- ärztliche Hausapotheken 992
C.3.)
Arzneimittelkosten
In Österreich
unterliegen sämtliche Produktions- und Distributionsstufen der Arzneimittel der
Preisregelung, in dem sowohl der Fabriksabgabepreis (Importpreis) als auch die
Spannen des Großhandels und der Apotheken preisgeregelt sind.
Die auf Grund des
Preisgesetzes eingerichtete Preiskommission beim Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen regelt den Apothekeneinstandspreis für Arzneimittel. Der
Höchstaufschlag für den Arzneimittelgroßhandel und die Apothekenspannen sowie
die Vergütungssätze für die bei der magistralen Herstellung von Arzneimitteln
aufgewendete Arbeit werden durch Verordnung festgelegt. Für die Behandlung von
Arzneitaxfragen ist beim BMGF als beratendes Organ die Taxkommission bestellt.
Von großer
faktischer Relevanz bei der Festlegung der Arzneimittelpreise ist der Umstand,
dass das vertriebsberechtigte Unternehmen eines zugelassenen Arzneimittels nach
erfolgter Zulassung beim Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger die Aufnahme in den Erstattungskodex beantragen muss,
damit es für Rechnung eines Krankenversicherungsträgers abgegeben werden kann.
Im Zuge eines solchen Aufnahmeverfahrens in den Erstattungskodex wird ein
"Kassenpreis" zwischen Hauptverband und dem vertriebsberechtigten
Unternehmen vereinbart, der in aller Regel erheblich unter dem behördlich
genehmigten Preis liegt. Dieser Kassenpreis ersetzt sodann den preisbehördlich
genehmigten Listenpreis und ist der Apothekeneinstandspreis für die im
Erstattungskodex angeführten "erstattungsfähigen" Arzneimittel.
Bei
Arzneispezialitäten (Fertigarzneimitteln) besteht hinsichtlich der Apothekenspanne
ein degressives Aufschlagssystem. Abhängig vom Apothekeneinstandspreis kann der
Apotheker/die Apothekerin bei Privatkunden/Privatkundinnen in zehn vorgegebenen
Stufen einen Aufschlag von 12,5 % bis 55 % (Rohverdienst 11,1 % und 35,5 %) -
niedriger prozentueller Aufschlag bei teuren Produkten und umgekehrt -
verrechnen.
Die
Apotheker/Apothekerinnen und hausapothekenführenden Ärzte/Ärztinnen haben dem
Bund, den Ländern und Gemeinden sowie den von ihnen verwalteten Fonds und
Anstalten, den Trägern der Sozialversicherung (Krankenkassen) und
gemeinnützigen Krankenanstalten als begünstigte Bezieher eine reduzierte Spanne
zu gewähren. Das Nähere wird unter Punkt D.3. dargestellt.
D.)
Versorgung mit Arzneimitteln auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung
D.1.)
Allgemeines
Arzneimittel sind
den Anspruchsberechtigten der gesetzlichen Sozialversicherung aus dem Titel der
Krankenbehandlung zu gewähren. Die Krankenbehandlung muss ausreichend und
zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die
Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach
Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden.
Die Kosten der
Heilmittel werden vom Träger der Krankenversicherung durch Abrechnung mit den
Apotheken und den Hausapotheken führenden Ärzten/Ärztinnen übernommen.
Heilmittel dürfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger von
Apothekern/Apothekerinnen und Hausapotheken führenden Ärzten/Ärztinnen bei
Vorliegen einer Verordnung durch einen Vertragsarzt/eine Vertragsärztin, einen
Vertragszahnarzt/eine Vertragszahnärztin, einen Vertragsdentisten/eine
Vertragsdentistin (ab In-Kraft-Treten des Zahnärztereform-Begleitgesetzes) oder
eine Vertrags-Gruppenpraxis abgegeben werden, wenn die Verschreibbarkeit nach
den Regeln des vom Hauptverband herausgegebenen Erstattungskodex und nach den
Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln gegeben ist.
Verschreibungen
von Heilmitteln durch Wahlbehandler/Wahlbehandlerinnen sind, wenn die
Anspruchsberechtigung gegeben und die Verordnung nach den Richtlinien über die
ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln zugelassen ist, im Falle der
Bestätigung durch den Versicherungsträger den von den
Vertragsbehandlern/Vertragsbehandlerinnen ausgestellten Rezepten
gleichzustellen.
D.2.)
Erstattungskodex
Nach § 31 Abs. 3 Z
12 ASVG obliegt dem Hauptverband die Herausgabe eines Erstattungskodex der
Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines
Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich.
Der
Erstattungskodex ist eine Positivliste der in Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen
und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten, die nach den Erfahrungen im In-
und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische
Wirkung und einen Nutzen für Patientinnen und Patienten im Sinne der Ziele der
Krankenbehandlung annehmen lassen. Früher waren im Heilmittelverzeichnis lediglich
die sogenannten "freiverschreibbaren" Medikamente aufgelistet; die
"chefarztpflichtigen" (meist teure und spezielle) Medikamente waren
darin nicht verzeichnet. Der Erstattungskodex bietet als Gesamtverzeichnis
somit eine größere Übersichtlichkeit der Verfügbarkeit von Arzneimitteln sowohl
für die Patientinnen und Patienten als auch die verschreibende Ärzteschaft.
Jeder Vertragsarzt /jede Vertragsärztin der Krankenversicherung wählt damit im
jeweiligen Behandlungsfall das zur Krankenbehandlung richtige und zweckmäßige
Medikament aus dem Erstattungskodex aus, wobei allfällige besondere
Abgabebedingungen beachtet werden müssen. Der Erstattungskodex gliedert sich
nach dem Ampelprinzip in drei farblich gekennzeichnete Bereiche (grün, gelb und
rot), die ausschließlich für die Auswahl durch den Vertragsarzt/die
Vertragsärztin relevant sind.
Der grüne Bereich enthält alle freiverschreibbaren
Arzneimitteln. Mehr als 95 Prozent aller Verschreibungen entfallen auf
diesen Bereich.
Im gelben Bereich sind im Allgemeinen hochpreisige und für
bestimmte besondere Verwendungen vorgesehene Medikamente aufgelistet. Diese
können nur nach Anlegung einer Dokumentation betreffend die bestimmte
Verwendung oder nach Einholung einer ärztlichen Bewilligung beim chef- und
kontrollärztlichen Dienst verschrieben werden.
Im roten Bereich des Erstattungskodex sind alle neuen
Medikamente verzeichnet, für die eine Aufnahme in den Erstattungskodex
beantragt wurde. Sie verbleiben für die Dauer der Aufnahmeprüfung durch die
Heilmittel-Evaluierungs-Kommission im roten Bereich und gelten solange auch
grundsätzlich für erstattungsfähig (Abgabe mit Bewilligung), wenn kein anderes
Präparat des grünen oder gelben Bereiches zur Behandlung zur Verfügung steht.
Der
Erstattungskodex wurde mit Beschluss der Geschäftsführung des Hauptverbandes
der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 8. November 2004 unter
Aufsicht einer Vertreterin der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
beschlossen. Der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz hat das gesetzmäßige Zustandekommen mit Erlass vom
26.11.2004, GZ: BMSG-21410/0018-II/A/3/2004, beurkundet.
In Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass ein für die
Behandlung notwendiges Heilmittel im Erstattungskodex nicht zur Verfügung
steht. In solchen Fällen erfolgt vor der Ausstellung des Rezepts ebenfalls eine
medizinische Rücksprache des Arztes/der Ärztin mit dem chef- und
kontrollärztlichen Dienst der Krankenversicherung.
Die nähere
Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität, die Preisbildung und das Verfahren zur Herausgabe des
Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung. Die
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach § 351g ASVG (VO-EKO)
wurde von der Geschäftsführung des Hauptverbandes der österreichischen
Sozialversicherungsträger am 18. Mai 2004 unter Aufsicht einer Vertreterin der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beschlossen und mit Bescheid der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 24. Mai 2004, GZ:
BMGF-96.115/4-I/B/10/04, nach Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich
genehmigt.
Die
Verfahrensordnung legt insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden
Unterlagen fest und enthält die Regeln über die materielle Prüfung der
beantragten Arzneispezialität durch den Hauptverband und die
Heilmittel-Evaluierungs-Kommission. Im Zentrum stehen dabei eine
- pharmakologische
Evaluation über die Zuordnung und
Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharmakologischer Sicht
im Kontext der verfügbaren Alternativen im Erstattungskodex sowie die
Festlegung des Innovationsgrades;
- medizinisch-therapeutische
Evaluation zur Quantifizierung des Patientennutzens und
- gesundheitsökonomische
Evaluation zur Beurteilung der Arzneispezialität in Hinblick auf eine
ökonomische Krankenbehandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen
Alternativen sowie des Kosten-/Nutzenverhältnisses unter Berücksichtigung der
ärztlichen Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe und der Anstaltspflege.
D.3.)
Heilmittelkosten der gesetzlichen Krankenversicherung:
Die
Apotheker/Apothekerinnen und hausapothekenführenden Ärzte/Ärztinnen haben den
Trägern der Sozialversicherung (Krankenkassen) als begünstigte
Bezieher/Bezieherinnen eine reduzierte Spanne zu gewähren.
Der
Aufschlag beträgt abhängig vom Apothekeneinstandspreis in zehn vorgegebenen
Stufen degressiv 3,9 % bis 37 % (3,8 % bis 27 % Rohverdienst).
Die Apothekerinnen
und Apotheker, deren Jahresumsatz mit allen begünstigten
Beziehern/Bezieherinnen über dem Medianwert der Umsätze aller öffentlichen
Apotheken mit begünstigten Beziehern liegt, und die hausapothekenführenden
Ärztinnen und Ärzte mit einem Jahresumsatz der/des rechnungslegenden hausapothekenführenden
Ärztin/Arztes mit allen begünstigten Beziehern über 65 400,- Euro, haben
den begünstigten Beziehern einen Sondernachlass im Sinne eines Rabattes zu
gewähren.
