1547 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (1329 der Beilagen): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

Bereits Anfang der 90er Jahre setzten Diskussionen über die Weiterentwicklung und Kodifizierung der Patientenrechte ein. Schon die ersten Diskussionen dieses Zieles hatten allerdings gezeigt, dass die Ursachen der eigentlichen Probleme in der Praxis kaum in nicht bestehenden Patientenrechten liegen, sondern dass die in der Rechtsordnung längst vorhandenen und durch die Judikatur abgesicherten Patientenrechte im Alltag bisweilen nur sehr schwer durchgesetzt werden können. Ein Grund für diese Schwierigkeiten liegt schon darin, dass die Patientenrechte über eine Vielzahl von Gesetzen verstreut sind. Der Kompetenzlage entsprechend finden sich Patientenrechte dabei sowohl in Bundes- als auch in Landesrechtsvorschriften. Als Beispiele für die erstgenannte Gruppe seien das Ärztegesetz 1998, die Sozialversicherungsgesetze und das Strafgesetzbuch genannt, auf Landesebene sind Bestimmungen über Patientenrechte u.a. im Rahmen des Kompetenztatbestandes der Heil- und Pflegeanstalten in den Landeskrankenanstaltengesetzen sowie im Rahmen der in den ausschließlichen Wirkungsbereich der Länder fallenden Materien des Gemeindesanitätsdienstes und des Rettungswesens enthalten. Das Phänomen kompetenzrechtlich mit verschiedenen Aufgaben und unterschiedlichen Zuständigkeiten verquickter Materien („Querschnittsmaterien“) bringt es mit sich, dass zur Regelung einer einzelnen Frage stets der Gesetzgeber zuständig ist, der zur Regelung des jeweils angesprochenen Problembereichs insgesamt kompetent ist. Dies führt zu der oben erwähnten Zersplitterung der Regelungen über Patientenrechte, finden sich diese doch im Zusammenhang mit Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsrecht ebenso wie in Ländermaterien.

Ein Bundespatientenrechtegesetz könnte daher ‑ würde nicht zuvor eine Verfassungsänderung eine umfassende Bundeskompetenz für Patientenrechte schaffen ‑ immer nur Teilbereiche lösen, es müsste damit immer unvollständig sein.

Hinzu kommt, dass der weitaus größte Teil der Patientenrechte keinesfalls legislatives Neuland darstellt. Patientenrechte wie Recht auf Verschwiegenheit, Recht auf Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und Recht auf Spitalsbehandlung bei Anstaltsbedürftigkeit finden sich längst in der positiven Rechtsordnung, andere essentielle Patientenrechte sind auch ohne ausdrückliche Regelung seit langem in Literatur und Judikatur unbestritten (z.B. Recht auf Einsicht in die Krankengeschichte, vgl. OGH 23.5.1984, 10 Ob 550/84). Der Mangel liegt somit nicht darin, dass diese Rechte nicht vorhanden wären, er liegt vielmehr in mangelnder Information und in Schwierigkeiten der Durchsetzung.

Der Charakter der Patientenrechte als Querschnittsmaterie, ihre Zersplitterung über zahlreiche Vorschriften im Rahmen der Rechtsordnung des Bundes und der Länder, das dadurch bedingte Informationsdefizit und nicht zuletzt aus diesem Grund verursachte Schwierigkeiten in der Durchsetzung führten zu der Überlegung, kein eigenes Patientenrechtegesetz auszuführen, sondern den Versuch zu unternehmen, auf der Grundlage einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, in der sich Bund und Länder wechselseitig zur Sicherstellung der darin genannten Patientenrechte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten verpflichten, eine losgelöst von der Kompetenzlage vollständige und übersichtliche Zusammenfassung aller Patientenrechte zu geben („Patientencharta“). Dabei soll freilich auch die Möglichkeit genützt werden, im Rahmen einer solchen Vereinbarung auch eine Weiterentwicklung der Patientenrechte vorzunehmen und einzelne Lücken zu schließen.

Diese Lösung bietet den großen Vorteil, dass sowohl längst bestehende wie auch neu zu schaffende Patientenrechte in einem Stück Bundesgesetzblatt zusammengefasst sind, womit trotz kompetenzrechtlicher Zersplitterung eine übersichtliche und vollständige Information möglich ist.

Mit dem Land Kärnten wurde eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte bereits in der vorletzten Gesetzgebungsperiode bilateral abgeschlossen (BGBl. I Nr. 195/1999).

In der letzten Gesetzgebungsperiode erfolgte ein bilateraler Abschluss mit den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark, weiters erfolgte der Abschluss mit Tirol und Vorarlberg. Vor kurzem erfolgte der Abschluss mit Wien, nunmehr hat auch das Land Salzburg den Wunsch nach einem bilateralen Abschluss geäußert, diesem Wunsch ist im Sinne der Weiterentwicklung der Patientenrechte nachzukommen.

Für den Bund werden sich durch den Abschluss der Vereinbarung keine Mehrkosten ergeben, da es sich im Wesentlichen um eine Kompilation der sich aus der geltenden Rechtslage ergebenden Patientenrechte handelt.

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Vereinbarung in seiner Sitzung am 7. Juni 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin die Abgeordneten Erika Scharer, Dr. Gabriela Moser, Heidrun Silhavy, Anna Höllerer, Erwin Spindelberger, Renate Csörgits, Elmar Lichtenegger, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Dr. Erwin Rasinger, Beate Schasching, Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieser Vereinbarung zu empfehlen.

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Maria Grander gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss der Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1329 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2006-06-07

Maria Grander Manfred Lackner

    Berichterstatterin Obfraustellvertreter