Dieser Rabatt beträgt von Apotheken 2,5 vH der den Medianwert übersteigenden ohne Mehrwertsteuer berechneten Endsumme der Rechnungsbeträge vor Abzug der Rezept- und Verordnungsgebühren sowie etwaiger Kostenanteile. Der Rabatt von hausapothekenführende Ärztinnen/Ärzte beträgt 3,6 vH der ohne Mehrwertsteuer berechneten Endsumme der Rechnungsbeträge vor Abzug der Rezept- und Verordnungsgebühren sowie etwaiger Kostenanteile. Arzneispezialitäten mit einem Apothekeneinstandspreis von mehr als 200,- Euro sind jeweils von der Nachlassgewährung ausgenommen.
Dazu kommt in allen Fällen noch eine Umsatzsteuer von einheitlich 20 %.
Der Aufwand für Heilmittel steigerte sich bei den Krankenversicherungsträgern laut Erfolgsrechnung auf 2.423 Millionen Euro für das Jahr 2004 gegenüber 2.341 Millionen Euro für 2003 (+ 3,5 % bzw. 81,7 Millionen Euro). Das ist die mit Abstand niedrigste Steigerungsrate im Heilmittelbereich seit mehr als 10 Jahren.
2004 entfielen rund 84 % der Heilmittelkosten auf die öffentlichen Apotheken.
Die aktuellen Zahlen der Abrechnung der öffentlichen Apotheken lassen bereits jetzt eine Prognose der Heilmittelkostenentwicklung für 2005 unter 3 % gegenüber dem Jahr 2004 zu.
Damit konnten die ehemals dynamischen Heilmittelkostensteigerungen von 7 – 9 % pro Jahr bis einschließlich 2003 durch das Arzneimittelpaket 2003, welches zweckmäßigerweise Preisdämpfungs- und Strukturmaßnahmen miteinander verbindet, durchbrochen werden:
Preisdämpfungsmaßnahmen:
- Senkung der
Handelsspannen (degressiv gestaffelt) beim Großhandel,
(Verordnung
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Höchstaufschläge im
Arzneimittelgroßhandel 2004, Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 15.
Dezember 2003);
- Senkung der
Handelsspannen (degressiv gestaffelt) bei Apotheken und Hausapotheken führenden
Ärzten/Ärztinnen (107. Änderung der Arzneitaxe, BGBl. II
Nr. 629/2003);
- umsatzbezogene
Sonderrabatte der Apotheken und hausapotheken-führenden Ärzte/Ärztinnen für
begünstigte Bezieherinnen/Bezieher, (107. Änderung der Arzneitaxe, BGBl.
II Nr. 629/2003);
- Solidarbeitrag
der Pharmazeutischen Industrie in der Höhe von jährlich 2 % (bzw. im Jahr
2004 23 Mio. Euro) des auf Kosten der Krankenversicherung erzielten Umsatzes,
(2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 145/2003);
- Einziehung des EU-Durchschnittspreises
als Preisobergrenze für alle Medikamente auf Kosten der gesetzlichen
Krankenversicherung ASVG, (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003,
BGBl. I Nr. 145/2003);
- Regelung
für die Vorgehensweise der Preiskommission bei der Ermittlung des
EU-Durchschnittspreises gemäß § 351c Abs. 6 ASVG; Veröffentlichung auf der
Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen;
- Preisbildungsvorschriften
für die Aufnahme wirkstoffgleicher Nachfolgeprodukte in den Erstattungskodex
(2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 145/2003);
Strukturmaßnahmen:
- Herausgabe eines
Erstattungskodex (Ablöse des Heilmittelverzeichnisses), welcher alle auf Kosten
der Krankenversicherung verschreibbaren Medikamente enthält, und zwar gruppiert
nach dem ATC-Code zur Sicherstellung von Transparenz und Erleichterung der
Vergleichbarkeit; (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I
Nr. 145/2003); im anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der
Weltgesundheitsorganisation werden Wirkstoffe entsprechend dem Organ oder
Organsystem, auf das sie einwirken, und nach ihren chemischen,
pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in Gruppen eingeteilt.
- Einrichtung der
Heilmittel-Evaluierungs-Kommission als beratendes Gremium des Hauptverbandes
für die Prüfung der Änderungen (insbesondere Neuaufnahmen) des
Erstattungskodex, (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I Nr.
145/2003);
- Übertragung der
Einholung ärztlicher Bewilligungen des chef- und kontrollärztlicher Dienstes
der Sozialversicherung auf den verschreibenden Arzt/die verschreibende Ärztin;
Entlastung der Patientinnen und Patienten sowie Qualitätsverbesserung durch Direktkommunikation auf medizinischer
Ebene;
(2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 145/2003
und Heilmittel-Bewilligungs- und Kontroll-Verordnung, BGBl. II Nr. 473/2004);
- Reduktion von
Bewilligungshandlungen für Heilmittel durch Implementierung einer besonderen
Dokumentation und nachfolgenden Kontrolle
(Sozialrechts-Änderungsgesetz
2004, BGBl. I Nr. 105/2004 und Heilmittel-Bewilligungs- und
Kontroll-Verordnung, BGBl. II Nr. 473/2004);
- Bindung der
Krankenanstalten an den Erstattungskodex und die Richtlinien über die
ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln für Therapieempfehlungen in
Arztbriefen (Änderung des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten
BGBl. I Nr. 35/2004 und Gesundheitsreformgesetz 2005, BGBl. I
Nr. 179/2004); LGBl. für Wien Nr. 44/2005, LGBl. für das Burgenland
Nr. 82/2005 (Burgenländische Krankenanstaltengesetz-Novelle 2005) und
LGBl. für Oberösterreich Nr. 99/2005 (3. Oö KAG-Novelle 2005);
- Berücksichtigung
der Einholung von ärztlichen Bewilligungen des chef- und kontrollärztlichen
Dienstes der Sozialversicherung durch Krankenanstalten
(Heilmittel-Bewilligungs- und Kontroll-Verordnung, BGBl. II
Nr. 473/2004).
Die Einhaltung der
Rechtsvorschriften bei der Umsetzung der angeordneten Maßnahmen durch die
Sozialversicherung wurde und wird laufend im Rahmen der Aufsicht überwacht.
D.4.)
Gewährung von sogenannten „Naturalrabatten“
Die Thematik der
Gewährung von „Naturalrabatten“ war unter dem Betreff „Millionendeal mit
Medikamenten“ bereits Gegenstand der parlamentarischen Anfrage Nr. 2844/J der
Abgeordneten Lackner, Mag. Maier und GenossInnen, welche von der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen mit Schreiben vom 3. Juni 2005, GZ:
BMGF-11001/0059-I/A/3/2005 mit ausführlicher Darstellung der Rechtslage unter
Berücksichtigung der europarechtlichen Normen sowie der einschlägigen Judikatur
des Obersten Gerichtshofes beantwortet wurde.
Die verlangenden
Abgeordneten gehen trotzdem unrichtigerweise davon aus, dass die Gewährung und
Verrechnung von Naturalrabatten gegen Rechtsvorschriften verstoßen würde und
begründen dies in ihrem Verlangen wie folgt:
„Ärztekammer
und Pharmaindustrie erachten die gewährten Naturalrabatte naturgemäß für
zulässig, dem steht eine Verordnung des Gesundheitsministeriums zur Regelung
von Arzneitaxen sowie des Arzneimittelgesetzes entgegen. Demnach dürfen Ärzte
mit Hausapotheke nur einen – nach Medikamentenpreis gestaffelten – Aufschlag
von 3,9 bis 37 % auf den Grundpreis verrechnen. Die volle Weiterverrechnung des
Preises eines Gratismedikamentes werde damit aber ausgeschlossen, diesem
Umstand trägt auch die Regelung für Ärztemuster sowie die Fachwerbung
Rechnung.“
Die maßgeblichen
Bestimmungen der Österreichischen Arzneitaxe 1962,
BGBl. Nr. 128/1962, in der geltenden Fassung lauten:
Erstellung der
Arzneitaxe
§ 1. (1) Die
Bundesministerin/Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat die Preise
für die an den Verbraucher abzugebenden Arzneimittel und Behältnisse sowie die
Vergütungssätze für die bei der Herstellung der Arzneimittel in den Apotheken
aufgewendeten Arbeiten nach den Bestimmungen der in Anlage A dieser Verordnung
enthaltenen Grundsätze zu errechnen und als Anlage B zu dieser Verordnung mit
der Bezeichnung "Österreichische Arzneitaxe" kundzumachen.
(2) Die Preise der
Österreichischen Arzneitaxe sind Höchstpreise.
Aufschläge für
begünstigte Bezieher
§ 3. (1)
Die Apothekerinnen/Apotheker und hausapothekenführenden Ärztinnen/Ärzte haben
dem Bund, den Ländern und Gemeinden sowie den von ihnen verwalteten Fonds und
Anstalten, den Trägern der Sozialversicherung und gemeinnützigen
Krankenanstalten als begünstigte Bezieher nach Maßgabe des Abs. 2 abweichend
von Anlage A I Z 2a einen ermäßigten Zuschlag auf den Apothekeneinstandspreis
zu verrechnen.
(2) Werden
Arzneispezialitäten durch eine öffentliche Apotheke oder eine/einen
hausapothekenführende/n Ärztin/Arzt abgegeben, so ist dem
Apothekeneinstandspreis
1. bis zu 10,- Euro ein Zuschlag von 37 vH (= 37%
Rohverdienst),
2. von 10,16 Euro bis 20,- Euro ein Zuschlag von
35 vH (= 25,9% Rohverdienst),
3. von 20,46 Euro bis 30,- Euro ein Zuschlag von
32 vH (= 24,2% Rohverdienst),
4. von 30,95 Euro bis 60,- Euro ein Zuschlag von
28 vH (= 21,9% Rohverdienst),
5. von 62,45 Euro bis 100,- Euro ein Zuschlag von
23vH (= 18,7% Rohverdienst),
6. von 104,25 Euro bis 120,- Euro ein Zuschlag von
18 vH (= 15,3% Rohverdienst),
7. von 124,22 Euro bis 150,- Euro ein Zuschlag von
14 vH (= 12,3% Rohverdienst),
8. von 155,46 Euro bis 200,- Euro ein Zuschlag von
10 vH (= 9,1% Rohverdienst),
9. von 207,56 Euro bis 350,- Euro ein Zuschlag von
6 vH (= 5,7% Rohverdienst),
10. über 357,08 Euro ein Zuschlag von 3,9 vH (=
3,8% Rohverdienst)
hinzuzurechnen.
Beträgt der
Apothekeneinstandspreis der Arzneispezialitäten
11. 10,01 bis 10,15 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 13,70 Euro,
12. 20,01 bis 20,45 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 27,- Euro,
13. 30,01 bis 30,94 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 39,60 Euro,
14. 60,01 bis 62,44 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 76,80 Euro,
15. 100,01 bis 104,24 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 123,- Euro,
16. 120,01 bis 124,21 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 141,60 Euro,
17. 150,01 bis 155,45 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 171,- Euro,
18. 200,01 bis 207,55 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 220,- Euro,
19. 350,01 bis 357,07 Euro, so beträgt der
Verkaufspreis 371,- Euro.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, in der geltenden Fassung lauten:
Fachwerbung
§ 55. (1) Im Rahmen
der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu deren Verschreibung oder
Abgabe berechtigten Personen ist es verboten, diesen eine Prämie, finanzielle
oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei
denn, diese sind von geringem Wert und für die medizinische oder
pharmazeutische Praxis von Belang. Der Repräsentationsaufwand im Rahmen der
Verkaufsförderung hat darüberhinaus in einem vertretbaren Rahmen zu bleiben.
Den zur Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen ist es untersagt,
eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu fordern, sich versprechen
zu lassen oder anzunehmen.
(2) Der Bundesminister
für Gesundheit und Frauen kann durch Verordnung nähere Bestimmungen
hinsichtlich Art und Umfang des zulässigen Rahmens des Repräsentationsaufwands
und Bestimmungen darüber erlassen, wann von einem geringen Wert oder bereits
von Prämien oder finanziellen oder materiellen Vorteilen auszugehen ist. Dabei
ist insbesondere Bedacht zu nehmen, in welchem Rahmen Zuwendungen zur Verkaufsförderung
sowie Bewirtungsmaßnahmen im Zuge von Werbe- und Informationsveranstaltungen
nur von untergeordneter Bedeutung sind
Abgabe von
Ärztemustern
§ 58. (1)
Zulassungsinhaber dürfen Muster von zugelassenen Arzneispezialitäten an Ärzte,
Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten nur über deren schriftliche Anforderung,
ausschließlich unentgeltlich und nach Aufbringung des deutlich lesbaren und
nicht entfernbaren Hinweises "Unverkäufliches Ärztemuster" in der
kleinsten Handelspackung nach Maßgabe des Abs. 2 abgeben. Diese Muster dürfen
auch von den Empfängern nur unentgeltlich weitergegeben werden. Die Abgabe von
Ärztemustern von Arzneispezialitäten, die psychotrope Substanzen oder
Suchtstoffe enthalten, ist verboten.
(2) Die Abgabe von
unverkäuflichen Ärztemustern darf an Empfänger gemäß Abs. 1
1. innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach
erstmaliger Abgabe der Arzneispezialität im Sinne des § 57 in einer Anzahl, die
zur Beurteilung des Behandlungserfolges bei höchstens zehn Patienten ausreicht,
insgesamt jedoch höchstens im Ausmaß von 30 Ärztemustern einer
Arzneispezialität je Empfänger, und
2. nach Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraumes pro
Anforderung höchstens im Ausmaß von 2 Ärztemustern, an einen Empfänger jedoch
höchstens im Ausmaß von fünf Ärztemustern einer Arzneispezialität im Jahr
erfolgen.
(3) Über die Empfänger von
unverkäuflichen Ärztemustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe
derselben sind Nachweise zu führen und auf Verlangen dem Bundesministerium für
Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vorzulegen. Der Bundesminister hat
durch Verordnung nähere Bestimmungen über Art und Form der Nachweise zu
erlassen.
Aus dem bisherigen
Verständnis dieser einschlägigen Bestimmungen des AMG und auch aus der
Rechtsprechung des OGH ergibt sich zweifellos, dass das Gewähren von Rabatten
im Arzneimittelbereich nach der geltenden Rechtslage keinen Verstoß gegen das
AMG darstellt und auch sonst nach wettbewerbs-rechtlichen Regelungen nicht
verboten ist. Im Einzelnen führte der OGH dazu Folgendes aus: „§ 55 erster
Satz AMG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass zulässige Naturalrabatte
nicht unter das Verbot fallen. Die in einer bestimmten oder lediglich nach
Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware bestehende Zugabe ist sowohl
nach österreichischem (§ 9a Abs 2 Z 6 UWG) als auch nach deutschem Recht (§ 1
Abs 2 lit c ZugabeVO) zulässig. Voraussetzung ist, dass die dazugegebene Ware
mit der Hauptware qualitativ völlig identisch ist. Eine mit der Hauptware
identische Mehrlieferung ist im Gegensatz zu einer Mehrlieferung, die aus
verschiedenen Arzneispezialitäten besteht, nicht geeignet, den Preis zu
verschleiern und aus anderen als rein sachlichen Überlegungen zum Kauf zu
verleiten (4 Ob 250/98p mwN).“
Die RL 2001/83/EG
(Humankodex) als zentrale gemeinschaftsrechtliche Grundlage des
Arzneimittelrechts legt nämlich ausdrücklich fest, dass die in der Richtlinie
enthaltenen Werbebestimmungen (Beschränkungen) die nationalen Praktiken bei
Rabatten unberührt lassen. Somit ist dem OGH zuzustimmen, dass nach bisheriger
Rechtslage das AMG keine Rechtsgrundlage in Hinblick auf ein generelles Verbot
von Rabatten bietet.
Naturalrabatte
(oft fälschlicherweise als Gratismedikamente bezeichnet) unterliegen auch nicht
den Bestimmungen über Ärztemuster im AMG. Sie sind keine Abgabe von
Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung, wie sie nach dem AMG
eingeschränkt wäre, sondern vielmehr „eine Mehrlieferung,
durch die sich der Preis je Packung ermäßigt“ (vgl. OGH 4 Ob 346/98f).
Bei der
Weiterverrechnung von Naturalrabatten ist anzumerken, dass das durch die
Arzneitaxe geschaffene System der Aufschläge von Apothekern/ Apothekerinnen ein
System der zulässigen Höchstaufschläge darstellt. Diese Höchstaufschläge
berechnen sich anhand des Apothekeneinstandspreises. Dieser ist jedoch
ebenfalls als zulässiger Höchstpreis konstruiert und daher nicht zwingend
abhängig vom tatsächlichen Einkaufspreis. Daher verschafft die Arzneitaxe dem
Apotheker/der Apothekerin oder dem/der Hausapotheken führenden Arzt/Ärztin eine
Position, die ihm/ihr ganz unabhängig vom individuellen tatsächlichen
Einkaufspreis das Recht gibt, die jeweils zulässigen Höchstpreise zuzüglich
zulässige Höchstaufschläge weiter zu verrechnen. Der dem Verlangen zu Grunde
liegenden Annahme, dass die Aufschläge der Arzneitaxe zum jeweiligen
„Grundpreis“ hinzutreten, kann daher nicht zugestimmt werden.
Dass auch der
Hauptverband keine gegenteilige Auffassung vertritt, ist unter anderem bereits
der nachstehenden Aussendung der Reihe „Sozialversicherung aktuell“ Nr. 38 vom
22. Juli 2005 zu entnehmen:
„Hauptverband:
Durch Kostendämpfung bei Arzneimittel auf dem richtigen Weg
Jährliche
Kostensteigerung konnte bereits erfolgreich auf 3 Prozent gedrückt werden
„Die
beiden von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und dem Hauptverband der
österreichischen Sozialversicherungsträger fixierten Arzneimittelpakete haben
bereits zu deutlichen Kostendämpfungen bei Arzneimitteln geführt“. Dies stellte
heute, Freitag, der Vorstandsvorsitzende des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger, Erich Laminger, im Zusammenhang mit
der Diskussion um hohe Medikamentenkosten und Gewährung von Naturalrabatten an
hausapothekenführende Ärzte fest.
Zur
Erinnerung: Ursprünglich hatten Experten die jährlichen Kostensteigerungen im
Arzneimittelbereich auf 7 – 9 Prozent pro Jahr prognostiziert. „Durch die
beiden in den Jahren 2003 und 2004 gemeinsam zwischen dem Hauptverband und dem
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen geschnürten Arzneimittelpakete ist
es uns gelungen“, so Laminger, „die jährliche Kostensteigerung im
Arzneimittelbereich sogar auf 3 Prozent zu halbieren“. Erreicht wurden die
Einsparungen durch Einziehung des EU-Durchschnitts als Preisobergrenze, durch
Erhöhung der Industrierabatte, sowie durch eine Senkung der Großhandelsspannen
und der Apothekerspannen. „Und diesen Weg werden wir“, so Laminger, „konsequent
fortsetzen“.
Zur
aktuellen Diskussion über die Naturalrabatte bei Hausapotheken stellte Laminger
zum wiederholten Male fest, dass es keine Beweise für ein rechtswidriges
Verhalten von Seiten der Ärzteschaft in Bezug auf Arzneimittelrabatte und
Geschenkannahmen gäbe. Laminger: „Statt einer gerichtlichen Verfolgung weniger
Ärzte mit Hausapotheke ist eine deutlich schärfere Gesetzgebung notwendig, die
seitens der Gesundheitsministerin mit der Novelle zum Arzneimittelgesetz
bereits erfolgreich auf den Weg gebracht wurde.“
Eine vertragliche
Regelung, die die Verrechenbarkeit von Arzneispezialitäten, die als Rabatte
gewährt wurden, zwischen Apotheken oder Hausapotheken führenden
Ärzten/Ärztinnen und den Krankenversicherungsträgern in Hinblick auf den zu
verrechnenden Preis im gegebenen Zusammenhang einschränkt, besteht ebenfalls
nicht.
Zusammenfassend
ist daher festzuhalten, dass sowohl mit der Gewährung von Naturalrabatten als
auch mit der Weiterverrechnung von durch Rabatte verbilligten
Arzneispezialitäten zum jeweils festgelegten Höchstpreis weder ein Verstoß
gegen generelle Rechtsvorschriften noch eine Verletzung individueller
Vertragspflichten vorliegt.
Die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen konnte schon aus diesem Grund keine
besonderen weiteren Veranlassungen im Wege der Aufsicht über den
Hauptverband und die Sozialversicherungsträger sowie die Ärztekammern treffen.
Als Reaktion auf
die bekannt gewordene Praxis der Gewährung von Naturalrabatten in Einzelfällen
bis zu 100 und 150 % wird im Rahmen der AMG-Novelle 2005 von Seiten der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen eine Regelung vorgeschlagen, mit der
diese bestehende missbräuchliche Praxis der Naturalrabatte eingeschränkt werden
soll. Ins AMG soll folgender § 55b aufgenommen werden (Beschluss des
Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das
Rezeptpflichtgesetz, das Medizinprodukte-gesetz, das
Tierarzneimittelkontrollgesetz, das Gesundheits- und
Ernährungssicherheitsgesetz und das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 geändert
werden, 1092 der Beilagen XXII.GP):
„Naturalrabatte
§
55b. (1) Die Gewährung,
das Anbieten und das Versprechen von Naturalrabatten an zur Verschreibung oder
Abgabe berechtigte Personen ist verboten, sofern es sich dabei um Arzneimittel
handelt, die im vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
herausgegebenen Erstattungskodex enthalten sind.
(2) Das Fordern, das
sich Versprechen lassen oder das Annehmen von durch Abs. 1 erfassten
Naturalrabatten durch die zur Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen
ist verboten.“
Diese Regelung ist
die Reaktion darauf, dass sich bei der Abgabe von Arzneimitteln insbesondere im
Zuge der Produkteinführung durch die Gewährung von Naturalrabatten an die zur
Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen ein System etabliert hat,
das nach geltender Rechtslage zwar - wie oben ausgeführt - nicht rechtswidrig
ist, das aber vor allem durch die Höhe der gewährten Rabatte geeignet ist, das
Vertrauen in die zur Verschreibung bzw. Abgabe berechtigten Personen zu
beeinträchtigen. Schon allein der Anschein, dass Verschreibungen nicht nach rein
fachlichen Überlegungen und damit zu Unrecht auf Kosten der gesetzlichen
Krankenversicherung erfolgen könnten, soll unterbunden werden.
Aus diesem Grund
sieht der neue § 55b AMG vor, dass die Gewährung, das Anbieten und das
Versprechen von Naturalrabatten an zur Verschreibung oder Abgabe berechtigte
Personen verboten ist, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die im vom
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungs-träger herausgegebenen
Erstattungskodex enthalten sind.
Ausgehend vom
Grundsatz, dass Eingriffe der Gesetzgebung in das Wirtschaftsleben auf die
tatsächlich gebotenen und sachlich gerechtfertigten Regelungen zu beschränken
sind, soll diese Regelung auch lediglich die im Erstattungskodex enthaltenen
Arzneimittel erfassen, da in dem durch das Erstattungssystem geschaffenen
wirtschaftlichen Umfeld ein finanzieller Anreiz zur Änderung des Verschreibe-
oder Abgabeverhaltens zu vermuten ist.
In diesem
Zusammenhang ist zu betonen, dass weder eine ungerechtfertigte Bevorzugung von
Arzneispezialitäten, die als Rabatte gewährt wurden, festgestellt, noch eine
Gesamtberechnung dieser Arzneispezialitäten vorgenommen wurde.
In der Begründung
des dem Prüfungsauftrag zu Grunde liegenden Verlangens wird dazu zwar wie folgt
ausgeführt, dass „...der Hauptverband der
Sozialversicherungsträger schätzt, dass es bei den Naturalrabatten um einen
Beitrag von rund 240 Millionen Euro geht, ...“.
Laut
Heilmittel-Statistik des Hauptverbandes betrug aber im Jahr 2004 der
Heilmittelaufwand für Versicherte und Angehörige 2.027.705.031
Euro (exkl. USt.).
Davon entfielen
auf den Bezug aus
öffentlichen
Apotheken 1.694.066.671
Euro (exkl. USt.) und
ärztlichen
Hausapotheken 280.277.211 Euro (exkl. USt.).
Dass die in der
Begründung offenbar den Naturalrabatten zugeordnete Summe nicht rund 85 %
der tatsächlichen Kosten im Bereich der Abgabe von Arzneimitteln durch
Hausapotheken betragen kann, bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung.
Der Hauptverband
hat auf die – unrichtigerweise ihm zugeordnete - Aussage auch umgehendst wie folgt reagiert:
„Von:
**********@hvb.sozvers.at [mailto:**********@hvb.sozvers.at]
Gesendet: Donnerstag, 22. September 2005 13:28
An: innenpolitik@apa.at
Cc: Beate.Hartinger@hvb.sozvers.at
Betreff: Naturalrabatte zu OTS0137
Sehr
geehrte Damen und Herren!
Wie
soeben telefonisch besprochen übermittel ich Ihnen die offiziellen Zahlen des
Hauptverbandes.
Demnach
betrug der Gesamtaufwand der hausapothekenführenden Ärzte im Jahr 2004 Euro 280
Mio.
Wie
Herr NAbg. Kräuter zu dem Gesamtvolumen der Naturalrabatte von 240 Mio. Euro
kommt ist für den Hauptverband nicht nachvollziehbar.
Für
Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit
freundlichen Grüßen
**********
Büro
Generaldirektor - Stellvertreter Mag. Beate Hartinger
_______________________________________________________
Hauptverband
der Österreichischen Sozialversicherungsträger
1030
Wien, Kundmanngasse 21
Tel:
+43 (1) 71132 -**
Fax: +43 (1) 71132 **
Email**********@hvb.sozvers.at“
Im stationären
Bereich werden
Naturalrabatte von den Trägern der Krankenanstalten – wie in der
Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, XXII.GP.-NR
2816/AB vom 3.6.2005 zu 2844/J, BMGF-11001/0059-I/A/3/2005 2816/AB, ausführlich
dargestellt - insofern positiv bewertet, als sie ein wichtiges Instrument der
Budgetgestaltung in den Krankenhäusern sind. Die durch die Rabattgewährung
erzielte Einsparung fließt dabei ausschließlich dem Zahler der in den Krankenanstalten
benötigten Arzneimittel zu und entlastet daher das Budget der
Krankenanstaltenträger; im Endeffekt kommt dies wiederum den
Steuerzahlern/Steuerzahlerinnen zu Gute.
D.5.)
Zurverfügungstellung von neuesten, hoch innovativen Arzneimittelspezialitäten
für die gesamte Bevölkerung
Zur Zulassung
innovativer Arzneispezialitäten in Österreich wird auf die allgemeinen
Ausführungen unter Punkt C.1. verwiesen.
Nach § 351c
Abs. 1 ASVG wird jede Arzneispezialität, für die ein Antrag auf Aufnahme
in den grünen oder gelben Bereich des Erstattungskodex gestellt wird, zeitlich
befristet in den roten Bereich des Erstattungskodex aufgenommen.
Bereits mit dieser
Aufnahme in den Erstattungskodex wird die Arzneispezialität grundsätzlich
erstattungsfähig und kann daher auf Kosten der Krankenversicherungsträger –
nach Einholung einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen
Dienstes – verordnet werden.
Die Feststellung
des Innovationsgrades der beantragten Arzneispezialität erfolgt im Rahmen der
pharmakologischen Evaluation nach der Verfahrensordnung zur Herausgabe des
Erstattungskodex (veröffentlicht unter www.avsv.at,
Nr. 47/2004). Dabei wird aus pharmakologischer Sicht eine Zuordnung und
Bewertung der beantragten Arzneispezialität im Kontext der verfügbaren
therapeutischen Alternativen vorgenommen.
Der
Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei entsprechend einer
der folgenden acht Stufen festzulegen:
1. Die beantragte
Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirkstoffstärke und
die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder
mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten (wirkstoffgleiches
Nachfolgeprodukt).
2. Die beantragte
Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche oder praktisch
gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex
angeführte Arzneispezialitäten, jedoch eine neue Wirkstoffstärke.
3. Die beantragte
Arzneispezialität hat eine neue Kombination von Wirkstoffen, die bereits im
Erstattungskodex angeführt sind.
4. Bei der beantragten
Arzneispezialität handelt es sich um eine neue Darreichungsform eines im
Erstattungskodex angeführten Wirkstoffes oder einer im Erstattungskodex
angeführten Wirkstoffkombination.
5. Die beantragte
Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Erstattungskodex
angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.
6. Die beantragte
Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur
Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im
Erstattungskodex angeführt sind.
7. Mit der beantragten
Arzneispezialität ist die erstmalige medikamentöse Behandlung einer Erkrankung
möglich, welche bisher nichtmedikamentös behandelt wurde.
8. Mit der beantragten
Arzneispezialität ist die erstmalige Behandlung einer Erkrankung möglich.
Eine
Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die
Heilmittel-Evaluierungs-Kommission eine wesentliche therapeutische Innovation
festgestellt hat. Ausschlaggebend dafür ist, dass die beantragte
Arzneispezialität einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für
eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen oder die Mehrzahl der Patienten/
Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage
kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen aufweist.
Ist im gelben
Bereich des Erstattungskodex keine vergleichbare Arzneispezialität angeführt,
ist im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation für die Aufnahme in den
gelben Bereich des Erstattungskodex von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn
das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von
Patienten/Patientinnen gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar
ist. Dies ist vom antragstellenden Unternehmen anhand einer
pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Preis einer im gelben Bereich des
Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität darf den EU-Durchschnittspreis
jedenfalls nicht überschreiten.
E.) Vollzug
des Arzneimittelgesetzes
Im Rahmen der
Aufsicht der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen werden die Beschlüsse
der Verwaltungskörper der Selbstverwaltung selbstverständlich auch auf
Einhaltung der Rechtsvorschriften des AMG geprüft.
Zum Vollzug des
Arzneimittelgesetzes ist festzustellen, dass im Bereich der
Arzneimittelzulassung – wie schon seit mehreren Legislaturperioden bekannt –
Defizite bestehen. In der Vergangenheit wurde wiederholt versucht, das Problem
der Zunahme von unerledigten Zulassungsanträgen, das zum Teil auch durch die
Übernahme der neuen EU-Vorschriften im Zuge des EU-Beitrittes von Österreich im
Jahre 1995 zu erklären ist, auf zwei Arten zu lösen:
Die Variante Eins,
die eine zusätzliche Personalaufstockung im Bundesinstitut für Arzneimittel
vorsah (ca. 35 zusätzlich Planstellen) konnte auf Grund der immer
restriktiveren Budget- und Personalpolitik des Bundes nicht realisiert werden.
Die in Variante
Zwei vorgesehene Beauftragung von „externen Teilzeitgutachtern“ konnte dieses
komplexe Problem, das sich aus Einhaltung der gesetzlichen Fristen, aus exakter
Terminarbeit, und aus der Bereitstellung der entsprechenden Expertise, die für
eine Erstellung von Zulassungsgutachten notwendig ist, zusammensetzt, nur
unbefriedigend lösen.
Zudem hätte eine
durch Personalaufstockung bedingte höhere Leistungsfähigkeit in der
Gutachtenerstellung des Bundesinstituts für Arzneimittel eine
Personalaufstockung im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen erfordert,
da sonst wiederum hier ein Engpass in der Erledigung entstanden wäre.
Für die
Personalrekrutierung ergibt sich ein weiteres Problem, das nur außerhalb des
Stellenplans gelöst werden kann: Experten/Expertinnen, die in der Lage sind,
entsprechende Gutachten zu erstellen, sind nur schwer zu den Konditionen, die
im Bundesdienst angeboten werden, zu finden. Meist wurden junge
Mediziner/Medizinerinnen, Pharmazeuten/Pharmazeutinnen und
Chemiker/Chemikerinnen und Biologen/Biologinnen für diese Aufgaben gewonnen.
Nach einer für das Bundesinstitut sehr aufwendigen Phase der Ausbildung und
Einschulung im Bereich der gutachterlichen Tätigkeiten verließen solche Experten/Expertinnen das
Bundesinstitut für Arzneimittel in Richtung Pharmaindustrie bzw. Universitäten
und Spitäler, da in diesen Bereichen die Rahmenbedingungen wesentlich
lukrativer sind.
Die Problemanalyse
hat die Überzeugung untermauert, dass eine für alle Betroffenen – Industrie,
Handel, Patient/Patientin und Behörde -
zufriedenstellende Lösung nur mit einer vollständigen Reorganisation,
die als zentrales Element eine Ausgliederung des Bundesinstitutes für
Arzneimittel vorsieht, gefunden werden kann.
Zur Lösung der
oben angeführten Probleme wird die Schaffung einer dem Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen nachgelagerten, schlanken, kollegial geführten Behörde
vorgesehen. Zur Erfüllung der Aufgaben wird mit 1. Jänner 2006 in der
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ein eigenes Geschäftsfeld, das
den Namen „PharmMed-Austria“ tragen wird, eingerichtet (Gesundheits- und
Ernährungssicherheitsgesetz - GESG,.BGBl. I Nr. 107/2005).
Synergien, die
zwischen bereits etablierten Einrichtungen, wie es die Agentur für Gesundheit
und Ernährungssicherheit (AGES) ist, und einem neuen ausgliederungsfähigen
Aufgabenbereich, der in der Wahrnehmung der in diesem Gesetz vorgeschlagenen
Aufgaben begrenzt ist, können, wie das am Beispiel der amerikanischen FDA - Food and Drug
Administration – gezeigt wird, genützt werden. Durch die Nutzung dieses
Synergiepotentials ist auch ein sparsamer Einsatz von Steuermitteln im Bereich
der Overhead-Kosten im Verwaltungsbereich gewährleistet.
Zur Erfüllung
seiner Aufgaben wird dem durch BGBl. I Nr. 107/2005 eingerichteten Bundesamt
ein eigenes Geschäftsfeld - wie oben ausgeführt - mit dem Namen
„PharmMed-Austria“, in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit zur
Verfügung gestellt. Die Nutzung der Infrastruktur der Agentur für Gesundheit
und Ernährungssicherheit stellt einen sparsamen Umgang mit Steuermitteln gerade
in der Aufbau- und Umstrukturierungsphase dar.
Mit der Einführung
von neuen Tarifen, die sich an internationalen Vergleichen orientieren und mit
Hilfe der Evaluierung der bestehenden Tarifhöhen, die direkt dem Geschäftsfeld
der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit zur Verfügung zu stellen
sind, wird ein entsprechendes Leistungsangebot sichergestellt.
Die Umsetzung wird
durch ein gemeinsames Projektmanagement des Bundesministeriums für Gesundheit
und Frauen und der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit begleitet.
Schlusswort:
Die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hat seit ihrem Amtsantritt alle in
den Verwaltungskörpern des Hauptverbandes der österreichischen
Sozialversicherungsträger getroffenen Beschlüsse unter größtmöglicher Nutzung
aller ihr zur Verfügung stehenden Rechte und Pflichten der gesetzlichen
Aufsicht über die Selbstverwaltung geprüft. Darunter fallen natürlich auch
sämtliche Beschlüsse, die in Zusammenhang mit der Versorgung mit Arzneimitteln stehen.
Gleiches gilt für
alle ihrer Aufsicht unterstehenden Sozialversicherungsträger.
Die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen lässt darüber hinaus die vom
Bundesgesetzgeber mit dem 2. SVÄG 2003 und dem SRÄG 2004 angeordneten
strukturellen Veränderungen im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln auf
Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wesentlichen mit
1. Jänner 2005 in Kraft getreten sind, seit April und voraussichtlich bis
Ende des Jahres durch eine besondere Querschnittsprüfung betreffend die
rechtmäßige Umsetzung beim Hauptverband, den Gebietskrankenkassen und den
Sonderversicherungsträgern prüfen.
4. In der Sitzung am 22. November 2005 war
BM Maria Rauch-Kallat als Auskunftsperson geladen. Zusammenfassend kann
folgendes festgehalten werden:
Die von der SPÖ-Fraktion im Prüfverlangen aufgestellte
Behauptung, die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hätte ihre
Aufsichtsrechte und –pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln
unter besonderer Berücksichtigung von Arzneimittelkosten nicht wahrgenommen,
wird von ihr strikt zurückgewiesen.
Zur Wahrnehmung der Aufsichtsrechte und –pflichten der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
Die Rechtslage sieht dergestalt aus, dass der Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger und die Sozialversicherungsträger samt ihren
Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes unterliegen, wobei die
Aufsicht über den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die
Pensionsinstitute von der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz, die Aufsicht über die sonstigen Versicherungsträger von
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen als oberste Aufsichtsbehörde
auszuüben ist.
In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle
Beschlüsse in den Verwaltungskörpern des Hauptverbandes der österreichischen
Sozialversicherungsträger sowie der Versicherungsträger auf die Einhaltung der
Rechtsvorschriften hin überprüft. Die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen ist in den Sitzungen der Verwaltungskörper in der Regel durch eine/n
Vertreter/in zur Wahrung der Ressortinteressen vertreten. Allein im Jahr 2005
wurden bis Oktober 2005 in den Sitzungen der Verwaltungskörper des
Hauptverbandes mehr als 335 Berichte behandelt; davon standen rund 30 mit
Arzneimitteln im weitesten Sinn in Zusammenhang.
Gemäß § 449 ASVG haben die Aufsichtsbehörden die Gebarung des
Hauptverbandes und der Versicherungsträger zu überwachen und darauf
hinzuwirken, dass im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften
verstoßen wird. Sie können ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit
erstrecken; sie sollen sich jedoch in diesem Fall auf wichtige Fragen
beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung des Hauptverbandes
und der Versicherungsträger nicht unnötig eingreifen. Bei der Staatsaufsicht
muss beachtet werden, dass die Grenze zur weisungsmäßigen Einbindung nicht
überschritten wird. Diese Grenze liegt bei der Möglichkeit der materiellen
Einflussnahme auf die Akte der Selbstverwaltung; mit dem Instrument der
Aufsicht kann ein Staatsorgen beanstanden und aufheben, nicht aber verbindliche
Anordnungen treffen.
Zu den Naturalrabatten – Neuregelung in § 55b
Arzneimittelgesetz seit 1. Jänner 2006
Als Reaktion auf die bekannt gewordene Praxis der Gewährung von
Naturalrabatten in Einzelfällen bis zu 100 und 150 % wurde im Herbst 2005 von
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen eine Novellierung des
Arzneimittelgesetzes vorgeschlagen, mit der diese Praxis schließlich verboten
wurde und die zwischenzeitlich mit Jänner 2006 auch in Kraft getreten ist.
§ 55b AMG in der Fassung des BGBl. I Nr. 153/2005 betreffend das Verbot von
„Naturalrabatten“ lautet:
„Naturalrabatte
§ 55b. (1) Die Gewährung, das Anbieten und das
Versprechen von Naturalrabatten an zur Verschreibung oder Abgabe berechtigte
Personen ist verboten, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die im vom
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebenen Erstattungskodex
enthalten sind.
(2) Das Fordern, das sich Versprechen lassen oder das
Annehmen von durch Abs. 1 erfassten Naturalrabatten durch die zur Verschreibung
oder Abgabe berechtigten Personen ist verboten.“
BM Rauch-Kallat hat mit dieser Regelung auf den Missstand in der Praxis
reagiert, dass sich bei der Abgabe von Arzneimitteln insbesondere im Zuge der
Produkteinführung durch die Gewährung von Naturalrabatten an die zur
Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen (hausapothekenführende Ärzte/Ärztinnen
sowie öffentliche Apotheken) ein System etabliert hat, das nach der Rechtslage
vor In-Kraft-Treten des § 55b AMG zwar nicht rechtwidrig war, das allerdings
vor allem durch die Höhe der gewährten Rabatte zumindest geeignet gewesen ist,
das Vertrauen in die zur Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen zu
beeinträchtigen. Schon allein der Anschein, dass Verschreibungen nicht nach
rein fachlichen Überlegungen und damit zu Unrecht auf Kosten der gesetzlichen
Krankenversicherung erfolgen könnten, soll somit unterbunden werden.
Aus diesem Grund sieht § 55b AMG vor, dass die Gewährung, das Anbieten und
das Versprechen von Naturalrabatten an zur Verschreibung oder Abgabe
berechtigte Personen verboten ist, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt,
die im vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
herausgegebenen Erstattungskodex enthalten sind.
Ausgehend vom Grundsatz, dass Eingriffe der Gesetzgebung in das
Wirtschaftsleben auf die tatsächlich gebotenen und sachlich gerechtfertigten
Regelungen zu beschränken sind, ist eine Änderung der Rechtslage bei der
Gewährung von Geldrabatten im Zwischenhandel nicht eingetreten und sind durch
diese Regelung auch nur die im Erstattungskodex enthaltenen Arzneimittel
erfasst, da in dem durch das Erstattungssystem geschaffenen wirtschaftlichen
Umfeld ein finanzieller Anreiz zur Änderung des Verschreibe- oder
Abgabeverhaltens zu vermuten wäre.
In der Begründung des SP-Prüfverlangens wird ausgeführt, dass „...der
Hauptverband der Sozialversicherungsträger schätzt, dass es bei den
Naturalrabatten um einen Betrag von rund 240 Mio Euro geht,...“, was absolut
unwahrscheinlich ist, da bereits der gesamte Heilmittelaufwand der
Krankenversicherungsträger für Heilmittel aus ärztlichen Hausapotheken im Jahr
2004 rund 280 Mio Euro ausmachte. Der Hauptverband der
Sozialversicherungsträger hat sich auch umgehend von dieser Schätzung
distanziert.
Die SPÖ-Fraktion hat in weiterer Folge vorgebracht, diese – immer wieder in
Zusammenhang mit den von Hausapotheken lukrierten Naturalrabatten – genannte
Summe sei bezogen auf den gesamten Arzneimittelhandel zu verstehen, wofür
allerdings auch keine entsprechende Grundlage festgestellt werden konnte.
Zur Entwicklung der direkt durch die Krankenkassen
finanzierten Medikamentenkosten in Österreich
Da noch im Herbst
2003 von einer jährlichen Kostensteigerung für Heilmittel im Ausmaß von 7-9%
pro Jahr für die Krankenversicherungsträger ausgegangen werden musste und sogar
Kostenentwicklungen bis zu 13% zu befürchten waren, war dringender
Handlungsbedarf zur Eindämmung dieser für die Krankenversicherungsträger
bedrohlichen Kostensteigerungen gegeben.
Die Entwicklung
der direkt durch die Krankenkassen finanzierten Medikamentenkosten in
Österreich von 1994 bis 2003 stellt sich folgendermaßen dar:
Im Jahr 1994 wurde
eine Kostensteigerung im Ausmaß von 8,3% verzeichnet. Im Jahr 1995 konnte
infolge einer Großhandelsspannensenkung mit einem Volumen von rund 35 Mio Euro
die Kostensteigerung auf 5,3% gedrückt werden, im Jahr 1996 erhöhte sie sich
wieder auf 6,2%. Auf Grund einer Preisspannensenkung mit einem Volumen von rund
50 Mio Euro betrug die Kostensteigerung im Jahr 1997 3,7%. In den Jahren 1998 und 1999 explodierten die Kostensteigerungen
nahezu (plus 13,4% und plus 13,3%) und konnten auf Grund einer
Preisspannensenkung im Jahr 2000 mit einem Volumen von rund 80 Mio Euro
wiederum auf eine Steigerung von 5,7% im Jahr 2000 und auf eine Steigerung von
4,8 % im Jahr 2001 gesenkt werden. 2002 betrug die Kostensteigerung 6,5%, im
Jahr 2003 6,6%.
Zur Eindämmung der Kostensteigerungen:
Arzneimitteldialog und Arzneimittelpakete
Im Arzneimittelbereich wurde deshalb als Ergebnis des Arzneimitteldialogs
im Herbst 2003 eine politische Vereinbarung zwischen der Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen, der Pharmaindustrie und dem Hauptverband der
Sozialversicherungsträger unter Einbeziehung der Apotheken und des Großhandels
zur Eindämmung der Kostensteigerungen bei den Medikamenten getroffen. Als
gemeinsames Ziel wurde beschlossen, dass die jährlichen Ausgabensteigerungen im
Bereich der Arzneimittel nicht wie bisher in einem Korridor zwischen 7% und 9%
weitersteigen, sondern sich in den Jahren 2004 bis 2006 durchschnittlich in
einem Korridor zwischen 3% und 4% stabilisieren sollen.
Die Reformmaßnahmen („Arzneimittelpakete“) zur Dämpfung der
Heilmittelkosten traten mit 1. Jänner 2004 in Kraft und beinhalten sowohl
Preisdämpfungs- als auch Strukturmaßnahmen:
Die Preisdämpfungsmaßnahmen bestehen in Preisvorschriften für Präparate des
Erstattungskodex, in Senkungen der
Handelsspannen im Großhandel und für die Apotheken (degressiv gestaffelt), in
zusätzlichen umsatzbezogenen Sonderrabatten der Apotheken und
hausapothekenführenden Ärzte/Ärztinnen sowie in einem umsatzbezogenen
Solidarbeitrag der Pharmazeutischen Industrie in Höhe von jährlich 2% des auf
Kosten der Krankenversicherung erzielten Umsatzes.
Als wesentlichste strukturelle Änderung wurde das bisherige
Heilmittelverzeichnis durch den vom Hauptverband herauszugebenden
Erstattungskodex, in dem erstmals alle auf „Kassenkosten“ erhältlichen
Medikamente verzeichnet sind, abgelöst. In diesem Zusammenhang wurde auch der
intramurale Bereich eingebunden, indem die Krankenanstalten verpflichtet sind,
bei Heilmittelempfehlungen im Entlassungsbrief den Erstattungskodex und die
ökonomische Verschreibweise zu berücksichtigen.
Die Arzneimittelpakete bewirkten bereits für 2004 und 2005
Kostendämpfungseffekte. Der Aufwand für Heilmittel steigerte sich bei den
Krankenversicherungsträgern im Jahr 2004 um 3,5%. Für 2005 kann die Steigerung
aller Voraussicht nach sogar auf unter 3% gedrückt werden.
Bereits im Jahr 2004 konnten sich die Krankenversicherungsträger mindestens
120 Mio Euro allein durch die im Arzneimitteldialog der Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen ausverhandelten Rabatte zum Vorteil der
Versichertengemeinschaft ersparen.
BM Rauch-Kallat ist es somit gelungen, die prognostizierte und zu
befürchtende Kostensteigerung bei den Medikamenten von 7-9% nachweislich bereits
im ersten Jahr (2004) nach dem Beschluss der Arzneimittelpakete und der
rechtlichen Umsetzung auf 3,5% zu reduzieren.
In der
Sitzung am 15. Februar 2006 waren als Auskunftspersonen LH Mag. Gabi
Burgstaller, Stadträtin Mag. Renate Brauner und LR Mag. Wolfgang Sobotka als
Auskunftspersonen geladen. Zusammenfassend kann folgendes festgehalten werden:
Zu Salzburg:
Um den Medikamenteneinkauf für die Krankenanstalten möglichst preisgünstig
zu gestalten, wurde in Salzburg eine gemeinsame Einkaufsorganisation
geschaffen, die Landesapotheke, die sich im Eigentum des Landes befindet und
für den gesamten Zentralraum Salzburgs die Medikamenteneinkäufe tätigt. Die
Ausgaben im Arzneimittelbereich belaufen sich allein im Fonds für die
Krankenanstalten auf 27 Mio Euro.
Nach Rechtsansicht des Landes Salzburg ist eine juristische Unsicherheit in
Bezug auf § 55b AMG gegeben, da für die Landesapotheke, die eine eigene
Rechtsperson darstellt, das Arzneimittelgesetz gelte. Vor allem im
onkologischen Bereich besteht die Sorge, dass in Salzburg auf Grund der
gewählten Organisation des zentralen Heilmitteleinkaufes über eine Apotheke für
die Krankenanstalten Naturalrabatte nicht mehr gewährt werden dürfen.
Zur Weiterentwicklung des Systems wird - ähnlich der Bundesbeschaffungsagentur
– eine gemeinsame, übergreifende Einkaufsorganisation vorgeschlagen, die sich
aus Vertretern der Sozialversicherung und der Krankenanstalten zusammensetzt.
Auch eine bessere Koordination mit dem niedergelassenen Bereich sei dringend
erforderlich und könnte durch gemischte Kommissionen umgesetzt werden. Eine
stärkere Förderung der Generika über ein Anreizsystem wird ebenfalls für
sinnvoll erachtet.
In den Salzburger Landeskliniken wird bei den Entlassungsbriefen für die
Patienten darauf Rücksicht genommen, dass nicht teure Medikamente, die die
Spitäler günstig bzw. gratis bekommen, verschrieben werden, dh die
Verpflichtung zur ökonomischen Verschreibweise haben die Landeskliniken auch
für ihren Bereich übernommen.
Ein großes Problem besteht in Salzburg auf Grund der gestiegenen
Abgangsdeckung für Gemeindespitäler, die zum Teil vom Land finanziell getragen
werden muss.
Hausapotheken spielen eine wichtige Rolle zur Nahversorgung im ländlichen
Raum - dort, wo sie erforderlich sind. Es sei aber dringend notwendig,
objektive Kriterien einzuführen. Transparenz im Gesundheitssystem sei sehr
wichtig, weshalb sich auch die Ärztekammer mehr öffnen sollte. Entscheidend
ist, wo z. B. niedergelassene Ärzte/Ärztinnen kostengünstiger als Spitäler
sind.
Zu Wien
Die Ausgaben für Medikamente im engeren Sinn beim Krankenanstaltenverbund
in Wien betragen 117 Mio Euro und sind seit ungefähr 10 Jahren stabil. Erstmals
gab es 2004/2005 wieder eine signifikante Erhöhung dieser Kosten infolge der
Entwicklung bei den Zytostatika.
Die Rabatte werden vom Krankenanstaltenverbund direkt an die Patienten
weitergegeben.
Um die Medikamentenpreisentwicklung in den Griff zu bekommen, hat Wien
bereits 1994 Apotheken-Einkaufsgremien gegründet, worauf auch die Stabilität
bei den Medikamentenkosten zurückgeführt wird. Hausapotheken spielen in Wien
auf Grund der städtischen Struktur keine Rolle.
Für die Zukunft wird der gemeinsame Einkauf von Medikamenten für sinnvoll
erachtet, trotzdem müssen regionale Bedürfnisse berücksichtigt werden. Weiter
sollte die Darstellung des Heilmittelverzeichnisses (Erstattungskodex)
transparenter und kundenfreundlicher erfolgen und EU-weit wäre eine Initiative
in Zusammenhang mit den Handelsspannen der Pharmaunternehmen zu diskutieren.
Im Sozialmedizinischen Zentrum Ost wird im Zuge der Erstellung der
Entlassungsbriefe, die dem Erstattungskodex und den ökonomischen
Verschreibkriterien entsprechen, den Patienten noch zusätzlich ein
Beratungsgespräch über die Medikamente angeboten, damit sie nicht ohne jede Betreuung
entlassen werden. Dieses Beratungsgespräch über die Medikamentenversorgung am
Krankenbett vor der Entlassung wird zahlreich und gern in Anspruch genommen.
Zu Niederösterreich
Die Spitalsstruktur Niederösterreichs wurde in den letzten Jahren grundlegend
verändert. Die vom Land gegründete Spitalsholding umfasst und verwaltet bereits
22 Landesspitäler, wodurch Einsparungsmöglichkeiten lukriert werden können. Der
Umfang der in Niederösterreich der Spitalsholding gewährten Naturalrabatte
beträgt bei einem Volumen von 60 Mio Euro ungefähr 2% davon, das sind rund 1,2
Mio Euro.
Für das Land Niederösterreich stellen sich – anders als für Salzburg und
Wien - keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Heilmitteleinkauf für die
Krankenanstalten nicht in den Anwendungsbereich des § 55b AMG fällt und daher
die Krankenanstalten auch weiterhin Naturalrabatte lukrieren dürfen. In den
Krankenanstalten Niederösterreichs spielen Naturalrabatte allerdings keine
wesentliche Rolle mehr; bis Jahresende soll im Sinne der Transparenz die
Umstellung ausschließlich auf Geldrabatte abgeschlossen sein.
Durch die Gründung der Spitalsholding im Jahr 2005 wird nun der Einkauf für
die Krankenanstalten in Niederösterreich gemeinsam organisiert, wobei sich das
Land Niederösterreich darüber hinaus einen gemeinsamen Einkauf mehrerer
Bundesländer vorstellen könnte und dies auch schon angeboten und vorgeschlagen
hat. Ziel sei, gemeinsame Einkaufsagenturen auch für Arzneimittel im
Gesundheitsbereich zu schaffen.
Die Hausapotheken von Ärzten/Ärztinnen stellen besonders im ländlichen Raum
von Niederösterreich ein wichtiges Instrument zur Versorgung der Bevölkerung
dar und genießen hohe Zufriedenheit der Patienten/Patientinnen.
Zu den rechtlichen Bedenken einiger Ländervertreter
hinsichtlich des Anwendungsbereichs von § 55b AMG
Der im Zuge der Arzneimittelgesetznovelle 2005 beschlossene § 55b AMG,
wonach die Gewährung von Naturalrabatten an Apotheken und hausapothekenführende
Ärzte/Ärztinnen verboten ist, findet keine Anwendung auf den Einkauf von
Heilmitteln durch die Träger von
Krankenanstalten bzw. für die Verwendung in Krankenanstalten. Die in
diesem Zusammenhang gewährten Naturalrabatte sind vom Verbot schon deshalb
nicht betroffen, weil die anstaltsinterne Anwendung nicht unter Verschreibung
oder Abgabe im Sinn des § 55b AMG subsumiert werden kann. Der Anwendungsbereich
des § 55b AMG wurde im Bericht des Gesundheitsausschusses zur Arzneimittelgesetz-Novelle
ausdrücklich festgehalten.
Unterstrichen wird die an sich eindeutige Rechtslage durch einen Erlass des
Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen an das Bundesamt für Sicherheit im
Gesundheitswesen zu § 55b AMG Anfang Jänner 2006, nach dem das Verbot nicht auf
Naturalrabatte angewendet werden kann, die Großhändlern oder Trägern von
Krankenanstalten gewährt werden, da sowohl auf Grund der Materialien als auch
nach systematischer Interpretation der Bestimmung die Träger von
Krankenanstalten und Großhändler nicht unter die in dieser Bestimmung
enthaltene Formulierung „zur Verschreibung und Abgabe berechtigte Personen“
fallen.
Die von der Salzburger Landeshauptfrau Mag. Burgstaller und der Wiener
Stadträtin Mag. Brauner geäußerte Sorge, dass das in § 55b AMG normierte Verbot
der Naturalrabatte auch auf die Träger der Krankenanstalten anzuwenden und
infolgedessen ein großer finanzieller Schaden in Höhe von 5,3 – 8 Mio Euro für
die Salzburger Fondskrankenhäuser und 30 Mio Euro für den Wiener
Krankenanstaltenverbund zu befürchten sei, ist auf Grund der zuvor
geschilderten, eindeutigen Rechtslage nicht nachvollziehbar.
In der
Sitzung am 22. März 2006 waren als Auskunftspersonen GD Dr. Josef Kandlhofer,
GD-Stellvertreterin Mag. Beate Hartinger, Dr. Martin Gleitsmann (WKÖ) und Dr.
Dreßler (Präs. Pharmig) geladen. Zusammenfassend kann folgendes festgehalten
werden:
Laut Generaldirektor Dr. Kandlhofer vom Hauptverband der
Sozialversicherungsträger sind die Versicherungsleistungen im Zeitraum von
1994-2004 insgesamt um 49,2% gestiegen; die Aufwendungen für Heilmittel und
Medikamente um 132,1%.
Die Steigerung bei den Medikamentenkosten von 2003 auf 2004 beträgt 3,5%,
womit das im Rahmen des Arzneimitteldialogs vereinbarte Ziel erreicht wurde.
Für 2005 wird nach den vorläufigen Zahlen eine Steigerungsrate von 2%
ausgewiesen, womit das Ziel im Zusammenhang mit dem Arzneimittelpaket aller
Voraussicht nach sogar übererfüllt wird.
Der Erstattungskodex (früher Heilmittelverzeichnis), worin alle auf
„Kassenkosten“ erhältlichen Medikamente verzeichnet sind und der einer
ständigen Weiterentwicklung infolge neuer Medikamente unterliegt, hat auch die
Zustimmung der verschreibenden Ärzte/Ärztinnen gefunden und ist eine
strukturelle Maßnahme im Rahmen der Arzneimittelpakete.
Der Pro-Kopf-Aufwand sowohl bei Hausapotheken als auch bei öffentlichen
Apotheken betrug 341,86 Euro im Jahr 2004.
Die Pro-Kopf-Rate bei öffentlichen Apotheken beträgt 324,22 Euro, bei
Hausapotheken 266,43 Euro, was mit dem gegenüber einer öffentlichen Apotheke
unterschiedlichen Sortiment einer Hausapotheke erklärbar ist.
Aufwendungen je Rezept:
Öffentliche Apotheke: 38,11 Euro
Hausapotheke: 31,38 Euro
Aufwendungen je Verordnung:
Öffentliche Apotheke: 19,65 Euro
Hausapotheke: 17,18 Euro
Rezepte pro Person:
Öffentliche Apotheke: 8,51
Hausapotheke: 8,49
Verordnungen pro Person:
Öffentliche Apotheke: 16,51
Hausapotheke: 15,51
Auf Grund dieser
vorliegenden Zahlen ist nicht feststellbar, dass im Bereich der Hausapotheken
höhere Medikamentenkosten als bei öffentlichen Apotheken anfallen würden.
Alle Selbstbehalte
im Gesundheitswesen sind unter SP-Ministerschaft eingeführt worden. Das
jährliche Service-Entgelt für die e-card ist niedriger als die 1997 eingeführte
Krankenscheingebühr (auf ein Kalenderjahr betrachtet) und ersetzt diese
vollständig.
Der Hauptverband
stellt bereits Überlegungen an, wie in Hinkunft eine vertragliche Gestaltung
mit den Hausapotheken führenden Ärzten/Ärztinnen aussehen kann, und zwar
entweder in Form eines Gesamtvertrages oder in Form von Einzelverträgen. Es
bedarf jedenfalls noch einer ausführlichen Diskussion. Die Ansicht von Univ.
Prof. Dr. Rebhan im Entwurf eines Gutachtens vom Februar 2006, das noch nicht
zur Veröffentlichung freigegeben ist, stellt eine Meinung dar; eine sehr viel
differenziertere Aufbereitung der Thematik enthält das Gutachten von ao. Univ.
Prof. MMag. Dr. Michaela Windisch-Grätz.
Naturalrabatte in
der kolportierten Höhe von 240 Mio Euro/Jahr, die in Zusammenhang mit den
Hausapotheken genannt wurden, sind aus der Luft gegriffen, da die Hausapotheken
einen Gesamtumsatz von 280 Mio Euro/Jahr verzeichnen, dh die gewährten Rabatte
würden sich in der Höhe von 85-90% bewegen, was nicht stimmen kann.
Angesprochen auf
die Bedenken einiger Landesvertreter, wonach das in § 55b AMG normierte Verbot
der Naturalrabatte auch für Krankenanstalten gelte, verneint Dr. Kandlhofer die
Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf den Einkauf für die Verwendung in
Krankenanstalten.
GD-Stellvertreterin
Mag. Beate Hartinger ist seit April 2005 im Hauptverband für Medikamente
zuständig. Nach ihrer Aussage beträgt die vorläufige
Medikamentenkostensteigerung für 2005 rund 2%, während in Deutschland eine
Steigerung von 17% zu erwarten ist, was zeigt, dass die Arzneimittelpakete
gegriffen haben und den gewünschten Erfolg erzielen.
Im letzten Jahr
wurden 180 Medikamente neu in den Erstattungskodex aufgenommen, davon 56%
Generika. Zudem hat der Hauptverband viele Preissenkungsverhandlungen geführt
und konnte dadurch Einsparungen in Höhe von 28 Mio Euro erzielen.
Auf Grund einer
Empfehlung des KV-Ausschusses und eines einstimmigen Beschlusses im
Verbandsvorstand im Jänner 2006 wurde Univ. Prof. Dr. Rebhan mit der Erstellung
eines Rechtsgutachtens betraut.
Mithilfe des
Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen ist es gelungen, auch die
Krankenanstalten im Zusammenhang mit den Entlassungsbriefen der Krankenhäuser
an die ökonomische Verschreibweise zu binden; dafür erfolgen zur Zeit gezielte Schulungsprogramme
seitens der Sozialversicherungsträger und Krankenanstalten.
Laut Dr. Dreßler
wurde in den letzten 20 Jahren jeweils zwischen 9,2% und 9,4% des
Bruttoinlandsprodukts für die gesamten Gesundheitskosten in Österreich
aufgewendet, wobei das Jahr 2005 das mit Abstand schlechteste Jahr für die
Pharmaindustrie war.
Beim
Medikamenten-Packungsverbrauch pro Kopf liegt Österreich an einer der letzten
Stellen in Europa, ebenso bei den Pro-Kopf-Ausgaben, was Medikamente
betrifft. Demgemäß ist in Österreich
kein Übermaß an Medikamentenverbrauch zu verzeichnen.
Bei der
Mehrwertsteuer würde die Pharmig eine Senkung auf 10% sehr begrüßen.
In der
Pharmaindustrie gibt es einen Verhaltenskodex, der vor 2 Jahren verschärft
wurde und auch Geldstrafen vorsieht.
5. Schlussfolgerungen:
Die von der SPÖ-Fraktion im Prüfverlangen aufgestellte Behauptung, die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hätte ihre Aufsichtsrechte und
–pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer Berücksichtigung
von Arzneimittelkosten nicht wahrgenommen, entbehrt jeder Grundlage, wie auch
die Ausschussberatungen gezeigt haben.
Vielmehr verhält es sich so, dass sich das Problem der extremen
Heilmittelkostensteigerungen bereits seit Jahren und somit vor allem unter
SP-Gesundheitsministern, die allerdings untätig geblieben sind, gestellt hat.
Erst BM Rauch-Kallat hat erfolgreiche, nachhaltige Maßnahmen zur Dämpfung der
Heilmittelkostenentwicklung getroffen und auch zur Behebung des Missstands der
Gewährung von ausufernden Naturalrabatten eine vernünftige Lösung gefunden.
Mit dem im Herbst 2005 beschlossenen Verbot der Naturalrabatte für
öffentliche Apotheken und hausapothekenführende Ärzte/Ärztinnen in § 55b AMG
wurde ab 2006 diese Praxis im Arzneimittelvertrieb verboten, gleichzeitig aber
der Eingriff in Eigentums- und Erwerbsfreiheiten sowie den bestehenden
Wettbewerb im Handel so gering wie möglich gehalten. Geldrabatte im
Zwischenhandel sowie Geld- und Naturalrabatte im Einkauf der Krankenanstalten
sind unberührt geblieben und somit zulässig. Im Zuge der Ausschussberatungen
wurde von SP-Ländervertreterinnen die Sorge geäußert, das Verbot der
Naturalrabatte gemäß § 55b AMG sei auch auf Krankenanstalten anzuwenden und
füge so den Krankenanstalten beträchtlichen finanziellen Schaden zu. Jedoch
lassen weder der Text der Bestimmung noch eine systematische Interpretation
noch die Materialien (Bericht des Gesundheitsausschusses 1142 d. B.) einen
solchen Schluss zu.
Rabatte sind grundsätzlich für die Finanzierung der Heilmittel sowohl in
den Krankenanstalten als auch durch die Sozialversicherung unabdingbar. Ein
generelles Verbot würde ausschließlich die Pharmaindustrie begünstigen, den
Einkäufern/Einkäuferinnen (Sozialversicherung und Krankenanstalten) ein
wesentliches Element der Preisgestaltung nehmen und damit den Beitrags- und
Steuerzahlern/Steuerzahlerinnen einen großen finanziellen Schaden zufügen.
Um auch in Zukunft die hohe Qualität der Arzneimittelversorgung im Rahmen
unseres Gesundheitssystems aufrechterhalten zu können, muss die
Kostenentwicklung immer wieder kritisch hinterfragt und weiterhin mögliche
Einsparungspotentiale genutzt werden.
Die prognostizierten Kostensteigerungen für die Krankenversicherungsträger
bei den Medikamenten im Ausmaß von 7-9% konnten jedenfalls erfolgreich
eingedämmt und auf 3,5% im Jahr 2004 und aller Voraussicht nach sogar auf 2% im
Jahr 2005 gesenkt werden. Zurückzuführen ist dieser Erfolg bei der Reduktion
der Kostensteigerungen im Interesse der Beitrags- und
Steuerzahler/Steuerzahlerinnen auf die Arzneimittelpakete, die als Ergebnis
eines von BM Rauch-Kallat initiierten Arzneimitteldialoges ab Jänner 2004
umgesetzt wurden und sowohl Preisdämpfungs- als auch Strukturmaßnahmen
enthalten.
Zum eigentlichen Kern des Prüfverlangens, der Wahrnehmung der
Staatsaufsicht über die Selbstverwaltung, konnte von der SP-Fraktion absolut
nichts vorgebracht werden, das geeignet gewesen wäre, auch nur den geringsten
Zweifel an der rechtmäßigen und korrekten Ausübung der Aufsicht durch die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu begründen.
Die SPÖ-Fraktion war an konstruktiver Sacharbeit zum selbst
eingebrachten Prüfverlangen nur
teilweise interessiert und versuchte unzulässiger- und damit
geschäftsordnungswidriger Weise, in den Ausschussberatungen das e-card-Projekt
zu thematisieren bzw. zu skandalisieren, das mit dem vorliegenden
Prüfgegenstand in keinem inhaltlichen Zusammenhang steht.
Abschließend muss gesagt werden, dass eine eindeutige inhaltliche Position
der SPÖ, die dieses Prüfverlangen gestellt hat, zu dieser Thematik während der
Ausschuss-Sitzungen nicht erkennbar war und auch am Ende dieser Beratungen
noch immer nicht ersichtlich ist. Einerseits werden von der SPÖ-Fraktion
Naturalrabatte für die Träger von Krankenanstalten sehr wohl gutgeheißen,
andererseits behaupten SP-Landespolitiker partout, das Verbot der
Naturalrabatte müsse sich doch auch auf die Träger von Krankenanstalten
beziehen, wiederum andererseits werden Geldrabatte für hausapothekenführende
Ärzte/Ärztinnen und Apotheker/Apothekerinnen „verdammt“. Diese
Widersprüchlichkeiten lassen vermuten, dass in der SPÖ-Fraktion offensichtlich
noch interner Klärungsbedarf besteht, ob man nun für oder gegen Rabatte
auftreten soll.
Bei der
Abstimmung wurde dieser Bericht mit Stimmenmehrheit angenommen.
Der Ständige
Unterausschuss des Rechnungshofausschusses stellt daher den Antrag, der
Rechnungshofausschuss wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien,
2006 04 05
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler Erwin
Hornek
Berichterstatter Obmann